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Bei keiner anderen
Lokomotive auf meiner Webseite kann ich behaupten, dass
ich die Maschinen von zwei unterschiedlichen Schweizer
Bahngesellschaften
bedient habe. Das ist eine spezielle Situation, denn in der Regel fahren
die Lokführer mit den Lokomotiven ihres Unternehmens. Besonders gilt das
für jene Lokführer, die bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB
angestellt sind. Die Kollegen der BLS kannten oder kennen viele
Lokomotiven der
Staatsbahnen.
Als ich 1991 mit meiner
Ausbildung zum Lokführer begann, war die
Lokomotive Re 460 ein wichtiges Thema in der Fachpresse.
Zudem war man bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB sogar optimistisch
genug uns Anfängern zu sagen, dass wir die ersten sein werden, die sich an
der Schulung noch innerhalb der Ausbildung erfreuen können. Wir wurden
immer wieder auf einige Besonderheiten der neuen Maschine getrimmt und so
vorbereitet.
Nur, die neue
Lokomotive liess auf sich warten. Länger und länger
dauerte es mit der Fertigung. Die Ausbildung zum Lokführer blieb hingegen
nicht stehen. Letztlich kamen die praktische Prüfung und so der Abschluss
der Ausbildung. Als ausgebildeter Lokführer war von der neuen Maschine vom
Typ Re 460 keine Rede mehr. Man fuhr mit dem, was man gelernt hatte und da
bildeten die RBDe 4/4 das
modernste Fahrzeug.
Zuerst fiel die rote
Farbe ins Auge, denn zu jener Zeit verkehrten bei uns noch wenig rot
gestrichene
Lokomotiven. Die gerundeten Formen waren je-doch
gänzlich neu, denn bisher war das Arbeits-gerät eher kantig ausgefallen. Mutig wie man war, öffnete man die Türe und machte sich daran in den Führerraum zu steigen. Dort erwartete ein neuer Führerstand auf die neugierigen Augen. Ungewohnt war es schon und er erinnerte eher an den Arbeitsplatz eines Piloten und weniger an die technisch orientierten Arbeitsplätze eines Lok-führers.
Doch die Technik der neuen Maschine war im
Ma-schinenraum
und den fand man natürlich auch spannend.
Nur der war dunkel,
denn jemand vergass bei der neuen
Lokomotive die Fenster einzubauen. Manch einer freute
sich wie ein kleines Kind, wenn er ihn fand, den Schalter zur
Beleuchtung
des
Maschinenraumes.
Auch bei mir und meinen Kollegen endete die Suche danach nach einiger Zeit
erfolgreich. Vergeblich suchte man dort
Hüpfer,
Stufenschalter
oder gar den
Transformator,
wo der wohl sein mag? Markante Baugruppen schienen zu fehlen. Den
Danach wurde es wieder
ruhig und wenn eine
Lokomotive Re 460 nach Erstfeld kam, war das nichts mehr
für die jungen Reservelokführer. Dort wurden die Lokführer eingesetzt, die
etwas mehr verstanden als wir Jungen. Die Versuche endeten aber nicht
immer zur Freude von uns jungen Lokführern, denn wir waren meist hinten
und mussten warten, bis sich der störrische Bock vor unserer Nase wieder
bewegen liess.
Mit der Zeit nahm man
es locker und schaute genüsslich zu, wie sich die Kapazitäten des
Depots
mit der
Lokomotive plagten. Natürlich gab es auch einen Anflug
von Schadenfreude. Auch als junger Lokführer war man überzeugt der neuen
Maschine gewachsen zu sein, denn schliesslich wurde sie uns in der
Ausbildung versprochen. Jetzt mussten wir hinten anstehen und zusehen, wie
die Kapazitäten des Depots sich die Haare rauften.
Je nach dem, was die
Neue vorne, hatte sich der ungebildete mit den alten hinten zu begnügen.
