Persönliche Erfahrungen |
|||
Navigation durch das Thema |
|
||
Wie viele Kinder
bewunderte ich die grossen
Lokomotiven. Neben den alten Maschinen der Reihen Ae
3/6 I und Ae 4/7 tummelten sich auf
der nahe gelegenen
Hauptstrecke
auch die Lokomotiven der Baureihe Re 4/4 II. Dabei fielen die bunten
Swissexpress
mit ihren farblich passenden Maschinen auf. Selbst die komisch
angepinselte Lokomotive mit der Nummer 11 181 durfte nicht fehlen. Sorgte
sie doch immer wieder für einen bunten Farbtupfer. Man hatte sich an die kleine tapfere Lokomotive gewöhnt, denn die Baureihe war wirklich überall und vor jedem Zug zu finden. Es war für mich die Maschine der Schweizerischen Bundesbahnen SBB.
Jedoch liebte ich
damals trotzdem die Baureihen Ae 6/6
und
Re 6/6 mit den seitlichen
Wappen. Komisch schaute ich nur, als mir die Nummer 11 239 das erste Mal
begegnete. Eine Maschine der Reihe Re 4/4 II mit Wappen? Bei der Information über den Beruf des Lokführers wurde uns im nahen Depot Olten die Lokomotive erklärt und vorgestellt.
Die damals
vorherrschenden Maschinen sollte ich planmässig nur noch am Rand kennen
lernen. Jedoch die Fahrt auf der Reihe Re 4/4 II sollte sich in meiner
beruflichen Laufbahn immer wieder wiederholen. Denn die Maschinen gehörten
damals zum grossen Rückgrat des Verkehrs vor aller Art von Zügen.
Als ich meine
Karriere als Lokführer im
Depot
Erstfeld begann war sie bereits da, die Baureihe Re 4/4 II, oder war es
nun die Reihe Re 4/4 III? Neu bei der Eisenbahn konnte ich nun wirklich
keinen Unterschied feststellen, die
Lokomotiven sahen gleich aus. Da ich aber in
Erstfeld stationiert war, ging man meistens mit einer Reihe Re 4/4 III auf
Reisen. Es waren jene Maschinen, die dem Depot Erstfeld zugeteilt waren.
Trotzdem kannten wir
auch die Baureihe Re 4/4 II, denn sie gehörte ebenfalls zum Bild am
Gotthard. Mit der Zeit merkte ich auch den Trick mit den Nummern. So
wusste ich schnell, dass die Nummern 11 354 bis 11 370 mit 125 km/h
verkehrten und somit zur Baureihe Re 4/4 III gehörten. Alles andere war
eine Reihe Re 4/4 II. Mit den von der SOB zurückgekehrten Maschinen musste
ich meine Liste ändern. Es war aber die einzige Möglichkeit. Dass eine Fahrt mit der Baureihe Re 4/4 III nicht immer ein Vergnügen war, lag am Gotthard. Die engen Kurven sorgten dafür, dass die Räder der Lokomotive unrund wurden. Davon betroffen war auch die Reihe Re 6/6. Wenn man dann noch das Pech hatte und nach Zugreihe D verkehren musste, schlich man mit den Maschinen mit 60 km/h den Gotthard hoch.
Pech war, dass die
Flachstellen
der
Räder
genau bei dieser Geschwindigkeit am meisten Lärm verur-sachten. Ich muss gestehen, dass die Maschinen immer all-gegenwärtig waren. Es gab kaum ein Tag, an dem man nicht auf einer dieser Lokomotiven eingesetzt wurde. So war sie vertraut. Eine grosse Beziehung zum Arbeitsgerät war hin-gegen nicht vorgesehen. Man ging mit der Maschine auf die Reise, kam wieder an und stieg ab.
Das war es auch
schon. Bisher hatte ich dabei selten mit Störungen zu kämpfen und das
sprach für das Arbeitsgerät.
Diese Maschinen
bildeten wirklich das Rückgrat der Zugförderung über den Gotthard und im
Flachland. Oft waren die Baureihen Re 4/4 II und Re 4/4 III
mit einer Reihe
Re 6/6 in
Vielfachsteuerung
gekuppelt. Gedanken darüber, auf welcher
Lokomotive ich sitze machte ich mir nicht, es
war einfach eine
Re 10
und eine davon war die „Rupperswil“ oder die „Meilen“. Ach ja, da war auch
noch die zweite im Bunde.
