Betriebseinsatz MThB

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Zwar wurde der Triebzug RAe 4/8 im Jahre 1979 offiziell ausrangiert, jedoch nicht sofort dem Abbruch zugeführt. Dadurch kam es schliesslich zum Verkauf. Der Käufer Albert Glatt von der Firma Intraflug wollte das Fahrzeug wieder betriebsfähig herrichten. Der Triebwagen war längst zu einer Legende geworden, denn darin reiste einmal der grosse Sir Winston Churchill, und das machte seinerzeit in der Schweiz Eindruck.

Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB waren den Trieb-wagen los geworden und waren vermutlich darüber gar nicht so unglücklich. Im Gesellschaftsverkehr bekam man die Konkurrenz der Busse dank den neuen Autobahnen immer mehr zu spüren.

Besonders jetzt, wo es auch jene ins Tessin gab. Einfach gesagt, man konnte sich so elegant aus dem Geschäft zu-rückziehen und bekam erst noch ein paar Franken für das alte Fahrzeug.

Der Entscheid der Schweizerischen Bundesbahnen SBB war damals also durchaus verständlich. Bis alle Formalitäten erledigt worden waren, dauerte es bis in Jahr 1985.

Während dieser Zeit wurde durch den neuen Besitzer auch abgeklärt, was für Arbeiten durchgeführt werden mussten und das war der Gleittransformator. Keine leichte Aufgabe, wie der Vorbesitzer am eigenen Leib erleben musste, denn das neue Teil hielt nur ein paar Meter.

Die Intraflug AG spedierte den defekten Triebwagen am 02. April 1985 postwendend nach Deutschland und stellte diesen dort im Raum Freiburg im Breisgau in einer Remise ab. Dort fand der Triebzug neben legendären Wagen des Orient Expresses eine Bleibe. Damit war der Triebwagen RAe 4/8 jedoch weit von der Schweiz entfernt, was ungewohnt war, denn die Roten Pfeile traf man ausserhalb des Landes selten an.

Es begann nun der bekannte Schlaf des Dornröschens. Jedoch galt das nicht für den Besitzer, denn dieser suchte eine Lösung für das Problem. Eine Lösung, die sich anbot, war eine komplett neue elektrische Ausrüstung. Mit den alten Motoren könne man noch arbeiten und so etwas Geld sparen. Damit wäre aus das grosse Problem mit den Gleittransformatoren erledigt. Es gab schlicht niemanden mehr, der sich damit auskannte.

Während dieser Zeit wurde aber die Schicht Staub auf dem Fahrzeug immer dicker, so dass die rote Farbe kaum mehr zu erkennen war. Schliesslich ergab sich dann neun Jahre später eine Lösung für dieses Problem. Der Triebzug kehrte am 12. Juli 1994 in die Schweiz zurück.

Das Ziel sollte vorerst Zürich sein. Ein Ort, den der Zug ganz gut kannte, denn schon einmal wartete er in Zürich auf die weitere Reise. Damals hiess es einen Tag später Wollishofen.

Schliesslich wurde der defekte Triebwagen am 31. März 1995 nach Samstagern geschleppt. Die dortige Hauptwerk-stätte der Südostbahn SOB sollte aus den verstaubten Überresten, wieder einen schmucken Ausflugstriebwagen machen.

Es sollte der Beginn der zweiten Karriere sein. Wobei diesmal auch das Asbest in der Isolation verschwinden sollte. Damals eine gute Isolation, war der Stoff mittler-weile gefährlich geworden.

Nach dem Abschluss der Arbeiten, ging es auch jetzt wieder auf eine Probefahrt. Dabei boten sich gleich zwei Möglichkeiten.

So galt es doch etwas besser zu sein, als die bedauerns-werten Kollegen in Zürich, denn gleich einen Knall wollte man schon nicht. Etwas war immer beim Verlassen eines Fahrzeuges aus der Hauptrevision R3 passieren konnte. Wobei es diesmal mehr ein kompletter Umbau, als eine übliche Revision war.

