Entwicklung und Beschaffung

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Die Idee für eine neue Baureihe war nun da. Es wurde deshalb ein Pflichtenheft für eine neue Maschine erstellt. Die Lokomotive sollte im Personenverkehr Ordnung in den Bestand der vorhandenen Baureihen bringen. So hätte man zumindest die unterschiedlichen Maschinen aus der Zeit der Privatbahnen endlich aus dem Bestand entfernen können. Ein Ziel, das seit der Gründung der Staatsbahn im Jahre 1902 angestrebt wurde.

In diesem Pflichtenheft wurden die geforderten Punkte genau aufgelistet und die Vorstellung der Staatsbahnen bis ins Detail umschrieben.

So konnte man bei den Schweizerischen Bundes-bahnen SBB einen passenden Typ planen und dieser bei den Herstellern in Auftrag gegeben werden.

Es dauerte schon sehr lange, bis man soweit war und die Entwicklung beginnen konnte. Es sollte schliesslich eine Maschine sein, die es so noch nicht gab.

Die neue Baureihe sollte in erster Linie eine Uni-versalmaschine sein. Sie sollte grundsätzlich im Personenverkehr eingesetzt werden.

Diesen Verkehr umschrieben die Besteller als Nah-verkehr auf dem ganzen Netz. Für die Schnellzüge hatte man mit der Reihe A 3/5 eine passende Bau-reihe.

Die neue Lokomotive  sollte mit den Regionalzügen sowohl auf Nebenbahnen, als auch auf Haupt-strecken eingesetzt werden.

Jedoch sollten damit auch die leichten, bis mittelschweren Güterzüge auf den Nebenlinien bespannt werden. Diese fielen gerade auf den Nebenstrecken immer wieder an und dort waren die grossen und schweren Schlepptenderlokomotiven nicht geeignet. Zumal dort oft auch eine passende Drehscheibe fehlte und so kein optimaler Betrieb möglich war. Zudem wirtschaftlich konnten die leichten Züge mit den schweren Maschinen auch nicht geführt werden.

Man stellte sich eine Lokomotive vor, die kleiner als die Baureihe A 3/5 war. Auch mussten nicht die Zugkräfte der Güterzugslokomotiven der Reihen C 4/5 erreicht werden. Dort entwickelte man mit der Baureihe C 5/6 bekanntlich eine neue noch grössere Lokomotive. Auf den Nebenbahnen sollten sie nicht verwendet werden, denn dazu sah man das hier vorgestellte Modell vor. So hätte der Verkehr mit vier Baureihen abgewickelt werden können.

Es sollte eine Tenderlokomotive sein, die im Pendelverkehr eingesetzt werden konnte. Die Abmessungen bei der Dampf-maschine und somit die Bestimmung der Leistung, wurden anhand eines Musters bestimmt.

In diesem Fall sollte die Baureihe B 3/4 der Schweizerischen Bundesbahnen SBB genommen werden. Keine leichte Aufgabe, mussten hier doch noch die Vorräte mitgeschleppt werden, etwas was bei einem Tender einfacher zu lösen ist.

Somit war eigentlich klar, dass die neue Lokomotive in erster Linie für die vielen Nebenstrecken der Schweizerischen Bun-desbahnen SBB geeignet sein sollte und man eher Regional-züge vorsah, als schnelle Fernverkehrszüge.

Auf diesen Nebenlinien konnte man dann mit der gleichen Lokomotive auch den anfallenden Güterverkehr abdeckten. Somit war eigentlich auch die Universallokomotive begründet, und deren Einsatz klar umschrieben.

Es wurde eine hohe Wirtschaftlichkeit gefordert. Man erhoffte sich so einen kleineren Kohle- und Wasserverbrauch.

Gerade die Forderung nach der Wirtschaftlichkeit ist darin zu suchen, dass bereits erste elektrische Nebenbahnen verkehrten und so die Betriebskosten der Dampflokomotiven massiv unter Druck gerieten. Die elektrischen Lokomotiven benötigten im Betrieb weniger Unterhalt. Schliesslich musste man dort keine Rauchkammer mehr reinigen.

Auch wenn hier die Betriebskosten erwähnt wurden, mit den Problemen während dem Krieg rechnete man damals noch nicht. Die junge Staatsbahn war ebenfalls darauf angewiesen, dass die durch den Betrieb verursachten Kosten so gering, wie nur möglich gehalten wurden. Auch wenn der Staat über die finanziellen Mittel verfügte, seine Staatsbahn sollte so betrieben werden, wie das bei den Privatbahnen der Fall war.

Im Raum Seebach – Wettingen machte bereits eine elektrische Voll-bahnlokomotive von sich reden und was noch schlimmer war, zwischen Spiez und Frutigen stellte man Masten für eine Fahrleitung auf.