Anlässlich der
Prüfung bekam ich es mit vielen
Lokomotive zu tun. Der Chef wollte die
unterschiedlichen Arbeitsweisen sehen. Es gab dabei nur eine Lokomotive,
die bei zwei Zügen verwendet wurde. Genau, es waren die Maschinen der
Baureihe Re 4/4 II. Zuerst in einem geschobenen
Pendelzug
mit
Einheitswagen III
und schliesslich als Version Re 4/4 III mit dem
Schnellzug
am Gotthard. So stellte die Maschine auch hier einen wichtigen Part dar.
Die
Lokomotive war sehr angenehm zu bedienen. Die
Sicht über das
Gleisfeld
war dank den grossen Fenstern gut. Einziges Manko an der Maschine war die
Tatsache, dass der
Führerstand
im Sommer sehr heiss wurde. Drei Stunden von Chiasso nach Erstfeld mit dem
Schnellzug
und 50°C im Führerstand war keine angenehme Arbeit und forderte den
Körper. Wenn man absteigen konnte, war man froh, dass der heisse Tag im
Sommer so kühl war. Dies war jedoch der Preis, den man für die grossen Fensterflächen bezahlen musste. Mit den Klimaanlagen kam schliesslich Abhilfe. Wobei so gross die Abkühlung nicht war, weil die Klimaan-lage in der Hitze kapitulierte.
Was man nun aber
hatte, war die Messung der Temperatur. Jetzt wusste man, dass es noch
heisser werden konnte, als man gedacht hatte. Trotzdem die Maschine machte
solche Torturen mit. Bei hohen Geschwindigkeiten war die Laufruhe der Lokomotive nicht mehr allzu gut, das war eine Folge des relativ kurzen Lokkastens, und der damit verbundenen Nähe der Drehgestelle. Die Maschine konnte sich im Gleis nicht stabi-lisieren und so beruhigen. Es gab nur zwei Lokomotiven, die noch schlimmer waren.
Das waren die Nummern
11 601 und 11 602 der Baureihe
Re 6/6 die mit dem geteilten
Kasten diesbezüglich einen Rekord aufstellten.
Die Ausfallquote
einer Baureihe Re 4/4 II oder Re 4/4 III war bei mir sehr gering, oft
waren es Probleme mit den elektronischen Bauteilen, die durch die
Vibrationen sehr stark beansprucht wurden. Bei der grossen Anzahl
Maschinen, die ich im Lauf der Karriere bediente, war das schon ein Punkt,
der für die Zuverlässigkeit sprach. Wirklich grosse Probleme hatte ich mit
der vertraut gewordenen Maschine wirklich nicht zu beklagen.
Nachdem der Nachtschnellzug mit den beiden Re 4/4 II im Wald ohne Beleuchtung zum Stehen kam, ging die Suche los. Es zeigte sich schliesslich, dass bei der ferngesteuerten Lokomotive der Langsamgang nicht mehr zurückgestellt werden konnte. Die Fahrt ging dann mit der Sicherheitssteuerung der vorderen Maschine weiter und mit dem GSM-R-Funk verständigte ich die Hotline.
Der
Führerstand
neigte trotz der wenigen Löcher im Kasten oft zu Zugluft. Besonders im
Winter war es im Führerstand trotz voll arbeitender
Heizung
bitterkalt. Dabei zog die kühle Luft vom unter Überdruck stehenden
Maschinenraum
durch den schlecht isolierten Kabelkanal genau zu den Schuhen und dann die
Hosen hoch. Dieses Problem konnte jedoch mit einer verbesserten Heizung
erfolgreich eliminiert werden.
Es war ein Spass
meinerseits zu erfassen, welche Nummern ich schon bediente und welche
nicht. Natürlich gab es da die Baureihen am Gotthard, die vollständig
abgedeckt werden konnten. Dazu gehörte natürlich die Baureihe Re 4/4 III,
die nun mal vor der Haustüre verkehrte. Bei der Reihe Re 4/4 II sollte es
lange nicht gelingen, fehlten letztlich doch während Jahren fünf Nummern
auf meiner Strichliste. In den ersten gut 25 Jahren meiner beruflichen Laufbahn kann ich ohne zu lügen sagen, dass ich mit den Baureihen Re 4/4 II und Re 4/4 III fast immer das Ziel erreichte.
