Betriebseinsatz Teil 1

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Für den Betriebseinsatz müssen wir etwas zurück gehen. Die Firma Cisalpino AG wartete sehnsüchtig auf die neuen Neigezüge. Mit den gemieteten Lokomotiven und Wagen konnten keine Gewinne erzielt werden. Für das mussten die eigenen Züge in den Einsatz. Mit anderen Worten, in dem Moment, wo ein Zug vorrätig war, musste dieser in den planmässigen Einsatz. Dabei waren aber noch die Behörden im Weg.

Gerade die mietweise eingesetzten Lokomotiven der Baureihe Re 484 waren den Verantwortlichen Stellen bei der Firma Cisalpino AG ein Dorn im Auge.

Der Grund dabei war, dass die Lokomotiven von SBB Cargo gemietet werden mussten und diese nicht zu einer der beteiligten Gesellschaften gehör-te.

Daher musste eine höhere Summe bezahlt werden. Das führte aber zu unrentablen Verbindungen. Da-her mussten diese Maschinen weg.

Ab dem 02. Juli 2009 verkehrten die ersten Trieb-züge der Baureihe ETR 610 im planmässigen Ein-satz. Dabei musste dieser aber an die Vorschriften und die zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Zulass-ungen angepasst werden.

Das bedeutete, dass der Zug in Italien bogenschnell fahren durfte, aber im Bereich der Schweiz nach den normalen Zugreihe. Fahrten über den Gotthard und in Vielfachsteuerung waren auch nicht erlaubt.

So blieben nur die Züge mit den Nummern 35 und 40 übrig. Diese gehörten der Verbindung zwischen Milano und Genève an und dort wurde die Neigetechnik nicht so sehr vermisst. Gerade das Rhonetal war bekannt für die langen geraden Abschnitte und die wenigen Kurven konnten auch mit normaler Geschwindigkeit befahren werden. Ein idealer Einsatz für den nur provisorisch zugelassenen Neigezug.

Die bisher dort verkehren Kompositionen bestehend aus Lokomotiven und Wagen, konnte damit an die Besitzer zurück gegeben werden. Sie sehen, diese waren den Leuten bei der Firma Cisalpino AG wirklich ein Dorn im Auge und man wartete mit Ungeduld auf die Erlaubnis auch in der Schweiz bogenschnell zu fahren, denn dann könnten alle Verbindungen wieder mit eigenen Fahrzeugen abgedeckt werden, was der Kasse gut bekam.

Mit der Zulassung zur Zugreihe N auf der Lötschberg-strecke war ein weiteres Ziel erreicht. Die Triebzüge kamen nun auch auf der Bergstrecke in den Einsatz und das erst noch mit der Neigetechnik.

Die bisher dort verkehrenden ETR 470 wurden abge-zogen und neu am Gotthard eingesetzt. So verschwand auch die letzte Re 484 aus dem Personenverkehr. Die Firma Cisalpino AG konnte wieder mit den eigenen Ein-heiten arbeiten.

Wie so oft kam so ein Programm nicht gut heraus. Am Gotthard sorgten die mit Störungen behafteten ETR 470 immer wieder für Chaos. Auf der Achse durch den Sim-plontunnel sah es nicht besser aus.

Die kaum erprobten ETR 610 kämpften mit Kinder-krankheiten und der oft nur mangelhaft erfolgten Schulung des Personals. Das führte oft zu Störungen, die eigentlich keine waren. Der Neigezug war sehr schwer zu bedienen.

Wobei die Bedienung nicht so schwer war, wie man das vermuten könnte. Gab es auf dem Triebzug jedoch eine Störung, musste diese durch den Lokführer be-hoben werden. Diese war jedoch so kompliziert, dass diese in der vorgegebenen Zeit nicht behoben werden konnte. Der Triebzug blockierte die Strecke länger, als das von der Störung her nötig war. Damit gerieten die Fahrpläne aus den Fugen und schuld war die Cisalpino AG.