Die Strecke über den Lötschberg sollte mit diesen elektrischen Lokomotiven der Bauart Fc 2 x 2/2 bespannt werden. Bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB sah man das aber noch anders, denn die ersten elektrischen Maschinen hatten kaum die Leistung einer kleinen Dampflokomotive.

Neben den Angaben zur Bestimmung der Leistung, gab es auch An-weisungen an das Fahrwerk. Dieses musste über eine gute Kurven-beweglichkeit verfügen.

So sollte bei der Lokomotive der Verschleiss bei den Laufflächen und den Spurkränzen vermindert werden. Deren Ersatz machte einen grossen Teil der im Betrieb anfallenden Kosten aus. Daher wollte der Besteller auch in diesem Punkt eine grössere Einsparung bei den Kosten vornehmen.

Bei der Kurvenbeweglichkeit kam noch hinzu, dass die Strecken damals noch über sehr viele Kurven verfügten, die mit 50 oder 60 km/h befahren werden durften.

Zwar wurden Hauptstrecken wegen den Schnellzügen immer mehr begradigt, aber auf Nebenlinien, also dort, wo die neue Baureihe verkehren sollte, war das nicht der Fall. Daher waren gerade dort die Triebachsen der Lokomotiven einem grossen Verschleiss unterworfen.

Die neue Lokomotive sollte zudem für den Pendelbetrieb geeignet sein. Der Begriff verwirrt uns heute mehr, als er sollte. Pendelzüge mit geschobenem Steuerwagen gab es in der Schweiz zu diesem Zeitpunkt schlicht noch nicht. Der Hinweis sollte eine andere Eigenschaft der neuen Lokomotive hervorheben. Daher müssen wir etwas genauer hinsehen, wenn wir in diesem Fall von einem Pendelbetrieb der erwarteten Maschine sprechen.

Man vermied mit dem Pendelbetrieb schlicht das Abdrehen der Lokomotive in den Endbahnhöfen und die damit verbundenen längeren Stilllager. Das erforderte deshalb für beide Fahrrichtungen die gleiche Höchstgeschwindigkeit von 75 km/h. Etwas, was damals bei Dampflokomotiven nicht üblich war, denn eine solche Maschine hatte eine klare Vorwärtsrichtung bekommen. Besonders die schnellen Schlepptenderlokomotiven vor den Reisezügen gehörten dazu.

Durch den Eintrag im Pflichtenheft, dass es sich um eine einfache Bauart handeln sollte, wurde verhindert, dass von der Industrie komplizierte Modelle angeboten wurden. Diese waren wegen den neuen Ideen durchaus zu befürchten, denn von solchen Baureihen gab es noch nicht so viele, dass man auf den Erfahrungen aufbauen konnte. Die junge Staatsbahn wollte sich damit schlicht vor Utopien schützen und vernünftige Modelle.

Die Lokomotive sollte bei der Bedienung ebenfalls nicht zu kompliziert werden. Je einfacher ein Aufbau ist, desto zuverlässiger funktioniert eine Lokomotive. Wird zudem die Bedienung einfach ausgeführt, kann das Personal mit einer Lokomotive ausgesprochen wirtschaftlich fahren. Gerade bei Dampflokomotiven waren immer wieder die Fähigkeiten des Personals gefragt. Daher wollte man hier keine lange Phase der Angewöhnung.

Muster der Lokomotive waren im Bestand der Schweizerischen Bundesbahnen SBB und bei der Bodensee – Toggenburg – Bahn vorhanden, oder aber im Bau. Gerade die Modelle der BT waren bei den Abmessungen als Muster genommen worden. Die Leistung wurde hingegen mit der Reihe B 3/4 definiert. Zwei unterschiedliche Modelle, die zu einer einzigen Lokomotive verbunden werden sollten. Aus einer Schlepptenderlokomotive sollte eine Tenderlokomotive entstehen.

Besonders wenn man bedenkt, dass die Baureihe B 3/4 keine schwache Lokomotive war. Jedoch war gerade deren Leistung passend, sie war aber nicht pendelzugsfähig und musste in den Endbahnhöfen abgedreht werden.

Die Tenderlokomotive der BT war jedoch dazu in der Lage, so dass man sich durchaus so einen Typen vorstellen konnte. Einfach gesagt, die Hersteller mussten aus einer B 3/4 und einer Eb 3/5 der BT eine neue Lokomotive bauen.

Aus diesen Forderungen ergab sich für die neue Lokomotive die Bezeichnung Eb 3/5. Die gegenüber der Reihe B 3/4 zusätzliche Laufachse, war nur notwendig geworden, weil die Lokomotive im Zweirichtungsbetrieb verwendet werden sollte. So war immer eine führende Laufachse vorhanden. Die Achslasten der Nebenstrecken konnten so problemlos eingehalten werden. Die Lokomotive verlor zwar an Adhäsionsgewicht und musste deshalb wieder schwerer werden.