Auswechseln musste
ich die
Lokomotive bisher nur wegen ausgefallener
Batterieladung
und der damit verbunden Knappheit beim Steuerstrom. Doch auch hier muss
ich erwähnen, dass das nur zweimal der Fall war. Mit den Maschinen habe
ich den rettenden
Bahnhof. An meinem Verstand zweifelte ich nur, als ich im Depot Erstfeld die Lokomotive mit der Nummer 11 351 nehmen musste. So stieg ich auf die Reihe Re 4/4 III ohne zu ahnen, was gleich passieren sollte.
Im
Führerstand
waren sämtlich Anschriften und selbst die Marke am
V-Messer
auf 140 km/h ausgelegt worden. Ich stieg ab und stellte fest, dass jemand
die Typenschilder geklaut hatte. Daher wusste ich wirklich nur, weil ich
die Nummer kannte, dass mehr als 125 km/h nicht möglich sind. Auf dem Einsatz las ich dann die Anweisungen für Reparaturen. Viele Kollegen bemängelten dabei, dass bei der Maschine der Hauptschalter bei 137 km/h ausgelöst wurde.
Ja, es wurde sogar
festgestellt, dass am
V-Messer
die Marke versehentlich auf 125 km/h stand und dass man das korrigieren
sollte. Die Werkstatt vermerkte dabei sogar, dass man die Störung behoben
hätte und die Marke richtig gestellt wurde.
Ein Hinweis an alle,
die
Lokomotiven mit den Nummern 11 350 bis 11 370
gehören der Baureihe Re 4/4 III an und diese fährt nun mal nur 125 km/h.
Sie sehen, dass es auch beim Personal Probleme mit den optisch identischen
Maschinen geben konnte. Die letzte Anweisung für die Reparatur lautete
dann, dass die Marke bitte auf 125 km/h zu stellen sei, denn es handle
sich um eine Baureihe Re 430. Wobei ich mir dabei wirklich sicher war. Es wurden für die
Baureihe Re 420 zusammen mit der Reihe
Re 620 für den
Gotthard 1 400 Tonnen zugelassen, was für die kleinere Maschine knapp 550
Tonnen ergibt. Diese
Überlast
bewältigte die
Lokomotive zwar, sie zeigte dabei jedoch die
ersten Schwächen, denn gegen Ende der Steigung in der Leventina vermochte
die
Ventilation
die entstehende Wärme nicht mehr abzuführen. Die 40 jährigen Lokomotiven
waren am Limit ihrer Leistungsfähigkeit angelangt.
Die an den
Führerstandstüren
angebrachten
Rückspiegel,
ermöglichten es uns, den Zug während der Fahrt vom Sitzplatz aus zu
kontrollieren. Das war natürlich eine angenehme Sache. Als Nachteil musste
in Kauf genommen werden, dass die Türe geöffnet werden musste, um einen
Blick aus dem "Fenster" zu werfen. Solche Aktionen während der Fahrt gab
es natürlich nicht mehr, so dass das Problem nur dann bestand, wenn man
den Rückspiegel nicht zum Leben erwecken konnte.
Die
Lokomotiven der Baureihen Re 4/4 II und Re
4/4 III werden vermutlich, wie die Reihe
Re 620, mit
mir zusammen die Laufbahn beenden. Es wird kaum einen Lokführer geben, der
behaupten darf, dass er mit einer 30 Jährigen Lokomotive begonnen hatte
und letztlich mit einer solchen Maschine in Pension gegangen ist. Wollen
wir mal abwarten, wer es länger aushält, der Lokifahrer oder die Loki. Zum Schluss muss gesagt werden, dass die hier vorgestellte Baureihe mit ihrer Zulassung zur Zugreihe R das Pflichtenheft erfüllte und so der Reihe Ae 4/4 II den Weg ebnen konnte. Die unscheinbare Lokomotive hatte ebso unscheinbar im Lauf ihrer langen Karriere viele Anpassungen bekommen, dazu gehörte auch die Steckdose für das UIC-Kabel, aber das wurde nun wrklich nahezu bei allen Maschinen gemacht.
|
|||
Letzte |
Navigation durch das Thema |
||
Home | SBB - Lokomotiven | BLS - Lokomotiven | Kontakt |
Copyright 2018 by Bruno Lämmli Lupfig: Alle Rechte vorbehalten |