Inbetriebsetzung

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Der elektrische Rangierdienst begann bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB bereits, als die beiden Prototypen mit der Bezeichnung Ee 3/4 bestellt wurden. Als die neuen grossen Lokomotiven erprobt waren, wurde die in der Not eingesetzten Maschinen aus dem Versuchsbetrieb zwischen Seebach und Wettingen nicht mehr auf der Strecke benötigt. Daher wurden diese schwachen Lokomotiven neuen Aufgaben zugeführt.

So kam es, dass die nun als Ce 4/4 bezeichneten Maschinen am Gotthard den Rangierdienst übernahmen. Dabei zeigte sich gerade die als MF0 1 ausge-lieferte Lokomotive als bedeut-end besser, da dort der Führ-erstand nicht gewechselt wer-den musste.

Trotzdem war die Maschine sehr unübersichtlich und nicht besonders gut für den Rangier-dienst geeignet. Daher erfolgte letztlich auch die Bestellung der beiden Prototypen der Reihe Ee 3/4.

Die erste als Rangierlokomotive beschaffte und von der Industrie an die Schweizerischen Bundes-bahnen SBB ausgelieferte Ma-schine der Schweiz war die Baureihe Ee 3/4. Die Lokomotive mit der Nummer 16 302 kam am 16. Juni 1923 in Verkehr und wurde der Inbetriebsetzung unterzogen. Dazu wurde die Maschine mit Dampflokomotiven nach Bern überstellt, wo die Fahrleitung bereits unter Spannung gesetzt worden war.

Es überrascht, dass es nicht die von der Logik her erste Lokomotive war. Diese wurde zwar, wie man es erwarten durfte, als erste fertig gebaut. Sie wurde danach einem Testprogramm unterzogen, das jedoch nicht unter der Leitung der Bahngesellschaft erfolgte. Dazu wurde die Lokomotive mit allerhand Messgeräten und Verkabelungen versehen. Diese benötigte man für die Testfahrten und die Erfassung der benötigten Daten.

Nach Abschluss dieser Testfahrten, wurde die gut funktionierende Lokomotive wieder ins Werk nach Münchenstein überstellt. Dort mussten die eingebauten Einrichtungen entfernt werden. Die dazu benötigte Zeit reichte aus, damit die Nummer 16 302 ihre Schwester überholen konnte. Die Nummer 16 301 wurde den Schweizerischen Bundesbahnen SBB daher am 20. Juni 1923 und damit nur vier Tage später übergeben.

Wie damals zwischen der Industrie und den Staats-bahnen vereinbart, wurden die Lokomotiven im Bahnhof von Münchenstein übergeben. Dort gab es alles, ein Werk der BBC, eine Waage und viele Gelei-se.

Nur eine Fahrleitung war zu dieser Zeit schlicht noch nicht vorhanden. Somit musste eine Dampf-lokomotive den Neuling übernehmen und an den Einsatzort überstellen. Dieser war jedoch weit weg, wurde die Maschine doch in Bellinzona er-wartet.

Blicken wir auf die ersten Gehversuche der Loko-motive mit der Nummer 16 301 im sonnigen Süden. In Bellinzona übernahm die Maschine den Rangier-betrieb im Bahnhof San Paolo von den Dampfloko-motiven.

Daneben wurde wohl eher als Probefahrt zur Erwärmung eine Fahrt nach Chiasso und zurück unternommen. Die Zugkraft in der Rampe des Monte Ceneri, reichte nicht einmal als Ersatz für die älteste noch vorhandene Dampflokomotive der Gotthardbahn.

Dazu war sie auch nicht gebaut worden, denn Rangierlokomotiven und starke Gefälle sollte man nie in einem Satz aussprechen. Jedoch waren die langen steilen Rampen des Monte Ceneri ideal um die Lokomotive so richtig ins «schwitzen» zu bringen. So konnte einfach geprüft werden, ob die Ventilation in der Lage ist, die entstandene Wärme innerhalb einer nützlichen Zeit abzuführen und so die ausreichende Kühlung zu gewährleisten.