Umgekehrt durfte er an der Spitze den Zug führen und die Neue lief hinten
mit. Nur, das war nicht von langer Dauer. Die ersten persönlichen Kontakte hatte ich mit der neuen Lokomotive bei der zweiten Besatzung ganz zu Beginn der Fahrten mit Vielfachsteuerung. Obwohl ich keinerlei Ahnung von der Maschine hatte, wurde ich diesen Diensten zugeteilt.
Hätte sich die
Vielfachsteuerung
als untauglich herausgestellt, hätte ich wohl eine Ausbildung im Stil
Schnellbleiche bekommen. Klar, wäre ich wohl eher auf der hin-teren
Lokomotive gesessen, denn dort konnte man ja
nicht so viel Schaden an-richten.
Glücklicherweise haben bei den Fahrten die Systeme immer gut
funktioniert, so dass ich offiziell nie zum Einsatz auf der
Lokomotive Re 460 kam. Inoffiziell
bediente ich die Maschinen jedoch schon vor meiner Schulung. Wie so oft
kam der Spruch, Du darfst fahren, aber nur in den
Tunnels
und natürlich nur in der Nacht. Meist setzte in Bellinzona mittags um
zwölf gerade die Dämmerung ein und bis Erstfeld war es dann finsterste
Nacht.
Im Notfall hätte ja der geschulte Kollege helfen können. Nur oft
wusste der auch nicht viel mehr, zu neu war die
Lokomotive. Zudem änderte immer wieder ein
Punkt. So wurden die geschulten Lokführer zur Nachschulung aufgeboten.
Zusammen mit dem neuen
Funk
gab es einen ganzen Tag. Ich genoss daher wegen dem
Funkgerät
die Nachschulung auf der neuen
Lokomotive, obwohl ich die Maschine gar
noch nicht kannte.
Je länger es mit der
Instruktion
dauerte, je mehr kam man sich vernachlässigt vor, doch bei jeder Schulung
gehört einer zu den letzten, bei der
Lokomotive Re 460 war ich das. Noch wusste
ich nicht, wie gut das wirklich war. Die Bedienung war komplett anders als ich es von den bisherigen Lokomotiven her gewohnt war. Ausserordentlich befremdend auf mich wirkte die Tatsache, dass der Lokführer keinen Überblick mehr über die Technik hatte.
Den älteren Kollegen wurde der Unterschied zwischen der Re
6/6 und der Re 460 als einen Schritt erklärt, wie er
seinerzeit von der Dampflokomotive auf die erste elektrische Maschine war.
Etwas schlucken musste da wohl jeder.
Die späte
Instruktion
hatte aber auch ihre Vorteile, denn schon wenige Tage später durfte ich
mit zwei Re 460 in
Vielfachsteuerung
die Fahrt über den Gotthard nach Bellinzona antreten. Der zweite Lokführer
war natürlich längst verschwunden, nun machte man sich alleine auf die
Reise. Auf der Bergfahrt konnte ich die
Geschwindigkeitssteuerung
„geniessen“, denn ich war von der Gestaltung der Geschwindigkeit
entlastet.
Es dauerte nicht lange, bis auch ich die Störungen der Re 460 am
eigenen Leib zu spüren bekam. Dabei kam es aber auch vor, dass ich die
Lokomotive fälschlicherweise verteufelte.
So auch auf einer Fahrt nach Bellinzona wo die Lokomotive kurz unterhalb
von Faido plötzlich ausschaltete. Die erste Handlung war natürlich mit der
Luftbremse den Zug in den Griff zu bekommen, der nun fröhlich
beschleunigte, da die
elektrische
Bremse ausgefallen war. Leises Gefluche war
wohl auch zu hören.
Ein Blick auf das Voltmeter liess mich indes feststellen, dass die Fahrleitung wunderbare 15 000 Volt besass. Typisch Re 460, ein kleiner Bügelsprung und schon veranstaltet sie die grössten Macken.
