Inbetriebsetzung

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Sollten Sie nun das Kapitel mit den Umbauten und Änderungen vermisst haben, dann kann ich Ihnen sagen, dass es diese gab. Sie waren jedoch so bescheiden, dass sich eine eigenes Kapitel schlicht nicht lohnte. Wir werden daher anschliessend im Betriebseinsatz diese Arbeiten ansehen. Zuerst wollen wir uns aber mit der Inbetriebsetzung befassen, denn wir müssen uns erinnern, dass wir hier einen Prototypen hatten.

Da es nicht zur erhofften Serie kam, wird dieser Teil besonders wichtig, denn jetzt werden wir er-fahren, warum das nicht der Fall war. Gab es grössere Probleme, oder wurde gar eine neue Technik beim Bau von Lokomotiven entdeckt?

Fragen, die wir beantworten müssen. Doch begin-nen wir am Anfang und deshalb müssen wir nach München reisen, denn beim Hersteller fanden die ersten Arbeiten zur Inbetriebsetzung statt.

Beim Bau einer Dampflokomotive müssen viele Funktionen geprüft werden, bevor das Fahrzeug fertig ist. Eines dieser Bauteile war sicherlich der Kessel, dieser musste den Drücken widerstehen können und daher kontrolliert man das, bevor das Teil eingebaut wird. Dabei wurden dann auch gleich die ersten Plomben an den Sicherheitsventilen angebracht. So war das Teil bereit für den Einbau in die Lokomotive.

Nach dem Abschluss der Arbeiten wurde dann die Lokomotive einer Rollprobe unterzogen. Diese Prüfung war erforderlich um erkennen zu können, ob die vier Triebwerke richtig eingestellt worden waren. Klemmte etwas, dann musste sofort nachgebessert werden. Es war also klar, dass die erste Lokomotive der Reihe D6 noch vor dem Verlassen des Werkes geprüft wurde, denn der Hersteller will sicher gehen, dass richtig gearbeitet wurde.

Wir müssen bedenken, auch für den Hersteller war die Bauart nach Anatole Mallet neu. Dabei war diese für das Laufverhalten nicht so schwer, denn die beiden Triebwerke waren ja nicht gekoppelt. Trotzdem waren zwei davon vorhanden und so bestand auch die Gefahr für Fehler doppelt. Wie die genauen Arbeiten aussahen, ist jedoch nicht bekannt. In diesem Punkt liessen sich die Hersteller natürlich nicht in die Karten blicken.

Als die Arbeiten im Werk in München abgeschlossen wurden, stand die Loko-motive auch unter Dampf. Für die lange Reise in die Schweiz musste der Kessel eingeheizt werden und die Dampfma-schinen wurden mit Dampf versorgt.

Der Zug wurde dabei aber von einer anderen Lokomotive gezogen. Diese Art der Überführung nannte man Schmier-dampf und so liefen jene Bauteile, die im Betrieb unter Dampf waren, nicht trok-ken.

Sie können sich denken, dass die Reise mit maximal 45 km/h Höchstgeschwin-digkeit eine Zeit in Anspruch nahm. Dabei kam es jedoch an der Grenze zur Schweiz zu einem ersten längeren Still-stand.

Wie Sie eventuell bei Ihrem letzten Ein-kauf in Deutschland erfahren haben, müssen Produkte bei der Einfuhr in die Schweiz verzollt werden. Was bei Ihren Einkäufen erfolgt, wird natürlich auch bei einer über 80 Tonnen schweren Lokomotive vorgenommen.

Nach dem Abschluss der Formalitäten ging die Fahrt weiter. Die dabei beteiligten Privatbahnen betrachteten die neue Lokomotive als Anhängelast. Jedoch nahm man das Teil auch in Augenschein. Genauer erfolgte das bei der Schweizerischen Centralbahn SCB, die den letzten Teil des Transportes übernehmen musste, den das Ziel war Rotkreuz. Bevor wir nun aber die Übergabe an die Gotthardbahn machen noch die Frage, warum man bei der SCB genau nachsah.

