Betriebseinsatz Teil 1

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Mit dem Entscheid, die beiden Triebwagen dem planmässigen Verkehr zu übergeben, endete die Inbetriebsetzung. Nun ging es an die Schulung der Lokführer und des Zugpersonals. Jedoch mussten auch die Leute des Unterhalts an das neue Fahrzeug gewöhnt werden. Nur damit das sinnvoll war, musste das Unternehmen wissen, wo denn die beiden neuen Züge eingesetzt werden sollten. Nur so konnte die Schulung effizient durchgeführt werden.

Das Fahrpersonal gab dem Triebzug, wegen den vielen Treppen schnell den nicht gerade schmeichelhaften Übernamen «Tatzel-wurm». Ein Wesen aus der Welt der Phantasie soll der Zug gewesen sein.

Dabei war jedoch der dreiteilige Zug wegen seiner Länge wohl kaum mit einem Wurm zu vergleichen. Dem Zug sollte dieser Begriff jedoch erhalten bleiben. Offiziell wurde jedoch immer noch von Re 8/12 gesprochen.

Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB wollten die neuen Triebzüge nicht gross verschieben. Daher sah man vor, diese beiden Einheiten ab dem Fahrplanwechsel im Mai 1938 mit den Städteschnellzügen 5/6 und 27/24 zu beschäftigen. Dabei wäre der Zug in Genève gestartet und nach einem Wechsel der Richtung in Zürich wieder dorthin zurückgekehrt. Dabei konnte auf dieser Strecke schnell gefahren und die Kurven mit erhöhten Werten passiert werden.

Zusätzlich wollte man auch ein neues Zugpaar von Basel nach Lausanne und wieder zurück nach Basel damit abdeckten. Dadurch wären die beiden neuen Züge auf den wichtigsten Magistralen des Mittellandes eingesetzt worden und hätten die Städte mit schnellen Verbindungen nähergebracht. Selbst jetzt nutzte man die schnellen Kurven und die Höchstgeschwindigkeit der Züge. Auch wenn diese bei 125 km/h lag, der Zug war schnell.

Man kann diesen Mut durchaus bewundern, aber letztlich mussten es auch die Leute bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB einsehen. Der dreiteilige Triebzug hatte schlicht zu wenig Platz um diese stark ausgelasteten Züge zu führen. Wagen konnte man bekanntlich nicht mitführen und auch eine Doppelführung schied grundsätzlich aus. Auch wenn die kurze Fahrzeit hier gewünscht wurde, es scheiterte am Platz, oder besser bei der Post.

Letztlich stellte sich aber die Schweizerische Post PTT quer, denn die mit den Zügen beförderten Briefe und Pakete durften gemäss deren Vorstellungen nicht im Gepäckabteil transportiert werden.

Um das heilige Postgeheimnis zu wahren, verlangte man einen eigenen Postwagen. Dieser konnte man den Triebzügen jedoch nicht mitgeben, da diese keine nor-malen Kupplungen hatten und weil auch die Westinghouse-bremse fehlte.

So musste man von der Idee abrücken. Die beiden neuen Züge wurden deshalb dem Depot Rorschach zugeteilt. Für einen Triebzug richtete man einen Dienstplan nach Bern, Biel und Basel ein.

Somit kam dieser Zug durchaus durch die Schweiz, auch wenn er den deutschsprachigen Raum nur bei der Fahrt nach Basel verliess.

Man könnte fast meinen, dass man einen Dienstplan für den Zug kreiert hatte, damit er wenigstens eingesetzt werden konnte.

Mit dem zweiten Zug deckte man Gesellschaftsfahrten aus der Ostschweiz ins Tessin ab. So waren beide Züge ein einem Dienstplan enthalten und kamen regelmässig zum Einsatz. Selbst der Gotthard war enthalten, auch wenn das Heimatdepot fest am anderen Ende der Schweiz war. Einen Ersatz hatte man eigentlich nicht, wenn ein Zug ausfiel, wurden einfach keine Fahrten mehr ins Tessin durchgeführt, oder der Planzug durch ältere Züge ersetzt.

Da sich die planmässigen Züge jedoch grosser Beliebtheit erfreuten, war der Triebzug in diesem Plan hoffnungslos überfordert und es gab oft nur Stehplätze. Bei den Leistungen, wo die Stehplätze kaum reichten, wurden daher die Triebzüge durch eine Lokomotive und Wagen ersetzt. Gerade bei den Wagen gab es den neuen und guten Leichtstahlwagen. Mit diesen kamen auch die neuen Steuerventile. Das sollte die Zukunft sein.

