Inbetriebsetzung

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Die ersten im Werk durchgeführten Schritte dieser Triebzüge war von kurzer Dauer. Viele Punkte, die versagen konnten, stammten von anderen Baureihen. Die einzige Revolution war der Gleittransformator. Doch dieser konnte erst zeigen, was in ihm steckte, wenn der fertige Zug auf die Strecke gelassen wurde. Mit einem nahezu 70 Meter langen Zug kann man in einer Halle keine grossen Schritte machen. Das war den Leuten durchaus bewusst.

Es kann jedoch angenommen werden, dass im Werk nicht alles so verlaufen ist, wie man sich das bei den Herstellern ausgedacht hatte. So kam es, dass mit dem Triebzug Re 8/12 und der Nummer 502 eigentlich zuerst der zweite Zug fertig wurde.

Doch das war am 08. Oktober 1937 den Leuten egal, denn jetzt konnte der noch als BCLe 8/12 bestellte Zug auf die Reise gehen. Die Zeit der schnellen Züge sollte in der Schweiz beginnen.

Bei den Probefahrten mit diesem Triebzug mussten die passenden Strecken gefunden werden. So galt zu prüfen, wie es um Kurven kommt, wie steile Strecken befahren werden und ob die auf dem Papier angegebene Höchstgeschwindigkeit auch umgesetzt werden konnte. Es gab viele Fragen bei diesem ersten Zug, der sich am Anfang nicht gross vom Werk des Erbauers entfernte. Man konnte so schnell zurück und reklamieren.

Obwohl der zweite Triebzug nur kurze Zeit nach der Nummer 502 fertig wurde, kam es nicht zur Übernahme durch die Schweizerischen Bundesbahnen SBB. Man traute in Bern dem neuen Zug schlicht noch nicht und so stellte man den zweiten davon zurück um allenfalls Anpassungen vornehmen zu können. Dass daran die Hersteller natürlich keine Freude hatten, versteht sich von selbst, denn der neue Zug blieb im Werk und nahm dort wertvollen Platz weg.

In derselben Zeit machte der Zug mit der Nummer 502 seine Gehversuche und wie besser diese verliefen, desto mutiger wurde man. Daher wurden neben anderen Fahrten auch Versuche mit Reisenden durchgeführt. Diese sollten bewerten, wie das neue Fahrzeug auf sie wirkte. Insbesondere die neu gestaltete zweite Wagenklasse stand dabei im Mittelpunkt. Die Bahngesellschaft wollte wissen, wie die Einrichtung wirkte.

Ein Teil der Versuche umfasste die Kräfte im Gleis. Diese durften nicht zu hoch sein, denn der Zug musste die Be-dingungen für die neue Zugreihe R erfüllen. Selbst kritische Weichenverbindungen wurden befahren um zu sehen, ob es Probleme gibt.

Dabei waren die Messmethoden zum Teil neu und man hatte noch keine Referenzen. Auf jeden Fall war schnell klar, der Triebzug erfüllte die Bedingungen und die Zulassung war damit kein Problem.

Bei den gefahrenen Geschwindigkeiten war alles nur eine Frage des Mutes. Bis auf 125 km/h ging es noch in grossen Schritten. Dann steigerte man sich in die ungewisse Zone. Damit wurden die Schritte kleiner.

Gab der Zug so richtig Gas, wurden die Bahnhöfe ange-wiesen, die Signale auf Durchfahrt zu stellen. Dann kam das Kommando an den Lokführer. Der Triebzug wurde immer schneller und so erreichte man schliesslich die 150 km/h.

Doch um richtig schnell fahren zu können, musste man die richtige Strecke finden. Diese waren in der Schweiz damals noch nicht so oft vorhanden.

Während es zwischen Bern und Thun viele langgezogene Kurven gab, war die Strecke im Wallis auf mehreren Kilometern schnurgerade. Aus diesem Grund wurden diese Fahrten in den Raum Riddes VS verlegt. Weiterhin mussten aber die Signale zwingend freie Fahrt zeigen und erst dann ging es los.

Der Triebzug benötigte einen gewissen Anlauf und letztlich wurde ein Wert von 165 km/h erreicht. Das bedeutete klar einen neuen Rekord für die Schweiz. Dabei zeigte der Re 8/12 jedoch, dass er wirklich als rasender Zug ausgelegt wurde. Die Fahrwerke waren ausgesprochen stabil im Gleis und daher fassten sich die wichtigen Leute der Versuchsgruppe ein Herz und nahmen allen Mut zusammen. Denn nun wollte man sehen, was geht.