Die Schweizerische Centralbahn SCB war für die Zuführung der Güterzüge zum Gotthard verantwortlich. Diese verkehrten jedoch nicht über den Hauenstein, sondern benutzten die flachere Strecke über den Bözberg. Gerade die Bahnlinie über den Hauenstein war bekannt für die Steigungen, die es durchaus mit jenen der Gotthardbahn aufnehmen sollten. Damit galten dort ähnliche Regeln, wie bei der Bergstrecke.

Um dem Verkehr auf der Strecke gewachsen zu sein, mussten neue Lokomotiven beschafft werden. Bevor man den Aufwand einer eigenen Entwicklung betreibt, spioniert man bei der grossen Gotthard-bahn.

Die war ja selber Schuld, wenn sie ihre neue Loko-motive gerade über die Aargauer Südbahn anliefern liess. Der Anblick gefiel den Leuten im Direktorium der SCB und so sah man die Lösung für die Pro-bleme.

Als Folge davon wurden bei der Firma Maffei in München von der SCB insgesamt 16 Lokomotiven der Bauart Mallet beschafft.

Diese hatten jedoch zwei Triebachsen weniger erhalten. Die Lokomotive D6 sollte damit die einzige Maschine der Schweiz sein, die bei der Bauweise nach Anatole Mallet sechs Triebachsen hatte. Mehr sollte es später in den USA geben, wo damit gigantische Dampflokomotiven entstanden. Die D6 war damals bereits Geschichte.

Nun wieder zurück nach Rotkreuz. Dort erfolgte die Übergabe der Lokomotive an die Gotthardbahn. Auch wenn der Abschnitt nach Immensee zur Aargauer Südbahn gehörte, war er ein Teil der Gotthardbahn. So wurde Rotkreuz zum Grenzbahnhof der Bahngesellschaft. In diesem erfolgte die Übergabe durch den Hersteller, der bisher die Verantwortung für den Transport hatte. Eine formelle Angelegenheit, die auch etwas Zeit benötigte.

Bei der Kontrolle wurde festgestellt, dass die neue Lokomotive der Gotthardbahn die Fabrikationsnummer 1547 erhalten hatte und dass sie korrekt mit der neuen Betriebsnummer 151 versehen wurde. Kurz vor den Feiertagen gegen Ende des Jahres 1890 konnte so die erste Lokomotive der Baureihe D6 von der Bahngesellschaft übernommen werden. Das Begleitpersonal konnte wieder nach München reisen, denn nun kam solches des Besitzers.

An einem kalten und trüben Tag im be-ginnenden Winter, sah man keine gnä-digen Herren in Rotkreuz.

Nach dem die Lokomotive formell in den Besitz der Bahngesellschaft überging, konnte diese nun die Überfuhr ins näch-ste Depot vornehmen. Das war auch jetzt jenes von Erstfeld.

Wie bei der Gotthardbahn üblich, wurden die neuen Lokomotiven dort für die erste Inbetriebsetzung vorbereitet und das soll-te jetzt nicht anders sein.

Nach der Ankunft im Depot Erstfeld wur-de die neue Lokomotive der Gotthard-bahn von der Belegschaft und natürlich auch von den gnädigen Herren aus Luzern in Beschlag genommen.

Es musste damals wohl eine beeindruck-ende Erscheinung gewesen sein. Die bisher grösste Baureihe D4t sah neben dem Neuling klein und gebrechlich aus.

Heute können wir uns das nur schwer vorstellen, aber im Depot Erstfeld sollte es nur das erste Monster sein. Das letzte bleiben sollte es nicht.

Auch in den Fachkreisen wurde die neue Lokomotive bewundert und gerade die neue Bauart nach Anatole Mallet beeindruckte. Es gab zwar das Muster in Belgien, aber was nun im Depot Erstfeld stand, war eine Nummer grösser und sie sollte zeigen, was diese Bauart denn leisten konnte. Wer die Datenblätter betrachtete, war ebenso beeindruckt. Nur stellt sich uns die Frage, ob diese Werte auch erbracht werden konnten.

Ob die Leistungsdaten auch erbracht werden konnten, mussten die Versuchsfahrten zeigen. Auf der chronisch überlasteten Strecke der Gotthardbahn war das jedoch nicht so leicht möglich. Für Anfahrversuche in den Steigungen musste man auf Lücken im Fahrplan hoffen. Damit man trotzdem vorwärts kam, wurde die neue Maschine einfach vor normale Güterzüge gespannt. So wurden die Versuche auch für den Betrieb genutzt.

