Entwicklung und Bestellung

Letzte

Navigation durch das Thema

Nächste

Mit der Übernahme der Seethalbahn durch die Schweizerischen Bundesbahnen SBB im Jahre 1922 kam deren Rollmaterial ebenfalls in den Besitz der Staatsbahnen. Darunter auch die zehn Triebwagen. Diese trugen in jenen Jahren die Hauptlast im Seetal und daran sollte sich eigentlich nichts ändern. Daher lohnt es sich, wenn wir einen kurzen Blick auf diese zehn Triebwagen werfen und so uns ein Bild vom Verkehr auf der Seethalbahn machen.

Die Hauptlast trugen die acht eleganten Triebwagen der Baureihe BCe 4/4. Diese bekamen mit dem Wechsel zur Staatsbahn die neuen Nummern 4801 bis 4808 und natürlich die Anschriften nach den Nor-malien der Schweizerischen Bundesbahnen SBB.

Ein Vorgang, der üblich war und welcher in wenigen Tagen vollzogen wurde. Farbliche Anpassungen an die Normalien des neuen Besitzers erfolgten jedoch später im Unterhalt.

Die Leistung dieser bis lediglich 40 km/h schnellen Fahrzeuge war mit 265 kW sehr bescheiden ausgefallen und auch trotz besserer Einhaltung der Regeln und Normallasten durch das Personal waren viele Defekte an diesen Triebwagen zu bekunden. Doch noch gab es keine Alternativen für den Personenverkehr im Seetal. So wurde der Unterhalt dieser noch recht neuen Fahrzeuge sehr schnell zu einem grossen Problem.

Für den Güterverkehr beschaffte die Seethalbahn 1910 ebenfalls zwei identische Gepäcktriebwagen. Diese wurden nun mit den Nummern 18 701 und 18 702 im Bestand der Staatsbahnen geführt. Bei den technischen Daten unterschieden sie sich nicht von den acht Personentriebwagen. Lediglich der hier aufgebaute Kasten war schlichter ausgefallen, so dass diese Modelle nicht so richtig zu den BCe 4/4 passen sollten.

Trotzdem hatten diese Triebwagen die gleichen Eckdaten bei der Geschwindigkeit und der Leistung. Daher hatte das Seetal eigentlich identische Fahrzeuge, was der Staatsbahnen durchaus gefallen sollte, jedoch waren gerade diese beiden Fahrzeuge überfordert und daher kam es zu häufigen Defekten an den Motoren der Fe 4/4. Ersatzteile gab es nur in geringem Masse bei den Personentriebwagen BCe 4/4, womit auch diese fehlten.

Um eine schnelle Entlastung der beiden Triebwagen zu erhalten, beschlossen die Schweizerischen Bun-desbahnen SBB, dass die aus dem Versuchsbetrieb stammende Ce 4/4 mit der Nummer 13 502 auf das System der Seethalbahn umzubauen ist.

Damit hatte man auf dieser Strecke die erste elektrische Lokomotive. Doch auch sie war nicht für diese Steigungen und die schweren Züge aus-gelegt worden. Zudem war das Seetal alles andere als Gesund für die alte Maschine.

Aus diesem Grund sah man es in Bern als erwiesen an, dass für den Güterverkehr im Seetal eine schnelle Lösung geschaffen werden sollte.

Diese war jedoch nur mit neuen Lokomotiven möglich und deshalb musste ein Pflichtenheft aus-gearbeitet werden. Dieses sollte das neue Trieb-fahrzeug für die neu als Seetalstrecke bezeichnete Linie durch das Seetal umschreiben. Es darf erwähnt werden, dass in der Region die Seethalbahn bleiben sollte.

Das grösste Problem bei der Ausarbeitung für das Pflichtenheft, war die im Seetal verbaute Fahrleitung. Diese passte von den baulichen Normen her zu jener der Staatsbahnen, hatte jedoch mit 5500 Volt und 25 Hertz eine abweichende Spannung. Die Umstellung auf das übliche System mit 15 000 Volt und 16 2/3 Hertz war daher beschlossene Sache. Nur konnte man mit dem neuen Triebfahrzeug nicht bis zu diesem Zeitpunkt warten.

Die Staatsbahnen wünschten eine neue Lokomotive, die für Güterzüge im Seetal konstruiert wurde. Dabei sollten diese Maschinen auch den Rangierdienst auf den Bahnhöfen übernehmen. Eine Lösung, die auch auf anderen Strecken so umgesetzt worden war. Gerade bei den elektrischen Lokomotiven gab es damals erst wenige für den Rangierdienst spezialisierte Maschinen. Eigentlich gab es auch nur jene der Schweizerischen Bundesbahnen SBB.

