Druckluft und Bremsen

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Wie bei allen Lokomotiven seit Jahren üblich, war auch hier die Druckluft ein wichtiger Bestandteil geworden. Sie wurde längst nicht mehr nur für die Bremsen benötigt und viele Aufgaben wurden von dieser Energiequelle versorgt. Aus diesem Grund müssen wir einen genaueren Blick darauf werfen. Dabei beginnt in diesem Punkt alles im Vorbau zwei, also im hinteren Vorbau der Lokomotive, wo neben dem Motor auch der Kompressor Platz fand.

Die Entwicklung leistungsfähiger Kompressoren war in den vergangenen Jahren ein wichtiger Bestandteil der Technik geworden. So wurde bei den neusten Baureihen mit dem zweistufigen Rotationskompressor gute Ergebnisse erzielt. Obwohl man hier dieses Modell erwarten könnte, wurde die Baureihe De 6/6 jedoch mit einem anderen Modell versehen. Dabei sollte mit diesen drei Maschinen die Erfahrungen mit einem neuen Modell gesammelt werden.

Eingebaut wurde daher ein Kolbenkompressor. Dieser funktionierte vom Prinzip her, wie ein Verbrennungs-motor. Nur wurde hier die Antriebswelle des Kompressors von einem elektrischen Motor angetrieben.

Dadurch begannen sich die beiden Kolben zu bewegen und schöpften die Luft in die Leitung. Damit wurde diese ei-gentlich nicht mehr komprimiert, sondern einfach immer mehr Luft in die Leitung gepumpt. Ein Prinzip, das von den Luftpumpen bereits bekannt war.

Gerade durch die Tatsache, dass die Luft hier nur ge-schöpft wurde, erwartete man bessere Ergebnisse bei der Ausscheidung von Wasser. Dieses entstand, wenn die ver-dichtete Luft entspannt wurde und so die Feuchtigkeit kondensierte.

Mit dem neuartigen Kolbenkompressor sollte nicht mehr so viel Feuchtigkeit ausgeschieden werden, da die Luft erst in der Leitung verdichtet wurde und dort eine ge-ringere Entspannung entstand.

Trotzdem sollte aus der Luft weiterhin Kondenswasser ausgeschieden werden. Dieses entstand nun aber ge-ringerem Masse und daher konnte mit einem einfacheren Modell das Wasser entziehen.

Dieser Wasserabscheider war daher so ausgelegt worden, dass er manuell entleert werden musste. Aus diesem Grund war beim Gefäss ein schlichter Ablasshahn vorhanden. Die entnommene Emulsion musst anschliessend fachgerecht entsorgt werden.

Das sich in der Leitung befindliche Überdruckventil verhinderte, dass sich der Druck in der Leitung auf einem Wert von mehr als rund 10 bar erhöhen konnte. Betrieblich wurde jedoch mit einem Druck in der Leitung von acht bar gearbeitet, womit die normalen Werte der damaligen Zeit angewendet wurden. Mit dem Kompressor wären deutlich höhere Werte möglich geworden. Ein Umstand, der jedoch keine Rolle spielte.

Die vom Kompressor geschöpfte Luft gelangte schliesslich in den Hauptluft-behälter. Dieser befand sich zwischen den beiden Drehgestellen und er wurde quer zur Fahrrichtung eingebaut.

Spezielle Ablasshähne erlaubten es, dass das Wasser, das hier ausgeschie-den wurde, abgelassen werden konn-te.

Ansonsten bot dieser Behälter das Vo-lumen, dass der Kompressor nicht im-mer arbeiten musste. So konnten auch kurzfristig grosse Mengen bezogen werden.

Spezielle Absperrhähne bei den Haupt-luftbehältern sorgten dafür, dass hier die Druckluft gespeichert werden konnte.

Nötig war dies, weil die Lokomotive ohne Druckluft nicht in Betrieb genommen werden konnte. Einen Unterschied zu den anderen Baureihen gab es hier jedoch, denn die Druckluft wurde nur zum Heben des Stromabnehmers benötigt. Alle anderen wichtigen Punkte waren mechanisch gelöst worden.

Für Verbraucher, wie der erwähnte Stromabnehmer, war auf der Lokomotive die Apparateleitung eingebaut worden. Es war eine Leitung, die auf die Maschine beschränkt war und die mit einem festen Druck von sechs bar betrieben wurde. Eine Lösung, die auch bei anderen Baureihen so gelöst wurde. Bei der Baureihe De 6/6 unterschieden sich lediglich die angeschlossenen Baugruppen, denn diese konnten an einer Hand abgezählt werden.

