Der Sonderling Nr. 18 561

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Der Motorwagen Fe 4/4 mit der Nummer 18 561 war ein spezieller Triebwagen, der nur entfernt mit den hier beschrieben Triebwagen zu vergleichen war. Man sah es ihm jedoch nicht an, da er optisch kaum von den anderen Fe 4/4 zu unterscheiden war. Jedoch war er technisch gesehen, den anderen Triebwagen voraus und wurde so zum Sonderling. Heute würde man so ein Fahrzeug als Versuchsträger vorsehen, der jedoch nie in den Besitz einer Bahn kommen wird.

Erbaut wurde der Triebwagen von der Maschinenfabrik in Oerlikon MFO. Diese bezahlte die Rechnungen und entwickelte die elektrische Ausrüstung auf eigenes Risiko. Einfach gesagt, es gab für das Fahrzeug gar keinen Besteller. Der Hersteller sah jedoch vor, das Fahrzeug bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB im Betrieb testen zu lassen. Darum wurden der Einsatz und die Verwendung dieses Fahrzeuges vertraglich geregelt.

Daneben stellten die Schweizer-ischen Bundesbahnen SBB je-doch auch bestimmte Beding-ungen.

Auf diese musste man bei der Maschinenfabrik MFO eingehen. Es war klar, dass der mecha-nische Teil, wie der Kasten und das Fahrwerk von der Baureihe Fe 4/4 übernommen werden musste.

Daher wurden diese auch jetzt von der Firma SIG in Neuhausen gebaut. Die Lieferung erfolgte nun aber nach Zürich Seebach zur Firma MFO.

So war die mechanische Hülle mit den anderen Triebwagen identisch und wir können uns deren Betrachtung ersparen.

Letztlich bedeutete das auch, dass man diesen Triebwagen optisch nicht von den anderen in Serie gebauten Modellen un-terscheiden konnte.

Die Unterschiede waren deshalb nur elektrisch vorhanden. Wo-bei auch dort gaben die Staatsbahnen die Richtung vor und gerade diese führten zu einem sehr speziellen Fahrzeug.

Da das Fahrzeug nach Fertigstellung bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB betrieblich eingesetzt werden sollte, stellten diese Forderungen an die elektrische Ausrüstung, die eingehalten werden mussten. Hauptteil dabei war, dass der neue Triebwagen eine ähnliche Charakteristik wie die anderen Modelle der Reihe Fe 4/4 haben musste. Zudem verlangte die Staatsbahnen, dass er mit den anderen Triebwagen in Vielfachsteuerung verkehren konnte.

Er sollte also in die Serie integriert werden können. Diese Forderungen machten die Aufgabe für die Maschinenfabrik Oerlikon MFO nicht gerade einfach. Sie konnte sich nicht frei entfalten und musste die geplanten Neuerungen so konstruieren, dass sie mit den alten Fahrzeugen kombiniert werden konnten. Trotzdem gelang es dem Hersteller eine komplett andere Ausrüstung mit diversen Innovationen in das Fahrzeug zu bauen.

 

Elektrische Ausrüstung

Insgesamt gesehen hatte die elektrische Ausrüstung viele Komponenten mit den anderen Triebwagen identisch. Die Dachausrüstung entsprach den anderen Modellen und es kamen so auch hier Scherenstromabnehmer mit einfachen Schleifleisten zum Einbau. Wo im Artikel nichts erwähnt wird, können Sie davon ausgehen, dass der Punkt den normalen Motorwagen Fe 4/4 entsprach. Daher können wir gleich zum Transformator wechseln.

Der Transformator hatte gegenüber den anderen Mo-dellen der Reihe Fe 4/4 eine erhöhte Leistung. Sie müssen sich aber bewusst sein, dass diese nur un-wesentlich höher war und so nicht besonders ins Gewicht gefallen wäre.

So wurde die Nummer 18 561 letztlich nur um sechs Tonnen schwerer. Dabei lag die Differenz zu den an-deren Modellen bei der hier beschriebenen elektri-schen Ausrüstung und genauer gesehen beim Trans-formator.

