Inbetriebnahme der Prototypen |
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Nachdem die beiden
Prototypen
für die
Gotthardbahn fertig gebaut waren und beim Hersteller die
obligatorischen Werkbilder geschossen wurden, konnten die beiden
Lokomotiven das Werk verlassen. Damals war es üblich, dass dazu spezielle
Anstriche verwendet wurden. Bekannt wurden dabei die in Deutschland
benutzten grauen Anstriche. In der Schweiz begnügte man sich mit
angebrachten Zierlinien, die den regulären Anstrich ergänzten. Die beiden Maschinen ver-liessen daher die Werk-hallen der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinen-fabrik SLM in Winterthur und wurden auf die Reise nach Rotkreuz geschickt.
Damals war es üblich, dass die neuen Maschinen in ein-em
benannten
Bahnhof der
Bahngesellschaft übergeben wurden. Der Transport bis
zu diesem Bahnhof erfolgte unter der Verantwortung des Herstellers. Dabei
waren oft auch spezielle Fahrstrecken zu bestimmen.
Selbst der Transport nach Rotkreuz musste wohl ein
Erlebnis für viele Eisenbahner der damaligen Zeit gewesen sein. Selbst
wenn die beteiligten Bahnen ihre grösste
Lokomotive zum Vergleich
benutzten, wirkte diese im Vergleich eher klein. Man wusste vermutlich
schnell, wo diese gigantischen Lokomotiven hin reisten. Wer ausser der
Gotthardbahn käme überhaupt auf die Idee so ein Monster zu schaffen. Die
A3t war wirklich eine riesige Lokomotive geworden.
So trafen die beiden
Prototypen im Laufe des späten Frühlings 1894 in Rotkreuz ein. Der Weg
dorthin konnte man über die vorhandenen Strecken der
Nordostbahn und der
Schweizerischen
Centralbahn erfolgen. Spezielle Beschränkungen gab es
hingegen wegen dem Gewicht, so dass man bei
Brücken spezielle Bedingungen
einhalten musste. Wobei die meisten
Hauptstrecken jener der
Gotthardbahn
entsprachen.
In Rotkreuz wurden die beiden
Lokomotiven von der
Gotthardbahn übernommen. Anschliessend ging die Reise
unter der Verantwortung der
Bahngesellschaft weiter ins
Depot Erstfeld, wo
die Maschinen einer eingehenden Kontrolle unterzogen wurden. Auch das war
üblich und man kann davon ausgehen, dass das Personal die neuen Maschinen
sofort unter beschlag nahm. Neue Fahrzeuge lockten schon immer die
Neugierde und daran änderte sich bis heute nichts. Im Depot Erstfeld wurden die neuen Lokomotiven daher erstmals regulär in Betrieb genommen. Zwar war das nicht das erste Mal, aber bei einer Bahnge-sellschaft immer wieder ein spezieller Akt, denn nun begannen die Probe-fahrten.
So sollten die beiden
Prototypen einem umfangreichen Testprogramm unterwor-fen werden. Auch wenn
die Maschinen dringend benötigt wurden, war bei der
Gotthardbahn klar ein
Testprogramm vorgesehen. Neben der Prüfung der beiden unter-schiedlichen Dampfmaschinen ging es da-bei natürlich auch darum, die be-trieblichen Eckwerte, wie der Kohlen-verbrauch, den Wasserbedarf und die zulässigen Anhängelasten zu bestimmen.
Erst wenn man all diese Punkte
bestimmt hatte, konnte man die Maschinen in den fahrplanmässigen Betrieb
aufnehmen. Sie sehen, es lohnte sich, wenn man die Maschinen testete. Die
Erfahrungen mit der misslungenen D6 wirkten sich daher aus.