Die Geschichte der kleinen roten Pfeile wiederholte sich wieder. Die Leute griffen förmlich nach den schnellen Verbindungen und dafür war der Zug zu klein geraten.

Gerade im Fernverkehr der Schweiz musste auch damals niemand erwar-ten, dass eine dreiteilige Einheit aus-reichend wäre.

Die Städteschnellzüge mussten daher mit anderen Mitteln beschleunigt wer-den. Die meisten fuhren damals immer noch nicht schneller als 110 km/h.

Neue schnelle Triebwagen mit Leicht-stahlwagen sollten es richten. Aus die-sem Grund arbeiteten die tapferen Leute in Bern ein neues Pflichtenheft aus. Jetzt sollten die Triebwagen als RFe 4/4 bezeichnet werden.

Zusammen mit der nagelneuen R-Bremse sollten diese Fahrzeuge den Wert von 125 km/h erreichen.

An Triebzüge dachte man in der Ab-teilung Zugförderungen schlicht nicht mehr und das hatte wirklich schlimme Folgen.

Das blieb natürlich den Generaldirektoren in Bern nicht verborgen. Diese stellten in einer Mitteilung fest, dass die beiden Triebzüge nur in beschränktem Masse zur Führung von Reisezügen geeignet seien. Für ein Fahrzeug, das nur zu diesem Zweck gebaut wurde, war das keine gute Sache. Die Probleme der kleinen Triebwagen, waren auch das grosse Problem der schnellen dreiteiligen Einheit, die schon kurz nach dem Fahrplanwechsel verloren hatte.

Es sollten daher keine weiteren Triebzüge der Reihe Re 8/12 mehr beschafft werden. Somit wurden die Hoffnungen der Hersteller begraben und so blieb es bei den beiden Prototypen. Eine Serie von solchen schnellen und leichten Triebzügen sollte es erst viele Jahrzehnte später geben. Damals gehörte die Zukunft den Leichtstahlwagen und dem nagelneuen Steuerventil aus dem Hause Oerlikon Bremsen, das eine Lösung hatte, die R-Bremse genannt wurde.

Statt weiter in nutzlose Triebwagen der Baureihe Re 8/12 zu investieren, sahen die Schweizerischen Bundesbahnen SBB ein Konzept mit leichten Ge-päcktriebwagen und Leichtstahlwagen vor.

Ein flexibles System, das ebenfalls schnell unterwegs war und das den Ansturm deutlich besser verkraften konnte. Im Gegensatz zu den CLe 2/4, wurde hier zumindest keine Serie beschafft. Es gab schlicht keine Arbeit für den «Tatzelwurm».

Im ersten Betriebsjahr konnten die Triebzüge die Leistungen abdecken. Auch wenn es bei den Sitzplätzen immer wieder eng wurde. Oft wurde das Tessin angefahren und der Planzug mit dem alten Rollmaterial geführt. Zumindest konnte man so die Stehplätze etwas reduzieren. Gerade wenn der Zug gestopft wurde, war er nicht viel Schneller, als eine alte Komposition. Es fehlte einfach die installierte Leistung um mehr ausrichten zu können.

Die unbekümmerte Zeit dieser beiden Triebzüge wurde am 14. August 1939 jäh beendet. An diesem Tag geriet das Depot Rorschach in Brand. Die Mannen versuchten so schnell es ging, die Fahrzeuge zu retten. Der in der Remise abgestellte Zug mit der Nummer 501 konnte nicht mehr rechtzeitig in Sicherheit gefahren werden. Ob man sich das Ergebnis erhoffte und daher den unbeliebten Sonderling für die alten Lokomotiven opferte, ist nicht überliefert.

Offiziell wurde der Triebzug jedoch von den Flammen eingeholt. Bis die Feuerwehr das Feuer in den Griff bekommen konnte, war es für den zweiten Triebwagen des Zuges geschehen. In den Trümmern des Depots fand man den vollständig ausgebrannten Kasten. Selbst die Drehgestelle des Mittelwagens waren beschädigt worden. Man musste das Schlimmste befürchten, denn so ein Schaden bedeutete oft nur noch Schrottplatz.

Das neue Fahrzeug war nur noch zu retten, wenn man es um einen Wagen kürzte und so den ausgebrannten Teil dem Schrotthändler anvertraute. Damit war der auf 2/3 gekürzte Triebzug jedoch nicht mehr für Schnellzüge geeignet und musste neuen Aufgaben zugeführt werden. Man kann daher ungeniert behaupten, dass der Zug wohl komplett abgebrochen worden wäre, wenn er nicht erst zwei Jahre im Betrieb gewesen wäre.

