Entwicklung und Bestellung

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Im Bestand der BLS hatte man die neue Baureihe Ae 4/4 als Muster gefunden. Sechs Lokomotiven dieser Baureihe verkehrten bereits und vier weitere Maschinen wurden vor wenigen Monaten bestellt. Bei den bestellten Lokomotiven konnte sogar die Leistung mit plus 10% leicht gesteigert werden, so dass diesen Maschinen später in den Steigungen der Lötschbergstrecke eine Normallast von 440 Tonnen zugestanden werden konnte.

Die doppelte Normallast dieser zuletzt gebauten Lokomotiven war mit 880 Tonnen schon sehr nahe an der zulässigen Zughakenlast von 900 Tonnen. Es fehlten nur 20 Tonnen, was man betrieblich vernachlässigen konnte.

Die Züge waren nicht immer so genau gerechnet, dass man dabei nicht von einer Toleranz sprechen konnte. Offiziell sollte die neue Baureihe Ae 8/8 aber nie auf 900 Tonnen erhöht werden.

Somit war klar, wenn man zwei Lokomotiven der Baureihe Ae 4/4 nehmen würde, hätte man mit den 880 Tonnen die passende Lokomotive bereits gefunden. Die Lösung hätte entweder mit einer Vielfachsteuerung, oder mit Anpassungen bei der Konstruktion verwirklicht werden können. Beide Lösungen hätten denselben Erfolg gehabt, denn die grundlegende Technik wurde ja nicht verändert. Es soll uns ein Beispiel weiterhelfen. 

Doppellokomotiven werden in erster Linie als zwei Halblokomotiven konstruiert. Diese werden Rücken an Rücken gekuppelt und die Leitungen mit Kabel und Schläuchen verbunden. Führen wir die Verbindung betrieblich lösbar aus, handelt es sich um eine Vielfachsteuerung. Wird jedoch eine fixe Stange verwendet, die nur in der Werkstatt getrennt werden kann, ist es eine Doppellokomotive. Das Problem war letztlich nur der Aufbau der Verbindung.

Die Verantwortlichen im Direktorium der BLS entschieden sich zu jenem Zeitpunkt für eine Doppellokomotive mit fester Kupplung. In Spiez glaubte man nicht an die Vielfachsteuerung der Baureihe Re 4/4 von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB. Zudem erachtete man den Vorteil, zwei Führerstände einzusparen als Vorteil, da man so Kosten sparen konnte. Der Naschteil war, dass man die Maschinen betrieblich nicht trennen konnte.

Bei der Vielfachsteuerung sah man die Probleme mit dem verwendeten Kabel. Noch wusste man nicht, dass das neue System III die Probleme gelöst hatte. Später wurden selbst Lokomotiven mit einer Leistung von nahezu 8 000 kW damit ausgerüstet.

Jedoch war der zusätzliche Aufwand für die Konstruktion nicht zu vernachlässigen. Daher war man sich in Spiez einig, die neue Lokomotive sollte daher eine Doppellokomotive werden.

Die neue Lokomotive stand bereits bis ins Detail geplant bereit. Die Bestellung musste nur noch der Industrie mitgeteilt werden. Jedoch drängte die Zeit und eine lange Entwicklung wollte man sich in Spiez ersparen.

Am liebsten wäre es den verantwortlichen Stellen gewesen, wenn die Lokomotive schon auf den Schienen gestanden hätte. Dabei war die Sache noch einfach, denn man wollte in Spiez eine doppelte Reihe Ae 4/4.

Deshalb griff man in die bereits laufende Produktion ein. Die Maschinen mit den Nummern 257 und 258 sollten fertig gestellt werden. Die beiden weiteren Nummern dieser Bestellung wurden jedoch storniert und die beiden Lokomotiven zu einer grossen Maschine der Baureihe Ae 8/8 umgebaut.

Damit hatte man zwar zwei Lokomotiven der Reihe Ae 4/4 weniger, aber die neue Lokomotive stand schnell auf den Geleisen.

Was technisch mit der Änderung passierte, war eigentlich nichts anderes, als wenn man eine Vielfachsteuerung in den beiden Lokomotiven eingebaut hätte. So wurde aus zwei Maschinen der Reihe Ae 4/4 die erste Lokomotive der Baureihe Ae 8/8 mit der Nummer 271 und nicht zwei Lokomotiven mit Vielfachsteuerung. Ein Schritt, der durchaus anders hätte gelöst werden können, denn es gab gute Ansätze bei der Zuverlässigkeit der Vielfachsteuerung.

Einige mechanische Anpassungen mussten vorgenommen werden, um wirklich eine Doppellokomotive zu schaffen. Dazu gehörte zum Beispiel die Reduktion um zwei Führerstände und die damit verbundene Anpassung der entsprechenden Bereiche. Die weiteren Baugruppen beliess man, so dass es eigentlich nur Anpassungen am Kasten und der Steuerung der Lokomotive gegeben hätte. Trotzdem nutze man den Umbau für Neuerungen.

Damit war aber auch klar, die neue Baureihe Ae 8/8 sollte „nur“ die Leistung von zwei Maschinen der Reihe Ae 4/4 erbringen. Erneut ging man bei der BLS nicht an höhere Leistungen heran. Der Grund war auch hier klar, denn auch die Doppellokomotive durfte keine Laufachsen bekommen. Wobei neue Erkenntnisse die Möglichkeit geboten hätten. Es wäre mehr möglich gewesen, aber man wollte die Maschine sehr schnell im Betrieb haben.

