Normen der EVU

Auch die Eisenbahnverkehrsunternehmen EVU müssen Normen und Vorschriften erlassen. Diese nennen sie Betriebsvorschriften. Diese Betriebsvorschriften werden von jedem EVU herausgegeben und regeln wichtige Punkte der Fahrzeuge und der Züge. Wie bei den Ausführungsbestimmungen der Infrastruktur gelten diese Regelungen als Ergänzung zum FDV. Es dient somit ebenfalls als Ersatz für den früheren Anhang zum FDR, den es ja nicht mehr gibt.

Darin wird geregelt, wie mit speziellen Wagen zu verfahren ist. Dazu sind oft umfangreiche Tabellen vorhanden oder es wird in mehreren Bereichen beschrieben, was zu tun ist, wenn ein Schaden aufgetreten ist. Es versteht sich, dass hier ein EVU tiefe Einblicke in interne Abläufe des Unternehmens preisgibt. Deshalb sind diese Normen geschützt und dürfen nicht veröffentlich werden. Schliesslich könnte ein anderes EVU aus diesen Informationen einen Vorteil herausschlagen.

Ich bleibe deshalb hier sehr allgemein. Trotzdem wollen wir uns nun einen Punkt dieser Betriebsvorschriften genauer ansehen. Bei den Ausführungsbestimmungen sprach ich von den Doppelstockwagen. Diese wollen wir nun aus der Sicht des EVU wieder aufgreifen. Wenn man nicht überall fahren kann, gibt es sicherlich Regelung, wie diese Wagen eingesetzt werden dürfen. Diese finden sich in den Betriebsvorschriften des EVU.

Diese Wagen sind ja nicht nach den üblichen Normen aufgebaut und passen nicht unbedingt in das Lichtraumprofil der Infrastruktur. Trotzdem setzen einige EVU in der Schweiz solche Wagen bedenkenlos ein. Wie, das stimmt nicht? Ach so, Sie sind der Meinung, dass es nur ein Unternehmen ist. Sind Sie da ganz sicher? Es sind wohl nur die Wagen eines EVU bekannt, aber auch andere EVU können solche Wagen einsetzen, wenn sie benötigt werden. Wir wollen nur die Wagen ansehen und nicht eine Liste von betroffenen EVU, denn jedes regelt das etwas anders.

Doppelstockwagen: Die Infrastruktur gibt nur vor, wo solche Doppelstockwagen verkehren dürfen und wo nicht. Das EVU regelt nun aber, wie die Wagen in einem Zug einzureihen sind. Ist ja klar, denn was passiert wohl, wenn an einem 600 Meter langen Güterzug am Schluss ein Doppelstockwagen angehängt wird? Der Lokführer bemerkt das nicht. Der Zug fährt zwar planmässig über eine Strecke, wo solche Wagen zugelassen sind. Was ist aber, wenn der Zug fehlgeleitet wird?

Der Zug könnte plötzlich an einem Ort vorbei fahren, wo der Wagen am Schluss schwer beschädigt wird. Das will das EVU natürlich verhindern, deshalb erlässt es Regeln, wie mit solchen Wagen zu verfahren ist. Eine Möglichkeit besteht darin, dass solche Wagen nur nach der Lokomotiveeingereiht werden dürfen. Es gibt natürlich auch die Möglichkeit solche Wagen im Güterzug schlicht zu verbieten. Doppelstockwagen dürfen dann nur in eigenen Zügen verwendet werden.

So regelt das EVU, wie mit dem Wagen zu verfahren ist. Die Infrastruktur sagt, wo es solche Doppelstockwagen zulässt und wo nicht. Stellt sich nun nur noch die Frage, was dazu das FDV meint. Gar nichts, denn das FDV kennt nur Lokomotiven, Triebzüge und Wagen. Wie diese Wagen aussehen und wo sie, wie verkehren dürfen, ist Angelegenheit der Unternehmen. Daher sind die Wagen nur in den Betriebsvorschriften und in den Ausführungsbestimmungen erwähnt worden.

Gerade mit den Doppelstockwagen haben wir erkannt, dass das FDV nur die groben Regeln vorgibt und dann die Unternehmen die strittigen Punkte regelt. Doppelstockwagen sind dabei nur ein Beispiel, denn es gibt auch andere Wagen, die noch deutlicher geregelt werden. Dort geht es um Punkte, die sogar einen Einsatz verhindern könnten. Ich denke da an die niederen Wagen der Rollenden Landstrasse.

Streckenregeln: Eine weitere Regelung des EVU ist die Fahrt mit Güterzügen über die Gotthard- oder Lötschbergstrecke. Das FDV lässt nur zu, dass in einem Zug an mehreren Stellen Lokomotiven eingereiht werden dürfen. Es sagt auch, dass die Lokomotiven die angehängte Last ziehen sollen. Wobei das natürlich im FDV nicht auf diese beiden Strecken beschränkt wird, denn grundsätzlich würde das FDV in der ganzen Schweiz an mehreren Stellen Triebfahrzeuge zulassen.