Der Transformator hatte nur noch neun Anzapfungen erhalten. Diese wurden mit elektropneumatischen Hüpfern und zwei Drosselspulen so geschaltet, dass letztlich ebenfalls elf Fahrstufen erreicht wurden.

Mit dieser Schaltung hätte man auch mehr Stufen ge-nerieren können. Jedoch musste hier auf die anderen Motorwagen Rücksicht genommen werden. Bei der Abstimmung der Fahrstufen gab es daher auch keinen grossen Unterschied.

Die elektrischen Hauptunterschiede zu den anderen Triebwagen der Baureihe Fe 4/4 begannen nach den Drosselspulen. Die nun erzeugte variable und ohne Un-terbruch veränderbare Spannung wurde zu dem Wen-deschaltern geführt.

Diese war jedoch von der Maschinenfabrik Oerlikon aufwendiger konstruiert worden, als das bei der SAAS der Fall war. Das Schlagwort hier hiess elektrische Bremse, denn diese gab es nur bei der Nummer 18 561. Es muss jedoch auch erwähnt werden, dass die MFO beim Aufbau solcher Bremsen eine führende Position einnahm.

Für den elektrischen Bremsbetrieb wurden mit Hilfe der Wendeschalter die Fahrmotoren so umgeschaltet, dass diese als Generatoren Spannung erzeugten. Diese wiederum gelangte über den Transformator in die weitere elektrische Ausrüstung in die Fahrleitung. Dort konnte die Energie schliesslich von einem anderen Fahrzeug aufgenommen werden. Es war daher eine Nutzstrombremse, wie auf der Baureihe Ce 6/8 II vorhanden.

Diese Nutzstrombremse entsprach jener Ausführung, die bei den Lokomotiven Ae 4/7 mit den Nummern 10 973 bis 11 002 verwendet wurde. Es war eine verbesserte Schaltung nach den Plänen von Herrn Behn und das sollte sich hier bemerkbar machen.

Doch zuerst müssen wir wissen, dass damals eigentlich nur die MFO solche elektrischen Bremsen bauen konnte. Die anderen Hersteller setzten immer wieder auf die Lösung mit Widerständen.

Dabei wurde bei dieser Schaltung einer der vier Fahrmo-toren als Erregermaschine genutzt. Diese wiederum wurde von einem eigenen Transformator erregt. Letztlich gaben daher nur die drei weiteren Fahrmotoren die Spannung an die Fahrleitung ab.

Wegen dem als Erreger arbeitenden Motor wurde diese Lös-ung als Erregermotor-Schaltung geführt. Sie sollte letztlich den Nutzstrombremsen den grossen Durchbruch bescheren.

Es entstand so eine elektrische Bremse, die in einem Gefälle von 25 ‰ ein Gewicht von rund 140 Tonnen zurückhalten konnte.

Dieser Wert galt natürlich mit dem Triebwagen und nicht mit den Lokomotiven. Anhand der Kenndaten bedeutete das, dass mit diesem Fahrzeug etwa gleich viel Last gehalten werden konnte, wie der Motorwagen hochziehen durfte. Das war deutlich mehr, als bei der Reihe Ce 6/8 II, wo sich die Lokomotive gerade so halten konnte.

Es war also eine leistungsfähige elektrische Bremse, wie sie in Triebwagen noch nie verwendet wurde. Das war auch nicht schwer, denn der Fe 4/4 mit der Nummer 18 561 war schlicht der erste Motorwagen der Schweizerischen Bundesbahnen SBB mit einer elektrischen Rekuperationsbremse. Das Fahrzeug war daher ganz klar der Versuchsträger für die Lösungen der Baureihen Ae 4/6, Ae 6/6 und Re 4/4 II. Nur damals wusste man dies noch nicht.