Diese erste 1959 bei der Industrie bestellte Lokomotive sollte in gleicher Weise für die Beförderung von schweren Reise- und Güterzügen geeignet sein.

Damit konnten diese riesigen Maschinen durchaus auch die Arbeit von zwei Lokomotiven der Reihe Ae 4/4 verrichten und somit mit schweren Schnellzügen vom Lötschberg her über die Strecke der Schweizerischen Bundesbahnen SBB bis nach Bern vorstossen. Die Zulassung zur Zugreihe R war jedoch nicht vorgesehen.

Hauptsächlich sollte die neue Lokomotive jedoch im schweren Verkehr mit den internationalen Transitgüterzügen eingesetzt werden. Wichtig dabei war, dass man die Vorspannleistungen reduzieren konnte. Zudem gab es eine Entlastung für die alten Baureihen, denn die Reihe Be 5/7 war nun wirklich zu alt geworden, um noch am Berg eingesetzt zu werden. Jedoch konnte eine Lokomotive alleine den Verkehr noch nicht bewältigen.

In den Jahren 1962 und 1963 folgen dann noch die Lokomotiven mit den Nummern 272 und 273. Damit endete die Lieferung nach drei Lokomotiven bereits wieder. Wobei man hier klar sagen kann, nur diese beiden Maschinen wurden als Baureihe Ae 8/8 bestellt, geliefert und in Betrieb genommen. Die erste Maschine war noch als zwei Lokomotiven der Reihe Ae 4/4 bestellt worden und wurde umgebaut, bevor sie ausgeliefert wurde.

Das Problem der drei grossen Lokomotiven war, dass sie mit einer Technik von 1944 ausrüstet worden waren. Dadurch wirkten die Lokomotiven 1960 zwar noch modern, wobei die Technik nun neue Möglichleiten bot und diese bestand auf den Reissbretter bereits. Trotzdem sollte es nicht bei diesen drei Lokomotiven bleiben. Diese Erweiterung kann man aber leicht als fragwürdig betrachten, doch sehen wir uns zuerst die letzten beiden Maschinen an.

Die Lokomotiven wurden immer wieder vor schweren Reisezügen benötigt. Daher beschloss man in Spiez, vier Lokomotiven der Reihe Ae 4/4 zu den Lokomotiven Ae 8/8 mit den Nummer 274 und 275 umzubauen. Damit kamen in den Bestand der BLS fünf Lokomotiven, wobei nur deren drei neu gebaut und nur zwei als Baureihe Ae 8/8 bestellt wurden. Damit haben wir nun aber keine gute Übersicht mehr, daher soll eine Tabelle etwas Klarheit schaffen.


Nummer Bestellt Geliefert Ae 4/4 1 Ae 4/4 2 Baujahr
271 Ae 4/4 Ae 8/8 259 260 1959
272 Ae 8/8 Ae 8/8     1962
273 Ae 8/8 Ae 8/8     1963
274 Ae 4/4 Ae 4/4 253 254 1965
275 Ae 4/4 Ae 4/4 255 256 1966

 

Wenn wir einen genauen Blick auf die Tabelle werfen, müssen wir uns die Jahre ansehen. Bei der Lieferung der ersten Lokomotive dieser Baureihe war eigentlich schon klar, dass neue Techniken ganz andere Maschinen ermöglichen würden. Bei der Ablieferung der beiden weiteren Maschinen war zudem bereits klar, dass solche Lokomotiven auch bei der BLS in Betrieb kommen sollten. Die grossen und schweren Doppellokomotiven hatten verloren.

Natürlich änderte sich bei den Lieferanten für diese grossen Lokomotiven nichts. Daher können wir hier auch von der Brown Boveri und Co BBC in Münchenstein und der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM in Winterthur sprechen.

Es gab zudem bei der Baureihe Ae 8/8 keine grossen Änderungen, so dass die Entwicklungszeit sehr kurz gehalten werden konnte. Ein Vorteil der neuen grossen Lokomotive.

Eine neuerliche Bestellung von weiteren Lokomotiven schied aus mehreren Gründen aus. Die neue Baureihe Re 4/4 II der Schweizerischen Bundesbahnen SBB verfügte über eine funktion-ierende Vielfachsteuerung und die Zughakenlast wurde noch einmal erhöht.

Mit der Reihe Ae 8/8 war man somit zu weit von der Zughakenlast entfernt. Die schwersten Züge am Lötschberg sollten in Zukunft zwei Maschinen der Reihe Re 4/4 übernehmen.

Da die Baureihe Ae 4/4 II noch keine Vielfachsteuerung hatte, wurden schliesslich noch zwei Maschinen aus der Reihe Ae 4/4 gebaut. Man konnte auf diese verzichten, weil man zusätzliche Lokomotiven der Baureihe Re 4/4 beschaffte. Diese hatte eine Vielfachsteuerung. Die Vielfachsteuerung hatte auch bei der BLS gesiegt und die letzte in der Schweiz gebaute Doppellokomotive war die Ae 8/8 mit der Nummer 275.

Es wird nun aber Zeit, dass wir uns die letzte grosse Lokomotive der Schweiz ansehen. Die Baureihe Ae 8/8 sollte in vielen Punkten nicht an die drei Giganten Ae 8/14 der Schweizerischen Bundesbahnen SBB herankommen. Trotzdem eine gelungene Lokomotive, die einfach die Angst vor der Vielfachsteuerung widerspiegelt. Seien Sie daher auf den folgenden Seiten nicht überrascht, wenn Sie sich plötzlich bei der Baureihe Ae 4/4 vermuten.

 

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