Wegen Materialmangels dauerte die Herstellung des Triebzuges über zwei Jahre. Schuld war in erster Linie die verschärfte politische Situation in Europa. Aus diesem Grund wurde am 01. September 1939 durch den Bundesrat der Schweiz die allgemeine Kriegsmobilmachung ausgerufen. In der Folge wurden auch die Grenzen geschlossen. Doch diese hätten offen sein müssen, denn für den beschädigten Zug wurden Teile benötigt.

Trotzdem gelang es, den Zug um einen Triebwagen zu kürzen und so zu formieren, dass daraus der Triebwagen Re 4/8 wurde. Die Nummer passte man auch an und vergab dem Zug die Nummer 311. Daher waren die beiden Züge klar getrennt und niemand hätte dabei eine einheitliche Serie vermutet. Da die Bahnen der Armee unterstellt waren, wurden auch eine Ausflugszüge mehr angeboten. Der Re 4/8 musste neue Arbeit suchen.

Während der Zug mit der neuen Nummer 311 auf die Aufarbeitung wartete, kamen die drei Triebwagen der Baureihe RFe 4/4 in den Betrieb. Diese waren ebenfalls schnell und sie konnten 1940 ausgeliefert werden. Sie schafften zwar die Zugreihe R, scheiterten jedoch bei der Leistung. Die 1941 ausgelieferte Lokomotive Ae 4/6 hatte genug Power, schaffte aber die Zulassung zur Zugreihe R nicht. Wirklich schnell war auch nur die Nummer 502.

Danach wurde der instand gestellte Triebzug wieder in die Westschweiz verschoben und wurde erneut dem Depot Lausanne zugeteilt. Der neue Re 4/8 wurde von Lausanne aus mit Regionalzügen nach Les Ver-rières, Bern und Neuchâtel geschickt.

Jedoch waren im Dienstplan auch Schnellzüge zwi-schen Neuchâtel, Les Verrières und Bern enthalten. Dabei erreichte der Triebzug in diesem speziellen Dienstplan eine beachtliche Tagesleistung von 522 km.

Sein grösserer Bruder blieb vorderhand im Depot Ror-schach, wurde jedoch nur noch im Gesellschaftsver-kehr verwendet, da er für die Schnellzüge zu klein geworden war.

Daher blieb es in den folgenden Jahren um diesen Zug ruhig und er kam immer wieder auf anderen Stecken daher gefahren. Planmässige Einsätze gab es jedoch nur sehr selten. Während dem Krieg wollte niemand zum Vergnügen reisen und das merkte man beim Kilo-meterzähler. 

In diesen Jahren waren kräftige Lokomotiven und Wagen gefragt. Die Armee musste grosse Lasten verschieben und die Truppen benötigten lange Rei-sezüge.

Das war auch in der Schweiz so, auch wenn man nicht mit Kampfhandlungen konfrontiert wurde. Einen schnellen Triebzug benötigte schlicht niemand. Selbst als Fahrzeug für die Führung der Armee waren die kleinen Triebwagen Re 2/4 besser geeignet. Der Re 8/12 war entweder zu gross, oder aber zu klein.

Von einigen Abweichungen abgesehen blieb es für den Zug bei diesen Einsätzen. Der Re 8/12 konnte in der Ostschweiz einfach nicht mehr vernünftig eingesetzt werden. Das Platzangebot war für einzelnen Regionalstrecken zu gross und für Schnellzüge schlicht zu klein. Der kleinere Bruder hatte zumindest für den Regionalverkehr während dem Krieg genug Platz. Es schien fast, als hätte das Feuer einen Vorteil gehabt.

Als Deutschland in Trümmer lag und der Friede ge-schlossen wurde, kehrte auch in der Schweiz wieder der normale Alltag ein. Im Depot von Rorschach konnte man den Triebzug schlicht nicht optimal einsetzen.

Daher ersuchte man die Direktion in Bern um einen Abzug des Sonderlings. Dieses Begehren wurde schliesslich 1946 vom Direktorium in Bern bewilligt. Der Triebzug RBCFe 8/12 musste sich daher nach einer neuen Heimat umsehen.

In seiner Verzweiflung, verlief sich der Triebzug aus Rorschach am 22. Juli 1946 ins Seetal. Die Besitzer woll-ten einfach sehen, ob der Zug dort sinnvoll eingesetzt werden könnte.