Was diese Forderung genau bedeutete, umschrieben die Staatsbahnen im Pflichtenheft. Dabei wurde gefordert, dass die neue Lokomotive abwechslungsweise an zwei sich folgenden Tagen die definierten Tagestouren absolvieren sollte. Dabei wurden im Pflichtenheft zwei Beispiele aufgeführt, die klar zeigten, was man in Bern unter dieser Vorstellung genau verstehen musste. Auch wir wollen uns diese Hinweise genauer ansehen.

Im ersten Fall wurde eine Tagestour definiert, die eine Fahrt von Emmenbrücke nach Wildegg und zurück, sowie eine Hin- und Rückfahrt von Beinwyl am See nach Münster (Beromünster) beinhaltete.

Nicht definiert wurde jedoch der Abstecher nach Lenzburg. Diese Strecke war nur kurz und wurde in einer Richtung rückwärts bis zur Spitzkehre gefahren, danach ging es nor-mal weiter. Wobei Güterzüge eher direkt nach Lenzburg Stadt verkehrten.

In jedem Bahnhof sollte mit der Lokomotive ein Stoss zum Wegstellen der zugeführten Wagen getätigt und anschlies-send zur Abfahrt vorgezogen werden. Somit waren ein-fache Aufgaben zu erfüllen.

Wobei gerade der Stoss für die Fahrmotoren belastend war, da mit hohen Zugkräften gearbeitet wurde. Die dabei ge-forderte Anhängelast der Lokomotive wurde mit 150 Ton-nen für die ganze Strecke angegeben und berücksichtigte die Manöver.

Auf den ersten Blick erscheint das ein leichtes Programm. Jedoch muss man bedenken, dass damals dieser Güterzug im Seetal für die 46 Kilometer lange Strecke gut acht Stunden benötigte. Mit der Tagesleistung gemäss dem Pflichtenheft kam die Lokomotive gerade rechtzeitig zurück zum Ausgangspunkt der Fahrt. Ein wichtiger Punkt, den man bei diesen Angaben nicht vergessen darf, denn es galten nicht die Regeln von heute.

Deutlich schneller sollte es bei der zweiten Tagestour vorwärts gehen. Die gleiche Strecke sollte nun innerhalb von 15 Stunden zweimal absolviert werden. Dabei musste nun eine Anhängelast von 200 Tonnen mitgenommen werden. Ein Punkt, der mit den Reisezügen geschafft wurde. Die Last ergab sich, weil auf der Strecke die Reisezüge oft mit Güterwagen ausgelastet wurden. Das war das Hauptproblem der alten Triebwagen.

Mit den 200 Tonnen wurde zugleich die Normal-last für die im Seetal massgebende Steigung von 36‰ definiert. Auf die sonst üblichen Angaben über andere Steigungen und die damit verbun-denen Geschwindigkeiten wurde hier verzichtet.

So war eigentlich klar, dass die neue Lokomotive kaum auf anderen Strecken eingesetzt werden sollte. Das zeigt sich auch, dass diese Last inner-halb von 150 Sekunden auf 20 km/h beschleunigt werden sollte.

Somit wurde eine kurvengängige robuste Loko-motive gewünscht, die über eine hohe Zugkraft verfügte. Zudem sollten die Rangierfahrten in den Bahnhöfen flink und schnell erledigt werden.

Weniger wichtig war dabei die gefahrene Ge-schwindigkeit, denn die war im Seetal nicht be-sonders hoch und das war bei der Ausarbeitung des Pflichtenheftes keine leichte Sache für die Verantwortlichen der Staatsbahnen in Bern.

Anfänglich wurde von 40 km/h gesprochen und damit lag man bei den vorhandenen Triebwagen. Dieser Wert jedoch schnell auf 45 km/h erhöht, weil davon ausgegangen wurde, dass auch in Seetal etwas mehr Tempo möglich sein könnte. Letztlich kam eine weitere Erhöhung und so wurde letztlich die Höchstgeschwindigkeit der neuen Lokomotive auf 50 km/h festgelegt. Sie war daher auch etwas schneller als die vorhandenen Rangierlokomotiven.

In Bern ging man davon aus, dass für die Aufbringung dieser Zugkraft sechs Triebachsen erforderlich sein würden. Da man bei dieser Lokomotive wegen der geringen Höchstgeschwindigkeit durchaus auf Laufachsen verzichten konnte, wurde die neue Baureihe als De 6/6 bezeichnet und es wurde eine Achsfolge C’C’ gewünscht. Damit die Konstruktion jedoch nicht zu leicht werden sollte, war da noch ein Problem.

Das Seetal war eine jener Nebenbahnen, die über einen schwachen Oberbau verfügten. Auch mit der Umstellung auf den elektrischen Betrieb wurde dieser nicht verstärkt. Aus diesem Grund war nur eine maximale Achslast von 12 Tonnen zugelassen.

Das war deutlich unter den Werten der anderen Lo-komotiven im Bestand der Schweizerischen Bundes-bahnen SBB und zeigte deutlich wie weit die See-thalbahn von den üblichen Regeln entfernt war.

