Laufwerk und Antrieb

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Aus dem Kasten, den wir im vorherigen Abschnitt kennen lernten, muss jedoch eine Lokomotive entstehen. Dazu müssen wir den Kasten jedoch auf ein Laufwerk stellen. Das erfolgte auch bei dieser Maschine, wie in der neusten Zeit üblich, auf zwei unter dem Kasten angebrachten Drehgestellen. Diese Bauweise hatte sich schon seit Jahren auch im Güterverkehr auf steilen Strecken durchgesetzt. So gesehen, waren auch hier soweit keine Überraschungen vorhanden.

Die beiden Drehgestelle, die unter dem Kasten montiert wurden, waren identisch aufgebaut worden. Sie bestanden aus einem Rahmen, der aus Stahl gefertigt wurde.

Gerade im Bereich der Drehgestelle treten im Betrieb hohe Kräfte auf, die nur mit Stahl zu beherrschen sind. Daher kam auch hier dieser vielseitige Werkstoff zur Anwendung.

Die einzelnen Teile des Rahmens konnten daher leicht mit Hilfe von Schweissverbindungen aufgebaut werden.

Der Drehgestellrahmen war als ein geschlossenes H ausgeführt worden. Dabei wurden die Längsträger jedoch, wie das von den Reisezugwagen her bekannt war, gekröpft gestaltet, so dass der mittlere Querträger deutlich unter den beiden Stirnträgern zu liegen kam. Diese Lösung war zwar bei der Konstruktion der Drehgestelle aufwendiger, konnte wegen dem weiteren Aufbau der Lokomotive jedoch nicht anders ausgeführt werden. Dazu erfolgen später noch genauere Informationen.

Die Stirnträger der Drehgestelle konnten gegenüber dem mittleren Querträger leichter ausgeführt werden. Sie hatten mit der Kraftübertragung nichts zu tun und waren nur dazu vorgesehen, die notwendigen Empfänger der einzelnen gewünschten Zugsicherungen aufzunehmen. So gesehen, kann der Querträger, der gegen die Innenseite der Lokomotive gerichtet war, auch als Träger der Empfänger bezeichnet werden.

Abgestützt wurde der Rahmen des Drehgestells auf den beiden darin montierten Achsen. Diese beiden Achsen bestanden aus der eigentlichen Achswelle und den drauf aufgeschrumpften Monoblocräder. Diese Räder hatten neu einen Durchmesser von 1 250 mm erhalten und konnten bis auf einen Durchmesser von 1 170 mm abgefahren werden. Daher handelte es sich hier um bei Lokomotiven übliche Radsätze, die im gleichen Aufbau auch bei anderen Herstellern verwendet wurden.

Jeder Radsatz lief in zwei aussen liegenden Lagern. Diese Lager wurden als selbstschmierende Rollenlager in Käfigausführung ausgeführt. Als Schmiermittel für diese Lager kam Fett zur Anwendung. Dadurch blieben diese geschlossenen Lager frei von jeglicher Wartung und sie erreichten ausgesprochen hohe Laufleistungen. Auch diese Lager hatten sich in den vergangenen Jahren bei Lokomotiven aller Art erfolgreich durchgesetzt und bewährten sich bei den Fahrzeugen weltweit.

Gegenüber dem Drehgestell abgefedert wurde der Radsatz mit Hilfe von normalen Schraubenfedern. Dafür wurden jedoch bei jedem Lager zwei Federn benötigt. Diese montierte man zwischen den seitlichen Schenkeln des Achslagergehäuses und dem Drehgestellrahmen. Da Schraubenfedern wegen der kurzen Schwingungsdauer jedoch zum Aufschaukeln neigen, wurden im Bereich des Lagers zwischen den beiden Federn hydraulische Dämpfer eingebaut.

Speziell ausgeführt wurden jedoch die Achslagerführungen. Diese waren notwendig um die Zugkraft auf den Rahmen zu übertragen. Damit die Lokomotive trotz der hohen Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h und dem langen Radstand von 3 000 mm auch enge Kurven problemlos durchfahren konnte, waren gesteuerte, oder zumindest flexible Achslagerführungen vorhanden. So konnte sich der Radsatz gegenüber dem Drehgestell leicht verdrehen und sich damit besser dem Gleis anpassen.

Das Drehgestell selber wurde über vier Flexicoilfedern gegenüber dem Kasten abgefedert. In diesen speziellen Federn wurden die drehenden Bewegungen des Drehgestells aufgenommen und in den Federn durch Verwindungen derselben abgefangen. So konnten sich die Drehgestelle unter dem Kasten in jeder Richtung frei bewegen. Damit war es der Lokomotive möglich Kuppen mit einem Halbmesser von 250 Meter problemlos zu durchfahren.