Vermisst wurden die neuen Triebzüge aber genau dort, wo man sie nicht einsetzen durfte. Die sehr stark ausgelastete Verbindung zwischen Zürich und Milano musste mit den alten überforderten Modellen gefahren werden. Das waren Züge, die nach zwei ETR 610 verlangten. Ein Zwergsignal im Bahnhof Erstfeld und die hohe Achslast verhinderten diesen Einsatz vorerst. Der Verkehr nach Italien wollte sich nicht beruhigen.

Gerade die auf der Strecke über den Gotthard eingesetzten ETR 470 waren nicht sehr zuverlässig. Dort verkehrten jedoch die wichtigen Kunden der Banken in Zürich und Milano. Ka-men diese zu spät an ihre Sitzungen sorgten sie dann schon dafür, dass die Firma Cisalpino AG das zu spüren bekam.

Die Baureihe ETR 610 wurde daher wirklich vermisst, beson-ders dann, wenn wieder einmal Reisende abgewiesen werden mussten.

Wir sind nun so weit, wie wir das schon bei der Inbetrieb-setzung waren. Die Reihe ETR 610 durfte nun bogenschnell fahren, aber nur auf der Achse am Simplon. Die Vielfach-steuerung war zwar zugelassen, aber die Anzahl der Einheiten reichte oft nicht aus.

An einen Einsatz in Deutschland war schlicht nicht zu denken, dort kamen die Versuchsfahrten immer wieder ins stocken. Ein freizügig einsetzbares Fahrzeug ist etwas anderes.

Es kam, wie es kommen musste. Die beteiligten Bahnen hatten genug. Die Firma Cisalpino AG wurde aufgelöst. Dabei scheiterte die Firma an den mangelhaften ETR 470 und den nicht ausgereiften und trotzdem eingesetzten Modellen der Baureihe ETR 610. Das mit den chronischen Verspätungen am Gotthard kombiniert führte dazu, dass die Firma nicht mehr überleben konnte. Dabei funktionierten die ETR 610 gar nicht so schlecht.

Die Aufteilung der Baureihe ETR 610 zwischen den Schweizerischen Bundesbahnen SBB und der Trenitalia FS, erfolgte nach einem willkürlich aussehenden Muster. Das war jedoch eine Folge der noch nicht vollständig abgelieferten Serie. Hier nun jeden Zug einzeln zu erwähnen, wäre eine mühselige Angelegenheit. Zudem bestünde auch grosse Gefahr, dass Fehler passieren könnten. Daher entschied ich mich für eine Tabelle.

Fahrzeug Bahngesellschaft Neue TSI-Nummer
610.001 SBB CFF FFS  
610.002 FS  
610.003 FS 93 83 5 610 103 – 1
610.004 FS 93 83 5 610 104 – 9
610.005 SBB CFF FFS 93 85 5 610 105 – 4
610.006 SBB CFF FFS 93 85 5 610 106 – 2
610.007 SBB CFF FFS  
610.008 FS 93 83 5 610 108 – 0
610.009 SBB CFF FFS 93 85 5 610 109 – 6
610.010 SBB CFF FFS 93 85 5 610 110 – 4
610.011 FS  
610.012 FS 93 83 5 610 112 – 2
610.013 SBB CFF FFS 93 85 5 610 113 – 8
610.014 SBB CFF FFS 93 85 5 610 114 – 6

 

Trotz allen Veränderungen bei den Besitzern, gab es bei den Zügen im Einsatz vorerst keine Änderungen. Die Neigezüge wurden nur mit den entsprechenden Bahnanschriften versehen. Man rührte die Farbgebung weder in Italien noch in der Schweiz an. Die Farben der aufgelösten Cisalpino AG sollten daher noch viele Jahre zu sehen sein. Auch wenn der Schriftzug weg war, man sprach weiterhin im Lande vom Cisalpino.

