Persönliche Erfahrungen |
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Eigentlich wären meine Erfahrungen mit dem RAe TEE II schnell
erklärt, aber da es sich um einen sehr speziellen Zug handelte, war
natürlich jedes Treffen ein Erlebnis für sich. Gerade als Kind war es
immer ein Traum, einmal den Zug benutzen zu dürfen. Nur, die Plätze fuhren
nicht bei uns durch und eine grosse Reise durch Europa war nicht
finanzierbar. So blieb es beim Traum, den ein kleiner Junge träumte, der
den Zug nur von Bildern kannte. Wenn jedoch das kleine Kind Verwandte hat, die bei der Bahn arbeiten, muss das Sparschwein nicht ge-schlachtet werden. Ein Ausflug ins Tessin, sollte mit der Rückreise mit dem TEE GOTTARDO abgeschlos-sen werden.
Von Bellinzona nach Zürich mit dem RAe TEE II kurz bevor auch
dieser
TEE
aus dem
Fahrplan
gestrichen werden sollte. Im nächsten Fahrplan sollte dann die-se
Verbindung
nicht mehr auftauchen, da neu
Euro-city
verkehrten. In Bellinzona bewunderte ich die Markierungen am Boden, die den Reisenden die Position der Türen anzeigen sollten. Noch wusste ich nicht, dass der Zug auf 90 Metern Länge keine Türen hatte. Dank der obligatorischen Platzreservierung wusste man sogar, wo gewartet werden musste.
Die Ankunft des stolzen Zuges wurde daher bei der zweiten
Markierung sehnsüchtig erwartet und plötzlich war er da. Der Zug, der mit
den bordeaux-roten und cremen Farben sofort ins Auge fiel.
Die Türen bestieg ich mit Stolz, denn nun war es soweit, ich
durfte den
TEE-Zug
und somit der Zug der Züge benutzen. Die Sitzplätze waren ja reserviert
und so konnte das Kind das Fenster in Beschlag nehmen. Mich begeisterten
natürlich die
Storen,
die mittels eines Schalters geöffnet und wieder geschlossen werden
konnten. Da die Nacht draussen kaum mehr Blicke auf die schönen Berge des
Gotthards und der umliegenden Gegend bot.
Die Fahrt war einfach ein Genuss des Zuges. Es war ein
planmässiger
TEE
und das konnte man sich als einfache Leute nur einmal im Leben leisten.
Das Sparschwein hatte es dank Beziehungen sogar noch überlebt. Ich wusste
nicht, dass ich später mehr durch Zufall mit dem gleichen Zug nach Chur
fahren sollte. Ein Charter bei dem der
Zugführer
freundlich nickte, als ich fragte, ob man wirklich mit einem Billett in
zweiter Klasse mitfahren könne. Ich wohnte an einer Nebenlinie und konnte von mein-em Elternhaus gut auf die Strecke blicken. Plötzlich war da ein Horn, das nicht zu den üblichen Pfeifen der eingesetzten Züge passte.
Schnell in den Garten und da war er auf der
Neben-bahn,
der RAe TEE II. Ich fragte mich, was er hier zu suchen hat. Schliesslich
wusste ich damals noch nicht, dass diese
Triebzüge
bei Charterfahrten auch dort auftauchten, wo man sie noch nie sah.
Danach wurde es ruhig um den Zug. Ich wurde älter und immer mehr kamen da die Eurocity, die ich mir auch mit dem geringen Gehalt eines Lehrlings leisten konnte. So verschwand der Zug aus meinem direkten Umfeld.
Natürlich verfolgte ich auch den Umbau in der Fach-literatur. So
richtig mit der grauen Farbe konnte ich mich nicht anfreunden und daher
war ich eher von der Fraktion, die von «Nebelkrähe» sprach. Erst im Jahre 1991 kam ich wieder in die Nähe dieser Züge, denn ich begann mit der Ausbildung zum Lok-führer in Erstfeld. Nun waren es RABe EC und die ge-fielen mir nicht mehr so, denn die Eleganz war schlicht weg.