Der Anlauf wurde etwas verlängert und so in den Abschnitt mit Kurven verlegt. Erneut wurden die Stationen angewiesen, die Signale auf grün zu stellen. Erst jetzt kam der Befehl.

Dieser war klar, Vollgas bis nichts mehr geht. Man nahm in Kauf, dass etwas kaputt gehen könnte. Jedoch wollte man nun wissen, was der Zug, der schnell wie ein Pfeil war, konnte. Ein roter Pfeil begann die rasante Fahrt durch das untere Wallis.

Anfänglich stieg die Geschwindigkeit schnell, aber ab 150 km/h war nicht mehr viel Zugkraft vorhanden. Dennoch wurde die Restzugkraft belassen und schliesslich wurde bei Riddes VS die Marke von 200 km/h knapp nicht erreicht.

Trotzdem freute man sich im Zug, denn das war ein neuer Rekord für die Schweiz. Ein Rekord, der viele Jahre bestand haben sollte, denn erst mit dem Triebzug RAe TEE II wurde die Marke erneut angepeilt, denn der konnte planmässig 160 km/h fahren.

Bei all den Rekorden, hatte man vergessen, dass planmässige Züge auch aus solchen Werten angehalten werden mussten. Daher wurde beschlossen, dass ein Versuch durchgeführt werden sollte. Der Triebzug näherte sich mit 150 km/h dem Vorsignal. Das war zur Sicherheit offen. Genau beim Vorsignal wurde die Gefahrbremse des Triebzuges aktiviert. Jetzt galt es mit dem Zug am richtigen Ort, also vor dem Hauptsignal zum Stehen zu kommen.

Zur Erinnerung, bei der Gefahrbremse wirkten die beiden elektrischen Bremse mit der vollen Kraft. Zudem wurden die Bremszylinder im Zwischenwagen mit sechs bar Druck angesteuert. Mit anderen Worten, es ging mit allen verfügbaren Bremssystemen kräftig in die Knie und das war gut so, denn der verfügbare Weg war wirklich beschränkt, denn genau diese Situation konnte im Betrieb passieren. Als das Hauptsignal passiert wurde, war klar, der Versuch ist misslungen.

Daher wurde dieser Versuch mit der Schnellbremse erneut ausgeführt und auch jetzt konnte der ver-langte Bremsweg nicht eingehalten werden. Somit war klar, der Triebzug durfte planmässig nur mit maximal 125 km/h eingesetzt werden.

Ein herber Dämpfer, den man nur mit dem Einbau von Magnetschienenbremsen hätte verhindern kön-nen. Nur die Testcrew wusste, wie man grüne Sig-nale verlangt und so passierte bei den Fahrten nichts.

Am 1. Dezember 1937 wurde der neue Triebzug der Presse vorgestellt. Die dazu von den Schweizer-ischen Bundesbahnen SBB organisierte Fahrt führte von St. Gallen aus nach Zürich und Basel.

Von dort ging es dann in die Westschweiz. Ziel die-ser besonderen Route war schliesslich Lausanne. Doch bevor man dort war, erfolgte noch schnell ein Abstecher nach Genève. Sie sehen, der Presse wur-de eine spannende Fahrt geboten.

Die Fahrt mit der Presse verlief ohne nennenswerte Probleme. Zudem waren die Leute der Presse be-eindruckt, als mitgeteilt wurde, dass der Zug soeben 150 km/h erreicht hatte.

Was dazu erforderlich war, wurde verschwiegen. Es ging darum eine gute Presse zu bekommen und da spricht man nicht gerne von Problemen und Sorgen. Der neue Zug hatte durchaus seine Macken, aber die Lokführer wussten mit diesen umzugehen.

Für die Leute entlang der Strecke war der Triebzug ebenfalls ein Blickfang. Vor allem dort, wo schnell gefahren wurde und der Zug nur so vorbeigeschossen war. Es wurde daher aufgeregt berichtet, dass ein roter Pfeil über die nahe Strecke geschossen kam. So schnell, dass einem fast die Ohnmacht übermannt hätte. Doch es war nur der schnellste Zug, den die Schweizerischen Bundesbahnen SBB in ihrem Bestand hatten.