Da auch die Flexicoilfedern, wie die Schraubenfedern der Achsen über eine kurze Schwingungsdauer verfügten, wurden sie mit hydraulischen und aktiv gesteuerten Dämpfern gegenüber dem Kasten abgedämpft.

Zusätzliche Schlingerdämpfer erlaubten dem Drehgestell auch bei hohen Geschwindigkeiten einen ruhigen und daher gleisschonenden Lauf. Daher waren die Drehgestelle durchaus für die hohen Geschwindigkeiten von bis zu 200 km/h geeignet.

In der Position gehalten wurde das Drehgestell mit Hilfe eines Drehzapfens. Dieser war jedoch so ausgeführt worden, dass er die Bewegungen des Drehgestells nicht behinderte.

Hier muss erwähnt werden, dass sich dieser Aufbau bei den älteren Lokomotiven bewährte und nur nicht mehr angewendet wurde, weil die Übertragung der Zugkraft problematisch war. Daher Unterschied sich Siemens in diesem Punkt von den anderen Herstellern, die auf Drehzapfen verzichteten.

Diese Bauweise war bei Lokomotiven unter der Bauart Bo‘ Bo‘ sehr bekannt geworden und gehörte mittlerweile zum internationalen Standard. Damit wurden die wichtigsten Merkmale des Laufwerkes benannt. Es wurden mit der Achsfolge jedoch keine Angaben über die Ausführung des Antriebes und somit über die Kraftübertragung gemacht. Daher müssen wir uns diese Kraftübertragung genauer ansehen.

Die Übertragung der Zugkräfte stellte beim Aufbau eines Drehgestells schon immer einen wichtigen Teil dar. Schon viele Lokomotiven scheiterten daran, dass die gewählte Lösung nicht optimal war. Daher wurde schon früh auf die bekannten Lösungen mit Zugstangen oder mit Zug-/Druckstangen gesetzt. Damit verschwanden jedoch die Drehzapfen, die es hier jedoch noch gab. Daher könnten wir uns auf Überraschungen freuen.

Das vom Fahrmotor jeder einzelnen Achse erzeugte Drehmoment musste auf die Achsen übertragen werden. Dabei waren die Eckpunkte vorgegeben, denn je geringer die ungefederte Masse war, desto ruhiger lief das Drehgestell und somit die Lokomotive.

Gerade bei Geschwindigkeiten bis 200 km/h war das ein sehr wichtiger Punkt und verhinderte daher den Einbau von Tatzlagerantrieben bei der Lokomotive.

Siemens verwendete daher eine Lösung mit einem Ritzel-Hohlwellenantrieb. Dieser Antrieb hatte sich bei Triebzügen für hohe Geschwindigkeiten bereits in vielen Fällen bewährt.

Er wurde nun soweit weiterentwickelt, dass er auch bei Lokomotiven hoher Leistung, wie sie im Güterverkehr gefordert wurden, problemlos verwendet werden konnte. Damit waren diese Hohlwellenantriebe wieder auf dem Stand, den die Antriebe von BBC in der Schweiz schon 1952 erreichten.

Dabei war der Fahrmotor und somit seine Masse vollständig abgefedert worden. Zudem erlaubte dieser Antrieb auch die aktive Ansteuerung der Radsätze.

Damit entstand dank dieser Bauweise ein gleisschonendes Fahrzeug. Dies im Gegensatz zu anderen Herstellern, die gerade im Güterverkehr immer wieder auf den alten Tatzlagerantrieb mit all seinen Schwächen setzen. Die Lokomotive war daher bestens für hohe Geschwindigkeiten geeignet.

Das Getriebe der Antriebe sorgte dafür, dass die Drehzahl der Fahrmotoren auf jene der Triebachsen abgestimmt werden konnte. Gerade die Übersetzung der Getriebe war oft ausschlaggebend, wie hoch die Zugkräfte und die erlaubten Geschwindigkeiten letztlich waren. Bei dieser Lokomotive kam für die Übersetzung ein Wert zur Anwendung, der die beste Abstimmung für die beiden Bereiche erlaubte.

Das vom Antrieb mit einer relativ geringen ungefederten Masse auf die Achsen übertragene Drehmoment wurde bei den Laufflächen der Räder in Zugkraft umgewandelt. Das erfolgte mit Hilfe der Haftreibung zwischen den Laufflächen und der Schiene.

Hier konnten die einzelnen Hersteller keinen grossen Vorteil herausziehen, da es sich hier um reine physikalische Werte handelte. Wobei die Achslast dieser Lokomotive von bis zu 22.5 Tonnen einen vergleichsweise guten Wert bot.

