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Ich kann bei der Baureihe Ae 4/6 nicht von
persönlichen Erfahrungen sprechen, denn ich kam nie in den Kontakt mit
dieser Maschine. Selbst als Kind kann ich mich nicht erinnern, die
Lokomotive gesehen zu haben. Sie war im Tessin, ich im Aargau zu Hause.
Das war eine weite Strecke, die wegen der schönen
Bahnlinie den Blick auf
die Lokomotiven trübte. Theoretisch wäre aber ein Kontakt möglich gewesen.
Es kam nur nicht dazu. Ich fragte mich während der Ausbildung nur, ob die älteren Lokführer etwas gegen meine Fragen zur Ae 4/6 hätten. Mittlerweile vermute ich aber, dass sie die Fragen schlicht nicht mehr hörten, weil die Baureihe auch Jahre nach dem Ver-schwinden immer noch in den Ohren war.
Jedoch muss ich erwähnen, dass man 1991 die Bezeichnung Ae 4/6 nur unter
vorgehaltener Hand erwähnen durfte. Wer es nicht tat, wurde böse
angesehen.
Die Baureihe Ae 4/6 als kompletten Reinfall zu
bezeichnen, wäre sicherlich falsch. Sie aber als gelungen zu bezeichnen,
wäre ebenso falsch, denn ein Ruhmesblatt für die Lokomotiv-bauer der
Schweiz war sie sicher nicht. Versagt hatte bei der Reihe Ae 4/6 der
mechanische Teil und die nicht ausgereifte
Vielfachsteuerung. Elektrisch
und pneumatisch konnte die
Lokomotive jedoch überzeugen, aber mit dem war
es nun mal nicht getan.
Punkte, die wir jetzt etwas genauer ansehen. Bei der
pneumatischen Ausrüstung waren die
Bremsen schlicht eine Sensation. Um die
hohen Geschwindigkeiten mit den vorhandenen
Bremswegen ausfahren zu
können, musste die
Bremskraft erhöht werden. Dies war jedoch nicht so
leicht möglich, weil dann die
Achsen bei tiefen Geschwindigkeiten
blockierten. Es musste eine Lösung mit einer von der Geschwindigkeit
abhängigen Bremse gefunden werden.
So entwickelte man im Hause Oerlikon Bremsen während
dem zweiten Weltkrieg die von der Geschwindigkeit abhängige
R-Bremse. Eine
Lösung, die das Problem elegant löste. Fuhr man schnell, hatte die
Lokomotive eine sehr hohe
Bremskraft. Bei langsamer Fahrt kam der normale
Druck. Diese R-Bremse wurde später bei sämtlichen Lokomotiven der Schweiz
und bei unzähligen
Reisezugwagen umgesetzt und ermöglichten die heute
gefahrenen Geschwindigkeiten. Jedoch genial waren die elektrischen Lösungen. Hier war der neue Haupt-schalter, der leichter war und erst noch ein Problem der Ölhauptschalter beseitigte.
Zwar hatte er seine Macken, aber die Idee
konnte weiterverwendet werden und führte letztlich zum sehr gut
funktionierenden Modell DBTF, das bei weit über 500
Lokomotiven eingebaut
wurde. Eine Entwicklung, die dank der Baureihe Ae 4/6 ermöglicht wurde,
weil man dort Gewicht sparen musste. Ergänzt wurde dieser mit einem Stufenschalter, der unter Hochspannung arbeitete und sehr schnelle Schaltfolgen ermöglichte. Im Vergleich zu den bisherigen Modellen war der Stufenwähler dreimal schneller.
Das ergab eine sehr spurtstarke Maschine und führte letztlich
bei den Bau-reihen
Re 4/4
II und
Re 6/6 zu den guten Werten bei der
Beschleunigung und dem Wechsel von Fahren zu
Bremsen, denn dort ging
bisher viel Zeit verloren. Die elektrische Rekuperationsbremse mit Erregermotor war leistungsfähig und erlaubte auf den starken Gefällen der Gotthardbahn nicht nur die Abbremsung des Lokomotivgewichts.
Sie bremste auch noch einen
erheblichen Teils der
Anhängelast. Damit konnte mit der
elektrischen
Bremsen
erstmals die
Leistung der mit
Gleichstrom betrieben
Widerstandsbremse
erreicht und sogar deutlich übertroffen werden. Sie wurde in weiteren
Baureihen verwendet.
Auch bei der
Leistung wurden neue Massstäbe gesetzt.
Eine
Stundenleistung von 5 500 PS auf vier
Triebachsen, war der Zeit weit
voraus. Erst die Baureihe
Re 4/4
II konnte wieder mit vergleichbaren
Werten aufwarten. Zudem funktionierte die Anlage sehr gut und hatte kaum
Störungen, was in Folge des Rohstoffmangels während dem zweiten Weltkrieg
ein Wunder war, denn die Schweiz hatte keine entsprechenden Rohstoffe.
