Persönliche Erfahrungen |
|||
Navigation durch das Thema |
|
||
Viele Jahre wusste ich nicht, dass es in der Schweiz solch riesige
Lokomotiven gab. Die Informationen, die heute überall
abgerufen werden können, waren zu meiner Kindheit nicht verfügbar. Zudem
waren die Lokomotiven bereits aus dem aktiven Dienst verschwunden, als ich
mich mit der Eisenbahn zu befassen begann. Die einzige Doppellokomotive,
die ich kannte, war braun und hatte acht
Achsen.
Mehr sollte ich nicht finden.
Schnell hatte ich mich über die
Lokomotive schlau gemacht und dabei herausgefunden, dass
es die stärkste Lokomotive der Welt war. Natürlich mangels besseren
Wissens, galt das immer noch. Die anderen beiden Giganten gab es schlicht
nicht.
Als meine Karriere im Depot Erstfeld am 01. Mai 1991 begann, waren die drei Ae 8/14 bereits ausrangiert oder zu historischen Lokomotiven geworden. An der Infowand in der Remise war unter den Lokomotiven des Depots Erstfeld auch die 11 801 aufgeführt.
Doch bei einem Blick durch das
Depot
war davon nichts zu erkennen. So eine grosse
Lokomotive sollte doch nicht übersehen werden
können. Doch von der 11 801 fehlte jede Spur.
Die 11 801 war gerade einmal wieder in der
Hauptwerkstätte
Zürich. Dort stand der Unterhalt an. Während den Wochen im
Depot
kam sie dann zurück und es war die Aufgabe der angehenden Lokführer, die
Lokomotive wieder zu komplettieren. Das waren die
Schilder, die vorsorglich entfernt worden waren.
Dabei konnten diese ganz einfach auf dem Kopf montiert werden. Die
Ae 8/14 mutierte dann zur 10 811 und somit zu einer
Ae 4/6.
Gross war die Aufregung, denn eine
Ae 4/6 sollte es doch nicht
sein. Das Schild wurde in der Folge auf den Druck des Werkführers gedreht
und aus der Lokomotive
Ae 4/6 gab es wieder eine
Maschine mit der Nummer 11 801. Der Spass war es wert. Auf jeden Fall, war
die
Lokomotive wieder komplett und sollte in zwei
Tagen wieder auf die Reise gehen. Freitag, der Tag an dem die grosse
Lokomotive Ae 8/14 mit dem
Stücker
nach Schwyz fuhr.
Ich hatte zudem noch das Privileg, die historische
Lokomotive betreten zu dürfen. Mit Lampen
bewaffnet sollte ich einen Fleck im
Maschinenraum
der Hälfte eins wegwischen. Nun, da ich die Lokomotive ja nicht kannte,
musste ich zuerst einmal die Lokhälfte eins finden. Im Maschinenraum war
zudem die Gefahr da, sich zu verlaufen. Ich wurde aber von einem
erfahrenen Mitarbeiter zum Fleck im Maschinenraum geleitet.
Da ich dank meiner Lehre etwas mehr von elektrischen Apparaten und
Transformatoren
verstand, als die Hilfskräfte im
Depot,
wunderte mich der Ölfleck im Bereich des Transformators. Gerade in dem
Moment, wo meine Kollegen den Auftrag fassten gefälligst aus der 10 811
wieder eine 11 801 zu machen, sondierte ich den Fleck. Dazu griff ich
beherzt in den Ölfleck, denn schliesslich kann man die Hände wieder
waschen.
Durch die Reibung meiner Finger prüfte ich die
Schmierung
des
Öls.
Von Schmierung konnte dabei kaum die Rede sein. Nach einer Geruchsprobe
war es dann klar, es ist
Transformatoröl!
Postwendend melde ich meine Feststellung dem Werkführer, der die korrekte
Montage der Schilder beaufsichtigte. Leider durfte ich dann an der
Ursachenforschung im Bereich des
Transformators
nicht mehr teilnehmen.
Ich verliess die Werkstätte des
Depots
Erstfeld und kam auf der Strecke als
Heizer
zum Einsatz. Da blieb ich der grossen beeindruckenden Maschine fern, denn
wenn ich mit dem
Nahgüterzug
nach Schwyz musste, war die 11 801 gar nicht geplant, oder was auch einmal
passierte, einfach defekt. Ich lernte deshalb die Maschine eher als
Museumsstück kennen. Eine entsprechende
Instruktion
unterblieb letztlich und meine Enttäuschung hielt sich gelinde gesagt in
Grenzen.