Damit die Zugkraft, die bei einem Rad bis zu 37.5 kN betragen konnte, auch bei schlechtem Zustand auf die Schienen übertragen werden konnte, waren bei der Lokomotive die üblichen Sandstreueinrichtung montiert worden.

Diese sorgten dafür, dass vor die vorlaufende Achse des ersten Drehgestells Quarzsand gestreut werden konnte. Dank diesen Sandstreueinrichtungen konnte die Adhäsion merklich verbessert werden.

Hier muss jedoch erwähnt werden, dass diese Lokomotive auch mit zusätzlichen Einrichtungen versehen werden konnte. Damit wäre eine Abgabe von Sand vor jedem Drehgestell möglich geworden.

Diese Lösung war sogar normalerweise vorgesehen und wurde auf Wunsch der BLS Cargo AG zur vereinfachten Lösung geändert. Ob sich das betrieblich negativ auswirkte, wusste man bei der Bestellung schlicht noch nicht.

Die so in den Rädern erzeugte Zugkraft wurde letztlich über die Achslager und deren Führungen auf den Rahmen des Drehgestells übertragen. Dort verbanden sich die Kräfte einer Triebachse mit jenen der anderen im Drehgestell vorhandenen Achse.

So musste jedes Drehgestell eine Zugkraft von bis zu 150 kN übertragen, was ein hoher Wert darstellt und der bei der Übertragung auf den Kasten immer wieder für Probleme sorgte.

Damit das, bei Lokomotiven gefürchtete Kippen der Drehgestelle und damit das Entlasten der vorlaufenden Achse, verhindert werden konnte, musste die Zugkraft tief auf den Kasten übertragen werden.

Dazu benutzten die meisten Hersteller Druck-/Zugstangen oder auch nur reine Zugstangen, die knapp über der Schienenoberkante montiert wurden. Eine Lösung, die sich in den vergangenen Jahren durchgesetzt hatte und die erst diese hohen Leistungen ermöglichte.

Siemens wählte hier jedoch einen anderen Weg. Auch hier wurde die Kraft möglichst tief auf den Kasten übertragen. Das erfolgte jedoch mit dem schon erwähnten Drehzapfen und nicht mit Zugstangen. Dazu reichte der Drehzapfen sehr tief in das Drehgestell hinein. Damit konnte die Kraft unter dem Kipppunkt des Drehgestells übertragen werden. Der Erfolg bei der Übertragung der Zugkräfte war damit gleich und erlaubte es auch dieser Lokomotive die Adhäsion optimal auszunutzen.

Die so auf den Kasten übertragene Zugkraft wurde schliesslich im Untergurt vereinigt. Somit konnte insgesamt eine Anfahrzugkraft von 300 kN auf die Zugvorrichtungen übertragen werden. Die überschüssige Kraft wurde im Betrieb letztlich in Beschleunigung umgewandelt. Somit war das Drehmoment der Fahrmotoren zu Zugkraft und Beschleunigung geworden und wir können den Antrieb dieser Lokomotive abschliessen.

Dank den flexiblen Achslagerführungen und einem Hohlwellenantrieb waren die Drehgestelle sehr gut ausgerüstet worden. Die Lokomotive konnte so trotz dem langen Radstand von 3 000 mm die Bedingungen für die Zulassung der Zugreihe R erfüllen. Damit konnte sie in der Schweiz bis zur maximalen Höchstgeschwindigkeit ausgefahren werden. Jedoch war nicht gesichert, ob auch die Fahrt in Radien unter 250 Meter erlaubt werden würde.

Das Laufwerk mit dem Antrieb war bisher jedoch ohne jeglichen Schutz vor den Gefahren, die der Betrieb einer Lokomotive bieten kann. Diese Gefahren bestanden aus Steinen und anderen Gegenständen, die auf dem Gleis liegen konnten. Man musste und das wusste man schon seit vielen Jahren, das Laufwerk wirksam vor diesen Gegenständen schützen. Bei modernen Lokomotiven verwendete man dazu entweder Schienen- oder Bahnräumer. Bei dieser Lokomotive kam letzteres zu Anwendung.

Am Kasten montiert wurden daher die am Untergurt aufgehängten Bahnräumer. Gegenüber von anderen Lokomotiven wurde der Bahnräumer jedoch weit nach hinten und so unmittelbar vor das Laufwerk versetzt. So wirkte der Überhang der Lokomotive jedoch noch deutlicher. Dadurch verletzte der Bahnräumer jedoch nicht den Berner Raum bei der Kuppelstelle. Ausgeführt wurde der einfach gestaltete Bahnräumer jedoch in der üblichen gepfeilten Form.

 

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