Trotzdem zweimal täglich fuhr er vor dem
Depot
durch und jedes Mal kam ein bissiger Kommentar von den Lokführern des
Depots Erstfeld. Dabei hörte ich oft sämtlichen Übernamen, die man dem Zug
verpasst hatte.
Dann kam die erste Fahrt, die ich am
Steuerkontroller
absolvieren durfte. Nein, es war kein RABe EC, sondern ein
Pendelzug
mit
Lokomotive
Re 4/4 I
am Schluss. Die Fahrt ging mit den
Regionalzug
von Erstfeld hoch nach Amsteg, wo wir die Überholung des planmässigen
Eurocity
abwarten mussten. So fuhr ich keine 10 Minuten selber und schon überholte
mich der RABe EC in voller Fahrt. Daran sollte sich dann später mit den
Güterzügen
auch nichts mehr ändern. Es sollte dem Depot Erstfeld nie vergönnt sein, diesen Triebzug zu bedienen. Die hier stationierten Lokführer verkehrten mit Güterzügen und nicht mit noblen Fahrzeugen. Dieses Geschäft war den etwas besseren Herren in Zürich vorbe-halten.
Es gab damals noch das klassische Depot-denken. Zürich war immer
etwas besser, als die anderen Standorte. Zumindest war man davon an den
anderen Stand-orten überzeugt und da hielt sich Erstfeld nicht zurück.
Zu einem Einsatz als Lawinenvorspann, oder als zusätzliche Zugkraft kam ich nie, jedoch berichteten mir Kollegen, die solche Einsätze vor dem TEE machten, immer wieder, wie sie mit der Reihe Ae 6/6 vor den Zug, der extra deswegen in Erstfeld anhalten musste, gespannt wur-den.
Die Lawinen waren zu gefährlich für den leichten
Steuerwagen.
So führte der Lok-führer von Erstfeld plötzlich den
TEE
über den Gotthard.
Alle Züge erhielten in solchen Situationen immer eine Maschine der
diversen Bau-reihen Re, aber für den
TEE
reichte eine
Lokomotive
Ae 6/6,
denn der Zug konnte ja nicht schneller fahren. Die Freude des Lokführers
aus Erstfeld hatten die Kollegen aus Zürich leider nicht teilen können. Es
war einer jener Kollegen aus Erstfeld, der eine besondere Story beisteuern
konnte. Ich will sie nicht vorenthalten, denn sie zeigte ein Problem.
Auf jeden Fall, habe er auf einer solchen Fahrt bei der
Ae 6/6
die erlaubten 75 km/h eingestellt und sich dabei nichts Böses gedacht,
denn das war so üblich und für die
Ae 6/6
auch nicht zu schnell. Der Kollege von hinten hätte ihm dann mit dem
übergebenen Handfunkgerät gefunkt und meinte, dass es im
Speisewagen
auch ganz arg schütteln würde und er doch etwas langsamer fahren solle.
Die
Ae 6/6
war zu schnell für den RAe TEE II. Bei den RABe EC war das dann anders, die durften mit 80 km/h über den Gotthard fahren. Doch an der Reihe Ae 6/6 änderte sich nichts. Da diese jedoch nicht so gut an die Abnützung der Bandagen angepasst werden konnten.
Fuhr die Reihe
Ae 6/6
mit 75 km/h und hinten legte der Lokführer ein Lappen über den
V-Messer,
damit er nicht ansehen musste, wie es mit 82 km/h den Berg hochging.
Differenzen, die es gerade in solchen Situationen geben konnte. Am «nächsten» kam ich dem Triebzug jedoch bei seiner Entgleisung 1994 oberhalb von Faido. Ich begegnete dem Unglückszug mit meinen beiden neuen Lokomoti-ven der Baureihe Re 460 nur wenige Minuten zuvor im Bahnhof Faido.
Freundlich, wie ich bin, grüsste ich den Lokführer, der ebenso
grüsste. Nur wenigen Minuten später löste bei meinen
Lokomotiven
der
Hauptschalter
aus und ich schimpfte über die neue Maschine, die sich etwas einbil-det. Auf der weiteren Fahrt wunderte ich mich über die Güterzüge, die überall abgestellt waren. Nichts böses ahnend fuhr ich in Bellinzona ein und übergab die Maschinen dem Lokführer von Bellinzona.