Es sind deshalb gewisse Normen vom EVU einzuhalten, die aber weiter eingeschränkt werden können. So bestimmt das EVU, wo solche Bespannungen an mehreren Stellen zugelassen sind und wie sich diese zusammenstellen dürfen. Als Beispiel ist hier der Gotthard, wo bei einigen EVU eine schiebende Lokomotive am Schluss verwendet wird. Andere EVU lassen das gar nicht erst zu. Es wird allgemein aber auf zwei Stellen beschränkt.

Wie gesagt, es ist ein Beispiel, denn auch auf anderen Strecken ist diese Form der Bespannung möglich. Während ein EVU diese Traktionsform nur bei Güterzügen zulässt, erlauben andere EVU diese Bespannung nur bei Reisezügen. Die Regelung, wo und wie das zu erfolgen hat, steht in den Betriebsvorschriften des entsprechenden EVU. Entscheidend ist aber der Punkt, dass ein EVU diese Betriebsform verbieten kann.

Das FDV lässt das Verkehren dieser speziellen Schiebelokomotiven zu. Die Infrastruktur sagt nun, auf welchen Strecken diese Bespannungsarten zugelassen sind. Letztlich schreibt nun das EVU dem Lokomotivpersonal vor, mit welcher Lokomotive es welche Schubkraft einzustellen hat. Schliesslich sind diese Werte ja nicht bei jeder Lokomotive gleich. So arbeiten alle Regelwerke ineinander und die Züge können verkehren.

Einschränkungen gegenüber den Grundvorschriften im FDV sind auch bei den Betriebsvorschriften zugelassen. Wie sich ein EVU diese Beschränkungen auferlegt, ist Angelegenheit des Unternehmens. Die Bespannung von Zügen auf den steilen Strecken ist hier sicherlich ein guter Punkt um zu zeigen, was man machen kann, wenn die Normallast einer Lokomotive nicht genügt. Nur, wie weiss das Personal, dass diese nicht genügt?

Normallasttabelle: Die auf gewissen Steigungen zugelassenen Normallasten sind in den Betriebsvorschriften in einer Tabelle aufgelistet. Diese Tabelle ist natürlich für viele Leute sehr interessant, aber zeigt auch deutlich auf, wie unterschiedlich die EVU gewissen Angelegenheiten ansehen. Daher erkläre ich das an einem möglichst neutralen Beispiel, denn auch hier spielen die Geheimnisse der einzelnen EVU hinein.

Zwei EVU setzen auf einer Strecke mit einer bestimmten Steigung baugleiche Lokomotiven ein. Diese unterschieden sich nur durch die angebrachte Farbe und den Namen, der auf der Lokomotive steht. Man erwartet nun, dass beide EVU mit der Lokomotive die gleichen Lasten ziehen würden. Das ist jedoch nicht so, denn es kann sein, dass ein EVU mit geringeren Lasten fährt, als das andere EVU. Wie das geregelt wird, ist der Infrastruktur und dem FDV egal, der Zug muss einfach die Steigung schaffen.

Ein drittes EVU, das die Strecke befährt und ebenfalls diese Lokomotiven einsetzt, erklärt, dass es bei bestimmten Bedingungen die Vorgaben der Hersteller überschreiten will. Es überlastet die Fahrzeuge daher. Man spricht deshalb in diesem Zusammenhang von Überlast. Es ist eine Last, die über der eigentlichen Normallast angeordnet ist und die an bestimmte Bedingungen und Strecken gebunden ist.

Die Vorschriften in der Schweiz besagen, dass eine Lokomotive auf jedem Abschnitt der befahrenen Strecke anfahren können muss. Auf den Abschnitten, wo die Überlast zugelassen wurde, ist dies jedoch nicht mehr möglich. Ein zum stehen gekommener Zug kann dann nicht mehr losfahren. Da aber für diese Züge auf den in einer Tabelle genannten Strecken freie Zufahrt gelten sollte, ist das eigentlich vernachlässigbar.

Sie sehen, auch diese Angaben sind für den Lokführer wichtig. Er findet in diesen Vorschriften auch Regeln, die ihm vorgeben, wie er ein Fahrzeug zu bedienen hat und wie er nach einer Störung am Fahrzeug noch damit arbeiten kann. Daher gehören die Betriebsvorschriften der EVU ebenfalls zu den Grundvorschriften. Da aber niemand lange Tabellen auswendig lernen kann, werden diese Betriebsvorschriften bei der Arbeit mitgeführt.

 

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