Einzige Ausnahme von dieser Regel war der Triebzug mit der Nummer 610.014, denn dieser wur-de bereits in den neuen Farben der Schweizeri-schen Bundesbahnen SBB vom Hersteller ausge-liefert.

Dadurch war er der einzige ETR 610, der nie das Farbkleid der Cisalpino AG getragen hatte. Es sollte jedoch längere Zeit dabei bleiben, da nun keine Züge mehr ausgeliefert wurden. Die 14 bestellten ETR 610 standen bereit und fuhren.

Da von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB weitere Einheiten bestellt wurden, stand in einigen Jahren die Erweiterung an. Diese Triebzüge wurden dann aber als Reihe RABe 503 geführt. Vorerst sollten sie die alten ETR 470 der Gesellschaft ersetzen, denn diese wurden von den Staatsbahnen der Schweiz abgestellt. Die Suche nach einem Käufer für die nie so richtig guten Neigezügen war sinnlos, denn niemand wollte ETR 470.

Es oblag nun den Schweizerischen Bundesbahnen SBB die freizügige Zulassung für die Reihe ETR 610 zu erreichen und die Versuche in Deutschland abzuschliessen. Diese waren wichtig, denn für die Reihe RABe 503 wurde auch eine Zulassung für Österreich vorgesehen. Diese war deutlich einfacher, wenn mit dem Triebzug in Deutschland bogenschnell gefahren werden konnte. Es gab daher noch grössere Baustellen.

Ab dem Herbst 2010 durften die Triebzüge auch in Vielfachsteuerung mit den Beschränkungen der Strecken eingesetzt werden. So konnten die chronisch überlasteten Verbindungen am Simplon in Brig für den nationalen Abschnitt verstärkt, oder geschwächt werden. Die Reihe ETR 610 hatte sich auf dieser Achse durchgesetzt und sie funktionierten zuverlässig genug, dass kaum etwas darüber berichtet wurde.

Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB rechneten eigentlich auch damit, dass die Neigezüge der Reihe ETR 610 ab dem Fahr-planwechsel im Dezember 2010 auch am Gotthard eingesetzt werden könnten.

Daher wurde ausgesprochen zuversichtlich geplant, denn mit einem ETR 610 sollte am Gotthard eine neue Verbindung über den Gotthard und Luzern nach Basel geschaffen werden. Zudem wartete der Schrotthändler auf die ETR 470.

Wie so oft zerschlugen sich jedoch die Hoffnungen bei den Neigezügen wieder und die Zulassung erfolgte nicht fristgerecht. Der neue Notfahrplan sorgte dafür, dass nun die Verbindungen mit ETR 470 gefahren wurden.

Auch der neue Zug über Luzern wurde einem ETR 470 zuge-sprochen. Da wegen den ETR 610 am Simplon jedoch keine anderen ETR 470 mehr nach Basel kamen, mussten die Züge nach Zürich überführt werden.

Es zeigt sich deutlich, dass die Reihe ETR 610 nun auf den Verbindungen durch den Simplon das Zepter übernommen haben. Oft verkehrten die Züge in der Schweiz zu zweit und wurden daher in Vielfachsteuerung gefahren.

All diese Verbindungen funktionierten und der neue Neigezug zeigte, dass sich das lange Warten doch noch gelohnt hatte, denn er funktionierte und das recht zuverlässig. Nach dem Debakel ETR 470 war das nicht erwartet worden.

Am 15. Februar 2011 sorge der ETR 610 mit der Nummer 610.011 in Deutschland für Schlagzeilen. Bei einem Rangierunfall in Trier fuhr der Neigezug über den Prellbock und engleiste. Dabei wurde die Front des Zuges schwer beschädigt. Das war jedoch eine Folge der Zerstörelemente und war so zu erwarten. Auf jeden Fall sorgte der glimpflich verlaufene Unfall dafür, dass der ETR 610 in Deutschland wieder in die Schlagzeilen kam.

