Entwicklung der Maschinen

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Anhand des Vertrages den die Maschinenfabrik Oerlikon MFO mit den Schwei-zerischen Bundesbahnen SBB abgeschlossen hatte, war ersichtlich, dass die Trieb-fahrzeuge durchaus in der Lage sein mussten, einen Versuchsbetrieb zu be-wältigen.

So sollten keine speziellen Versuchsträger erschaffen werden, die nicht mit Wagen bespannt werden konnten. Es war daher die Bespannung sowohl von Reise- als auch von leichten Güterzügen vorzusehen.

Sie müssen bedenken, dass man mit dem System keine Erfahrungen hatte und bei Abschluss des Vertrages noch nichts vorhanden war. So mussten die festen An-lagen, wie die Fahrleitung und die Versorgung gebaut werden.

Selbst das benötigte Kraftwerk musste so berechnet werden, dass mit den Zügen auch mehr Leistung abgerufen werden konnte. So eine Strecke konnte man damals nicht einfach an eine Freileitung anschliessen.

Wie schwer es war, zeigt zum Beispiel die Tatsache, dass auf der Versuchsstrecke zwei komplett unterschiedliche Fahrleitungen verwendet wurden. Für einen später anstehenden Versuchsbetrieb mit den neuen Maschinen bedeutete das hingegen, dass die Lokomotiven beide Lösungen befahren mussten.

Es reichte schliesslich schon, dass am jeweiligen Ende das Triebfahrzeug ge-wechselt werden musste. Auf der Strecke könnte damit jedoch der Fahrplan nicht gehalten werden.

Zudem sollten mit den neuen elektrischen Lokomotiven die Fahrzeiten der bisher eingesetzten Dampflokomotiven eingehalten werden. So leicht, wie Sie meinen, war dies jedoch nicht, denn wenn es gelang eine funktionierende Lösung zu finden, reichte diese vielleicht gar nicht für die Fahrten.

Auch dies sind Punkte, die bei der Entwicklung der Versuchslokomotiven berück-sichtigt werden mussten. Es gab keine Bahngesellschaft, die Vorstellungen rekla-mierte.

Aus diesem Grund mussten auch die Triebfahrzeuge für die Versuche entwickelt werden. Dabei wurden die beiden hier vorgestellten Lokomotiven unterschiedlich entwickelt, was sich in deren Aufbau niederschlagen sollte.

Daher beginnen wir die Planung der neuen Lokomotive zuerst mit der etwas älteren Maschine mit der Bezeichnung MFO 1 und erfahren erst später, warum die zweite Maschine deutlich verändert wurde.

Technische Daten MFO 1
Baujahr: 1904 Leistung: 294 kW / 400 PS
Gewicht: 48 t V. max.: 60 km/h
Normallast:   Länge: 9 500 mm

 

Bei der Lokomotive MFO 1 wurde für die Entwicklung, das beim Referat vorgestellte Konzept als Grundlage genommen. Dieses sah die Schaffung vom Fahrzeugen vor, die als Halblokomotive bezeichnet wurden. Eine solche Maschine sollte bei leichten Zügen eingesetzt werden und bei schwereren Zügen zu zweit zu einer vollwertigen Lokomotive formiert werden. Damit wollte man den Vorteil der neuen Traktion aufzeigen.

Sie müssen bedenken, dass die vorhandenen Dampflokomotiven durchaus nicht immer ausgelastet waren. Diese mussten jedoch so ausgelegt werden, dass auch die schweren Züge bespannt werden konnten. So wurde oft viel Gewicht mit der Maschine mitgeführt, das eigentlich dem Zug zugestanden werden konnte. Mit den neuen elektrischen Maschinen wollte man diese halbe Leistung mit der definierten Halblokomotive abdecken.

Obwohl es nie umgesetzt werden sollte, war klar zu erwarten, dass diese zwei Halblokomotiven mit einer Vielfachsteuerung verbunden werden sollten. Jedoch war mit der Kupplung Rücken an Rücken auch klar ersichtlich, dass die einzelnen Einheiten auf den vorhandenen Drehscheiben hätten abgedreht werden müssen. So blieb der Aufwand im Bereich der Dampfmaschinen mit Tender, wie sie damals auf Hauptstrecken verkehrten.

