Entwicklung und Lieferung

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Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB erteilten daher mehr oder weniger jedem Elektriker den Auftrag für eine Maschine. Dabei erfolgte die Vergabe dieser Aufträge zu einer Zeit, wo mit den elektrischen Lokomotiven kaum Erfahrungen vorhanden waren. Jedoch zeigten diese bei den Probefahrten auf der Lötschbergstrecke sehr gute Ergebnis, so dass niemand am Erfolg auf der Gotthardbahn zweifelte. Zumal jetzt auch die SAAS mit der Be 4/7 an Bord war.

Gerade die Baureihe Be 4/7 brachte mit dem Westinghouse-antrieb eine Neuerung, denn dort wurde jede Achse einzeln angetrieben und die ersten Erfahrungen damit waren gar nicht so schlecht.

Zudem hatte sich bei der BBC ein neuer Konstrukteur eine Idee ersonnen, die in einer Versuchslokomotive verbaut werden sollte. Zusammen mit einem Antrieb von Tschanz konnten so Erfahrungen mit den neuen Antrieben gesammelt werden.

Alle drei Elektriker sollten den mechanischen Teil jedoch bei der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM in Winterthur beschaffen. Das war wichtig, weil die Staatsbahnen die Lokomotiven im eigenen Land beschaffen mussten und daher dieses Prinzip bei den Zulieferfirmen nach Möglichkeit eingehalten werden sollte. Wie wichtig das war, zeigte sich wenig später bei der neuen Maschine für die BLS, welche den mechanischen Teil aus dem italienischen Breda hatte.

Welche Bauform jedoch die Elektriker bei der SLM effektiv verlangten, lies man bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB offen. Man war im Direktorium bereit auf neue Ideen einzugehen und gerade die neue Technik bot dazu sehr viele verschiedene Möglichkeiten. Das sollte sich bei den nun in Aussicht gestellten Baureihen deutlich zeigen und es sollte sich so nicht mehr so extrem wiederholen. Auch die Staatsbahn lernte dazu.

Bevor wir uns nun aber der hier vorgestellten Baureihe zuwenden, blicken wir kurz bei den beiden anderen Elektrikern vorbei und diese hatten durchaus andere Ideen. So gab es zwischen den jeweiligen Herstellern grosse Unterschiede. Auf diese werden wir kurz eingehen um uns ein Bild über die Lösungen der Erbauer machen zu können und dabei beginne ich mit der Lokomotive der Société Anonym des Ateliers de Sécheron SAAS in Genève.

Die Westschweizer bauten auf den Ideen mit der sich im Bau befindlichen Reihe Be 4/7 auf. Dadurch war der Antrieb nach Westinghouse auch hier vorgesehen. Da man in Genève auch etwas leichter bauen konnte, verzichtete man sogar auf eine Laufachse.

Es entstand so die Baureihe Ae 3/5 und damit mit einer Länge von 12 320 mm die kürzeste je gebaute Schnell-zugslokomotive der Schweiz. Zumindest diesen Titel hatte man erreicht.

Von dem Muster der SAAS bestellten die Schweizer-ischen Bundesbahnen SBB ohne Erfahrungen mit dem Antrieb 26 Lokomotiven.

Diese Baureihe sollte jedoch so schlechte Laufeigen-schaften aufweisen, dass daher eine weitere Beschaffung ausgeschlossen werden musste. Gerade in den Kurven zeigte sich die Reihe Ae 3/5 sehr schlecht. Daher sollte dort nachgebessert werden, wenn man in Genève weitere Maschinen ausliefern wollte.

Es entstand so die Baureihe Ae 3/6 III. Die Hersteller wollten so die Probleme bei den Laufeigenschaften verbessern. Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB beschafften daher von dieser Maschine ebenfalls nochmals 26 Stück. Jedoch war sie auch nicht ideal, da gerade der Antrieb von Westinghouse bei den ersten Maschinen deutlich Nachteile gezeigt hatte. Insbesondere die Federn neigten zum Brechen und von der Verbesserung wollte bei der Staatsbahn man nichts mehr wissen.

Daher können wir uns davon abwenden und uns nach Münchenstein begeben. In Münchenstein baute die Firma Brown Boveri und Co die Lokomotiven. Jedoch hatte die BBC ihren Firmensitz in Baden, was jedoch nicht so wichtig war, denn die Firma hatte zu jener Zeit gute Entwickler verpflichten können und da war sicherlich der Herr Buchli zu erwähnen, denn dieser hatte einen neuartigen Antrieb entwickelt, der bereits bei der Lokomotive Ae 4/8 Nummer 11300 erprobt wurde.