Wobei dank der neuen Technik das Fahrzeug jetzt verständlicher aufgebaut worden war. Diesbezüglich musste nichts befürchtet werden. Nur eben, Fehler können überall passieren und so war alles offen. Noch wusste man auch nicht genau, wie die alten Fahrmotoren auf die Ansteuerung durch einen Stromrichter reagieren würden und wie sich die Geschwindigkeitssteuerung mit dem alten Steuerkontroller regeln liess.

Das Problem war, dass der Triebzug nur bis maxi-mal 30‰ eingesetzt werden konnte. In Samstagern gab es jedoch nur zwei Möglichkeiten. Entweder mit 50‰ hoch, oder ebenso steil hinunter.

Die letzte Variante bot einen guten Start, jedoch war die Rückkehr ein Problem. Seinerzeit waren die Fahrmotoren mit etwas mehr Leistung versehen worden, als der Transformator. Nun reichte deren Kraft immer noch nicht für so steile Strecken.

Im Sommer 1996 war es dann soweit, der Triebzug RAe 4/8 mit der neuen Nummer 506 605-5 konnte nach erfolgreicher Hauptrevision mit Sanierung des Kastens und einem totalen Umbau wieder in den Betieb genommen werden.

Zumindest optisch sah der Zug wieder so aus, wie das 1939 an der Landesausstellung der Fall gewesen war. Nur, wer den Zug gut kannte, fand kleine Unterschiede, die aber das Bild nicht störten.

Die Schweiz sollte sich noch ein paar Jahre daran erfreuen dürfen und die 1979 verfügte Ausran-gierung, wurde wieder augehoben. Selbst die ursprünglichen Anschriften mit SBB – CFF und SBB – FFS waren wieder mit Chrom vorhanden und wer nicht auf die kleine Nummer achtete, fand auch wieder den RAe 4/8 mit der Nummer 1021. Jedoch war mit kleinen Buchstaben der neue Besitzer angebracht worden und der hiess MThB.

Der Triebzug wurde nachdem er modernisiert wurde, dem Reisebüro Mittelthurgau übergeben. Dabei handelte es sich eigentlich um den ehemaligen Reisedienst der Mitelthurgaubahn MThB. Als Ziel der ersten grossen Fahrt seit Jahren, wurde der Bahnhof Weinfelden angesteuert. Dort hatte der neue Besitzer sein Depot und die kleine Werkstätte. Die neue Heimat befand sich daher im Kanton Thurgau und damit so weit im Osten, wie noch nie.

Ab dem Kanton im Osten der Schwez sollte der Triebwagen wieder mit Sonderfahrten durch die ganze Schweiz anzutreffen sein. Strecken die er von seiner Zeit bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB jedoch gut kannte und so ergab sich kein Problem.

Zudem schien sich das Geschäft gut zu entwickeln, denn Reisen mit der Eisenbahn waren wieder ver-mehrt im Trend. Selbst das Tessin war im Osten sehr beliebt.

Auch als sich der Zug in der Ostschweiz im April auf die lange Reise ins sonnige Tessin machte, waren keine Probleme zu erwarten. Jedoch je mehr der Triebzug sich den Alpen näherte, desto mehr Schnee lag auf den Schienen.

Auch das war kein Problem, bis in Erstfeld das Aus-fahrsignal rot blieb und die Sonderfahrt zum Stillstand kam. Es gab ein grosses Problem und das verhinderte, dass der Zug die weitere Strecke befahren konnte.

Die umfangreichen Schneemassen führten dazu, dass die Lawinengefahr in wenigen Stunden ansteig. Die Warnungen erfolgten in der höchsten Gefahrenstufe.

Damit begann am Gotthard der besondere «Lawinen-verkehr». Sämtlich Züge auf der Bergstrecke mussten mit Lokomotive geführt werden. Das galt auch für den «roten Pfeil» im Bahnhof von Erstfeld. Als sich die Vorspannlokomotive näherte, war klar, der RAe 4/8 wird nicht alleine weiterfahren.

Auch wenn der Zug von einem Reisebüro im fernen Osten vermarktet wurde, am Gotthard galten andere Regeln und dabei gab es mit dem «Churchill-Pfeil» wie er nun offiziell hiess, weniger Probleme, als mit dem modernen Triebzug ETR 470, der auch nicht alleine über den Gotthard durfte. Zumindest bis zu dem Moment, wo man wusste, dass Panzerband durchaus auch bei den Bahnen verwendet werden kann und nicht nur im Fernsehen.

