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Die Vorzeichen für den neuen Triebzug waren denkbar schlecht. Alle erwarteten ein Wunderding für die Schweiz. Bombardier musste es bauen und das war sicherlich nicht leicht. Die grössten Probleme begannen aber bereits, als die ersten Entwürfe präsentiert wurden. Diese wurden nicht nur von den Fachleuten genauer angesehen. Auch andere bahnfremde Vereinigungen sahen sich diese an und da war man gar nicht zufrieden.

Es wurden von den Organisationen zwei Beschwerden eingereicht. Diese betrafen die Plätze für die behinderten Reisenden in den Triebzügen RABDe 502. Diese waren beim Entwurf im Unterdeck des Speisewagens vorgesehen worden.

Das gefiel nicht allen Organisationen, denn das sei Aus-grenzung. Selbst der eher unpassende Begriff «Ghetto» wurde verwendet. Zudem wurde gleich zu Beginn kommuniziert, dass man bis zur letzten Instanz gehen wolle.

Damit die Benutzer von Rollstühlen trotz ausreichend vorhandenen Stellplätzen nicht im Speisewagen ausgegrenzt würden, verlangte man für diese im Triebzug einen Lift ins obere Deck. Das wäre schlicht eine Neuerung für Eisenbahnen gewesen. Somit musste bei diesen Einheiten der Hersteller wieder über die Bücher gehen und das sorgte unweigerlich zu weiteren Verzögerungen. Jedoch war die Drohung dafür auch verantwortlich.

Die Abklärungen bezüglich dem Lift im Zug kamen dem Hersteller entgegen. So konnte elegant vermieden werden, dass man bemerkte, dass der Liefertermin nicht zu halten war. Auch ohne diese Ideen, war bereits klar, dass man mit zwei Jahren Verzögerung zu rechnen hatte. Die Vorgaben der Schweizerischen Bundesbahnen SBB war schlicht zu knapp bemessen worden, denn so ein Wunderding konnte nicht auf die Schnelle geplant werden.

Es war schnell klar, der Lift kann nicht umgesetzt werden. Der im Zug verfügbare Platz war mit der Technik für Aufzüge schlicht nicht vorhanden. Das wurde noch mit den Bedenken kombiniert, dass Fahrstühle in einem fahrenden Fahrzeug nicht korrekt funktionieren. Die Nutzer wären in der Kabine vermutlich von einer Ecke in die andere geworfen worden. Zudem hätte sich die bewegende Kabine verklemmen können.

Schliesslich musste das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde behandeln. Von diesem wurden die Anliegen der Organisationen gutgeheissen. Einzig der Aufzug wurde auch von den Richtern als technisch nicht umsetzbar angesehen.

Die Pläne der IC 200 mussten daher überarbeitet werden. So kam es, dass diesen ein zweites Abteil mit Stellplätzen für Leute mit Rollstühlen eingebaut werden musste. Es konnte auch hier gebaut werden.

Da klar war, dass die Züge nicht mehr rechtzeitig in Betrieb genommen werden konnten und es zwei Jahre Verzögerung gab. So wurde die Ausschreibung wichtig. Diese sah vor, dass die Schweizerischen Bundesbahnen SBB einen Rabatt geltend machen können.

Wie dieser auszusehen hätte, musste mit dem Hersteller verhandelt werden und das war natürlich nicht so leicht, denn man sah die Klagen als Ursache für die Verzögerung.

So schön das auch war, ursächlich war sie nur bei der verspäteten Lieferung der IC 200. Die anderen Varianten waren von der Klage nicht direkt betroffen und hätten daher fristgerecht gebaut werden können. So war dort die Verzögerung klar dem Hersteller zuzuschlagen. Die Verhandlungen führten letztlich dazu, dass die Anzahl der gelieferten Einheiten nicht mit der Bestellung übereinstimmen sollte. Wir müssen genauer hinsehen.

Bei den als IR 200 und IR 100 geführten Baureihen ergaben sich keine Abweichungen. Jedoch wurden von den als IC 200 geführten Zügen zusätzlich drei nicht bestellte Einheiten geliefert. Gebaut wurden diese als Strafzahlung. Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB bekamen also nicht günstigere Züge, sondern musste zusehen, wie die drei Einheiten zu verplanen waren. Ob da wirklich alle glücklich waren, ist zu bezweifeln.

Als endlich möglich war, einen fertig gebauten Triebzug zu präsentieren, kamen neue Bedenken. Den Fachleuten fiel auf, dass es im Zug eine Rampe zu den Türen gab. Zudem wirkte der Innenbereich etwas kühl.

Da der Triebzug dazu nicht an einem Bahnsteig aufgestellt werden konnte, war es schlicht nicht möglich diese Rampe mit einem Rollstuhl zu befahren. Es gab also immer noch offene Fragen, aber der erste Zug war fertig.