Man orientierte sich daher beim Aufbau an den Dampflokomotiven. Damit war das Führerhaus hinten angeordnet und vor diesem die technischen Baugruppen eingebaut worden. Das führte unweigerlich dazu, dass das Fahrzeug über einen langen Vorbau verfügen sollte.

So war die Halblokomotive sehr gut zu erkennen und sollte eine etwas komisch anmutende Maschine ergeben. Wobei hier bei einer grösseren Menge sicherlich Verbesserungen erfolgt wären.

Um die Spannung aus der hoch über dem Gleis montierten Fahrleitung abgreifen zu können, waren umfangreiche Stromabnehmer, die als Ruten bezeichnet wurden, vorgesehen. Diese fanden auf dem kurzen Führerhaus jedoch nicht genug Platz. Deshalb musste ein Aufbau erstellt werden. Dieser sollte jedoch die Sicht auf die Strecke nicht zu sehr einschränken, weil man auch eine etwas bessere Sicht, als bei den Dampfmaschinen wollte.

Abgestellt werden sollte dieser Kasten auf zwei identischen Drehgestellen. Somit ergab das maximal vier Triebachsen. Die Lauffähigkeit sollte dabei für Geschwindigkeiten von bis zu 60 km/h ausreichen. Man lag damit etwas unter den vorhandenen Dampfmaschinen, jedoch erwartete man mit der neuen Technik auch etwas höhere durchschnittliche Geschwindigkeiten, so dass dieses Tempo als angemessen betrachtet wurde.

Der bisher definierte Teil der Lokomotive sollten nicht von der Maschinenfabrik Oerlikon MFO gebaut werden. Dieser Entwurf wurde der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM in Winterthur übertragen.

Es war somit bereits jetzt die Trennung zwischen dem eigentlichen Elektriker und dem Mechaniker erfolgt. Dadurch sollte damals jedoch nur die Bauzeit verkürzt werden, denn die Versuche mussten so schnell wie mög-lich beginnen.

Den elektrischen Teil entwickelte man bei der MFO. Da bei der Lokomotive MFO 1 noch kein funktionierender Fahrmotor für Wechselstrom vorhanden war, sollte eine Umformergruppe eingebaut werden.

So konnten die bereits bewährten Motoren für Gleich-strom eingebaut werden. Die Folge davon war, dass diese für eine Frequenz von 50 Hertz ausgelegte Umfor-mergruppe zur ersten Umformerlokomotive der Welt führte.

Spannend dabei ist, dass man schlicht keine Leistung definierte. Diese war für die Lokomotiven des Versuchsbetriebs eigentlich nur durch den Platz und die maximal zugelassenen Achslasten beschränkt. Das waren Werte, die zum Teil von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB vorgegeben wurden und mit Achslasten von lediglich zwölf Tonnen für die befahrene Strecke, konnte kaum eine grosse Leistung abgerufen werden.

Es sollte bei dieser einen Halblokomotive bleiben. Eine zweite identische Maschine war für den Versuchsbetrieb schlicht nicht vorgesehen, denn vorerst reichte eine Lokomotive. Als jedoch der erste funktionierende Motor für Wechselstrom vorhanden war, wurde eine zweite Versuchslokomotive entwickelt. Dabei war jedoch nicht mehr von einer Halblokomotive die Rede. Was spannend ist, denn viel grösser sollte sie deshalb nicht werden.

Technische Daten MFO 2
Baujahr: 1905 Leistung: 370 kW / 500 PS
Gewicht: 43 t V. max.: 60 km/h
Normallast:   Länge: 9 500 mm
                       

Bei der zweiten Lokomotive erkannten die Hersteller, dass die Idee mit der bei der ersten Maschine noch gemachten Vorstellung mit Halblokomotive nicht ins Ziel führten. Auch bei den elektrischen Lokomotiven sollten grössere Maschinen beschafft werden. Die Anpassung an Teillasten war im Betrieb schlicht zu aufwendig und machte deshalb keinen Sinn. So wurde der zweite Prototyp nach diesen neuen Erkenntnissen gebaut.