Die notwendigen Schaltungen der Fahrmotoren wurden in den Wendeschaltern hergestellt. Diese hatten daher mehr Kontakte als die restlichen Modelle der Reihe Fe 4/4 und waren daher auch etwas schwerer geraten. Zudem wurde bei der Bremse noch ein Transformator benötigt und der hatte auch sein Gewicht, daher auch das um sechs Tonnen höhere Gewicht dieses Fahrzeuges. Noch bedeutete eine elektrische Bremse zusätzliches Gewicht.

Damit hätten wir eigentlich die Unterschiede zur Serie schon kennen gelernt. Denn es waren nur die Regelung der Fahrstufen und die Wendeschalter unterschiedlich. Jedoch hatte das gravierende Folgen für die Steuerung, denn wie verbindet man ein Fahrzeug mit elektrischer Bremse mit einem Modell, welches diese Einrichtung gar nicht besitzt. Heute würden wir zu einem Computer greifen, aber 1928 waren Ideen gefragt.

 

Steuerung und Bedienung

Die Forderung der Schweizerischen Bundesbahnen SBB war klar. Der Motorwagen der MFO musste mit den Modellen Ce 4/4, Ce 4/6 und Fe 4/4 in Vielfachsteuerung verkehren können. Ein Punkt, der unweigerlich dazu führt, dass mehrere Punkte identisch ausgeführt werden mussten. Daher gilt auch hier, was nicht erwähnt wird, war mit der Serie identisch. Nur wie löste man nun das Problem mit der elektrischen Bremse?

Um es zu vereinfachen, genau diese elektrische Bremse war für die Änderungen verantwortlich. Das führte dazu, dass der Lok-führer hier keine Kurbel, sondern einen Steuerkontroller vorfand.

Bei der Regelung der Zugkraft war eigentlich nur der fehlende Automat zu beachten. Ansonsten wurden auch hier die elf Stufen normal geschaltet. Verzögerungen konnten nun aber statt mit der Druckluft mit dem Steuerkontroller vorgenommen werden.

Wollte der Lokführer die elektrische Bremse des Triebwagens akti-vieren, drehte er den Steuerkontroller auf die Stellung null. Jetzt konnte er den Knopf im Steuerkontroller drücken und danach das Handrad wieder in die Stellung eins verbringen.

Die Wendeschalter wurden nun so gruppiert, dass die elektrische Bremse aktiviert wurde. Der Lokführer konnte nun den Knopf wie-der loslassen, da er durch eine Verriegelung gehalten wurde.

Bei allen anderen Triebfahrzeugen mit elektrischer Bremse musste der Griff zum Wendeschalter umgelegt werden. Das ging hier jedoch wegen der Vielfachsteuerung nicht mehr.

Wäre der Griff umgelegt worden, hätten die Wendeschalter auf den anderen Triebwagen schlicht eine falsche Information bekom-men und hätten so zu Schäden führen können. Zudem durfte auch keine Zugkraft aufgebaut werden, wenn mit dem 18 561 gebremst wurde.

Drückte der Lokführer den Knopf für die elektrische Bremse, wurde die Stellung des Steuerkontroller nicht mehr auf die Vielfachsteuerung übertragen. Egal was nun eingestellt wurde, bei den anderen Modellen reagierte die Steuerung nicht auf die Handlung. Dadurch wurde dort auch keine Zugkraft aufgebaut, sondern die ferngesteuerten Motorwagen liefen im Leerlauf mit und reagierten daher wie die Wagen.

Die Regelung der elektrischen Bremse erfolgte nun in ge-wohnter weise mit dem Steuerkontroller, der je nach ver-langtem Strom in die entsprechende Stufe gestellt wurde. Es wurde somit mit den gleichen Stellungen gearbeitet, wie man beim Fahren auch anwendete.

Daher musste das Lokomotivpersonal aufpassen und wis-sen, ob nun der unscheinbare Knopf niedergedrückt war. War das nicht der Fall, beschleunigte der Triebwagen.