Das sollte wirklich besser gelöst werden. Erst einige Minuten
später in Bellinzona erfuhr ich dann, dass nicht die Re 460 Schuld hatte,
sondern der
RABe EC,
der oberhalb Faido entgleist war. Als ich das erste Mal bei Regen mit einer Re 460 auf Reisen musste, war ich von der schlechten Ausnützung der Adhäsion doch etwas über-rascht.
Gerüchte hatte man ja schon von den Kollegen gehört. Aber eben,
man kann leider nicht alles haben. Da die
Lokomotive äusserst leise war, was man vom
Signalhorn
nicht sagen konnte, hatte sie eine schlechte Haftung. Bei Regen drückte
man sich dann den Finger auf den Taster für den Sand wund.
Schon war der Interessenkonflikt vorprogrammiert, denn der
Anwohner wollte eine leise
Lokomotive und der Lokführer eine Maschine
mit rauen und deshalb lauten
Laufflächen,
da diese eine bessere Haftung haben. Mit der Zeit schmerzte der verwendete
Finger auch nicht mehr so und es gab ja
Tunnel,
wo man den Finger wieder entlasten konnte. Froh war man, wenn Göschenen
oder Airolo in Sichtweite war.
Da ich anfänglich noch auf der Reserve eingeteilt war, erlebte ich
die Probleme mit dem
Schleuderschutz
hautnah, denn oft wurde ich zu Schleuderschutz-Testfahrten
eingeteilt. Dabei stellten die mitfahrenden Ingenieure resigniert fest,
dass auch der beste Schleuderschutz unterschiedlich arbeitet und es so zu
Differenzen zwischen
Flachland und Gotthard kam. Auch wurde festgestellt,
dass die mit schweren Zügen bergerprobten Lokführer aus Erstfeld mit der
Re 460 grössere Lasten anziehen vermochten, als die ungeübten Kollegen aus
dem
Depot
Luzern.
So stand ich im
Gotthardtunnel
und las am
Geschwindigkeits-messer,
dass ich mit 125 km/h am fahren bin. Die
Zugkraft
hatte auch die gewohnten Werte. Nur eben, ich kam nicht vom Fleck.
Zum Glück funktionierte der
Der meinte dann nur, ich hätte keinen Hauch Luft in der Bremsleitung. Er hätte sich noch gewundert, was passiert sei. Hm, da war er nicht alleine.
Die Verwunderung war gross. Ein anderes
Funkgerät
beorderte dann einen Techniker zur Spitze. Der sollte lösen, was andere
nicht mehr schafften. Zum Glück war dann der Techniker, der mit ein paar wenigen Handgriffen die Lok wieder flott bekommen hat. Also flott, war übertrieben, aber die Meldungen wurden so schnell weggeklickt, dass da der Lokführer nicht mehr alles lesen konnte.
Klar war aber, dass einmal eine fatale Triebfahrzeugstörung
gemeldet wurde. Auch der Ausfall aller
Hilfsbetriebe
verschwand sehr schnell. Ob da alles nach den geltenden
Fahrdienstvorschriften
abgelaufen ist, weiss ich bis heute nicht, denn ich habe keine Ahnung, was
der Techniker manipulierte.
Je mehr Fahrten man mit den Re 460 zählen konnte, je mehr kannte
man sie und je besser konnte man mit den Macken umgehen. Nur, Regen war
nie sonderlich beliebt. Zwar verlor er seinen Schrecken, aber beliebt war
er nicht, wenn es mit Re 460 auf Reisen ging. Oft erreichte man mit
letzter Reserve den rettenden
Tunnel
oder eine
Brücke
gab den Kick, dass es doch noch reichte. Alles ging so nach dem Motto, mit
Müh und Not erreicht er den Hof, der Führer lebt, die Lok ist tot.