Aus diesem Grund wurde in Münchenstein die Baureihe Ae 3/6 entwickelt. Da die Firma von den Schweizer-ischen Bundesbahnen SBB mit dem Index I versehen wurde, entstand daraus die Baureihe Ae 3/6 I.

Ihr Merkmal war der Einzelachsantrieb nach der Bauart Buchli. Wegen dem Gewicht konnte man im Gegensatz zur Firma SAAS nicht auf eine Laufachse verzichten. Dadurch wurde die Maschine der BBC etwas länger.

Die Reihe Ae 3/6 I sollte sich von den drei Mustern, als die beste Lösung präsentieren. Das führte letztlich dazu, dass davon 117 Exemplare beschafft wurden. Die nach den ersten Modellen vorgenommen Anpassungen war jedoch nur gering, so dass letztlich die Lieferung dieser Maschinen nur eingestellt wurde, weil mit der Baureihe Ae 4/7 eine kräftigere Lösung umgesetzt wurde. Der Erfolg sollte auch jetzt wieder die BBC verbuchen können.

Diese Modelle wurden nahezu in der ganzen Schweiz stationiert und eingesetzt. Jedoch sollte sie nie in einem ehemaligen Depot der Gotthardbahn stationiert werden, was jedoch nicht heisst, dass sie am Gotthard nicht zu Gast gewesen wären. Aus diesem Grund wurde sie bisher nicht mit einer eigenen Seite vorgestellt. Wir müssen daher etwas genauer hinsehen. Wobei viele Punkte kennen wir von der späteren Reihe Ae 4/7.

Die Baureihe Ae 3/6 I war von Beginn an für eine Geschwindigkeit von 100 km/h ausgelegt worden. Da die Laufeigenschaften jedoch so gut waren, konnte diese bei den Modellen 10 637 bis 10 714 später sogar noch auf 110 km/h gesteigert werden. Damit war es der BBC gelungen die schnellste Lokomotive der Schweiz zu bauen. Erst der Reihe Re 4/4 sollte es gelingen, diesen Wert noch zu steigern. Ein gutes Zeugnis für den Hersteller in Münchenstein.

Von den Lokomotiven dieser Generation war sie das einzige Modell, das mit einer neuen Nummer versehen werden musste. Der Grund für den Schritt weg von der Nummerngruppe 11 300, war gerade die hier vorgestellte Lokomotive, denn diese belegte bereits die vier bei der dritten Ziffer. Es zeigte jedoch auch, wie zufrieden man bei den Staatsbahnen damit war. Das zeigte sich auch beim Nachfolgemodell mit einer zusätzlichen Triebachse.

Wie gut der Einzelachsantrieb nach Bauart Buchli wirklich war, zeigte sich später, als dieser für die Baureihe Ae 4/7 bei allen Elektrikern vorgeschrieben wurde.

Zuletzt kam er jedoch auch noch bei der Lokomo-tive Ae 8/14 mit der Nummer 11 801 zur Anwend-ung.

Dort zeigte sich jedoch die beschränkte Leistung dieses Antriebes und daher sollten neue Lösungen die Zukunft beim Bau von Lokomotiven verwendet werden.

Nachdem zwei Elektriker auf neuartige Einzelachsantriebe gesetzt hatten, kommen wir zur Maschinenfabrik Oerlikon MFO. Dort fehlte damals den Konstrukteuren schlicht der Mut um auch auf diese Technik zu setzen. Warum das so war, soll hier nicht weiter erläutert werden. Bei der MFO hatte man mit dem Stangenantrieb bei den Baureihen Be 5/7 und Ce 6/8 II sehr gute Erfahrungen gemacht und es fehlte im Unternehmen an neuen Ideen.

Vielmehr wollte man auf diesen guten Erfahrungen mit der bewährten Technik setzen und dafür bei der elektrischen Ausrüstung der neuen Baureihe Punkte sammeln. Dabei war es nicht so, dass die MFO veraltete Lösungen präsentierte, denn niemand konnte damals ahnen, wie gut die Idee von Herrn Buchli wirklich gewesen war. Schliesslich fuhr damals auch diese Maschine erst auf dem Papier und nicht auf der Strecke.

Wer sich nun fragt, warum man in Oerlikon nicht auch den Schritt von Genève wählte, muss wissen, dass Lizenzverhandlungen oft schwer waren und daher ein solcher Schritt nicht umgesetzt werden sollte. Das Werk war mit der Baureihe Ce 6/8 II ausgelastet und da konnte man keine Ressourcen für langwierige Verhandlungen auf einem anderen Kontinent abstellen. Zudem lieferte das Ausland ausser der Lösung von Westinghouse auch nicht viele neue Ideen.