Am 15. Juni 1894 fand daher
ein erster Test statt. Mit jeder
Lokomotive wurde ein Zug von Brunnen nach
Göschenen geführt. Dieser Zug bestand aus 14
Achsen und einem Zugsgewicht
von 100 Tonnen. Dabei erreichte man auf den flachen Abschnitten eine
Geschwindigkeit von 60 km/h. In der Steigung nach Göschenen wurde
schliesslich noch mit 43.5 km/h gefahren. Die neue Lokomotive glänzte
daher mit hervorragenden Werten.
Intensive Versuche wurden
jedoch am 26. und 27. Juli 1894 durchgeführt. Dabei wurden die beiden
Prototypen bei mehreren Fahrten miteinander verglichen. Es stellte sich
schnell, dass die Nummer 202 mit reinem
Verbund etwas bessere Werte
erzielte. Gegenüber der Nummer 201 vermerkte man bei den Fahrten einen um
19% geringeren Wasserverbrauch. Beim Brennmaterial lag die Nummer 201
zudem 11.5% über der Schwester. Wobei die deutlichen Unterschiede nur auf der Bergstrecke aufgetreten wa-ren. Auf den flachen Abschnitten arbeiteten beide Maschinen im Ver-bund, was kaum Unterschiede be-wirkte.
In den Steigungen wurde jedoch die Nummer 201 umgeschaltet und
als Drilling betrieben. Hier zeigten sich die Nachteile, da der Dampf nur
ein-mal genutzt wurde, als bei der Ma-schine mit der Nummer 202, die auch
jetzt im
Verbund betrieben wurde. Dabei zeigten die Zahlen im Durch-schnitt von zehn Fahrten mit 120 Tonnen Anhängelast auf dem Abschnitt zwischen Erstfeld und Göschenen den Verbrauch im Durchschnitt auf. Bei der Lokomotive mit der Nummer 202 wurde bei einer Fahrzeit von 43.3 Minuten für die 29 Kilometer 1,210 Tonne Kohle und 7 310 Liter Wasser benötigt.
Die Nummer 201 benötigte für die gleiche Strecke 44.2 Minuten und
ver-brauchte dabei 1, 348 Tonnen
Kohle. Beim Wasser waren 8 710 Liter
ver-bucht worden.
Mit der Nummer 202 wurde im
Rahmen dieser Fahrten sogar eine Geschwindigkeit von 105 km/h erreicht.
Man lag dabei nicht ganz 20% über den zugelassenen Werten. Die Drehzahl
bei den
Kuppelachsen wurde mit 346.4 Umdrehungen in der Minute angegeben.
Dabei zeigte die A3t ein ruhiges Fahrverhalten. Man hatte wirklich eine
gelungene Maschine erhalten, die in der Folge bei der Serie umgesetzt
werden sollte.
Die
Rampe nach Göschenen
befuhr man mit den 120 Tonnen schweren Zügen mit 40 km/h. Man benötigte
daher für die Strecke nicht ganz 44 Minuten und war rund acht Minuten
schneller, als mit den bisherigen Maschinen am Ziel. Anschliessend fuhr
man mit 100 km/h und 90 Tonnen durch den
Gotthardtunnel und untersuchte
dabei die Ausnutzung der
Leistung bei sinkendem Druck im
Kessel. Der Grund
dafür war, dass im langen
Tunnel nicht gefeuert wurde.
Das waren Eckwerte für die
neue
Lokomotive, die deutlich zeigten, dass man eine leistungsfähige
Maschine bekommen hatte und daher mit der Technik von vier
Zylindern im
Verbund auf dem richtigen Weg war. Die A3t beeindruckte deshalb nicht nur
die Leute bei der
Gotthardbahn, sondern sorgte für internationales
Aufsehen bei den diversen
Bahngesellschaften. Die mächtigste Lokomotive
fuhr scheinbar am Gotthard.
Besonders beeindruckten die
140 Tonnen schweren Züge, die ebenfalls mit bis zu 40 km/h den Gotthard
hoch befördert werden konnten. Jedoch dauerte damit die Beschleunigung
etwas länger, so dass der Gewinn bei der
Fahrzeit nicht mehr gehalten
werden konnte. Die Serie konnte daher mit leicht verbesserten Werten
versehen auch in diesem Punkt etwas mehr erreichen. Noch fehlte aber der
ultimative Vergleich.