Mit einem Gewicht von nicht ganz 19 Kilogramm pro PS
wurde ein Wert erreicht, der weit unter den bisher üblichen Werten von 38
Kilogramm pro PS lag. Man übertraf hier sogar die stärkste
Lokomotive der
Welt. Einen vergleichbaren Schritt sollte es erst viele Jahre später
wiedergeben. Zum Vergleich sei hier mit 8.6 Kilogramm pro PS die
Re 465
der BLS erwähnt. In diesem Zusammenhang wird auch von einer
Grenzleistungslokomotive gesprochen.
All das stellte man auf ein
Laufwerk, das schlicht
veraltet war. Zur Zeit des Baus standen
Rollenlager bereits zur Verfügung.
Diese konnten jedoch wegen politischen Problemen zum Nachbarland nicht
bezogen werden. So musste man zu
Gleitlagern greifen. Diese waren aber mit
der installierten
Leistung schlicht überfordert und liefen daher immer
wieder heiss. Ein Umstand, den die
Lokomotive immer wieder zur Reparatur
nötigte.
Abgenützte
Gleitlager gab es jedoch nicht nur bei den
Triebachsen. Auch jene des
Antriebs waren davon betroffen. In der Folge
liefen die darin gelagerten
Zahnräder nicht mehr so genau, wie sie
sollten. Die Folgen bekam das
Lokomotivpersonal zu spüren, denn die so
misshandelten
Getriebe erzeugten einen gewaltigen Lärm im
Führerstand,
denn die Schallwellen wurden über den Rahmen der
Lokomotive leicht
übertragen.
Nach einer Fahrt von drei Stunden mit dem singenden
Lärm der
Getriebe, brummte dem
Lokomotivpersonal der Schädel. Mit Kopfschmerzen
ist es schwer konzentriert zur Arbeiten. Die
Lokomotive gab aber auch nach
der Fahrt keine Ruhe. Der Lärm blieb in den Ohren und verfolgte so die
Lokführer nach Hause ins Bett, wo die ganze Nacht die Ae 4/6 durch den
Kopf rollte. Sicherlich nicht der Wunsch des fahrenden Personals, das
leiden musste. Die Bauweise mit Rahmen war ein weiteres Problem. Durch den bei einer solchen Bauweise entstehenden langen Radstand kommt man schlecht um die Kurven. Das hätte man jedoch erreichen müssen, wollte man nach der Zugreihe R fahren.
Hier lag der Fehler beim Besteller, denn
dieser ver-säumte es, genau auf diesen Umstand hinzuweisen und klar von
einer
Zulassung zur
Zugreihe R zu sprechen. Ein Fehler, der später
bei der Reihe
Ae 6/6
erneut
gemacht wurde. Bei der Lösung für die Kurven vergab man jedoch die stabile Führung im geraden Gleis. Stieg dort die Ge-schwindigkeit an, begann die Lokomotive gefährlich zu schlingern. So war es schlicht unmöglich Ge-schwindigkeiten von 125 km/h zu erreichen.
Rahmenlokomotiven erreichten daher in der Schweiz planmässig nur Geschwindigkeiten
von 110 km/h. Ein Wert, den man schon hatte und den man gerne ge-steigert
hätte.
Höhere Geschwindigkeiten waren nur mit
Drehge-stellen
zu verwirklichen. Diese hätten der Baureihe Ae 4/6 sehr gut getan. Jedoch
war ein solcher Aufbau wegen dem
SLM-Universalantrieb nicht so leicht zu
verwirklichen. Es mussten neue leistungsfähige
Antriebe entwickelt werden.
Da diese Antriebe jedoch kurze Zeit später bereitstanden, kann klar
angenommen werden, dass es diese Möglichkeit bei der Reihe Ae 4/6 auch
gegeben hätte.
Sie sehen, die innovativen Lösungen, die man bei der
elektrischen Ausrüstung erkennen konnte, waren beim
Fahrwerk schlicht
nicht vorhanden. Das führte zu all den Problemen der Baureihe Ae 4/6. Es
waren Behinderungen, die der sonst sehr gut gebauten Maschine das Leben
zur Hölle machten. Ein Umstand, der letztlich auch zum Verschwinden der
Baureihe beigetragen hatte. Schade, dass hier nicht mehr Mut bewiesen
wurde.
Die Ae 4/6 konnten daher den ihnen zugedachten
Verwendungszweck nur zum Teil erfüllen. Die vorgesehenen 125 km/h konnten
nie gefahren werden. Die maximale
Anhängelast
am Gotthard blieb auf 385
Tonnen beschränkt. Zum Vergleich, die
Ae 4/7
hatte für dieselbe Strecke
eine Anhängelast von 320 Tonnen zugestanden bekommen. Die Anzahl der
Vorspannleistungen konnte dadurch nicht wesent-lich reduziert werden. Eine eigene Geschichte war jedoch die Vielfachsteuerung. Einerseits wollte man damit zu viel ver-wirklichen und andererseits waren die Materialen nicht gut genug. Das führte zu Problemen, die angesehen werden müssen.