Nach dem Ende der Fahrt wurde der Triebzug durch die Fachleute der Staatsbahnen in Lausanne genaustens be-gutachtet.

Diese kontrollierten, ob alle verlangten Vorgaben einge-halten wurden, ob der Zug wirklich so gut war, wie die Leute, die damit gefahren waren, meinten.

Man kann diese Kontrolle ganz gut mit einer Abnahme des Fahrzeuges vergleichen, denn das Urteil der Leute, war zugleich das Startsignal für den zweiten Zug.

Sie haben es richtig gelesen, der zweite Zug, also jener mit der Nummer 501, stand immer noch beim Hersteller und wartete darauf, seine Fahrten zu beginnen.

Die Reibereien zwischen den Schweizerischen Bun-desbahnen SBB und den Herstellern waren daher recht gross.

Hauptproblem war, dass keine Rechnung bezahlt wurde, wenn der Zug nicht ausgeliefert war. Ein Problem für die Hersteller, die Löhne bezahlen mussten.

Danach stand dann die zweite längere Fahrt für den Re 8/12 auf dem Programm. Der Zug startete dabei mit den Leuten der Presse in Lausanne und fuhr schliesslich über den Gotthard ins Tessin. Dabei konnten sich die Vertreter ein Bild über die Wirkung der elektrischen Bremse machen. Der Triebzug schien die langen Rampen wie von Geisterhand gesteuert zu befahren. Der Lokführer sass da und schaute zu. Dass die Signale grün waren, versteht sich von selbst.

Anschliessend kehrte der Zug wieder nach Lausanne zurück. Auch jetzt traten keinerlei Störungen auf, so dass der Triebzug dem Betrieb übergeben werden konnte. Gleichzeitig bekam der Zug, wie man so schön sagt, eine gute Presse, denn die Gäste waren begeistert. Es startete, wie man heute sagt, der Versuchsbetrieb mit dem neuen Fahrzeug. Doch da war eigentlich immer noch das Problem mit der Nummer 501, die immer noch im Werk war.

Die Haltung der Schweizerischen Bundesbahnen SBB gefiel natürlich nicht allen, denn das Risiko wurde so den Herstellern überlassen. Jedoch kann gesagt werden, dass sich das durchaus gelohnt hätte.

So könnte die andere Bestuhlung der zweiten Wagenklasse noch ge-ändert werden. Das war jedoch nicht erfolgt und so wurde es mit dem zweiten Triebzug in der zweiten Wagenklasse wieder etwas enger und damit kuschliger.

Wer nun annimmt, dass die Wartezeit von der Industrie dazu genutzt worden wäre um die Bremskraft mit dem Einbau von Magnetschienen-bremsen zu verbessern, irrt sich.

Der Zug wurde nichtmehr angerührt, denn eine solche Änderung war Sache des Betreibers und in den Kosten waren diese Arbeiten auch nicht berücksichtigt. Sie sehen, es war nicht leicht Verhandlungen zu führen und so wirklich ein gutes Fahrzeug zu bekommen.

Am 17. Februar 1938 bekam dann der erste Zug die lange ersehnte Gesellschaft, denn der zweite nun fertig montierte Triebzug, konnte die Werkhallen verlassen und wurde von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB übernommen. Somit waren die Staatsbahnen im Besitz der beiden Prototypen und konnte nun die Erfahrungen damit sammeln. Davon hing letztlich auch ab, ob eine Serie dieser Züge beschafft werden sollte oder nicht.

In Anbetracht der Krise in der Wirtschaft, erhoffte sich die Industrie einen Auftrag über die Lieferung einer Serie. Bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB wollte man jedoch den planmässigen Verkehr abwarten. Es war klar, die beiden Züge hatten schlechte Karten bekommen, denn die 150 km/h sollten in Zukunft nur noch ein Wert sein, der im Führerstand angeschrieben wurde. Fahren durften die beiden Re 8/12 dieses Tempo jedoch nicht.

Als Abschluss der Inbetriebsetzung war schliessloch noch der Unterhalt zu regeln. Die neuen Triebzüge wurden, wie das üblich war, in dem Depot unterhalten, dessen Schild am Kasten montiert wurde. Der schwere Unterhalt dieser schnellen Triebzüge sollte die Hauptwerkstätte von Zürich übernehmen. Dort waren schon die kleineren CLe 2/4 im Unterhalt. Damit konnten die Arbeiter die ersten Erfahrungen mit dem neuen Kasten sammeln.

 

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