In der
Milchküche
erkundigte ich mich nach den abgestellten Zügen. Die Antwort war dann klar
formuliert. Bei Pardorea sei das «Flötenetui» entgleist. Die Strecke sei
deswegen unterbrochen. Ich wusste jetzt warum der
Hauptschalter
ausgelöst wurde.
Ich war somit der letzte Zug der die Unfallstelle vor dem RABe EC
passierte. Die Rückfahrt von Bellinzona erfolgte dann mit dem Bus über die
Autobahn nach Hause, die
Triebzüge
RABe EC waren nun endgültig weg vom Gotthard. Nicht alle waren unglücklich
mit dieser Situation. Die erhoffte Beruhigung am Gotthard sollte jedoch
von kurzer Dauer sein. Die ETR 470
wurden letztlich zum grösseren Problem, als die RAe TEE II jemals werden
konnten.
In den folgenden Jahren konnte ich die äussere Technik des alten
Zuges immer wieder beobachten, denn er stand ja lange in dem
Bahnhof,
der mein Heimatdepot hatte. Bewegt hatte sich das Fahrzeug nicht mehr und
auch der Grund, warum er abgestellt war, kannte ich nur so nebenbei. Sie
waren weg und das war gut, meinten zumindest meine Kollegen und ich
schloss mich unerfahren, wie ich war, dieser Meinung an.
Mit dem historischen Zug hatte ich keine Erfahrungen machen
können. Der Zug gehörte nicht zu unserem Team und auch sonst war der Zug
ja nie wirklich ein Fahrzeug, das man dem
Lokomotivpersonal
von Erstfeld zugemutet hätte, daher verwundert es eigentlich nicht, dass
wir hier auch nie das Gefühl gehabt hätten, etwas verpasst zu haben. Nur
kam dann die
Meldung,
dass es beim historischen RAe TEE II mächtig geknallt hätte. So war ich dann einer der Lokführer auf den Ma-schinen Ae 6/6, die den defekten Zug nach Sams-tagern schleppten. Von Zürich bis nach Wädenswil hatte ich es ruhig, war ich doch an zweiter Stelle mit der 11411.
Die
Rampe
hoch musste ich dann dem «Uristier» etwas unter die Arme greifen, denn
dessen
Zugkraft
reichte knapp nicht für den schweren RAe TEE II mit den darin mitfahrenden
Leuten. Ob die
Hilfs-kupplung
der Belastung standhielt, wussten wir in Samstagern. Danach wurde es wieder ruhig und wenn der RAe TEE II an den Gotthard kam, waren wir von Team Erstfeld nicht involviert. Doch dann stand er da und stellte sich den Leuten beim Fest zur Eröffnung des Basistunnels.
2016 schaffte ich es somit, dass ich den
Führer-stand
des RAe TEE II besuchen konnte. Dabei funktioniert dort nichts, da es im
Gleis
keine
Fahrleitung
hatte. Bewundert habe ich den Zug mit seiner Technik aber seit meiner
Kindheit.
Der
geplante Einbau von
ETCS
Level 2 kann ich
nachvollziehen, würde es dem RAe TEE II so möglich, weiterhin seine
Paradestrecke
zu befah-ren. Nur, ich bin auch einer jener Eisenbahner, die etwas
skeptisch sind, wenn Geld in das Flaggschiff gesteckt wird und die
restliche Flotte darunter leiden muss. Der RAe TEE II generiert
unterschiedlichen Meinungen auch bei den Leuten, die nicht wissen, wie es
ich in einem echten TEE anfühlt.
Es
bleibt zum Schluss nur noch ein Traum, der jedoch noch in Erfüllung gehen
kann. Nur einmal möchte ich dem RAe TEE II mit einer
Lokomotive
Ae 6/6
am Gotthard Vorspann leisten. Diesmal muss es nicht ein Defekt sein,
sondern einfach eine Schau, die den Leuten geboten würde. Dass dazu die
Nummer 11411 ideal geeignet wäre, versteht sich von selbst. Ein Einsatz,
den es so in all den Jahren durchaus im Winter geben konnte.
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