Den Stromabnehmer haben wir bereits und mit dem zweiten Teil, dem Rückspiegel haben wir alle Punkte. Dabei war gerade dieser Rückspiegel speziell. Zwar wurden solche Spiegel schon bei anderen Baureihen, wie den Triebwagen verwendet, jedoch mit einer manuellen Stelleinrichtung. Mit der Druckluft konnte der Spiegel leicht und schnell ausgeklappt werden. Beim Wechsel der Fahrrichtung klappte der Spiegel automatisch ein und so wurde er nicht so sehr verschmutzt.

Die weiteren Verbraucher der Druckluft wurden nicht mehr an dieser Leitung angeschlossen. Somit waren es nur zwei Punkte und auch bei der zweiten Leitung, die Speiseleitung genannt wurde, waren nicht sehr viele Verbraucher angeschlossen worden. Der Unterschied lag nur darin, dass hier ein variabler Druck von bis zu acht bar vorhanden war. Neben der Sandstreueinrichtung waren hier nur noch zwei Bereiche angeschlossen worden.

Das waren die auf dem Dach montierten Lokpfeifen. Sie waren von gewöhn-licher Bauart und wurden mit Druckluft betrieben. Durch die Ausrichtung konnte so eine optimale Schallrichtung erreicht werden.

Durch den hohen Druck war der Pfiff zudem sehr laut, war bei der Strecke durch das Seetal besonders wichtig war, denn nicht bei allen der 400 Bahn-übergänge wurde mit der Lokomotive ein Achtungssignal abgegeben.

Die Pfeife wurde, wie bei den anderen Baureihen mit einem Seilzug bedient. Je stärker am Seil gezogen wurde, desto lauter war die Pfeife. Mit etwas Übung konnten die Speziellen von den anderen Lokomotiven her bekannten Klangfolgen erzeugt werden.

Wobei die Strecke durch das Seetal bereits dafür bekannt war, dass es oft nur eine Stufe gab. Besonders dann, wenn ein Fuhrwerk die Strecke blockierte und sich der Zug näherte.

Es wird nun Zeit, wenn wir uns dem wichtigsten Verbraucher der Speise-leitung zuwenden. Auch hier wurde die Druckluft in erster Linie für die Brem-sen benötigt und diese waren klar an der Speiseleitung anzuschliessen.

Die genau geregelten Drücke wurden mit Hilfe der Ventile erzeugt, jedoch be-nötigten diese eine gute Versorgung und daher wurde die Zuleitung mit dem maximal möglichen Druck versehen.

Doch gerade die Bremsen sollten uns nun mit einer grossen Überraschung dienen. Dabei war es so simpel und wirklich sehr einfach, denn auch hier wurde eine damals übliche Westinghousebremse verwendet und die war wirklich nicht mehr neu. Es lohnt sich deshalb, wenn wir die automatische Bremse der Lokomotive etwas genauer ansehen. So viel sei schon erwähnt, es wurde hier nicht von der Doppelbremse nach Westinghouse gesprochen.

Eingebaut wurde die indirekte Bremse nach Westinghouse. Dabei arbeitete diese mit einer Hauptleitung, die mit einem Druck von fünf bar gefüllt wur-de.

Sie wurde auch zu den Stossbalken geführt und stand dort mit Luft-schläuchen und Absperrhahnen auch den angehängten Wagen zur Verfüg-ung.

Diese Hähne und die speziellen Kupp-lungen waren zudem rot eingefärbt worden. Ein Punkt, der sich langsam durchsetzen konnte.

Dabei wurde bei dieser Bremse eine Bremsung durch Absenkung des Druk-kes in der Hauptleitung eingeleitet.

Ein Prinzip, das klar von den anderen Baureihen stammte. Dabei arbeitete auch hier die Westinghousebremse mit einem Regeldruck von fünf bar. Jedoch konnte mit einer Verminderung des Druckes keine Bremskraft erzeugt werden, daher musste der indirekte Weg gewählt werden und daher auch der Name der indirekten Bremse.

Damit bei dieser Bremse Druckluft in den Bremszylinder gelangen konnte, wurde ein Steuerventil benötigt. Dieses stammte ebenfalls aus dem Hause Westinghouse und war, wie damals üblich, nur einlösig. Das heisst, eine Erhöhung des Druckes in der Hauptleitung führte dazu, dass die Bremse der Lokomotive komplett gelöst wurde. Ein stufenweises Lösen, wie es heute möglich ist, kannte man bei dieser Bremse schlicht noch nicht.

Der Bremszylinder wurde dabei mit einem Druck von bis zu 3.9 bar bewegt. Die Druckluft besorgte, dass der Kolben ausgestossen wurde. Wurde die Druckluft wieder entlassen, fiel die Kraft weg.

