Inbetriebsetzung

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Wir kennen aus den heute gemachten Erfahrungen, wie zeitaufwendig es ist, ein neues Triebfahrzeug in Betrieb zu nehmen. Zahlreiche Versuche, Messungen und andere Fahrten. Oft müssen diese wiederholt werden, um zu sehen, ob alles wirklich noch stimmt. Ob dabei das neue Fahrzeug dringend für den Betrieb benötigt wird, ist den Behörden oft egal. Gerade bei geplanten Internationalen Einsätzen von neuen Zügen bekämpfen sich die Behörden gegenseitig.

Auf der Strecke bleibt dabei der Kunde. Die Bahngesell-schaft, die neue Angebote nicht fahren kann und die Reis-enden, die weiterhin in den alten Kisten reisen müssen. Aktuell kennen wir das von den Triebzügen RABe 502, die ja kaum jemand will.

Die Behörden, der Besteller und schon gar nicht der Kunde. Der Hersteller hat keine perfekte Arbeit abgeliefert und das macht sich nun bemerkbar. Doch wie war das um 1922?

Bei der Baureihe Ae 3/6 I war das eigentlich nicht anders. Die neuen Lokomotiven wurden benötigt, denn wo eine neue Fahrleitung erstellt wurde, wollte niemand mehr alte Dampfrösser zu Gesicht bekommen.

Das neue leise schnurrende Vehikel war so schön. Jedoch schnurrten die ersten Modelle gemütlich über das Land. Und gerade im sonst gemütlichen Kanton Bern ging es richtig schnell zur Sache. Da musste deutlich mehr Tempo her.

Auch wenn die Zeit drängte, die Schweizerischen Bun-desbahnen SBB führten mit den neuen Modellen Versuchs-fahrten durch. Im Gegensatz zu den Modellen für den Gotthard, hatte man ein neues Problem.

Lokomotiven für das Flachland wurden von drei Elektrikern gebaut. Die Bahngesellschaft musste herausfinden, welcher davon eine gute Arbeit ausgeliefert hat. Das ging nur mit Versuchsfahrten und damit einer Inbetriebsetzung.

Am 19. August 1921 wurde mit der Nummer 10 301 die erste Lokomotive der neuen Baureihe Ae 3/6 I ausgeliefert. Sie wurde dabei in Münchenstein von der BBC an die Schweizerischen Bundesbahnen SBB übergeben. Dabei müssen wir wissen, dass neue Fahrzeuge immer an einem Bahnhof der Bahn übergeben wurde, welche die Bestellung getätigt hatte. Bei den Staatsbahnen hatten es die Hersteller daher gut, denn der Bahnhof war vor der Haustüre.

Mit anderen Worten, die neue Lokomotive musste aus dem Laufental nach Bern überstellt werden. So einfach war das jedoch nicht, denn wegen den hohen Achslasten konnten nicht alle Strecken be-fahren werden.

Sie müssen bedenken, dort fanden die Anpassungen an die neuen Modelle erst statt. Mit speziellen Be-dingungen und einem Laufweg um die Ecke, gelang-te das erste Muster ins Depot Bern, wo erste Schul-ungen erfolgten.

Wir müssen wissen, dass auch für Versuche Lok-führer benötigt wurden. Diese waren oft von der Obrigkeit des Depots bestimmt worden. Wer nun vermutet, dass man sich diesen Posten mühsam erarbeiten musste, liegt nicht so falsch. Jedoch sassen diese Leute neben den Bossen in der Schulbank. Das Referat wurde von einem Ingenieur des Hersteller gehalten. So wusste das Personal, was sich der Erbauer beim Bau gedacht hatte.

Erst nachdem diese Leute, mit der neuen Lokomotive umgehen konnten, wurde diese auf die Fahrt geschickt. Diese führte über die Strecke nach Thun. Dabei begegneten dem neuen Modell zahlreiche Exoten. Darunter auch die Versuchslokomotive Ae 4/8, die eigentlich das Muster für die hier vorgestellte Maschine war. Aber auch andere Exemplare, die noch darauf warteten, dass am Gotthard die Fahrleitung endlich in Betrieb genommen wird und sie dort benötigt werden.

Am 14. Oktober 1921 wurde schliesslich mit der Nummer 10 304 der letzte Prototyp ausgeliefert. Damit konnten nun die Versuche ausgeweitet werden. Jedoch zeigten die ersten Fahrten, dass die Lokomotiven der Baureihe Ae 3/6 I sehr ruhig liefen und dabei deutlich besser waren, als die Modelle, die für den Gotthard gebaut wurden. Der Einzelachsantrieb zeigte erstmals den Vorteil, gegenüber dem Stangenantrieb der alten Maschinen.