Mit einem richtigen Happening
wollte man den Stolz des Unternehmens präsentieren. Daher
wurde am Wochenende des 10. und 11. November 1894 eine grossanlegte Aktion
durchgeführt. Geladen war auch ein Grossaufgebot von Gästen,
internationalen Bahnexperten und Ingenieuren. Diese reisten bei den
Fahrten in den betreffenden Zügen mit und konnten so den direkten
Vergleich selber miterleben. Eine durchaus mutige Aktion. Zudem wurden bei diesen Fahrten auch die zehn neuen Versuchswagen mit einer doppelten Ab-federung und verbesserten Drehgestellen mit Wiege-balken benutzt.
Auch diese Wagen waren eine
landesweite Neuerung, die erstmals in der Schweiz so um-gesetzt wurde.
Diese Wagen wurden im Hinblick auf den neu zu schaffenden Gotthardexpress
er-probt und konnten so gleich zusammen mit der für diesen Zug vorgesehenen
Lokomotive erlebt werden.
Neben den beiden
Prototypen der
Gotthardbahn war auch
eine A2t der
Jura-Simplon-Bahn mit von der Partie. Diese
Lokomotive diente
als Vergleich und war die grösste bei einer anderen Schweizer
Privatbahn
eingesetzte Maschine. Damit kam erstmals bei Versuchsfahrten auf der
Gotthardbahn auch eine fremde Lokomotive, die nicht zur Beschaffung
vorgesehen war, zum Einsatz. Ein mutiger Entscheid, man war aber von der
eigenen Maschine überzeugt.
Die drei
Lokomotiven hatten dabei drei unterschiedliche
Züge auf den Abschnitten zwischen Brunnen und Erstfeld, sowie zwischen
Erstfeld und Brunnen zu führen. So konnten auf dieser flachen und geraden
Strecke direkte Vergleiche angestellt werden. Es galten daher für alle die
gleichen Testbedingungen und diese waren mit den drei Zügen sehr
unterschiedlich. Dabei hatte man auch hier keinen Aufwand gescheut.
Der Zug A wurde mit vier neuen Wagen mit
Drehgestellen
und doppelter Abfederung der
Gotthardbahn formiert und hatte ein Gewicht
von 105 Tonnen. Diese Wagen waren vom Typ C4 und sie sollten
die Zukunft am Gotthard verkörpern, denn genau das war es auch. Die
komfortablen Wagen verfügten zudem über geschlossene
Plattformen, was auch
eine Neuerung auf der Gotthardbahn war und einen gesicherten Durchgang
durch den Zug ermöglichte.
Der Zug B stammte von der
JS und bestand aus sechs
modernen dreiachsigen Wagen mit einem Gewicht von ebenfalls 105 Tonnen.
Hier kamen die Typen A3 und AB3 mit einem Achsstand
von 9.20 Meter zum Einsatz. Sie verfügten über
Lenkachsen und eine
seitenverschiebbare Mittelachse. Diese hatten jedoch offene
Plattformen,
so dass die Zirkulation durch den Zug nicht einfach war und auf der Fahrt
nicht zugelassen wurde. Für den Zug C verwendete man sieben ältere zweiachsige Wagen der Gotthardbahn. Dieser war mit 103 Tonnen der leichteste Zug. Die Wagen hatten Baujahre zwischen 1888 und 1892.
Der Radstand betrug 6.5 bis
7.5 Meter und hatte zwei
Lenkachsen erhalten. Auch hier waren offene
Plattformen vorhanden, die den Durchgang durch den Zug nicht ermöglichten.
Die Gäste mussten daher vor der Fahrt den passenden Wagen suchen.