Damit die Bremsklötze nicht auf der Lauffläche liegen blieben, war beim Bremszylinder eine Rückholfeder vorhanden. Diese besorgte daher nur der Rückzug des Kolbens. Eine Lösung, die bei den meisten Bremszylindern umgesetzt wurde.

Das waren die Druckluftbremsen der Lokomotive. Was, es fehlt noch etwas? Ach Sie vermis-sen die Regulierbremse, wie sie auf den anderen Baureihen vorhanden war. Damit sind sie nicht alleine, denn auch das Lokomotivpersonal vermisste auf der Lokomotive De 6/6 die di-rekte Bremse.

Diese gab es schlicht nicht, es war nur die indirekte Westinghousebremse und keine der sonst bei Bahnen übliche Doppelbremse nach Westinghouse vorhanden.

Bevor wir jedoch damit beginnen können, muss noch erwähnt werden, dass das Steuer-ventil nur die Personenzugsbremse anbieten konnte. Die Umstellung auf die G-Bremse war daher bei der Lokomotive für Güterzüge schlicht nicht vorhanden.

Begünstigt wurde diese Vereinfachung der Bremse auf der Lokomotive durch die Tatsache, dass leichte Güterzüge in der Schweiz seit einigen Jahren mit der P-Bremse geführt wur-den.

Am Bremszylinder wurde schliesslich ein Bremsgestänge angeschlossen, Dabei gab es für jedes Drehgestell einen eigenen Bremszylinder und damit geteilte Gestänge. Damit war die Lokomotive eigentlich für Bergstrecken geeignet

Wobei das Seetal bei den Steigungen durchaus mithalten konnte und nur die steilen Hänge fehlten. Doch wenden wir uns wieder dem Bremsgestänge zu, denn dieses war für drei Achsen ausgelegt worden und es musste verstellt werden.

Ein manuell verstellbarer Bremsgestängesteller passte daher das Gestänge jedes Drehgestells an die Abnützung der Bremsklötze an. Die Nachstellung erfolgte dabei während dem Unterhalt im Depot und daher in regelmässigen Abständen. Ein Punkt, der damals durchaus üblich war und der dafür sorgte, dass hier ein gewöhnliches Bremsgestänge eingebaut wurde. Jedoch konnten in diesem Bereich damals kaum Fortschritte erreicht werden.

So überrascht es nicht, dass die Lokomotive eine klassische Klotzbremse erhalten hatte. Diese arbeite-te mit je einem Bremsklotz pro Rad auf die Lauf-fläche desselben.

Somit waren bei der Baureihe De 6/6 lediglich zwölf Bremsklötze vorhanden. Im Vergleich mit anderen Lokomotiven der Schweizerischen Bundesbahnen SBB, war das aber nicht besonders wenig, denn damals waren kaum mehr Beläge pro Triebachse vorhanden.

Durch die durch den Bremszylinder aufgewendete Kraft im Gestänge, wurde der aus Grauguss geform-te Bremsklotz gegen das Rad gezogen und hinderte dieses dadurch an der freien Drehung.

Durch die mechanische Reibung wurde eine Brems-ung erzeugt und vom weichen Belag auch Material abgetragen.

Dabei wurde die durch die grosse Reibung ent-stehende Wärme vom Bremsklotz aufgenommen und so auch von der Lauffläche abgeleitet.

Auf jeweils ein Bremsgestänge wirkte eine Hand-bremse als rein mechanische Bremse. Da diese im Führerstand bedient wurde, konnte von jeder Hand-bremse eine Hälfte gebremst werden.

Damit wurde, wie damals üblich, die gesamte Loko-motive mit der Handbremse gesichert. So reichte diese Bremse auch problemlos für die steilen Ab-schnitte im Seetal. Es entstanden keine Beschränk-ungen beim Abstellort der Lokomotive.

Damit haben wir die mechanischen Bremsen ebenfalls kennen gelernt. Sie sehen, dass auch im Bereich der Bremsen Gewicht eingespart werden musste, das war letztlich eine direkte Folge der zugelassenen Achslast, die damals im Seetal lediglich bei zwölf Tonnen lag. Es lohnt sich daher, wenn wir, bevor der elektrische Teil beginnt, die Lokomotive auf die Waage stellen. Dabei wurden diese immer pro Achse gewogen.

Bei den beiden äusseren Achsen beim Stossbalken wurden mit 12.5 Tonnen gewogen. Dieser Wert wurde auch bei der mittleren Achse eines Drehgestells erreicht. Lediglich die beiden inneren Achsen waren mit 11.9 Tonnen etwas leichter ausgefallen. Damit war die Lokomotive etwas zu schwer geraten, jedoch noch innerhalb der im Pflichtenheft genannten Toleranz. Sie sehen, wie schwer dieser Teil beim Bau der Maschine wirklich war.

 

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