Somit war das Pflichtenheft erstellt worden. Es wurde den Firmen unterbreitet, die sich im Bau von Lokomotiven bemühten. Dabei waren aber den Schweizerischen Bundesbahnen SBB die Hände gebunden, denn sie durfte nur Hersteller in der Schweiz berücksichtigen. Da es damals in diesem Punkt keine grosse Auswahl gab, war klar, dass der Auftrag an die Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM in Winterthur gehen würde.

Letztlich wurde der Auftrag im Jahre 1909 an die Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM in Winterthur erteilt. Diese Firma hatte sich in der Schweiz beim Bau von Dampflokomotiven einen guten Ruf erarbeitet. Seit der Gründung wurden die meisten Lokomotiven der Schweiz dort beschafft. Die SLM wusste daher auch, welche Punkte im Pflichtenheft besonders wichtig waren und welche man etwas auslockern konnte.

Es wurden bis ins Jahr 1916 bei der SLM insgesamt 34 Lokomotiven nach dieser Bauart gebaut. Wenn man das jetzt so vereinfacht betrachtet, geht schnell vergessen, dass es bereits Baureihen mit dieser Bezeichnung bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB gab. Die Lokomotiven der BT kamen später auch noch zur Staatsbahn, so dass es keine klare Zuordnung gibt. Deshalb soll hier eine kleine Liste der Eb 3/5 für Klarheit sorgen.

Nummern Einsteller Baujahr Hersteller Bemerkung
91 – 95 SCB 1882 – 1884   SBB 5891 - 5895
1 – 9 BT 1910 Maffei Ab 1932 SBB 5881 – 5889
5801 – 5834 SBB 1911 – 1916 SLM  
  SBB 1928 SLM Hochdrucklokomotive
                       

Auch wenn hier die Maschinen mit den Nummern 91 – 95 aus den Beständen der SCB erwähnt werden, gab es damit kein Problem. Auch wenn deren neue Nummern sehr nahe zur Gruppe der hier vorgestellten Baureihe passten, die Eb 3/5 mit Baujahr 1882 war längst abgebrochen worden, als von der hier vorgestellten Reihe die erste Maschine ausgeliefert wurde. Daher werden diese fünf Lokomotiven nicht mehr weiter erwähnt werden.

Die neun Lokomotiven der BT entsprachen auch nicht den hier beschriebenen Maschinen. Sie dienten zwar als Muster und kamen später ebenfalls noch zu den Schweizerischen Bundesbahnen SBB.

Die Lokomotiven erhielten dann auch die SBB-Nummern. Somit werden wir hier nur die Lokomotiven der Reihe Eb 3/5 Nummern 5801 - 5834 genauer betrachten. Erst später beim Betriebseinsatz kommen dann die Maschinen der BT hinzu.

Viel spannender ist die Lokomotive Eb 3/5 die über keine Nummer verfügte. Es handelte sich hier um eine Versuchs-lokomotive, die wir uns kurz etwas genauer ansehen werden. Dabei war die Idee, dass wegen den gestiegenen Kosten für die Kohle, der damit erzeugte Dampf optimaler genutzt werden sollte. Aus diesem Grund sollte der Druck im Kessel von zwölf bar auf bis zu 60 bar gesteigert werden. Es entstand so eine Hochdrucklokomotive.

Der Antrieb erfolgte auch nicht mehr mit einer Dampfmaschine. Vielmehr wurde eine Turbine damit angetrieben. Die so entstandene rotierende Bewegung wurde auf die Triebstangen und so auf die Triebachsen übertragen. Es gab daher eine klare Vereinfachung des Triebwerkes. Jedoch war in erster Linie der Verbrauch bei Kohle und Wasser der Grund für diesen speziellen Aufbau, da mit der Turbine die Kraft besser umgesetzt werden konnte.

Es wurden zwar die angestrebten Einsparungen nachgewiesen, jedoch kam die Lokomotive nie in den Besitz der Schweizerischen Bundesbahnen SBB. Dieses Aufbäumen der Dampftechnik reichte nicht jedoch mehr aus, um die elektrischen Lokomotiven zu verdrängen, diese funktionierten einfach zu gut. Als dieses Modell 1928 betriebsbereit war, wurden von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB die ersten Exemplare der Reihe Ae 4/7 in Betrieb genommen.

Auch die hier behandelte Reihe Eb 3/5 mit den Nummern 5801 – 5834 wurde bereits bestellt, als die ersten Strecken unter Fahrdraht waren, denn die Lokomotive war noch nicht vollständig abgeliefert, als die Lötschbergstrecke mit ihrer Baureihe Fb 5/7 eröffnet wurde. So sollte die auf den folgenden Seiten beschriebene Eb 3/5 die letzte Tenderlokomotive der Staatsbahnen werden, denn bereits 1919 wurde die Elektrifikation der Gotthardstrecke beschlossen.

 

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