Mit den ersten vier Maschinen wurden im Herbst und Winter nicht nur Versuche angestellt. Auch der planmässige Ver-kehr musste übernommen werden. Der Grund war simpel, die grossen Baureihen verzogen sich an den Gotthard.

Was dann noch übrig blieb, konnte im schnellen Aaretal kaum eingesetzt werden. Daher mussten die neuen Modelle ran, auch wenn man noch nicht alle Punkte geklärt hatte. Doch mit vier Maschinen ging schon viel.

Die dabei gemachten ersten Erfahrungen mit der neuen Bau-reihe waren so gut, dass die Schweizerischen Bundes-bahnen SBB eine weitere kleine Serie beschafften. So konnten alle Züge im Aaretal mit den schnellen Maschinen bespannt werden.

Der schnelle Einstieg in die neue Technik konnte nur er-folgen, da man auf die ersten Erfahrungen mit den Versuchslokomotive zurückgreifen konnte. Besonders die Ae 4/8 war eine grosse Hilfe bei der Inbetriebsetzung.

Wie knapp der Bestand bei den Lokomotiven war, zeigte sich im Frühling. Bisher waren nur die Modelle der BBC vorhanden.

Als von der ersten kleinen Serie die erste Lokomotive eingetroffen war, konnte man eine Maschine abziehen und dorthin schicken, wo niemand eine solche Lokomotive erwarten würde. Die Nummer 10 304 wurde an den Gotthard geschickt. Neben dem Aaretal, der einzige Ort, wo es die passende Fahrleitung gab.

Ab März wurde die für das Flachland gebaute Lokomotive am Gotthard eingesetzt. Auch wenn die Maschine für das Flachland gebaut wurde, sollte sie nun auf der Bergstrecke zeigen, was sie konnte. Man kann es vorweg nehmen, gegen die Baureihen Be 4/6 und nagelneue Be 4/7 konnte sie nicht viel ausrichten. Gerade die Lieferung der Reihe Be 4/7 verzögerte bei der SAAS die Fertigstellung der für die flachen Regionen gebauten Lokomotive.

Während sich die Nummer 10 304 am Gotthard be-mühte, trudelte im Mai in Bern die erste Lokomotive der Baureihe Ae 3/5 ein. Das von der SAAS gebaute Modell wurde mit der Lokomotive der BBC verglichen.

Dabei zeigte sich, dass das Teil aus Meyrin in den ge-raden Abschnitten besser war. Nur um Kurven fahren wollte das Teil schlicht nicht. Die BBC hatte somit das Rennen gemacht und eine weitere Serie von Ae 3/6 I wurden bestellt. Ein erster Sieg.

Im Aaretal hatten die Maschinen der Baureihe Ae 3/6 I den Betrieb übernommen. Die Nummer 10 304 mühte sich am heiligen Berg ab und das Monster der SAAS machte, was es wollte.

Es fehlte eigentlich nur noch die Maschine der MFO, die weiter auf sich warten liess. Dabei war die Sache einfach, das Werk war sehr gut ausgelastet und da mussten einige Arbeiten verschoben werden. Bemerkt hatte das die Reihe Ae 3/6 II, die immer noch fehlte.

Sie müssen wissen, dass die Entwicklung einer neuen Baureihe viel Zeit beansprucht. So wurden Pläne erstellt, dann in der Werkstatt umgesetzt und letztlich die neue Lokomotive montiert. Nicht immer klappte das so einfach, wie hier beschrieben. Die MFO hatte damals nicht nur Aufträge von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB erhalten. Lange sollte es jedoch nicht mehr dauern, denn die Leute in Oerlikon waren auch nicht schlecht.

Als am 19. Januar 1923 mit der Nummer 10 401 die erste Maschine der MFO in Betrieb genommen wurde, konnten die drei Hersteller verglichen werden. Das Modell der MFO nutzte den Stangenantrieb und schnitt deshalb bei den Fahrten schlechter ab. Jedoch konnte sie bei der Leistung überzeugen und bei 2 100 PS war noch eine elektrische Bremse mitgeliefert worden. Bei der MFO war man davon überzeugt, das beste Modell gebaut zu haben.

Auch wenn nun mit der Ae 3/6 II eine starke Maschine vor-handen war, wurden weitere Maschinen der Reihe Ae 3/6 I bestellt. Die ersten Strecken sollten nun auch im Flachland elektrisch befahren werden. Da konnte man nicht warten, bis der Nachzügler erprobt worden war.