Obwohl die Triebzüge in der Schweiz endmontiert wurden, die ersten Fahrten zur Inbetriebsetzung fanden in Deutsch-land statt. Genauer konnte auf dem Testgleis vom Bombar-dier bei Hennigsdorf der Triebzug RABe 502 201 am 05. März 2015 bei den ersten Fahrten beobachtet werden.

Das Wunderding für die Schweiz unternahm die ersten Ver-suchsfahrten. Der Grund war, die Endmontage, denn diese fand bei dem Zug im Werk Hennigsdorf statt.

Ende März konnte mit dem RABe 502 203 der erste in Villeneuve endmontierte Zug nach Velim überführt werden. Dort sollten auf dem Versuchsring die ersten längeren Fahrten erfolgen.

Diese ersten Fahrten verliefen jedoch nicht besonders er-folgreich. Es zeigte sich, dass es noch grössere Probleme bei der Software gab und diese mussten zuerst behoben werden. Daher kam ein zweiter optimierter Triebzug nach Velim.

Mit dem in die Schweiz zurückgekehrten Triebzug RABe 502 203 begannen am 25. August 2015 die ersten Versuchsfahrten auf der Strecke nach Roche. Man traute sich noch nicht auf längere Ausflüge. Zuerst musste die verbesserte Software geprüft werden. Dabei wurde klar, es funktionierte besser, aber am Ziel war man noch nicht und irgendwann sollte man auch die Region verlassen können, denn die Strecken für Versuche waren nicht dort.

So wurde der Zug mit eigener Kraft überführt. Wobei das nicht überall ging. So war ein Tunnel zu fahren, der nicht für doppelstöckige Züge ausgelegt worden war.

Eine Diesellokomotive übernahm die Fahrt durch den Tunnel. So schön das klingen mag, die Sache hatte einen etwas bitteren Beigeschmack, wenn man alle Informationen besitzt, denn so lange war der betroffene Abschnitt mit dem zu engen Tunnel schlicht nicht.

Mir wurde das von einer mit den Versuchsfahrten betrauten Person so erklärt. Mit allen anderen Züge würde vor dem Tunnel einfach der Bügel gesenkt und dann mit Schwung der Tunnel passiert.

Bei dem RABe 502 hätte er schlicht den Mut dazu nicht. Dazu muss gesagt werden, dass diese Lokführer durchaus auch für unkonventionelle Ideen zu haben sind. Ob mit dem neuen Triebzug wirklich alles in Ordnung war, oder gab es Probleme?

Auf jeden Fall kann hier noch ein besonderer Punkt eingefügt werden. In jenen Monaten fanden auch die Versuchsfahrten im neuen Basistunnel am Gotthard statt.

Bei diesen musste auch geprüft werden, wie sich doppelstöckige Züge im Tunnel verhalten würden. Dazu geplant waren Fahrten mit einem RABe 502, jedoch war dieser noch nicht soweit und daher musste für diese Testfahrten ein IC 2000 mit Lokomotive Re 460 verwendet werden.

Das Ziel der am 09. Oktober 2015 erfolgten Fahrt war die Deutschschweiz. Genauer die Ostschweiz, denn auf der Strecke durch den Kanton Thurgau gab es eine Strecke, die für Versuche ausgewiesen wurden. Dass es dabei zur Begegnungen mit der später bestellten und auch bald betriebsbereiten Baureihe RABe 501 des dort ansässigen Herstellers kann, kann angenommen werden. Nun konnte der Zug von Bombardier zeigen, was er konnte.

Bei diesen ersten Versuchsfahrten kam es immer wieder zu grösseren Problemen. Diese konnten nicht der Technik zugeschlagen werden, denn diese funktionierte. Die Pro-bleme fanden sich in der Steuerung.

Bei modernen Triebzügen ist daher der Fehler in der Soft-ware zu suchen. Auch Sie wissen, dass es in diesem Bereich immer wieder zu nervigen Updates kommt. Bei Triebzügen sind diese aber nicht so leicht umzusetzen.

Wie bei einem Zug die Software der Steuerung geändert, mussten wegen der nötigen Zulassung die gemachten Fahr-ten wiederholt werden. Zudem ist das für die Behörden zu dokumentieren und immer noch standen die Zulassungen für Deutschland und Österreich an.

Diese wurden benötigt, wenn der Triebzug zwischen Zürich und München eingesetzt werden sollte. Deswegen sollte auch dort das spezielle Fahrwerk genutzt werden.

Bei den Fahrten wurde die Wankkompensation ebenfalls geprüft. Da bei Zügen in solchen Fällen immer mit einem Überschuss von zehn Prozent gefahren wurde.