Als junger Lokführer war damals noch Reserve angesagt. Das heisst,
man setzt sich auf einen Stuhl und hofft, dass man einen Auftrag erhält.
Undankbare Arbeit war das schon, aber wir waren ja in Erstfeld und so
kamen ab und zu die Besucher. Der Auftrag der
Leitstelle
lautete „Depotführung“. Stolz präsentierte ich den Leuten meine
Arbeitsgeräte und ab und zu auch eines der beiden Museumsstücke, das waren
die Ae 8/14 und die
Ce 6/8 II.
Da ich von der „Grossen“ ausser den
Antrieben,
nichts kannte, war das nicht immer ein berauschendes Erlebnis. Die
Antriebe hatten wir von den
Ae 4/7 her gekannt, nur die
Steuerung und den geschichtlichen Abriss war mir fremd. Nach einer
zweistündigen
Instruktion
durch den Besucher musste ich an dieser Situation einiges verbessern.
Schliesslich sollte das nicht mehr passieren, der Besucher hat am Stolz
eines Lokführers gekratzt.
Mit Hilfe von Fachliteratur eignete ich mir mein Wissen über die
Lokomotive mit der Nummer 11 801 an.
Dieses reichte nun um eine Führung zu machen, aber noch nicht um die
Maschine zu bedienen. Dazu müsste ich schliesslich auch die Stellen zur
Kontrolle und die genaue Bedienung des
Stufenschalters
kennen. Bei einer Führung ist das nie die Frage. Ich weiss jetzt aber,
warum die Lokomotive nie in Serie gebaut wurde.
Den interessantesten „Zusammenstoss“ mit der 11 801 hatte ich im
Frühjahr 1997. Erstmals begegnete mir die
Lokomotive ausserhalb des
Depots.
Sie war während ein paar Tagen immer wieder in der
Rampe
im Einsatz. Es war verblüffend, die Maschine konnte tatsächlich fahren.
Die Kollegen, die den Zug führten, gehörten dabei mittlerweile zu einem
engen
Kreis
von „Starlokführern“. Meine Wenigkeit hatte dort nichts verloren.
Das war überraschend, denn dafür gab es immer eine Re 6/6, die für eine geplante Ae 6/6 einspringen konnte.
Im Bedarf verstärkte man die
Re 6/6
noch mit einer Re 4/4 III.
Aber
Vor-spannlokomotive
vor einem Zug, der nur die
Bahnhöfe
der
Nordrampe
bedient, war irgendwie etwas komisch. In der Remise wurde mir eine Re 6/6 eingeteilt. Eine kräftige Lokomotive, die schwere Züge alleine zu ziehen mochte, warum nahm man nicht gleich die für den Zug. Langsam wunderte ich mich schon, denn warum hatte man keine Vielfach-steuerung mit einer herumstehenden Re 4/4 III eingerichtet.
Der Kollege auf der
Zuglokomotive
klärte mich dann umgehend auf, er hätte die 11 801 und die sei zu schwach.
Mein Gedanke war: „Hä, was soll das denn werden?“
Der Einsatz war für Filmaufnahmen, die der in Deutschland
ansässige Modellbahnhersteller von der 11 801 machen wollte, war eher
überraschend. Es versteht sich, dass die Leute vom Filmteam nicht
begeistert waren, als sie erfuhren, dass die
Re 6/6
vor der gigantischen Ae 8/14 sein sollte. Die sturen
Beamten
der
Staatsbahnen
waren dann aber sehr hilfsbereit und so boten wir an, dass das ganze
Gespann gedreht wurde. Die
Re 6/6
hinten und die Grosse vorne. Ich hatte plötzlich die
Zuglokomotive
zu führen.
Im Film sah es nun so aus, dass die Ae 8/14 der
Re 6/6
Vorspann leistete. Aber keine Angst, der Zug war so schwer, dass keine der
beiden
Lokomotiven in der Lage war, den Zug
alleine nach Göschenen zu befördern. Die Vorspannleistung war somit keine
Show für einen Film, sondern alltäglicher Eisenbahnverkehr am Gotthard.
Nur die Ae 8/14 als
Vorspannlokomotive
war etwas ungewöhnlich, könnte aber in den Jahren 1972 bis 1977 durchaus
stattgefunden haben.