 

Bevor wir jedoch mit der Betrachtung beginnen, sehen wir uns das Pflichtenheft etwas genauer an. Auch wenn dieses für alle Heersteller identisch war, wird es für die Entwicklung der MFO wichtig. Dabei erwähne ich die bei der Einleitung schon gemachten Angaben erneut, damit wir uns ein besseres Bild machen können. Die Angaben waren für die Bestimmung der Leistung massgebend und daher musste sich auch die MFO daran orientieren.

Das Pflichtenheft der Schweizerischen Bundesbahnen SBB sah für die neue Maschine eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h vor. Mit dieser sollten Züge von einem Gewicht von 480 Tonnen auf flachen Abschnitten bis zu einer Steigung von 2‰ befahren werden. Zwar war man tiefer als bei der Reihe A 3/5, jedoch kamen nun die steileren Abschnitte dazu und da sollten die elektrischen Lokomotiven deutlich besser sein.

Auf Strecken mit Neigungen von bis zu 10‰ musste die gleiche Last geschleppt werden. Dabei durfte sich die Geschwindigkeit jedoch lediglich auf einen Wert von 65 km/h reduzieren. Im Vergleich mit den Dampfmaschinen war das deutlich mehr, denn diese schafften besonders lange Steilstrecken nicht mit diesem Tempo, denn dort fehlte es an Leistung. Gerade dieser Punkt war den Schweizerischen Bundesbahnen SBB jedoch wichtig.

Die Vorgaben der Staatsbahn benannten zwei Strecken als Referenz. So musste die 85 km lange und bis zu 12‰ steile Strecke zwischen Zürich und St. Gallen mit drei Fahrten in jeder Richtung in zehn Stunden befahren werden. In den Endbahnhöfen wurde dabei eine Zeit von 15 Minuten für den Wechsel der Fahrrichtung und für die Schmierung zugestanden. Das ergab eine durchschnittliche Geschwindigkeit von ca. 55 km/h.

Die zweite Strecke wurde im Wallis herangezogen. Dabei wurde die 117 km lange Strecke von Villeneuve bis Brig benannt. Da hier die Steigungen deutlich geringer waren, rechnete man mit 65 km/h im Durchschnitt.

Wobei natürlich bei beiden benannten Strecken zwischen diesen Bahnhöfen angehalten und wieder beschleunigt werden musste. Aus diesem Grund machte man auch Angaben zur Beschleunigung aus dem Stillstand.

Hier muss noch erwähnt werden, dass der Abschnitt zwischen Sion und Brig damals noch mit Drehstrom befahren wurde. Jedoch hatten die ersten Versuche und die Erfahrungen der BLS gezeigt, dass damit kein Blumen-topf mehr zu gewinnen war.

Selbst die BBC hatte sich bei den Eisenbahnen für den Wechselstrom entschieden und mischelte hier bereits kräftig mit. Niemand wusste, dass dort wirklich gute Ar-beit geleistet worden war.

So wurde von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB gefordert, dass 480 Tonnen schwere Züge auf Abschnitten bis 10‰ Steigung innerhalb von vier Minuten aus dem Stillstand auf eine Geschwindigkeit von 55 km/h be-schleunigt werden mussten.

Gerade auf der Strecke in die Ostschweiz war das betrieblich immer wieder der Fall, so dass auch die dortige durchschnittliche Geschwindigkeit für die Bestimmung angenommen wurde.

Die zulässigen Achslasten wurden mit 18 Tonnen für die Triebachsen und mit 13 Tonnen für die Laufachsen vorgeschrieben. Jedoch gab es grosse Toleranzen von 500 kg nach oben. Das waren die Werte vom Gotthard und das bedeutete auch, dass die Staatsbahnen SBB durchaus bereit waren, die Strecken entsprechend an die neuen Maschinen anzupassen. Dazu mussten einige Brücken verstärkt werden, was mit der Montage der Fahrleitung erfolgen sollte.

Anhand dieser Vorgaben entwickelte die MFO in Oerlikon die neue Baureihe Ae 3/6. Diese wurde wegen dem Elek-triker zur Bezeichnung Ae 3/6 II erweitert. Wir haben damit zwei nahezu ähnlich erscheinende Baureihen erhal-ten.

Jedoch war deren Aufbau deutlich anders. Wie schon er-wähnt setzte die MFO bei der Entwicklung wegen der kur-zen Bauzeit auf bewährte Technik. Das sollte sogar mit vorhandenen Lösungen erfolgen.