So befuhr der Triebzug wieder Strek-ken in der ganzen Schweiz. Eine Fahrt ins Blaue, oder der Ausflug ins Tessin. Das Reisebüro war wirklich gut in der Vermarktung der Fahrten.

So gut, dass man durchaus den Reise-bussen wieder Leute abwerben konn-te, denn jetzt hatte man das Argument und mit dem «Churchill-Pfeil» ein gutes Fahrzeug, auch wenn die Gäste immer wieder davon erzählten, wie schön doch die Fahrt im Roten Pfeil war.

Sie müssen bedenken, dass dieses Fahrzeug vor 60 Jahren gebaut wurde um den damals beliebten Ausflugsver-kehr zu übernehmen. Der Triebwagen wurde so speziell, dass er nicht in den normalen Einsatz konnten sollte.

Dabei wurde das Fahrzeug den Schweizerischen Bundesbahnen SBB erst noch von der Industrie aufge-drängt.

Nur, weil man sonst nichts Neues an der Landesausstellung präsentieren konnte. Dort war aber auch das Ding mit 12 000 PS.

Eigentlich ein sinnloses Fahrzeug, das auch nach 60 Jahren immer noch das macht, wofür es seinerzeit gebaut worden war. In einer Zeit, wo sich die Bahnen im Umbruch befanden, war das schon fast ein Wunder. Sie müssen bedenken, dass der Zug nur eingesetzt wurde, wenn eine Fahrt verkauft werden konnte. Da gab es keine regelmässigen Einsätze, die jeden Tag durchgeführt wurde. Wirtschaftlich sicherlich nicht sinnvoll.

Das Problem, das der Triebzug jedoch hatte, war nun von anderer Seite gekommen. Salmonellen, wo sie nicht sein durften und Ölzüge die nahezu gratis befördert wurden, brachten die Unternehmen um die MThB in grosse Bedrängnis. Das Reisebüro Mittelthurgau musste daher Insolvenz anmelden. Der Lokoop ging ebenfalls das Geld aus. Es wird schlimm und es sollte im Kanton Thurgau noch viel schlimmer kommen, denn es fehlte am Geld.

So passierte das, was man eigentlich nie erwartet hätte und schon gar nicht in der Schweiz. Eine Privatbahn ging Konkurs.

Dabei waren eigentlich nicht alle sonderlich überrascht, denn die bekannte Abkürzung MThB wurde schon immer mit mittellose Thurgaubahn gedeutet.

Nur der grösste Aktionär der Geschellschaft war mitt-lerweile der Kanton in der Ostschweiz. Da sollte so ein Debakel schlicht nicht passieren dürfen.

Der Kanton wollte nicht helfen, wenn nicht saniert wur-de. Die Abklärungen ergaben dann die Probleme und so musste man sich im Thurgau entscheiden, soll die Bahn, oder das Reisebüro gerettet werden. Mit der Wahl für das Reisebüro musste eine für die Bahn eine Lösung gefunden werden. Dabei war eigentlich klar, es konnten nur die Schweizerischen Bundesbahnen SBB in die Bresche springen und so den öffentlichen Verkehr retten.

Die Infrastruktur wurde von SBB Infrastruktur übernommen. Die Triebwagen verichteten mit der neuen Bahngesellschaft Thurbo den Personenverkehr. Dabei war die Thurbo genau genommen in der Hand der Schweizerischen Bundesbahnen SBB, auch wenn man das im Thurgau etwas anders sehen mag. Nur in der Konkursmasse der MThB fanden sich noch andere Fahrzeuge und die passten nicht zum neuen Konzept mit Triebwagen.

Die neuen Maschinen der Lokoop wurden SBB Cargo übergeben, und die älteren Exemplare verkauft. Abgebrochen wurde nichts, denn man war um jeden Rappen froh. Die Lokomotive Re 4/4 II kam erstmals in den Besitz der Schweizerischen Bundesbahnen SBB und wurde dort dem Personenverkehr zugeschlagen. Als Mitgift war noch ein rotes Fahrzeug im Schlepptau, das schon immer mit SBB – CFF beschriftet worden war.

 

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