Damit das schnell ging,
arbeiteten die Maschinen in
Vielfachsteuerung
am Gotthard. Eines fröhlichen Tages traf es mich für die Heimfahrt von
Basel. Zwei
Lokomotiven waren geplant, nur die blaue
Farbe überraschte. Besonders im Flachland fiel die optimierte Motoran-steuerung der Lokomotive unter Teillast auf. Diese Steuerung ermöglichte, dass die erste Achse der Maschine abgeschaltet wurde, wenn sie lasthalber nicht benötigt wurde.
Es war dann wunderbar
ruhig auf der
Lokomotive. Einzig der Fotograf in
Erstfeld fragte mich ent-geistert, ob ich mich verfahren habe, denn der
Bahnhof
heisse Erstfeld und nicht Spiez.
Schliesslich kamen die
Die Schulung auf dem Fahrzeug verlief, wie immer, in kleinen
Gruppen.
Die einten Teilnehmer sahen ein wenig mehr, als die anderen, denn je nach
Schaden am
Steuerwagen
fehlte halt ein Teil der Schulung und war reine Theorie. Aber, wir sollten
ja alles in der Praxis testen können, und das natürlich immer schön brav
vor der Kundschaft.
Genau genommen war dem
Depot
in Erstfeld eine
Leistung
eingeteilt, die den
Intercity
zwischen Zürich HB und Basel vorsah. Noch suchten Lokführer aus Erstfeld
in dieser Gegend die Kundschaft heim. Daher kam es sehr selten zu den
Einsätzen auf dem
Steuerwagen
mit schiebender
Lokomotive Re 460. Gerade die jungen
Reservisten schafften es kaum einmal auf die
Tour,
da es sich die alten Herren nicht nehmen liessen.
Als ich erstmals mit
einem
Zudem passte die massiv
verkürzte Version des neuen
So fuhren wir mit dem regulären Reisezug nach Zug um uns dort in die Fahrzeuge einweisen zu lassen. Da waren Geländer zu entfernen, damit diese Störung behoben werden kann und da war dieser Schrank.
Wie verflucht löse ich
diese Geländer und noch schlim-mer, wie montiert man es nach der Behebung
der Stör-ung? Die fragenden Gesichter wurden vom Instruktor dar-aufhin
aufgeklärt. Doch so richtig begeistert war nie-mand.
In der Praxis streikt
der Bock genau dann, wenn man dazu keine Zeit hat und der Zug natürlich
gerammelt voll ist. Sicher muss dann das Geländer weg. Das natürlich, wie
kann es auch anders sein, in der Praxis immer vor dem höhnisch lachenden
Publikum. Gut war nur, dass die Schulung schlicht das einzige Mal war, das
ich diesen
Steuerwagen
von innen gesehen habe. Gefahren bin ich damit keinen Meter.
Im Grossen und Ganzen kann ich aber sagen, dass mich die Re 460
nie so richtig im Stich gelassen hatte. Oft belästigte sie mich mit
blödsinnigen und eingebildeten Störungen, aber mittlerweile kannte ich
diese auch. Mehr verwunderte mich, dass ich es auch bei miesestem Wetter
immer irgendwie den Gotthard hoch geschafft habe. Sie ist zwar bis Heute
noch nicht zu meiner Lieblingslok avanciert, aber ich sträube mich auch
nicht vor einer Fahrt mit ihr. Man arbeitet einfach mit der Re 460.
Da die Einsätze der Lokführer aus Erstfeld auf wenige
Reisezüge beschränkt waren, war auch
die Wahrscheinlichkeit gering geworden, dass wir mit den Re 460 in Kontakt
kommen. Nachdem eine zeitlang keine Re 460 mehr mit Erstfelder
Lokomotivpersonal
besetzt war, kam schon der Gedanke ans Vergessen auf. Trotzdem kam es dann
ab dem Jahr 2006 wieder zu vermehrten Einsätzen mit Re 460 vor
Interregio.
Selten genug ist es aber so. Man sieht sie nur noch, fahren müssen oder
dürfen andere.
Am 09. Juni 2014 war es
dann so weit, die letzte offizielle Fahrt mit einer Re 460 stand gemäss
meinem
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