Der Unfall zeigte jedoch auch auf, dass mit den Zügen in Deutschland immer noch Versuchsfahrten durchgeführt werden. Man war immer noch bestrebt, die Zulassung auch für Deutschland zu erreichen.

Der Grund, dass dieses Projekt nicht aufgegeben wurde, fand sich bei den bestellten RABe 503, denn diese sollten in ein paar Jahren zwischen Zürich und München einge-setzt werden und das erst noch bogenschnell.

Der Unfall hatte aber auch zur Folge, dass die Versuchs-ausrüstung in einem defekten Zug eingebaut war und so die Versuche zur Ruhe kamen. Daher musste der be-schädigte Zug so schnell wie möglich repariert werden.

Die einzige Lösung bestand darin, dass man den defekten Wagen durch einen anderen ersetzt. Eine Lösung, die bei Triebzügen oft durchgeführt wurde und die selten für so viel Aufsehen sorgte, wie hier.

Der Grund war der Spender, denn dieser war in den Farben der Schweizerischen Bundesbahnen SBB gestrichen und nicht, wie der Rest des Zuges in den Farben der ehemaligen Cisalpino AG.

Es entstand so ein recht bunter Zug. Jedoch konnten mit dem Flickwerk die Versuche wieder aufgenommen wer-den. So hoffnungslos war die Zulassung auch wieder nicht, denn die Reihe ETR 610 zeigte, dass sie nicht so schlecht gebaut wurde.

Im Mai 2011 gab es gute Kunde aus der Schweiz. Die Reihe ETR 610 bekam nun auch die Zulassung für den Gotthard. In Zukunft konnte der neue Neigezug auch am Gotthard mit der Neigetechnik eingesetzt werden. Betrieblich konnte man das jedoch schlicht nicht nutzen, denn dazu fehlten die Triebzüge an allen Ecken und Enden. Besonders die Züge der FS kamen immer seltener in die Schweiz. Dazu kamen die Verstärkungen im Wallis.

Am 12. Juli 2011 wurden bei einem in Genève ange-kommenen Neigezug der Reihe ETR 610 an den rechten Radsätzen unerklärliche Schäden in den Laufflächen festgestellt.

Sofort wurden auch die anderen ankommenden Züge zur Kontrolle geschickt und in Basel ebenfalls solche Schäden an den Radsätzen festgestellt.

In der Folge wurden sämtliche Einheiten der Bau-reihe ETR 610 bis zur Abklärung der Probleme stillgelegt.

Seit dem Vorfall in Eschede, war man hier sehr vorsichtig geworden. Man erkannte bei den Unter-suchungen, dass der stark auf die Strecken be-zogene Einsatz für die Laufflächen nicht optimal war.

Die befahrenen Strecken waren scheinbar eher mit einer einseitigen Verteilung der Kurven beschenkt worden. Das zeigte sich nun bei den Radsätzen, die deswegen einseitig abgenutzt wurden und so zu den festgestellten Schäden führten.

Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2011 ver-schwanden die Doppeltraktionen faktisch aus dem Fahrplan. Der Grund waren die Züge der FS, denn diese wurden nicht mehr in die Schweiz geschickt, so dass man nur noch mit den Zügen der Schweizerischen Bundesbahnen SBB fahren konnte. Der knappe Bestand reichte gerade noch für die Verbindungen am Simplon. Zwei Züge für eine Verbindung konnte man sich schlicht nicht mehr leisten.

An einen Einsatz am Gotthard war daher auch in Zukunft nicht zu denken, denn dazu fehlten die Züge nun definitiv. Immer mehr kamen dort jedoch die alten ETR 470 in Verruf. Man arbeitete Konzepte mit Lokomotiven und normalen Wagen aus und dachte sich Lösungen aus. Eines war klar, die ETR 470 sollten verschwinden. Das Rollmaterial das gepasst hätte, waren die ETR 610, die jedoch in zu geringer Zahl vorhanden waren.

 

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