In Oerlikon sah man weiterhin der Stangenantrieb vor. Dabei wurde die Lösung gewählt, die schon bei der an die BLS gelieferten Baureihe Be 5/7 verwendet wurde. Dabei sollten zwei Motoren eine gemeinsame Triebstange antreiben. Die beiden anderen Achsen sollten mit Kuppelstangen verbunden werden. Das war schon bei der Baureihe Be 3/5, die lediglich aus einem Exemplar bestand, von der MFO so gemacht worden.

Die Reihe Be 3/5 wurde daher zum Muster für die neue Baureihe. Diese Lokomotive, die auch unter der Bezeichnung «Zuger Berta» bekannt wurde, war bereits im Einsatz. Sie hatte sich in den vergangenen zwei Jahren durchaus bewährt, war jedoch zu langsam, dass man sie direkt hätte verwenden können. Jetzt wurde eine höhere Geschwindigkeit von 90 km/h gefordert, was jedoch nach Meinung der MFO kein Problem sein sollte.

Der Vorteil bei den Triebstangen war, dass mit Anpassungen beim Durchmesser der Räder deutliche Veränderungen bei der Geschwindigkeit erreicht werden konnten. Dampflokomotiven waren dafür ein gutes Beispiel. Jedoch war der Nachteil bei der Zugkraft dank der neuen elektrischen Lösung nicht mehr ein so grosses Problem. Die Kraft konnte besser umgesetzt werden, da elektrische Motoren ein deutlich höheres Drehmoment hatten.

Speziell war, dass die Maschinenfabrik Oerlikon MFO für die neue Maschine auch eine elektrische Bremse vorsah. Hier hatte das Unternehmen im Gegensatz zu den anderen Herstellern mit der Schaltung nach Behn-Eschenburg eine sehr einfache Lösung, die gut funktionierte, und die das Gewicht der Lokomotive nicht zu sehr erhöhen sollte. In Oerlikon war man überzeugt, dass diese Bremse auch im Flachland nützlich sein könnte.

Nach diesen Ideen wurde daher die erste Lokomotive gebaut. Sie sollte von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB die Nummer 10 401 erhalten. Jedoch wurde schon während deren Bau beschlossen, dass auf die elektrische Bremse verzichtet werden sollte.

Bei den Staatsbahnen sah man deren Vorteil nicht als ge-geben und am Gotthard war sie auch nur vorhanden, weil die Vorschriften in den dortigen Gefällen eine solche Lös-ung vorschrieben.

In einer ersten Bestellung wurden von diesem Typ zwölf Lokomotiven geordert. Sie sollten die Nummern 10 402 bis 10 413 erhalten und in den Jahren 1923 und 1924 ausge-liefert werden.

Noch während deren Bau erweiterte man diese Lieferung jedoch mit einer zweiten Bestellung von sieben Lokomo-tiven. So konnten bis 1924 insgesamt 20 Maschinen der Baureihe Ae 3/6 II ausgeliefert werden. Wobei jetzt auch der Prototyp dazu gezählt wurde.

Die ersten Erfahrungen mit dem Prototyp hatten jedoch gezeigt, dass die elektrische Ausrüstung der Baureihe Ae 3/6 II nicht optimal auf die Anforderungen ausgelegt wor-den war.

Daher beschlossen die Schweizerischen Bundesbahnen SBB nach diesen 20 Exemplaren eine Änderung, die vom Her-steller umgesetzt werden musste. Erst damit wollten die Staatsbahnen weitere Maschinen nach diesem Baumuster in den Bestand aufnehmen.

In zwei weiteren Bestellung wurden die Nummern 10 421 bis 10 450 bestellt. Die waren nach den Vorgaben verändert worden und hatten daher deutlich erkennbare Unterschiede erhalten. Geliefert wurden diese 30 Lokomotiven im Jahre 1925. Die mit der fünften und letzten Bestellung auf insgesamt 60 Lokomotiven aufgestockt wurde. 1926 endete dann die Auslieferung der Baureihe Ae 3/6 II mit den Nummern 10 450 bis 10 460.

Auch hier kann gesagt werden, dass die Lösungen der MFO nicht schlecht waren. Die 60 Maschinen zeugten davon, jedoch standen sie im Schatten der Reihe Ae 3/6 I. Zudem hatte man auch hier den Kampf gegen die grössere Reihe Ae 4/7 verloren. Die Maschinenfabrik Oerlikon konnte nun Lokomotiven dieser Baureihe montieren. Die Staatsbahnen bestellten zudem für die Strecken keine Lokomotiven mit drei Triebachsen mehr.

 

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