In der Folge setzte man auf das identische Lauf-werk und setzte diesem eine rechteckige Kiste drauf.

Geboren war die klassische elektrische Loko-motive. Noch war man nicht soweit, dass man sich um aerodynamische Effekte kümmerte.

Die Versuchslokomotive mussten zuerst funktio-nieren und man hatte bei der Maschine MFO 1 viele Probleme lösen müssen.

Auf diesen baute man nun auf und so entstand optisch ein anderes Modell.

Der elektrische Teil dieser Maschine war anders aufgebaut worden.

Statt der Umformergruppe wurde in der Kiste ein Transformator mit Stufenschalter aufgestellt. Diese waren so ausgelegt worden, dass die Spannung auf unterschiedliche und reduzierte Werte verändert werden konnte. So passte man diesen Teil den neuen Motoren für Wechselstrom an. Speziell war hier lediglich die Tatsache, dass bereits eine tiefere Frequenz massgebend war.

Mit der Bezeichnung MFO 2 entstand somit die erste Lokomotive mit direkt angesteuerten Motoren. Da diese nun bei einer Frequenz von 15 Hertz lag, hatte man nahezu das heutige System. Somit haben wir hier die weltweit erste Lokomotive für Netze mit 15 000 Volt Wechselstrom erhalten und sie sollte das Muster für bekannte Lokomotiven, wie die «Krokodile», oder die Baureihe Re 6/6 als letzte mit klassischer Ansteuerung werden.

Wir dürfen dabei jedoch nicht vergessen, dass wir bei den Maschinen MFO 1 und MFO 2 schlicht reine Versuchsträger bekommen haben. Die beiden Lokomotiven sollten in erster Linie zur Erprobung der Technik verwendet werden. Installierte Leistung war dazu nicht erforderlich. Auch der spätere Versuchsbetrieb sollte an diese Tatsache nicht mehr viel ändern. Selbst auf die Angabe einer speziellen Bezeichnung für die Baureihe verzichtete man.

Der Vollständigkeit halber muss noch erwähnt werden, dass die dritte eingesetzte Lokomotive von Siemens stammte und bereits über einen Einzelachsantrieb verf-ügte.

Sie wurde mit der Nummer 3 versehen und war schon eher für Fahrten mit Zügen ausgelegt worden. Da sie nur im Versuchsbetrieb lief und anschliessend nicht in der Schweiz eingesetzt wurde, wird diese dritte Maschine hier nicht näher vorgestellt werden.

Wir müssen schlicht noch bedenken, dass eine passende Bezeichnung für diese Lokomotiven gar noch nicht gab. So musste eine Bezeichnung für elektrische Triebfahrzeu-ge erst noch entwickelt werden und dabei orientierte man sich an den Dampflokomotiven.

Diese belegten in der Schweiz die Buchstaben A bis E. Wobei mit E die Tenderlokomotiven bezeichnet wurden. Dieser Buchstabe ergänzte man mit klein geschriebenen Buchstaben für die Geschwindigkeit.

So wählte man für die elektrischen Lokomotiven den Buchstaben F und führte die Bezeichnung von Tenderlokomotiven ein. Das ergab hier schliesslich die Folge Fc. Bei der Achsfolge dienten die nach der Bauart Mallet gebauten Dampfmaschinen mit zwei Laufwerken. Daher wurde später von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB für die beiden Versuchslokomotiven die Bezeichnung Fc 2x2/2 eingeführt. Kurze Zeit später galt dann Ce 4/4.

Auch wenn die beiden Lokomotiven mit Seebach Wettingen beschriftet wurden, gehörten sie während dem Versuchsbetrieb der Industrie und nicht einer Bahngesellschaft. Nach dem Abschluss der Versuche sollten diese beiden Maschinen abgebrochen werden. Es sollte ein Zufall sein, der sie später in den Besitz der Schweizerischen Bundesbahnen SBB bringen sollte. Doch der Grund dafür werden wir uns später beim Betriebseinsatz etwas genauer ansehen.

 

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