Persönliche Erfahrungen mit der Re 482 |
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Die Maschine der Baureihe Re 482 war eine
Lokomotive, die zu mir kam, wie jede andere Lokomotive
auch. Er war ein Arbeitsgerät auf dem man ausgebildet wurde, für das man
jedoch kaum Begeisterung aufbringen konnte. Trotzdem und gerade deshalb
ist es spannend zu sehen, was einem Lokführer mit dieser Lokomotive so
alles widerfahren ist und wie die Ideen der Hersteller bei denen
angekommen sind, die damit arbeiten. Zuerst einmal weckte die neue Lokomotive die Neugierde des Lokomotivpersonals. Man bewun-derte die Maschine im Depot und versuchte die ersten Handgriffe herauszufinden.
Einfacher, als bei
den
Lokomotiven
der Baureihe Re 460 war dabei das
Auffinden des Schalters zum Licht im
Maschinenraum.
So war es dort schnell hell und man konnte erkennen, dass man eigentlich
nicht viel zu erkennen hatte. Geschlossene Schränke und Kühltürme, mehr
gab es nicht. Die Lokomotive wurde schlicht und einfach von oben bis unten gemustert. Gespannt wartete man dann auf das Bedienerhandbuch. Nur, davon fehlte jede Spur, auch als die Schulungen begannen.
Lokführer in der
Schweiz waren sich gewohnt, dass sie Unterlagen zu den
Lokomotiven
bekom-men. Handbücher, in denen man ein Schema nachschlagen konnte. Der
Hersteller war mit dieser Idee jedoch anfänglich überfordert gewesen.
Ich erhielt meine
Instruktion
auf der Maschine im selben Rahmen, wie das die anderen Kollegen von
Erstfeld machten. Am ersten Tag, in dem wir die
Lokomotive von innen und aussen musterten. Nur erhielten
wir kein Handbuch, das frisch gedruckt worden war. Neuartige Begriffe, wie
Luftpresser
kannten wir daher nicht. Das machte die Ausbildung nicht leichter, denn
man konnte schlicht nicht nachlesen, was der Ausbildner für Märchen
erzählte.
An der
Lokomotive wurden Störungen behoben, Probleme
erläutert und nach Lösungen gesucht. Auch eine Schulung, wie die Maschine
eigentlich zu bedienen sei, fehlte natürlich nicht. Am ersten Tag wurde
zudem mit der Lokomotive kaum ein Meter gefahren, denn es ging um das
Fahrzeug und nicht um die Fahrt damit. Auf
Schleppfahrt
eingerichtet war sie jedenfalls sehr schnell. Hingegen das Ausschalten der
Bremsen
löste etwas Kopfschütteln aus. Schliesslich kam der zweite Tag mit der Fahrt. Den absolvierte man jedoch nicht mehr in der Gruppe. Vielmehr ging es gleich zum praktischen Einsatz mit der neuen Maschine. In Begleitung eines Ausbildners ging es für mich mit einer Schiebelokomotive nach Göschenen. Zur Aus-bildung war das möglich, danach jedoch nicht mehr.
Auf der Rückleistung
war dann ein Zwischenhalt in Wassen vorgesehen, wo ein Wagen nach Erstfeld
angehängt wurde. Alltag am Gotthard. Lediglich das Arbeitsgerät war neu. Zurück im Depot wurde dann mit der zweiten Lokomotive, die gerade nicht unterwegs war, die erste Vielfachsteuerung von zwei Maschinen eingerichtet.
Das war nicht mehr so
einfach, wie es seinerzeit bei der Baureihe
Re 460 der Fall war. Die
Loko-motiven mussten auf die
Vielfachsteuerung
vorbe-reitet werden und dabei gab es zwei Möglichkeiten. Welche man wann
verwenden musste war schnell erklärt.
ZMS
muss verwendet werden, erklärte der Ausbildner.
Trotz anfänglicher
Probleme gelang das Unterfangen letztlich. Die beiden
Lokomotiven konnten nach ein paar markigen Worten
miteinander kommunizieren. Bei ZDS anstelle von
ZMS
ging es plötzlich schnell. Letztlich erhielt ich noch ein paar Unterlagen
zum
Funkgerät
und ein paar gute Tipps für Probleme in die Hand gedrückt. Es war
erledigt, ich durfte mit der Lokomotive fahren. Das obwohl ich das Gefühl
hatte, die Lokomotive nicht zu kennen.
Das alles erfolgte
wie schon gesagt, ohne jegliches Handbuch. Was war wo, und wie die
einzelnen Punkte zu handhaben waren, musste man nur anhand der Worte des
Ausbildners erfahren. Das war neu, denn wir Lokführer hielten
normalerweise ein Handbuch in der Hand und erkundeten mit diesem Buch die
Lokomotive. Sicherlich hätte es bei der einen
oder anderen Störung, die anfänglich auftreten konnten, geholfen.
Die erste Fahrt mit
einer
Lokomotive Re 482 führte mich mit einer
rollenden Landstrasse
von Weil am Rhein nach Erstfeld. Speziell war bei dem Zug, dass ich nach
Deutschland fuhr, aber im Modus für die Schweiz unterwegs war. Mit der
Rola kam dann die
Zugsammelschiene
dazu. Diese musste mit dem entsprechenden Schalter zuerst gestartet
werden, erst dann war sie eingeschaltet? Das lief ähnlich ab, wie das
Starten eines Autos. Mir fiel auf der Fahrt besonders die angenehme, wenn auch ungewohnte Bedienung der Loko-motive auf. Der geräumige Führerraum ermög-licht es, sich bei einem Halt etwas zu bewegen. Man war nicht so auf den Sitz gepresst, wie das bei den älteren Baureihen der Fall war. Einfach gesagt, man konnte sich so richtig austoben.
Böse Zungen meinten,
dass man sich im
Führer-stand
durchaus verlaufen könnte und dann den Weg zum Stuhl nicht mehr gefunden
würde. Doch es stellten sich auch die ersten Probleme, die gelöst werden mussten. Die ungewohnte Lokomotive und die mangelnde Erfahrung führten dazu, dass der Lokführer fluchte und die Maschine etwas von Störung labberte.
Letztlich wurde man
sich aber immer irgendwie handelseinig, so dass die Fahrt fortgesetzt
werden konnte. Ehrlich gesagt, die virtuellen Störungen, also Störungen
die es gar nicht gibt, nerven gewaltig. Mit zunehmender Erfahrung merkte ich, die Maschine war schlicht nicht in der Lage eine Fahrleitungsschutzstrecke ohne eine Störungs-meldung zu befahren.
Wenn die fehlende
Fahrleitungsspannung
eine Störung ist, labbert das die
Sprachausgabe
beim befahren dem Lokführer die ganze Zeit in den Kopf, dass das nicht nur
Freude hervorruft ist klar. Später wurde bei dieser Störung zumindest die
Sprachausgabe unterdrückt. Aber das Befahren der
Schutzstrecke
ist für die
Lokomotive immer noch eine Herausforderung.
Endlich kam auch das
lange erwartete Handbuch. Eines Tages lag es auf dem Schrank. Ein dickes
blaues Buch mit dem schlichten Titel „430.6 Elektrische Lokomotive Re
482“. Im Bücherregal neben den anderen Maschinen war das Reglement der Re
482 das dickste Buch. Man hatte sich wirklich Mühe gegeben und viel
geschrieben. Jedoch vermisste man die klare farbliche Gliederung der alten
Ausgaben.
Die Begründung für
die verspätete Abgabe des Reglementes war, dass man zuerst den Hersteller
davon überzeugen musste, dass man ein Handbuch zur
Lokomotive erwarte, und dass dieses an das
ausgebildete Personal abgegeben werden muss. Hingegen meinte der
Hersteller, dass das nicht mehr nötig sei. Kurze Zeit später kaufte ich
mir beim Händler meines Vertrauens einen Neuwagen, da war doch tatsächlich
ein Handbuch dabei und das wurde mir sogar erklärt.
Am meisten Mühe
bereitete mir und meinen Kollegen anfänglich die Deutsche
Sicherheitssteuerung
Sifa.
Es kam oft zu
Zwangsbremsungen
durch unbegründetes Ansprechen der SIFA. Wir waren uns gewohnt, dass die
Wachsamkeitskontrolle
im Hintergrund lief und uns akustisch warnte, erst dann wurde reagiert.
Das machte die SIFA auch, nur hatte man dann verflucht wenig Zeit um zu
reagieren. Man musste die weisse Lampe immer im Blick haben.
Ich hatte die
Sifa
jedoch meistens im Griff. Ab und zu hatte sie dann auch mich erwischt. Man
beobachtete die Strecke, konsultierte den
Fahrplan
und vergass die weisse Lampe am
Bildschirm.
Die
Sprachausgabe
kam, man reagierte nicht sofort und schon knallte es. „Zwangsbremsung,
Störung, Zwangsbremsung“ hörte man anschliessend. Letztlich nervt dieser
Vorfall aber mehr, als dass es zu ernsthaften Problemen führte.