Ein Unterfangen, das deutlich zeigte, wie verzweifelt man Arbeit für das Fahrzeug suchte, das ja noch nicht so alt war und das immer noch den Schweizer Rekord bei der Geschwindigkeit behielt. Da passte die kurvige Seethal-bahn wie die Faust aufs Auge.

Offiziell hiess es, dass der Triebzug im Seetal nicht über-zeugen konnte. Das war auch nicht so überraschend, denn ein Fahrzeug für 150 km/h passt nun mal nicht auf einen Abschnitt, bei dem man schon frohlockt, wenn einmal 50 km/h erreicht wurden.

Die Fahrmotoren mit der Eigenventilation hätten einen langfristigen Einsatz im Seetal vermutlich nicht überstanden. Doch dazu kam es nicht, der Zug rückte am selben Tag wieder ab.

Deshalb verschob man ihn 1946 ebenfalls nach Lausanne, womit wieder beide Züge in einem Depot stationiert waren. Wobei der nun als RBCFe 8/12 bezeichnete Triebzug auch hier im Gesellschaftsverkehr tätig blieb und anfänglich aus Mangel an Reisezügen kaum planmässig eingesetzt wurde. Doch wenn der Reisedienst einmal eine Gruppe hatte, wurde der Zug wieder abgestaubt und in den Bahnhof gestellt. Dabei stand immer die gleiche Bahnlinie an.

Der Triebzug verliess Lausanne in Richtung Bern und strebte ab dort dem Berner Oberland zu. Dass dabei das Aaretal mit 125 km/h befahren wurde, war eigentlich klar. Das Ziel war jedoch die Bergstrecke am Lötschberg und somit das Wallis bei Brig. Die Rückreise ging dann durch das Rhonetal vorbei an Riddes VS nach Lausanne. Diese «Lötschbergtour» war daher eine Rundfahrt und die konnte in der Westschweiz verkauft werden.

Die Schnellzüge waren nun definitiv weg, denn mit der Lokomotive Re 4/4, wurde nun das Problem mit den Städteschnellzügen gelöst. Die Lokomotive schaffte 125 km/h und war daher mit den Leichtstahlwagen ebenso schnell unterwegs wie der RBCFe 8/12, auch wenn dort immer noch 150 km/h angegeben wurde.  Die neue R-Bremse begann nun ihren Siegeszug. Die Lösungen mit der direkten Bremse waren nicht mehr erforderlich.

Während sich die Einsätze beim RBCFe 8/12 mehr oder weniger auf das Wochenende und auf die Tour de Lötschberg beschränkte, konnte sich der kleinere Bruder noch im Regionalverkehr halten. Jedoch kam auch er immer wieder in den Verkehr mit den Sonderzügen. Das führte natürlich dazu, dass er immer wieder auf Strecken von Privatbahnen auftauchte. Insbesondere die Strecken der BLS-Gruppe waren in der Westschweiz noch sehr beliebt.

Der RBCFe 4/8 befuhr ab 1948 auch die Strecken des Regional de Val de Travers RVT. Dabei waren dies jedoch keine Sonderzüge und der Triebwagen erreichte noch eine tägliche Leistung von 420 Kilometer. Es fehlten in den Dienstplänen die Schnellzüge. Diese waren nun endgültig an andere Baureihen verloren. Insbesondere diese grosse Serie von Leichtstahlwagen machte den Triebzügen das Leben im Fernverkehr besonders schwer.

Trotzdem war der Triebwagen RBCFe 4/8 doch recht erfolgreich. Der grössere Bruder hatte zwar eine an-sprechende wöchentliche Leistung, aber es gab Tage, wo sich der Zug nicht bewegte. Dabei waren das auch immer öfters Störungen am Transformator. Die Fahrt führte dann in die weit entfernte Hauptwerkstätte. Dort bastelten die Mannen den defekten Gleittransformator wieder zusammen und so ging es wieder in den Westen zurück.

Es mag Sie vielleicht überraschen, aber eigentlich hätte der RBCFe 8/12 die ideale Grösse für viele Regionalzüge gehabt. Jedoch konnte man mit einem einzelnen Fahrzeug dort nicht viel ausrichten. Damit fehlte jetzt eigentlich die Serie. Jedoch sorgten die zahlreichen Lokomotiven der Reihe Re 4/4 auch dafür, dass ältere Lokomotiven den Regionalverkehr übernahmen. Die Roten Pfeile war auch bei der grössten Version fehl am Platz.

 

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