Im Rangierdienst wurde die neue elektrische Maschine in erster Linie im schweren Verschubdienst am Ablaufberg eingesetzt. Die in diesem Einsatz vorkommenden hohen Zugkräfte bei geringen Geschwindigkeiten waren ideal als Testlauf. Jedoch zeigte sich die Lokomotive von der guten Seite und erreichte innerhalb von 23 Stunden 100 Kilometer. Das mag wenig sein, jedoch verliess die Maschine dabei nie den Bahnhof San Paolo.

Die Schwester mit der Nummer 16 302 besorgte in Bern den Rangierdienst im Personenbahnhof. Dabei erwischte sie jedoch einen denkbar schlechten Start in der Hauptstadt des Landes.

Die Lokomotive hatte mit vielen Störungen zu käm-pfen und das Personal liebte sie gar nicht. Die elek-trischen Maschinen mochten vor den Zügen gut sein, aber im Rangierdienst haben diese Ungeheuer schlicht nichts verloren. Das war der allgemeine Tenor.

Das Personal in Bern war an die flinken und sehr handlichen Dampfmaschinen der Baureihe E 3/3 ge-wohnt und so war die elektrische Rangierlokomotive fürs erste gar nicht willkommen.

Man konnte also keineswegs behaupten, dass die beiden Maschinen den gleichen Start erlebt hatten. Es galt daher das Lokomotivpersonal in Bern von den Vorzügen der neuen Maschine zu überzeugen und das ging nur mit einem direkten Vergleich.

Was so leicht gesagt war, wurde ernsthaft in die Tat umgesetzt. Am 09. Oktober 1923 traten die beiden ungleichen Gegner im Bahnhof Bern zu den Ver-gleichsmessungen an.

Im Kampf standen die Baureihen Ee 3/4 und E 3/3. Bei-de Lokomotiven hatten dabei das gleiche Programm zu fahren. Wer eher beim Bier sass, hatte gewonnen. So wollte man bei den Staatsbahnen einen direkten Vergleich zwischen den beiden Systemen bekommen.

Die Zukunft der Rangierlokomotiven in der Schweiz stand nun also vor der Kippe. Der Sieger sollte dann die Zukunft in den Schweizer Bahnhöfen bestreiten können. Dem Verlierer blieben nur die Schande und letztlich der Schrottplatz. Wenn es Wetten gegeben hat, dann hätte vermutlich niemand auch nur den geringsten Betrag auf die elektrische Maschine gesetzt. Zu gut schien die kleine wenige E 3/3 zu sein. Davon war man überzeugt.

Der Kampf war denkbar ungleich. Die elektrische Lokomotive konnte zwar nicht so schnell be-schleunigen, hatte aber die grössere Zugkraft, was sich in weniger Fahrten bemerkbar machte und so die verlorene Zeit immer wieder wett machte.

Die Dampflokomotive schlug sich bei diesem Wett-streit tapfer und schnaubte, was sie konnte. Sie unterlag aber der neuen elektrischen Lokomotive letztlich jedoch ganz knapp.

Dabei überlastete das Lokomotivpersonal die alte E 3/3 kurzzeitig immer wieder, was die Lokomotive mit sehr lauten Auspuffschlägen und herumfliegen-der Kohle und Russ bezeugte.

Natürlich war das nicht im Sinne der Anwohner und der Reisenden, die vermutlich ab diesem Ungeheuer einen grossen Respekt hatten, denn es musste fürchterlich geklungen haben. So leicht gibt eine Lokomotive der stolzen Baureihe E 3/3 den Kampf nicht auf.

Ob auch der Lokführer der Ee 3/4, der neuen Lokomotive alles abverlangte, kann nicht zweifelsfrei bestätigt werden. Aber letztlich wollte ja jeder gewinnen und es galt zu zeigen, was man konnte. Trotzdem war die elektrische Lokomotive in vielen Bereichen schneller und dabei erst noch viel leiser. Sie schnurrte sehr zur Freude der Anwohner und der wartenden Reisenden nahezu lautlos durch den Bahnhof der Landeshauptstadt.

Wesentlich grösser war der Vorteil der elektrischen Lokomotive im Unterhalt. Sie musste am Schluss des Dienstes nur noch schnell geschmiert werden. Das Personal der Ee 3/4 sass schon lange beim Feierabendbier und feierte den Sieg, während das Personal der Dampflokomotive noch mit dem leeren des Aschekastens und dem Reinigen der Rauchkammer beschäftigt war. Anschliessend ging noch Zeit verloren, bei der obligatorischen Dusche.