Dieser Knopf war bekanntlich bei den anderen Fahrzeu-gen, der vermeintlich gleichen Baureihe nicht vorhanden und stellte die Lokführer immer wieder vor grössere Probleme. Besonders dann, wenn der Kontroller auf null genommen wurde.

Jetzt sprang der Knopf wieder raus. Wenn nun mit dem Kontroller aufgeschaltet wurde, war das die Zugkraft und nicht die elektrische Bremse. Oft half dann nur noch die Schnellbremse.

Da bei anderen Fahrzeugen die elektrische Bremse wie schon erwähnt mit dem Griff zum Wendeschalter gesteu-ert wurde, musste man hier verhindern, dass die Wendeschalter bei Fahrt unbeabsichtigt umgestellt werden konnten.

Dazu diente ein am Geschwindigkeitsmesser angebrachter Kontakt. Dieser verhinderte, dass bei Geschwindigkeiten von mehr als 5 km/h die Wendeschalter in eine neue Fahrrichtung verbracht werden konnten.

Wegen der hohen Leistung der elektrischen Bremse durfte die pneumatische Bremse auf dem Triebwagen nicht wirken. Der Triebwagen erhielt daher am Boden einen Druckknopf, der mit dem Fuss gedrückt wurde. Jetzt wurde die automatische Bremse nicht mehr aktiviert. Das war jedoch nur auf dem Fe 4/4 so, und galt nicht für die anderen Modelle. So konnte verhindert werden, dass die Räder am Motorwagen blockierten.

Speziell war die automatische An-wendung der elektrischen Bremse. Da-zu stellte man einen Schalter auf «Automat» um.

Danach wurde der Steuerkontroller auf die gewünschte Bremsstufe ge-stellt. Auf dem Motorwagen wurde nun aber die elektrische Bremse nicht aktiviert.

Diese wurde erst aktiv, wenn der Druck in der Hauptleitung abgesenkt wurde. Sie blieb jedoch weiterhin ak-tiv, wenn die automatische Bremse wieder gelöst wurde.

Wie weit in der Zukunft die MFO damit war, zeigt nur schon die Tatsache, dass von der Hauptleitung direkt akti-vierte elektrische Bremse erst mit Ein-führung der Bremsrechner umgesetzt wurden.

Hier war das zwar noch nicht im vollen Umfang möglich, aber die Druckabsenkung in der Hauptleitung führte dazu, dass der Triebwagen elektrische bremste. Betrieblich brachte das bei der Bedienung jedoch kaum Vorteile.

Deutlich grösser war der Vorteil der anderen Automatik. Wurde das Fahrzeug mit der elektrischen Bremse verzögert, durfte diese nicht eingeschaltet sein, wenn dieses zum Stillstand kommt. Daher wurde diese Bremse, wenn langsamer als mit 8 km/h gefahren wurde automatisch abgeschaltet und deaktiviert. Der Lokführer musste sich daher nicht um diesen Punkt kümmern und dabei hatte er noch einen weiteren Vorteil, denn die Wendeschalter wurden auch umgestellt.

Die Zugkraft konnte nun wieder wie gewohnt aufgebaut werden. Wollte man erneut elektrisch bremsen, drückte man den Knopf und stellte die Bremsstufe ein, der Automat übernahm dann wieder die Regelung der Stufen. Mit etwas Erfahrung konnte diese elektrische Bremse optimal genutzt werden. Wirklich geschätzt wurde sie jedoch von den Leuten in den Depots, die hier nicht so oft die Bremsklötze auswechseln mussten, wie bei der Serie.

Wurde der Motorwagen ab einem anderen Triebwagen ferngesteuert, konnte die elektrische Bremse jedoch nicht aktiviert werden. Die Signale dazu wurden nicht auf dem Kabel übertragen, was nicht nötig war, weil kein zweites passendes Fahrzeug über eine solche Bremse verfügte. Daher galt dieser Grundsatz auch für die Steuerwagen, wenn auch ab diesen konnte die Nutzstrombremse nicht aktiviert werden.

 

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