Alle Züge wurden mit einem unmittelbar hinter den
Lokomotiven eingereihten Beobachtungswagen der Reichseisenbahn in
Elsass-Lothringen ergänzt. Dieser Messwagen diente zur Erfassung der
Leistung, konnte aber auch die
Zugkraft und die gefahrene Geschwindigkeit
messen. Er besass zwei
Achsen und hatte ein Gewicht von 13 Tonnen. Damit
stieg das effektive Gewicht der drei Züge auf rund 120 Tonnen an.
Die Fahrten im flachen Abschnitt erfolgten mit allen
drei
Lokomotiven vor allen drei Zügen. So waren direkte Vergleiche möglich
und zeigten die Unterschiede auf. Die Fahrt über die
Bergstrecke
absolvierte man jedoch nur noch mit der Nummer 202. Dabei musste diese
Lokomotive wohl sehr überzeugend gewirkt haben, denn es folgten ähnliche
Versuche mit anderen Messwagen und der Lokomotive Nummer 202 auf der
Südrampe.
So überrascht es wenig, dass
die
Lokomotive 202, die definitiv als Muster für die anschliessende Serie
bestimmt wurde, im Jahre 1896 nach Genève an die Landesausstellung reiste.
Dort wurde die Maschine, die bis dahin keine andere Lokomotive in der
Schweiz zu fürchten brauchte, von den Besuchern bewundert. Nur schon den
Transport zur Festhalle war eine Herausforderung, denn diese besass keinen
Gleisanschluss. Da ein Transport der Lokomotive auf einem speziellen Fahrzeug schlicht unmöglich war, wurde die Maschine mit einer Lokomotive der Reihe A2t der JS auf provisorisch verlegten Schienen durch die Stadt geführt.
Dabei stand die Maschine der
JS unter Dampf und zog die grössere Maschine der
Gotthardbahn immer wieder
einen Schritt weiter. Danach mussten die
Geleise neu verlegt werden. Eine
Aktion, die zu be-sonderen Begegnungen mit der
Strassenbahn führte. An der Ausstellung wurden die beiden Maschinen durch die Besucher bewertet. Dabei muss die A3t der Gotthardbahn auch den Verantwortlichen der Jura-Simplon-Bahn auch gefallen haben, denn nur kurze Zeit später bestellte man ähnliche Loko-motiven.
Nach
der Ausstellung ging es wieder auf dem gleichen Weg zurück und so kam die
Maschine rechtzeitig zurück. Die Versuche konnten damit abgeschlossen
werden.
Im Rahmen der Versuchsfahrten
legten die beiden
Lokomotiven im Jahre 1894 eine Distanz von 38 483
Kilometer zurück. Auf die
Gotthardbahn bezogen war das daher eine sehr
grosse Distanz. Sie sehen, die beiden
Prototypen wurden daher sehr
intensiv erprobt und so die Erfahrungen mit den neuen
Dampfmaschinen
mehrfach überprüft und allenfalls die Unterlagen angepasst. Man hatte
schnell eine gute Vorstellung, was die Maschinen leisten konnten.
Vorerst gab es in der Schweiz
keine vergleichbare
Schnellzugslokomotive. Mit der Rückkehr an den
Gotthard begann schliesslich der planmässige Einsatz der beiden
Lokomotiven, die später auch mit den Maschinen der Serie ergänzt wurden.
Die Lokomotiven der Baureihe A3t entwickelten eine maximale
Leistung von
ca. 1 400 PS und vermochten auf den grossen Steigungen des Gotthards
Anhängelasten von 140
Tonnen mit einer Geschwindigkeit von 40 km/h zu befördern.
Im
Flachland waren es 320 Tonnen bei einer
Geschwindigkeit von 50 km/h. Dabei lag die
Höchstgeschwindigkeit bei 90
km/h. Diese Geschwindigkeit wurde natürlich, auch erreicht, wenn der Zug
nicht in Steigungen unterwegs war. Wobei gesagt werden muss, dass die
grossartige A3t nicht die schnellste
Lokomotive der
Gotthardbahn war, denn
dazu hatte man schlicht zwei
Tenderlokomotiven mit grösseren
Rädern.
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