Kamen die Züge auf Geschwindigkeiten der Zugreihe N. Alle Fahrten, die aber 160 km/h überschritten, mussten auf der vorhandenen Neubaustrecke zwischen Rothrist und Mattstetten durchgeführt werden. Dabei wurden bei der Geschwindigkeit Werte bis zu 220 km/h erreicht.

Im September 2016 konnte mit dem Triebzug RABe 502 404 der erste kurze Zug auf der Strecke beobachtet werden. Wir erinnern uns, dass dieser einen Booster bekommen hatte. So musste dieser das gleiche Programm fahren, wie das bei der langen Einheit der Fall war. Mit anderen Worten, die Versuchsfahrten zogen sich dahin und es konnte nicht damit gerechnet werden, dass die neuen Züge schnell in Betrieb kamen.

Am 11. Januar 2017 konnten die ersten Fahrten in Dop-peltraktion erfolgen. Da man dazu einen langen und einen kurzen Zug hatte, wurden diese, wie es im Betrieb vorgesehen war, für die Fahrten genutzt. Noch stand kein IC 200 bereit, aber das konnte nicht mehr lange gehen.

Die Vielfachsteuerung bot auch so schon Möglichkeit für Störungen. Auch andere Baureihen hatten genau hier grosse Probleme. Dabei kann sicherlich die Lokomotive Re 460 erwähnt werden.

Es waren wirklich nur wenigen Wochen und der erste RABDe 502 konnte auf der Strecke beobachtet werden. Von jeder Variante war nun ein Zug vorhanden und so konnte nun auch jede erdenkliche Kombination geprüft werden.

Langsam kamen die Triebzüge auch in Schwung. Die Probleme konnten also mit neuer Software immer besser behoben werden. Das brachte auch den Mut der Lokführer wieder etwas besser zur Geltung.

Waagemutig ging man mit den Triebzügen auf die Strecke der Südostbahn SOB. Auf deren Südnetz waren Steigungen bis zu 50‰ vorhanden. Für solche Einsätze war der Zug nicht gebaut worden.

Jedoch konnte so auch geprüft werden, wie sich die Erwärmung auswirkte. Dazu nahm man den RABDe 502, der gerade verfügbar war, denn die anderen beiden Einheiten mussten ins Werk zurückkehren, denn es gab eine Änderung.

Auf den Einheiten 502 203 und 502 404 wurde je ein Stromabnehmer ersetzt. Diese besassen das vom Hersteller für die Zulassung in Deutschland ausgelegte Schleifstück mit der verstellbaren Schleifleiste. Diese sollten nun auch getestet werden, denn nur so konnte auch ein internationaler Einsatz mit den Zügen geplant werden. Noch war alles in der Schwebe. Ausser den Fahrten zu Beginn, waren kaum Fahrten im Ausland durchgeführt worden.

So hielten die Versuchsfahrten im Jahre 2017 an. Die neuen Triebzüge funktionierten besser und nun konnten auch die erforderlichen Versuchsfahrten mit den speziellen Stromab-nehmern durchgeführt werden.

Es waren also noch nicht alle Punkte geklärt. Hier kann aber erwähnt werden, dass bis zur Inbetriebnahme keine Zulassung für Deutschland beantragt wurde. Diese wurde somit zu einer ersten Änderung, aber der Einsatz war fraglich.

Am 30. November 2017 kam es dann zum ersten grossen Erfolg für den Hersteller. Vom Bundesamt für Verkehr wurde eine auf ein Jahr befristete Zulassung erteilt. Diese galt auch für Fahrten in der Vielfachsteuerung.

Damit war man endlich am ersten Ziel angelangt und das war wichtig, denn nun war klar, die Verzögerung war gross und das war sicherlich auch den Vorstellungen des Bestellers geschuldet, denn der erwartete Wunder.

Mit der am 27. Dezember 2017 erfolgten Übernahme von vier Triebzügen konnte der Betriebseinsatz beginnen. Bevor dieser starten konnte, mussten die ersten Lokführer auf dem neuen Zug geschult werden. In Betrieb kommen sollten die Züge somit ab dem Jahr 2018. Man schien am Ziel zu sein und nun mussten die Kunden noch mit dem Zug zufrieden sein. Doch uns stellt sich die Frage nach den speziellen Punkten des Zuges.

Die Schleifleisten waren in der Erprobung, wurden aber nicht auf der Serie verbaut. Der geplante Einsatz in Deutschland und Österreich war nicht mehr im Plan. Dort sollten die Neigezüge RABe 503 verwendet werden. Auch die Wankkompensation konnte nicht genutzt werden. Dazu war schlicht die Strecke noch nicht bereit und diese musste ja auch geeignet sein. All das wird sich aber erst beim Betriebseinsatz des Triebzuges klären.

 

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