Elektrisch wurde zudem gefordert, dass die Loko-motive sowohl unter der Spannung von 5500 Volt und 25 Hertz, als auch unter 15 000 Volt und 16 2/3 Hertz verkehren musste. Dabei musste von der Lokomotive die gleiche Leistung abgegeben wer-den.

Wir haben daher eine echte Zweisystemlokomotive erhalten, die jedoch betrieblich nicht umschaltbar sein musste. Die Bundesbahnen wollen eigentlich nur, dass nach der Umstellung weitergefahren wer-den konnte.

In diesem Punkt muss erwähnt werden, dass die beiden Frequenzen nicht so weit entfernt waren, dass damit grosse Änderungen bei der Leistung zu erwarten wären. Deutlich schlimmer war die deutlich tiefere Spannung, denn dazu mussten zwei unterschiedliche Anzapfungen im Transformator genutzt werden. Genau diese sollten jedoch betrieblich nicht umgeschaltet werden. Eine deutliche Vereinfachung der Technik.

Der letzte Punkt im Pflichtenheft war für die Schweizerischen Bundesbahnen SBB damals durchaus üblich. Im Wissen, dass hier keine grössere Serie zu erwarten war, forderten die Staatsbahnen, dass nach Möglichkeit auf Baugruppe von vorhandenen Baureihen zurückgegriffen werden musste. So wollte man die Vorhaltung von besonderen Ersatzteilen vermeiden und sich die Kosten für den Unterhalt dieser Baureihen verringern.

Das so ausgearbeitete Pflichtenheft wurde schliesslich der einschlägig bekannten Industrie übergeben. Dabei waren die Schweizerischen Bundesbahnen SBB jedoch verpflichtet lediglich die Hersteller im eigenen Land zu berücksichtigen.

Da war die Auswahl beim Bau von Lokomotiven nicht be-sonders gross, auch wenn es mehrere Elektriker gab, waren die verbindlichen Eingaben für die neue Loko-motive eher bescheiden ausgefallen.

Ein Angebot der schweizerischen Lokomotiv- und Ma-schinenfabrik SLM in Winterthur und der Brown Boveri und Co BBC in Münchenstein sollte letztlich den Zuschlag bekommen.

Dabei entwickelten die beiden Firmen eine Lokomotive, die auf den Baugruppen der Baureihe Ee 3/3 basierte. Dabei nahm man auch gleich die erste in Serie gebaute Rangierlokomotive und verdoppelte sie auf zwei identische Einheiten. So erreichte man die geforderte Leistung.

Auch wenn man sich beim optischen Aufbau der Lokomotive an die Reihe Ce 6/8 III erinnern könnte, die neue Baureihe De 6/6 war eher mit den Rangierlokomotiven, als mit den Krokodilen verwandt. Trotzdem sollte aus dieser besonderen Maschine sehr schnell das Seetal-Krokodil werden. Ein Punkt, den wir später noch näher betrachten müssen. Dabei werden schnell die konstruktiven Unterschiede zu erkennen sein.

Um den Anforderungen des Seetals gerecht zu werden, wurde die Leistung bei der Lokomotive gegenüber der Reihe Ee 3/3 verringert. Trotzdem sollte mit der Lokomotive eine Anfahrzugkraft von 180 kN erreicht werden. Dauerhaft sollten noch 115 kN möglich sein. Dabei wurde jedoch lediglich eine Geschwindigkeit von 22.5 km/h erreicht. Mehr war wegen der geringen Achslast mit den damaligen Mitteln kaum zu ermöglichen.

Schliesslich entschieden sich die Schweizerischen Bundesbahnen SBB für dieses Angebot und bestellten vorerst drei Lokomotiven der Baureihe De 6/6. Diese sollten mit den Nummern 15 301 bis 15 303 versehen werden und daher eine eigene Gruppe bilden. Auf die Aussicht, dass von diesen speziellen Lokomotiven eine Serie folgen könnte, wurde jedoch verzichtet. Zu speziell waren diese Maschinen auf das Seetal abgestimmt worden.

Daher ist es überraschend, dass ich in der Einleitung erwähnt habe, dass diese 1926 ausgelieferten Lokomotiven durchaus eine Beziehung um Gotthard bekommen hatten. Dabei waren deren Verwandtschaft mit den neusten Rangierlokomotiven im Bestand der Schweizerischen Bundesbahnen SBB massgebend, denn das Seetal und der Gotthard hatten kaum Gemeinsamkeiten. Das wäre auch so geblieben, gäbe es die Baureihe De 6/6 nicht.

 

Letzte

Navigation durch das Thema

Nächste
Home SBB - Lokomotiven BLS - Lokomotiven Kontakt

Copyright 2021 by Bruno Lämmli Lupfig: Alle Rechte vorbehalten