Wobei das Modell meinen Händler des Vertrauens eher mehr
Kopfschmerzen bereitete. Stand doch sein Kunde im Laden und hat etwas von
einer Lok erzählt, die er haben will. Schliesslich werde sie vom
bestimmten Händler angeboten. Natürlich gab es noch keine Ankündigung des Modells, als ich meinen Händler des Vertrauens bat, mir das Modell der 11 801 zu beschaffen.
Als ich ihm dann erklärte, dass ich das Massband bei der
Kontrolle, ob es wirklich 34 Meter sind, gehalten habe, erstaunte ihn. Der
Herr des Herstellers notierte den Wert schliesslich in meiner Gegenwart.
Das bewegte meinen Händler die Bestellung aufzunehmen. Dabei wusste ich
natürlich nicht, dass es einen Film geben wird.
Ich kannte die
Lokomotive ja und die Einsätze, auch jene nach
Schwyz wurden längstens gestrichen. Die 11 801 war eher eine
Museumslokomotive, als eine historische Lokomotive geworden. Eine grosse
Lokomotive, die mächtig beeindruckt, wenn sie einmal aus den Hallen des
Depots
Erstfeld fährt. Nicht nur die Länge beeindruckt, auch das knallen der
Lastschalter
ist deutlich beim Schalten der
Fahrstufen
zu hören.
Im Sommer 1997 fanden überall Feierlichkeiten zur Feier der 150
Jahre Bahnen in der Schweiz statt. Als aktiver Lokführer war man wegen den
neuen Massnahmen der Bosse nicht besonders in Feierlaune. Daher nahm ich
den Auftrag mit einer
Lokomotive zum Bahnhofsfest in Arth-Goldau zu
fahren, eher nüchtern entgegen. Die Frage „Was dann?“ wurde mit „Lok
erklären“ beantwortet. So ging es mit dem Zirkular ins
Depot
und zum
Schaltwärter.
Im Hintergrund hörte ich die Kollegen von der Truppe der
„Starlokführer“ wie sie ihre
Lokomotiven flott machten. Schliesslich fand ich
im Zirkular die Formation des Zuges.
Re 6/6,
Ae 8/14 und
Ce 6/8 II stand dort.
Aha, scheinbar durfte ich mit den gnädigen Herren der historischen
Lokomotiven nach Arth-Goldau fahren. Da ich noch etwas Zeit hatte und
meine Lokomotive noch von Göschenen kommen musste, ging ich schnuppern.
So näherte ich mich mit einem eher flauen Gefühl den beiden. Die
Begrüssung war herzlich, denn beide kannte ich natürlich und sie wussten,
dass ich der dritte Lokführer bin. Eben der, der nicht das „Gestreifte“
trug. Die kurze Besprechung brachte es an den Tag, das waren Lokführer wie ich und keine hochnäsige Stars. Das Problem, war die vorgegebene Formation, denn die „Grosse“ hinter der „Braunen“ war für die braune Lokomotive schlecht.
Mein Beitrag war weniger wichtig, denn ich sollte gemäss dem
Zirkular die Spitze haben. Nur wollte ich wissen, wie denn die beiden
Lokomotiven bremsen. Die Antwort 372 Tonnen
einlösig, war deutlich.
So schleppte ich mit einer
Re 6/6
die Ae 8/14 und die
Ce 6/8 II nach
Arth-Goldau zu einem Bahn-hofsfest. Die Reihung des Zuges wollte es, dass
ich, wie vorgesehen, mit der
Re 6/6
an der Spitze war. Die Ae 8/14 hingegen am anderen Ende, was der
dazwischen eingereihten
Ce 6/8 II nicht
gefiel. Nun genauer, es gefiel dem Lokführer nicht, denn die
Kurzkupplung
des
Krokodils durfte zur
Schonung nur mit 200 Tonnen belastet werden.
So kam es, dass bei gewissen Situationen die Ae 8/14 hinten schob
und ich vorne mit der
Re 6/6
frisch fröhlich am elektrisch bremsen war. Kennen wird das nicht schon…?
Natürlich hatte ich immer im Hinterkopf, dass 372 Tonnen einlösige
Bremsen
hinter meiner 120 Tonnen leichten
Lokomotive waren. Sie haben es richtig gelesen,
die
Re 6/6
war die leichteste im ganzen Zug. Trotzdem erreichten wir das Ziel.
Danach war es wieder ruhiger geworden. