Entwicklung und Bestellung

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Die Erfahrungen mit den ersten Triebwagen der Baureihen Ce 4/4 und Ce 4/6 waren durchaus positiv. Dank den Sitzplätzen konnte man auf einzelne Wagen verzichten, was Kosten sparte und die Züge verkürzte. Das ging sogar ohne Sitzplätze zu verlieren. Mit anderen Worten, es konnten daraus durchaus auch andere Bauarten entwickelt werden. Heute wissen wir, dass diese Idee den Durchbruch schaffte. Etwas, was damals niemand ahnte.

Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB suchten nach einem Modell für die Aufgaben, die auf Strecken mit schwachem Oberbau anfallen. Auch dort sollte dank der neuen Technik der Rauch endlich verschwinden. Jedoch hatten die bisherigen elektrischen Fahrzeuge wegen dem Gewicht unweigerlich einen Ausbau der Strecke zur Folge. Entsprechende Erfahrungen hatte man damals bei den Dekretsbahnen im Raum Bern gemacht. Kosten, die man sparen wollte.

Es stellt sich die Frage, warum kein Ausbau? Die meisten Strecken standen in wenigen Jahren so oder so zur grösseren Sanierung an. Dabei wurden die notwendigen Verstärkungen vorgenommen. Nur sollte das nicht jetzt erfolgen und so musste man nach den entsprechenden Fahrzeugen suchen. Diese neuen Triebfahrzeuge sollten daher dem Personenverkehr mit Reisezügen dienen und den auf Nebenlinien eher bescheidenen Güterverkehr abdecken.

Mit den Triebwagen war der Personenverkehr gut abgedeckt, aber nicht die Güterzüge. Bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB war schlicht keine passende elektrischen Lokomotive vorhanden. Ein Mischbetrieb mit Dampflokomotiven war nicht sinnvoll, da die alten Lokomotiven einen grossen Unterhalt bei der Fahrleitung auslösten. Zudem war das Problem mit dem Rauch in den Städten so auch nicht befriedigend gelöst.

Die Staatsbahnen mussten daher ein passendes Fahrzeug beschaffen. Dieses sollte die geringen Achslasten der Nebenstrecken aufweisen und eine ansprechende Leistung besitzen. Es sollte primär vor Reisezügen eingesetzt werden, sich aber auch als Lokomotive im leichten Güterverkehr einsetzen lassen. Entsprechend mussten auch die Zugkräfte verfügbar sein. Ein Fahrzeug, das so bisher gar noch nicht erfunden wurde.

Bis jetzt war noch nicht entschieden, ob es eine leichte Lo-komotive, oder ein spezieller Triebwagen ergeben sollte, die anstehenden Aufgaben konnten von beiden Fahrzeugtypen übernommen werden.

Nur war bei den bisherigen Triebwagen das Personenabteil ein Problem, denn dieses war im Güterverkehr nicht erfor-derlich. Doch damals führte jeder Zug noch einen Gepäck-wagen mit. Fehlte dieser, war es ein leichter Güterwagen, der mitgenommen wurde.

Die Grösse der elektrischen Bauteile lies bereits jetzt genug Platz, dass ein kleines Gepäckabteil möglich war. Eine leichte Lokomotive hätte also viel wertvollen Platz verschwendet, so dass man sich für einen Triebwagen mit einem reinen Gepäckabteil entschied. Der verfügbare Platz war so optimal ausgenutzt worden. Damit konnten auch die bei Reisezügen mitgeführten Güterwagen entfallen, was sich im Betrieb positiv auswirken konnte.

Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB arbeiteten daraufhin ein Pflichtenheft für einen neuen Motorwagen mit Gepäckabteil aus. Wenn wir einen Blick in dieses Pflichtenheft werfen, erkennen wir klar, dass das Fahrzeug für Nebenbahnen gedacht war und auch so verlangt wurde. Auf den Hauptstrecken konnten die vorhandenen Lokomotiven benutzt werden. Jedoch brauchte man das passende Traktionsmittel für die zahlreichen Nebenstrecken.

Die neuen, später als Fe 4/4 bezeichneten Fahrzeuge, sollten über eine Leistung verfügen, die in etwa jener der Triebwagen Ce 4/6 entsprach. Damit sollte es in der Lage sein auf einer Steigung von 10 ‰ 170 Tonnen mit 60 km/h zu befördern. Das mag nicht viel sein, entsprach jedoch dem bereits vorhandenen Triebwagen. Nur sollten jetzt keine Laufachsen mehr zur Reduktion der Achslasten verwendet werden dürfen.

Wenn man das heute als einfache Sache betrachtet, muss erwähnt werden, dass die Ce 4/6 vor allem wegen dem Gewicht der elektrischen Ausrüstung und den Abteilen die beiden Laufachsen benötigte. Klar, waren die Bauteile erneut kleiner und leichter geworden, aber die Vorgaben waren klar, das Fahrzeug musste auf Strecken mit der kleinsten Streckenklasse eingesetzt werden können. Damit war die Leistung schon recht hoch.

Gewünscht wurde auch ein Gepäckabteil. Das Ladegewicht sollte ungefähr fünf Tonnen betragen, womit das auf den Nebenstrecken nur schwach anfallende Gepäck transportiert werden konnte. Daher auch die Zuordnung zu den Motorwagen.

Viele Jahre später wählte das gleiche Unternehmen jedoch bei der Baureihe Re 450 einen ganz anderen Weg. Dort wurde der Triebkopf mit Gepäckabteil als Lokomotive bezeichnet. Es geht daher beides.

1925 hatte man aber klar die Idee, dass es ein Motorwagen sein sollte. Deshalb erfolgte die passende Bezeichnung Fe und mit der Angabe 4/4 war auch klar, dass alle Achsen angetrieben sein sollten. Das konnte sich auf das Fahrverhalten bei höheren Geschwindigkeiten auswirken, daher müssen wir auch hier einen Blick auf die in diesem Bereich von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB geforderten Werte werfen.

Die geforderte Höchstgeschwindigkeit für das neue Triebfahrzeug lag bei 85 km/h. Es wurde aber gewünscht, dass diese beim geschleppten Fahrzeug etwas höher sein sollte. Der Grund war klar, die Nebenstrecken konnten nicht schnell befahren werden, was in diesem Bereich somit keinen Sprinter verlangte. Zudem verhinderten die Vorschriften damals bei einmännigem Betrieb höhere Geschwindigkeiten, denn diese Betriebsform sollte auch hier angewendet werden.

Musste der Triebwagen jedoch dem Unterhalt zugeführt werden, sollte das geschleppt schneller möglich sein. Das bedeutet, dass man hier bis zu 100 km/h erwartete. Das war durchaus möglich, da die Führungskräfte bei geschleppter Fahrt geringer sind. Der Grund, das zweite Fahrzeug läuft leichter in eine Kurve, da es dem ersten folgen kann. Ein Punkt, der damals beim Bau von speziellen Lokomotiven und Motorwagen erwähnt werden musste.

Die neuen Motorwagen mussten zudem zusammen mit den Triebwagen Ce 4/4 und Ce 4/6 in Vielfach-steuerung verkehren können. Gleiches sollte auch unter den neuen Fahrzeugen selber möglich sein.

Eine Fernsteuerung ab einem Zugführungswagen, war daher auch vorzusehen und musste ohne Einschränk-ungen möglich sein. Es sollte also ein Fahrzeug ent-stehen, das zum vorhandenen Fahrzeugpark mit Trieb-wagen passen sollte.

Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB wünschten ein sehr spezielles Fahrzeug für Nebenstrecken. Die für den Erbauer grösste Herausforderung war das dabei klar Traktionsprogramm des Triebwagens Ce 4/6 mit Verzicht auf die beiden Laufachsen. Daher konnte man gespannt sein, was für Eingaben auf das den Herstellern in der Schweiz übergebene Pflichtenheft gemacht wurden. Die Staatsbahn durfte dabei nur inländische Anbieter nutzen.

Von den eingegangenen Angeboten, entschieden sich die Staatsbahnen für ein 15 200 mm langes Modell, das mit einer Leistung von 806 kW etwas leistungsfähiger war, als der nur wenige Jahre ältere Triebwagen Ce 4/6. Ein deutliches Zeugnis, wie rasant sich damals die elektrische Technik entwickelte. Wenn oft auch nur kleine Schritte erreicht wurden, zusammen führte das dazu, das bei geringerem Gewicht mehr Leistung abgerufen werden konnte.

Die maximale Geschwindigkeit des Motorwagens lag, wie im Pflichtenheft gefordert bei 85 km/h und das Fahrzeug konnte geschleppt um 5 km/h schneller verkehren. Diese geringe Erhöhung erlaubte es, die Getriebe und Fahrmotoren auf den normalen Wert einzustellen. Auch wenn langsamer gefahren werden musste, mit 90 km/h lag man beim Triebwagen Ce 4/6 und damit auch bei den Annahmen des Bestellers, der zwar 100 km/h erwartet hatte.

Da das Pflichtenheft der Schweizerischen Bundesbahnen SBB somit in den meisten Punk-ten erfüllt wurde, konnten die Aufträge an die Hersteller er-teilt werden.

Dabei sollten die ersten vier Fahrzeuge als vorausgehende Lieferung angesehen werden. Somit konnte man diesen ersten Auftrag auch als Prototypen bezeichnen, der letztlich über die Serie entscheid.

Dass das nicht sicher war, zeig-ten die Modelle Ce 2/4 und Ce 4/4.

Erbauer des mechanischen Teils der Triebwagen mit Gepäckab-teil waren die Firmen Schindler Wagon Schlieren SWS und die Schweizerische Industriegesell-schaft in Neuhausen SIG.

Dabei war vorgesehen, dass sich diese beiden Firmen die Ar-beiten aufteilten.

Dabei kam es letztlich bei der Lieferung nur bei den ersten neun Motorwagen. Die weiteren Triebwagen dieser Baureihe wurden jedoch ausschliesslich in Neuhausen gebaut.

Wie bei den schon vorhandenen Motorwagen, stammte der elektrische Teil von der Firma Société Anonym des Ateliers de Sécheron SAAS in Genève. Dank dem gleichen Elektriker, war es kein grosses Problem die Steuerung zu den bestehenden Modellen kompatibel zu machen. Daher oblag es auch der SAAS die Endmontage sämtlicher Fahrzeuge zu übernehmen. Eine Kombination, die berücksichtigte, dass die anderen Elektriker Lokomotiven bauten.

Um das Werk in Genève etwas zu entlasten, wurde jedoch die Lieferung der Motorwagen Ce 4/6 eingestellt. Das war auch im Interesse der Schweizerischen Bundesbahnen SBB, die durchaus erste Mängel an den Triebwagen feststellen konnten. Beim neuen als Fe 4/4 bezeichneten Modell erhoffte man sich eine deutliche Verbesserung. Hinzu kam, dass sich auch die SAAS am Bau der Lokomotive Ae 4/7 beteiligen sollte.

In der Folge bestellten die Schweizerischen Bundes-bahnen SBB insgesamt 24 Fahrzeuge der neuen Baureihe Fe 4/4. Diese Fahrzeuge wurden in den Jahren 1927 und 1928 abgeliefert.

Dabei wurden diese Motorwagen von den Staats-bahnen mit den Betriebsnummern 18 501 bis 18 524 versehen.

Die ersten vier Modelle galten zudem als Proto-typen, wobei diese in vielen Punkten der Serie ent-sprachen, so dass es identische Fahrzeuge waren.

Die Triebwagen hatten eine Höchstgeschwindigkeit von 85 km/h bekommen. Sie konnten zudem mit 90 km/h geschleppt werden. Das heisst, die Ideen der Hersteller wurden in diesem Punkt auch praktisch erfüllt. Die Nachverhandlungen gingen daher nicht zu den Gunsten des Bestellers aus. Noch war der Bau solcher Fahrzeuge eine gemeinsame Angelegenheit zwischen den Herstellern und dem Besteller. In unserem Fall waren das die Staatsbahnen.

Es zeichnete sich mit diesen Motorwagen ab, dass die Schweizerischen Bundesbahnen SBB beabsichtigen könnten, die Produktion der Triebwagen ausschliesslich in Genève ausführen zu lassen. Damit blieben die anderen beiden grossen Elektriker bei diesen Fahrzeugen auf der Strecke. Dort hatte man die Lokomotiven, auch wenn gerade bei der Baureihe Ae 4/7 die MFO in Oerlikon lange auf den Auftrag warten musste, daher hatte man dort Kapazitäten.

Im Jahre 1928 trat daher die Maschinenfabrik in Oerlikon, also die MFO, an die Schweizerischen Bundesbahnen SBB heran. In Oerlikon wollten die verantwortlichen Personen einen Triebwagen dieser Klasse auf eigene Rechnung bauen und bei den Staatsbahnen anschliessend erproben. Diese stimmten dem Vorhaben überraschend zu, verlangten aber, dass der Kasten vollumfänglich den Modellen der Reihe Fe 4/4 entsprechen sollte.

Daher bestellte die MFO bei der SIG in Neuhausen einen weiteren Kasten und baute dort anschliessend die eigene elektrische Ausrüstung ohne Auftrag ein. Das Fahrzeug erhielt in der Folge die Betriebsnummer 18 561 und konnte als Triebwagen der Serie erkannt werden.

Optisch war das durchaus möglich, technisch gesehen, entsprach dieser Sonderling jedoch in keiner Weise den anderen Modellen der eigentlichen Baureihe Fe 4/4.

Jedoch stellten auch nur Fachleute den kaum vor-handenen Zusammenhang zu den normalen Trieb-wagen her. Das wurde durch die Lücke bei den Nummern zusätzlich verdeutlicht. Ob diese Lücke von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB gewählt wurde, weil man die Beschaffung von weiteren Modellen Fe 4/4 plante, entzieht sich meiner Kenntnis, ist aber durchaus vorstellbar. Ansonsten wäre zur Abgrenzung ein grösserer Abstand nötig gewesen.

Der Motorwagen Fe 4/4 mit der Nummer 18 561 sollte in der Folge immer ein Exot bleiben. Einzig die Höchstgeschwindigkeit mit 85 km/h entsprach noch den anderen Modellen. Der Triebwagen, der in Diensten der Schweizerischen Bundesbahnen SBB eingesetzt wurde, war jedoch viele Jahre im Besitz der MFO und wurde von den Staatsbahnen erst später übernommen und so gut wie möglich normalisiert. Es blieb aber beim sonderbaren Fahrzeug.

Bei den nun vorgestellten Fahrzeugen handelt es sich um die ersten 24 Modelle. Das spezielle Modell der MFO wird anschliessend in einem eigenen Abschnitt noch erwähnt werden, denn kaum jemand, der sich nicht intensiv mit diesen Fahrzeugen befasst hat, erkennt, dass dem Modell der MFO sogar ganz grosse Schritte zustehen sollten. Doch dazu später, wir lernen nun die normalen Triebwagen vom Typ Fe 4/4 kennen.

 

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