Hier vor einem Reinfall zu
sprechen wäre falsch, denn anfänglich funktionierte die Einrichtung
tadellos und so wie es gewünscht war. Erst mit dem Betrieb stellten sich
die Probleme damit ein und die waren gross. Die gewünschten Informationen und die notwendigen Schaltungen führten zu sehr vielen Adern. Diese mussten in ein Kabel gepackt werden. Damit wurde dieses jedoch so schwer, dass es vom Personal nicht mehr getragen werden konnte.
In der Folge mussten zwei Kabel verwendet
werden. Damit es keine fehlerhaften Schaltungen gab, mussten diese
gekreuzt werden. Nur so stimmten die beiden Dosen in jedem Fall und es gab
keine Probleme.
Der in den Kabeln fliessende
Strom, der wegen der
geringen
Spannung der Steuerung sehr hoch war, wurden Magnetfelder
erzeugt. Bei der Kreuzung führte das, wenn die Schirmung der Kabel
beschädigt war, was im Betrieb schnell erfolgen konnte, zu Störungen. In
der Folge schalteten die
Lokomotiven aus und konnten nicht mehr so geführt
werden. Die Erfahrungen flossen in spätere Systeme, wo grundsätzlich nur
noch mit einem Kabel gearbeitet wurde.
Elektrischer
Strom, Wasser und Kupfer sind keine gute
Kombination. Das Material korrodiert in solchen Fällen sehr schnell. In
der Steckdose führte das zu Problemen beim Kontakt. Hier war das Problem,
dass die Abdichtung nicht optimal funktionierte und so Feuchtigkeit
eindringen konnte. Damit war die Uhr gerichtet und nach einer gewissen
Zeit, fiel die
Vielfachsteuerung aus. Das betroffene Personal fluchte
vermutlich zurecht. All die Erfahrungen mit der Vielfachsteuerung führten letztlich zu den ein-fachen und sehr guten Systemen der Schweiz. Das System IIId setzte sich letztlich durch und konnte sowohl für Pendelzüge, als auch zur Vielfachsteuerung genutzt werden.
Spezielle Schaltungen mussten
dabei nicht gemacht werden. So wurde
Loko-motive kuppeln, Kabel stecken,
einschalten ermöglicht. Lediglich ausge-schaltet sein mussten die beiden
Maschinen. Die Baureihe Re 460 bekamen letztendlich eine Vielfachsteuerung, die sogar ein kuppeln bei eingeschalteter Lokomotive ermöglichte. Noch weiter ging man letztlich bei der Re 465, die konnte Lokomotiven mit drei unterschied-lichen Systemen verbinden und steuern.
Bei
den Ae 4/6 klappte das nur bedingt und auch nur, wenn die
Lokomotiven
richtig standen und die richtigen Kabel benutzt wurden. Man sammelte
jedoch Erfahrungen. Wir können nun endgültig einen Schlussstrich ziehen. Die Bücher der Ae 4/6 wurden bereits vor Jahren geschlossen. Bücher über die Lokomotive gab es lange Zeit keine, sie wurden immer nur am Rand der drei Grossen erwähnt, weil sie den gleichen Antrieb hatte.
Das war Schade,
denn kaum eine
Lokomotive der Schweiz war so innovativ, fortschrittlich
und wegweisend. Dumm war nur, dass die Ae 4/6 mit Behinder-ungen zu kämpfen
hatte.
Während sich das
Lokomotivpersonal ab der himmlischen Ruhe
freute, sahen das die Leute neben den
Geleisen etwas anders. So verhasst
die Baureihe Ae 4/6 beim Personal war, so geliebt wurde sie von jenen, die
nie damit zu tun hatten. So liegt es nahe, dass das Eiltempo gewählt wurde
um die Seiten des Buches über die Ae 4/6 endgültig zu schliessen. Die
Schweizerischen Bundesbahnen SBB wollten keine historische Ae 4/6, das war
klar und wurde deutlich gezeigt.
So kann auch hier mit letzten Worten die Geschichte
der Ae 4/6 beschrieben werden. Die Ära Ae 4/6 begann am 26. April 1941 mit
der 10 801 und endete am 31. Mai 1983 mit der 10 805. Letztere hatte mit
4 746 120 Kilometern die höchste
Leistung aller Ae 4/6 erbracht. Trotz den
grossen Problemen ist das kein schlechter Wert, denn es war wirklich eine
spannende
Lokomotive, die sich über 40 Jahre in der Schweiz bewegte.
Auch hier soll die Baureihe Ae 4/6 endgültig
abgeschlossen werden. Nur machen wir das mit Buchstaben und nicht mit
Worten, denn auf den Maschinen der Reihe Ae 4/6 verständigte man sich mit
Handzeichen und nicht mit Worten. Die Welt ist ohne Ae 4/6 ein wenig
ruhiger geworden, zumindest die Welt der Lokomotivführer. Bleibende
Gehörschäden beim Personal schmälern die Bilanz der
Lokomotive. Das hatte
die Reihe Ae 4/6 schlicht nicht verdient.
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