Ob sich die beiden Teams noch ge-meinsam an einem Bier erfreuten, ist nicht überliefert worden. Vermutlich waren die Herren der elektrischen Lokomotive zu diesem Zeitpunkt läng-st nicht mehr in der Lage klare Sätze zu sprechen.

Niederschreiben war schlicht unmög-lich. Jedoch war die elektrische Loko-motive deutlich wirtschaftlicher im Verbrauch. Die Dampflokomotive spukte im Betrieb viel unverbrannte Kohle aus dem Kamin.

Nach dem Versuch in Bern konnten die Dampflokomotiven wieder beruhigt im Bahnhof Bern arbeiten. Das elektri-sche Unding verzog sich und wurde zur Schwester nach Bellinzona ver-schoben.

Damit waren nicht nur beide Loko-motiven im gleichen Bahnhof, sondern sie waren auch dort, wo sich ihre Hauptwerkstätte befand.

Ein Zufall, oder ein schlechtes Omen? Auf jeden Fall war der Weg in den schweren Unterhalt nicht sehr weit.

Diese Zuteilung war damals noch nicht frei wählbar, denn die Schweizerischen Bundesbahnen SBB hatten noch nicht viele Hauptwerkstätten, die elektrische Lokomotiven unterhalten konnten. Genau genommen war es nur Bellinzona. So war klar, die ersten elektrischen Rangierlokomotiven mussten im Tessin, oder beim Hersteller in Münchenstein unterhalten werden. Noch befanden wir uns in den Anfängen der elektrischen Traktion.

Nur lange in Bellinzona bleiben sollte die Nummer 16 302 nicht bleiben. Die Lokomotive wurde bereits 1927 nach Zürich versetzt, nachdem sie in Bellinzona durch eine Lokomotive der Reihe De 6/6 abgelöst wurde. Möglich wurde diese Versetzung jedoch nur, weil dort die neue Fahrleitung überall in Betrieb genommen wurde. Das dauerte in den umfangreichen Anlagen von Zürich natürlich deutlich länger, als in einem kleinen Bahnhof.

Bellinzona benötigte am Ablaufberg jedoch eine kräftigere Maschine und da war die Lokomotive aus dem Seetal gerade richtig. Sie müssen wissen, dass durch den am Gotthard angestiegenen Verkehr im Tessin zusätzliche Arbeit entstand.

Wagen, die nach Luino sollten, wurden in der Not den Zügen mitgegeben, die Chiasso zum Ziel hatten. Diese Wagen mussten umgestellt werden und das ging oft nur über den Ablaufberg.

Frisch in Zürich angekommen, wurde gleich wieder zum Wettlauf gerufen. Es galt nun auch das Personal in Zürich von den Vorzügen der neuen Technik zu überzeugen. Mit dem Sieg in Bern im Rücken startete die Maschinen gegen eine Dampflokomotive der Baureihe E 3/3 zum Wettstreit. Diesmal ging es dabei auch in die grosse Halle des Hauptbahnhofes. Sie können sich etwa vorstellen, wie es in der Halle des Bahnhofes geklungen haben musste.

Doch auch hier hatte die tapfere Dampfmaschine keine Chance und verlor gegen die elektrische Lokomotive. Diese hatte einfach bei höheren Geschwindigkeiten eine bessere Zugkraft. Man konnte mit der Dampflokomotive die gleichen Lasten ziehen, aber das ging nur mit wütend schnaubender Maschine und sehr langsam. Die elektrische Lokomotive zog derweil leise schnurrend, zügig vorbei und das war deren Vorteil.

Zürich und Bern hatte man von den Vorzügen überzeugt, daher wurde der Weg nun frei für die bestellten in Serie gebauten Maschinen. Diese sollten etwas abspecken und damit auch noch die Laufachse verlieren. Die neue Reihe sollte daher als Ee 3/3 geführt werden. Gegen diesen Gegner sollte die tapfere E 3/3 endgültig verlieren und in absehbarer Zeit aus den Bahnhöfen bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB verschwinden.

 

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