Konstruktive Probleme

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Wir betrachten zuerst die konstruktiven Mängel der Lokomotiven. Daraus entstanden letztlich auch Änderungen. Gerade im Bereich einer Lokomotive hoher Leistung waren solche Probleme zu erwarten. Zudem wurde erstmals bei einer Lokomotive auf die Elektronik gesetzt. All das ergab Probleme, die teilweise erst im Betrieb auftraten und mit den vier Prototypen nicht restlos geklärt werden konnten.

Es muss jedoch vorweg erwähnt werden, dass die Lokomotive nicht besonders schlecht war. Solche konstruktiven Probleme gab es immer wieder. Dabei soll hier an die Lokomotive Ae 3/5 erinnert werden, die Kurven gerade biegen wollte. Aber auch die Baureihe Ae 6/6, die ihre technische Höchstgeschwindigkeit nie fahren durfte und deren Prototypen schlicht Fehlkonstruktionen darstellten gehörten in diese Liste.

Die ersten Veränderungen und Umbauten bei den Lokomotiven dieser Baureihe gab es schon, bevor überhaupt die Serie bestellt wurde. Die vier Prototypen zeigten die Probleme schnell auf und diese fand man schnell bei der Federung der Lokomotive.

Hier vermochten zwar die Maschinen mit den Nummern 11 601 und 11 602 zu überzeugen, jedoch war die Lokomotive wegen dem Gelenk nervös und neigte zum Wanken in Fahrrichtung.

Bei der Maschine mit der Nummer 11 603 war das Problem beim mittleren Drehgestell zu finden. Die Luftfederung konnte den Anforderungen einfach nicht gerecht werden und fiel daher immer wieder aus.

Das Problem konnte schliesslich nur mit einem Umbau behoben werden. Die Lokomotive erhielt daher beim mittleren Drehgestell Schraubenfedern. Damit konnte sie schliesslich überzeugen, so dass sie zum Muster für die Serie wurde.

Bleibt noch die letzte Lokomotive. Die Lösung mit dem Balancier hatte auch seine Macken, besonders bei hohen Geschwindig-keiten war der Druckausgleich zu langsam.

So viel der Luftdruck eines Drehgestelles zusammen und dies Haftreibung wurde gemildert. Daher wurde die Luftfederung der Lokomotive umgebaut und jedes Drehgestell unabhängig abgefedert. Damit wollte man den Problemen begegnen und die Luftfederung als solche mit der Maschine testen. So richtig überzeugen konnte sie aber auch damit nicht.

Durch die ausgiebige Erprobung mit den Prototypen, war schnell klar, dass die Serie ohne grosse Probleme in Betrieb genommen werden konnte. Man hatte die Lösungen schliesslich mit der Lokomotive mit der Nummer 11 603 gefunden. Die Schwester mit der Nummer 11 604 wurde schliesslich auch noch so weit es ging an die Serie angepasst. Das bedeutet, dass die Luftfederung endgültig ausgebaut wurde.

Eine Anpassung der Lokomotiven mit den Nummern 11 601 und 11 602 erfolgte jedoch nicht. Diese blieben weitgehend im ursprünglichen Zustand und wurden daher innerhalb der Serie zu Exoten. Der Aufwand, den man für den Umbau des Kastens berechnete, rechtfertigte schlicht keinen Umbau der Lokomotive. Selbst das Gelenk wurde nicht versteift und die Federung geändert. Die Maschinen blieben klare Prototypen.

Lange Jahre gab es keine nennenswerten Änderungen an den Lokomotiven. Die Prototypen waren bei dieser Lokserie daher ein grosser Erfolg. Durch diesen Umstand lässt sich schnell herausleiten, dass die Lokomotive in der Ausführung der Serie keine grösseren Mängel hatte. Trotzdem blieben auch die erprobten Lokomotiven nicht von auftretenden Problemen verschont. Ja, es gab bei den Maschinen immer etwas zu tun.

Die getönten Scheiben sollten die klima-tischen Verhältnisse im Führerstand ver-bessern. Das war schlicht nicht der Fall und die Baureihe Re 6/6 wurde ebenso heiss, wie die Maschinen der Baureihe Re 4/4 II.

Die grossen Fenster boten der Sonne ein-fach zu viel Raum um das Metall zu er-wärmen. So erwärmt erreichten die Lokomotiven im Führerstand Tempera-turen von bis zu 60°C.

urch die heissen Bleche wurde es auch durch den Fahrtwind nicht markant kühler. Im Gegenteil man konnte darauf Eier kochen.

Die Bedienelemente im Führerstand war-en dadurch oft so heiss, dass sie mit den Händen kaum berührt werden konnten. Deshalb ersetzte man die einfachen Sonnenblenden durch Sonnenrollos, und verbesserte die Situation massiv.