Der Lokführer sah in
solchen Situationen dann immer etwas alt aus. Dabei machte er alles doch
richtig, nur er reagierte halt wieder einmal zu langsam. Wer dabei noch
Pech hatte, musste sich mit der
Sifa
herumplagen, wenn die lieben Leute vom nationalen Fernsehen den
Führerstand
in einer Livesendung stürmen. Die nervige
Sprachausgabe
im Interview will man nicht. Nur gerade dann will der Mistbock auch nicht
schweigen. Nach diesen ersten Fahrten kam dann die grosse Ruhe. Irgendwie schaffte ich es immer so zu arbeiten, dass ich keine Re 482 für meinen Dienst nehmen konnte oder musste. Selbst die Fahrten nach Singen klappten nicht, denn ich hatte keine solchen Touren auf dem Programm, wenn die Lokomotive bereit stand
Fuhr ich dann
nach Singen, war die Maschine schlicht nicht verfügbar. Der
Fahrzeugkenntnis tat das natürlich auch nicht unbedingt gut. Im Sommer 2003 kam auch ich wieder in den Ge-nuss eine Maschine der Baureihe Re 482 bedienen zu dürfen.
Ich übernahm sie in
Flüelen, machte einige
Manöver
und fuhr mit dem leeren
Aushubzug
zurück nach Erstfeld. Zu diesem Einsatz kam ich, da es in Flüelen
Verzögerungen beim Ablad gab, und so der eingeteilte Kollege, diesen
Einsatz nicht mehr rechtzeitig erreichen konnte. Ich diente somit einfach
als Ersatz. Wirklich eingeteilt hatte ich die Lokomotive jedoch ein paar Monate später. Ich bekam in Erstfeld meinem Zug eine Re 482 für die Fahrt nach Basel vorgespannt.
Dies geschah nicht
auf meinen Wunsch, sondern aus der Notwendigkeit heraus, dass die Maschine
zum Unterhalt nach Basel überführt werden musste. Obwohl ich lange Zeit
nur sehr wenig auf der
Lokomotive zum Einsatz gekommen war, bekundete
ich auf der Fahrt nach Basel keine besondere Mühe. Eine leichte Anspannung
war jedoch vorhanden.
Bis zum
Fahrplanwechsel
vom 12. Dezember 2004 kam es immer wieder zu Einsätzen auf der Re 482.
Meistens waren es
Kieszüge
nach Flüelen oder Affoltern am Albis. Schwere Züge mit einer vierachsigen
Lokomotive. Regnen durfte es dann nicht und dumm
platzierte
Schutzstrecken
waren auch nicht gut. Diese mag die Maschine nun einfach nicht. Aber
irgendwie erreichte man die
Bahnhöfe
immer mit der letzten
Zugkraft.
Die Rückfahrt mit leeren Wagen, war ein Kinderspiel. Es kam aber auch zu Schiebediensten nach Gösche-nen. Bei der Bergfahrt musste die Zugsicherung und ZUB 262ct ausgeschaltet sein. In Göschenen konnte man den Mist wieder einschalten und prüfen
Wenn man Pech hatte,
ging es unten gleich wieder an den nächsten Zug. Die Arbeit begann von
vorne. Um es einfach zu sagen, als
Schiebelokomotive
ist die Maschine der Baureihe Re 482 auch heute noch unbeliebt. Anfangs 2005 hatte ich dann eine erneute Premiere mit der Re 482. Erstmals seit der Instruktion hatte ich gleichzeitig zwei Lokomotiven dieses Typs zu bedienen. Bisher war es immer eine Lokomotive in Einfachtraktion.
Zwar dauerte die
Fahrt nach Arth-Goldau nur kurz und es war nur ein
Lokomotivzug,
trotzdem war es das erste Mal mit zwei Re 482. Die Einrichtung der
Vielfachsteuerung
verlief trotz mangelhafter Erfahr-ung recht gut.
Ab dem Jahr 2009
änderte sich dann auch bei mir einiges, so sollte die Re 482 regelmässig
zur Bedienung anstehen. Die Fahrten sollten mit der
Lokomotive über Basel hinaus nach Offenburg
führen. Je mehr man die Maschine bediente, desto besser kam man damit zu
recht, so dass sich auch die Re 482 zu einem guten Arbeitsgerät
entwickelte. Die grosse Liebe entwickelte sich jedoch nicht, weil der
Start doch zu umständlich war.
Mittlerweile sind die
Lokomotiven der Baureihe Re 482 wieder in den
Hintergrund getreten. Am Gotthard treffen sie nur selten ein und
Kieszüge
gibt es auch keine mehr. Da jedoch die Fahrten auf den BR 185 der DB
gekommen sind, ist man regelmässig auf diesem Baumuster unterwegs. Die
Sifa
hat man im Griff und auch die gelegentlichen Störungen ignoriert man.
Zumindest so lange die Lokomotive noch korrekt funktioniert. Besonders
anfällig auf Störungen ist sie jedoch nicht.
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