Die Prototypen der MFO wurden jedoch dem gleichen Pro-gramm unterzogen, wie es mit dem Modell der BBC ge-fahren wurde. Man wollte erste Vergleiche anstellen kön-nen.

Im Lauf des Jahres 1923 wurden weitere Ae 3/6 I über-nommen. Sie wirkten im Aaretal, während das Modell der MFO an den Gotthard verschoben wurde. Dort zeigte sich, dass die höhere Leistung gerade auf Strecken mit vielen Steigungen ein Vorteil war. Daher war nun klar, die Reihe Ae 3/6 I sollte auf den flachen Strecken eingesetzt werden. Mit dem Modell der MFO hatte man jedoch auch eine Maschine für steilere Abschnitte.

Im Jahre 1924 erfolgte die Auslieferung einer weiteren Serie Ae 3/6 I. Man hatte eine ideale Lokomotive für flache Strecken erhalten. So tauchen die Maschinen auf den neu elektrifizierten Strecken auf. Nur beim Abschnitt zwischen Olten und Basel gab es ein Problem, denn die Leistung der Baureihe Ae 3/6 I reichte nicht immer für die Züge aus. Die bessere Maschine der MFO half deshalb immer wieder auf den steileren Strecken aus.

Die Positionen waren bezogen worden. Dabei teilten sich die Modelle Ae 3/6 I und Ae 3/6 II die anstehende Arbeit auf. Auf der Strecke blieb die Reihe Ae 3/5, die immer noch nicht so freudig um Kurven fahren wollte. Trotzdem wurden alle Hersteller mit ersten Serien beauftragt. Das war erforderlich, da man schnell neue Modelle benötigte. Bereits 1925 waren viele Teile unter Fahrleitung und da wollte niemand Dampf.

Da nun klar war, dass grössere Serien beschafft würden, mussten die Nummern neu sortiert werden. Für die nicht so guten Modelle der SAAS sah man 200 Stück vor. Dass es nicht dazu kam, lag jedoch nicht bei der hier vorgestellten Maschine.

Das führte nun aber dazu, dass es einen Konflikt mit den Nummern gab. Da für die Modelle der MFO die Nummern ab 10 401 vorgesehen waren und diese in einer Serie be-stellt wurde, blieb nur noch die Ziffer sechs.

Ab 1925 wurden die neuen Lokomotiven der Baureihe Ae 3/6 I mit den Nummern 10 627 und weitere ausgeliefert. Dabei erfolgte die Vergabe neuer Nummer sogar innerhalb einer Lieferung.

Daher kam offiziell am 01. Januar 1925 mit der Nummer 10 627 die erste Maschinen mit der neuen Nummer in Be-trieb. Die älteren Modelle wurden entsprechend mit neuen Nummern versehen. Wir jedoch sind nun fast in den Be-triebseinsatz abgerutscht.

Auch wenn mit der Baureihe Ae 3/6 I gute Ergebnisse er-zielt wurden, gab es noch ein Problem. Von den im Pflich-tenheft benannten Strecken standen noch nicht alle zur Verfügung.

Daher konnten die Probefahrten und damit die Inbetriebsetzung nicht abgeschlossen werden. Da aber neue Maschinen für die Strecken benötigt wurden, ging die Auslieferung weiter und die neuen Modelle gingen sogleich in den Betrieb über.

Wie dramatisch das damals war, zeigt sich, dass die Inbetriebnahme einer neuen Fahrleitung mit einer Lokomotive der Reihe Ae 3/6 I gefeiert wurde. Die stand bereit, da sie oft für die Abnahme der neuen Anlagen benötigt wurde. Nur wenn es etwas steiler wurde, kam eine Ae 3/6 II zum Zug. Beim Modell der BBC musste die Leistung erhöht werden. Das erfolgte ab der Nummer 10 637 und damit war auch klar, dass die Lieferung der Baureihe Ae 3/6 II eingestellt wurde.

Damit können wir die Inbetriebsetzung der Baureihe Ae 3/6 I abschliessen. Die Lokomotiven wurden nicht mehr den Kreisen, sondern den Depots zugeteilt. So kamen an Stelle der Plaketten neue Depotschilder an die Maschine. Der schwere Unterhalt dieser Lokomotiven sollte in der Hauptwerkstätte Zürich erfolgen. Dort wusste man damals noch nicht, wie treue Maschinen man bekommen hatte. Doch das ist der Betriebseinsatz.

 

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