Durch die Sonnenrollos wurden die Bleche zu einem grossen Teil abgedeckt und konnten so nicht mehr erwärmt wer-den. Heiss blieb es, jedoch konnte der Fahrtwind eine Abkühlung verwirklichen.

Wenn es im Sommer zu heiss war, war es im Winter zu kühl. Die Lokomotive neigte zu Zugluft. Die Luftströmung verlief vom Maschinenraum durch einen Kabelkanal in den Bereich der Beinnische. Dadurch wurde der Lokführer jedoch von der kalten Luft regelrecht von unten nach oben umströmt. Daher fror man trotz voll arbeitender Heizung. Wahrlich kein freudiger Arbeitsplatz. Zur Verteidigung der Lokomotive muss aber gesagt werden, dass die anderen Modelle nicht viel besser waren.

Obwohl die Lokomotive mechanisch zu überzeugen mochte, gab es immer wieder Schwierigkeiten in diesem Bereich. Im mechanischen Bereich hatte man bei den Versuchfahrten festgestellt, dass die Querkupplung der Lokomotive so gut funktionierte, dass die Baureihe Re 6/6 bessere Ergebnisse erzielte, als die ebenfalls sehr gute Baureihe Re 4/4 II. Daher konnte der Maschine eine gute Laufruhe beschienen werden.

Mit der Laufruhe bei den Maschinen war es jedoch schnell vorbei. Die Räder der Lokomotive neigten dazu unrund zu werden. Die dadurch entstehenden Vibrationen killten die eingebauten Dämpfer und raubten dem Lokomotivpersonal den Verstand.

Es waren von dem Problem nicht nur die Lokomotiven der Baureihe Re 6/6 betroffen. Trotzdem trugen diese Räder der Lokomotive den Übernamen „Panzer Centurion“ ein.

Da davon die am Gotthard eingesetzten Maschinen stärker betroffen waren, vermutete man einen Zusammenhang mit den hier benötigten hohen Zugkräften in den engen Radien.

Da sich ein Vergleich mit den Baureihen Re 4/4 II und III bestätigte, war die Ursache schnell gefunden. Das Problem konnte schliesslich nur mit sehr intensiven Radsatz-behandlungen gelöst werden. Dazu wurde in Erstfeld ein spezieller Schleifbank montiert.

Die donnernd dahinrollende Lokomotive der Baureihe Re 6/6 war damit zwar eliminiert worden, aber so richtig ruhig wurde sie dadurch natürlich nicht. Das klackern des unter dem Führerstand montierten Dämpfers war immer hörbar und wurde zum Markenzeichen dieser Lokomotive. Hörte man den Dämpfer, wusste man, dass die Laufflächen noch gut waren. Mit Polygonen hörte man den Dämpfer nicht mehr.

Auch die automatische Bremse der Lokomotiven hatte ein Problem. Da der Lokführer nur die Achse bei seinem Führerstand kontrollieren konnte, bemerkte er nicht, wenn die hintere Hälfte der Lokomotive mit der Druckluftbremse bremste. Bei der Baureihe Re 6/6 war das wegen den zwei Steuerventilen durchaus möglich. Die Störung sorgte für überhitzte Räder. Daher wurde die Weisung erlassen, dass die pneumatische Bremse grundsätzlich auszulösen sei. Das galt auch während der Fahrt.

Elektrisch hatte die Lokomotive jedoch einige Schwachpunkte, die hier nicht unerwähnt sein dürfen. Besonders die elektrische Bremse bereitete den beteiligten Stellen schon sehr früh schwere Kopfschmerzen. Man versuchte über mehrere Jahre dem Problem mit der Selbsterregung der elektrischen Bremse auf die Spur zu kommen. Ein Unterfangen, das ohne nennenswerte Lösung bis zum Schluss bestehen bleiben sollte.

Wechselte der Lokführer bei hoher Geschwindigkeit mit dem Fahrschalter von Fahren auf Bremsen, konnte es passieren, dass die elektrische Bremse der Lokomotive automatisch aufgeschaltet wurde.

Dies obwohl der Lokführer keine Bremsstufe geschaltet hatte. Diese Störung, die Gleichstromselbsterregung genannt wurde, sorgte dafür, dass die Bremskraft der elektrischen Bremse der vollen Leistung der Lokomotive entsprach. Auf der Anzeige betrug der Bremsstrom schlicht null.

Zudem wurden durch die Erregung mit Gleichstrom massive Magnetfelder im Bereich der Fahrmotoren freigesetzt. Diese waren so gross, dass die Zugsicherung der Lokomotive fehlerhaft ansprechen konnte.

Im besten Fall war es die Warnung, es konnte aber auch passieren, dass die Haltauswertung angesprochen hat. Die Auswirkungen auf den Zug waren damit sehr schwerwiegend, jedoch kam ein weiterer Umstand dazu.