Bevor die neue Lokomotive in den regulären Einsatz kam, wurde nur eine bescheidene Mannschaft geschult. Das war einfacher, denn so lange die Werte für den Verbrauch nicht bestimmt waren, musste das Personal ran, das über die besten Erfahrungen verfügte.

So war alles breit für die ersten Versuchsfahrten auf der Bergstrecke. In diesen sollte die Lokomotive zeigen, was sie konnte und was nicht ging.

Auf der Fahrt ging der Lokomotive schlicht die Puste aus. Besonders bei den oft durchgeführten Anfahrversuchen sank der Druck dramatisch.

Das Problem war, dass der Kessel den kurzfristigen Ver-brauch bei der Anwendung der Anfahrhilfe nicht innerhalb kurzer Zeit ausgleichen konnte.

Daher musste deren Anwendung schon bei den Versuchen massiv eingeschränkt werden. So war die Situation etwas besser, aber auch nicht gut.

Obwohl die vier Maschinen im Verbund recht sparsam mit dem Dampf umgingen, der Kessel konnte nicht genug Dampf erzeugen.

Auch ohne die Anfahrversuche, reichte es oft nicht bis in den nächsten Bahnhof. Es musste in der Steigung mit der Lokomotive angehalten werden. Dann wurde gewartet bis der Druck wieder vorhanden war. Für die Anfahrt war dann der Reiz da, die Anfahrhilfe nur kurz zu nutzen.

Es zeigte sich schnell, dass die vier Dampfmaschinen das verlangte Programm erbringen konnten, aber die Dampfproduktion nicht mitmachte. Dem Muskelprotz ging im wahrsten Sinne des Wortes der Schnauf aus. Betrieblich war das natürlich nicht gerade gut. Die Gotthardbahn musste daher auf die Suche nach den Problemen gehen und diese ergaben dann den Bericht, der niemand gerne hört, wenn er ein neues Fahrzeug hat.

Der Kessel war für die Dampfmaschinen zu klein geraten. Wollte man die Probleme lösen, musste ein noch grösserer Kessel verwendet werden. Das ging jedoch nur, wenn die Wasserkästen entfernt wurden. Da diese jedoch benötigt wurden, müsste ein Tender mitgeführt werden.

Das war dann aber für die Zugkraft schlecht, obwohl wir annehmen können, dass die Zugkraft immer noch für die 200 Tonnen Anhängelast reichte. Somit war klar, zu einer Serie sollte es nicht kommen. Bevor man diese bestellen konnte, musste man über die Bücher gehen.

Da mittlerweile aber neue Lösungen bei der Anordnung der Dampfmaschinen kamen, beliess man es vorerst dabei. Mit der neuen Lokomotive für Schnellzüge wollte man die Erfahrungen mit dieser Technik sammeln. Der Güterverkehr blieb vorerst in den Händen der Baureihe D4t, die in der Folge verbessert wurde.

Da man die Lokomotive hatte, ging sie dennoch in den Betriebseinsatz. Die Maschine wurde, wie das bei der Gotthardbahn üblich war, nicht einem Depot zugewiesen. Für den schweren Unterhalt sah man natürlich die Hauptwerkstätte in Bellinzona vor.

Man hatte bei der Gotthardbahn nur diese und sie sollte einen treuen Kunden bekommen. Das ist aber bereits der Betriebseinsatz und den wollen wir nun ansehen. Die Bahngesellschaft in den Alpen, sollte keine grossen Tenderlokomotiven mehr in den Betrieb nehmen. Es muss wohl ein Schock gewesen sein.

Bevor wir den Betriebseinsatz ansehen, noch ein Hinweis zu den Modellen der SCB. Diese hatten das gleiche Problem, wie die Reihe D6. Um das zu lösen, wurde in einer weiteren Serie ein Tender mitgeführt. So funktionierte die Lokomotive besser. An der Bauart Mallet hielt man fest. So wurde aber die Schweizerische Centralbahn SCB zum grossen Anwender dieser Bauart. Bei der Gotthardbahn blieb es bei einer Lokomotive.

 

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