Da in diesem Fall keine Bremsstufe geschaltet wurde, hatte der Lokführer keine Möglichkeit mehr regulierend auf den Bremsstrom einzugreifen. Er konnte nur mit dem Öffnen der Trennhüpfer zu den Fahrmotoren für eine ruckartige Abschaltung der elektrischen Bremse sorgen.

Durch den schlagartigen Ausfall der elektrischen Bremse gab es starke Zer-rungen im Zug und die so stark belasteten Trennhüpfer gaben Rauchzeichen von sich. Keine gute Falle macht dabei natürlich das Lokomotivpersonal.

Mit den Jahren stellte man fest, dass das Problem vermehrt auftrat, wenn die Lokomotiven zuvor in anderer Fahrrichtung langsam fuhren und danach die elektrische Bremse bei hoher Geschwindigkeit eingeschaltet wurde. Damit dieses Problem etwas gemildert werden konnte, gab es eine inoffizielle Regelung. Nach Abfahrt des Zuges sollte bei geringer Geschwindigkeit kurz elektrisch gebremst werden. Über den Erfolg dieser Lösung liess sich bis zum Schluss streiten.

Nachdem es bei den Lokomotiven der Baureihe Re 4/4 II im Maschinenraum kräftig geknallt hatte, waren die ent-sprechenden Dienststellen geweckt worden. Die Ursache für die Explosion lag indes beim Stufenwähler.

Dabei kam es aus nicht restlos geklärten Gründen im Stufenwähler zu einem Druckanstieg, so dass dessen Ge-häuse explosionsartig brach. Diese Explosionen verur-sachten in der Lokomotive gewaltige Schäden und konn-ten schlimmstenfalls zu einem Brand führen.

Als Sofortmassnahme wurde daher verfügt, dass der Maschinenraum der Baureihen Re 4/4 II, Re 4/4 III und Re 6/6 in eingeschaltetem Zustand nicht betreten werden darf.

Elektrisch wäre das gefahrlos möglich, jedoch konnte die Explosion auch im Stillstand erfolgen und für das Personal in der unmittelbaren Nähe, wäre dies höchstwahr-scheinlich tödlich.

Die Baureihe Re 6/6 war dabei, weil sie gleich aufgebaut war und es bei einer Lokomotive dieser Baureihe auch schon geknallt hatte.

Durch den Einbau von Druckwächtern konnte das Problem reduziert, jedoch nicht vollständig beseitigt werden. Die Funktionsweise dieses Druckwächters erkannte einen Überdruck im Stufenwähler. Daraufhin schaltete ein Relais und löste den Hauptschalter aus. Das Relais war so geschaltet, dass die Lokomotive danach nicht mehr eingeschaltet werden konnte. Eine Rückstellung des Relais war nur in der Werkstatt erlaubt.

Nur schon die Tatsache, dass die Lokführer genau die Positionsbezeichnung des Relais anhand der Nummer im Schema erkennen konnten, zeigt wie wichtig dieser Druckwächter war. Dabei war klar, eine Lokomotive bei der die Position 159.1 angesprochen hatte, war knapp an einer Explosion vorbei gegangen. Jedoch knallte es weiterhin, aber die Häufigkeit konnte damit massiv reduziert werden. Auch hier suchte man in der Hauptwerkstätte lange nach der Ursache.

Im Bereich der Steuerung war die Lokomotive auch nicht viel besser. Immer wieder kamen Lokomotiven in die Werkstätten, bei denen der Lokführer den Schleuderschutz ausgeschaltet hatte. Dabei war in den Meldungen immer zu erfahren, dass dieser unbegründet angesprochen hatte. Die Baureihe Re 4/4 II war davon jedoch nicht betroffen, so dass man hier klar auf einen Fehler bei den Maschinen schliessen konnte.

Mit der Zeit stellte man fest, dass die Achsgeber, welche dem Schleuderschutz die Drehzahl der Achse meldete, gestört waren. Dadurch kamen unterschiedliche Meldungen über die Drehzahlen an. Der Schleuderschutz arbeitete dabei korrekt und ergriff die bekannten Gegenmassnahmen. Die Lokomotive musste anschliessend in eine Werkstätte zum Wechsel der Achsgeber. Durch verbesserte Achsgeber, konnte das Problem etwas eingedämmt werden.

Damit können wir die konstruktiven Mängel und Probleme abschliessen. Nur schon die Tatsache, dass die Lokomotiven eine der grössten Verfügbarkeiten aufwies, zeigt auf, dass man diese Mängel nicht zu schwer gewichten sollte. Zumal in vielen Bereichen auch die Baureihe Re 4/4 II als erfolgreiche Serie betroffen war. Am meisten Probleme hatte man jedoch mit der eingeführten Elektronik, die nicht immer so wollte, wie sie sollte.


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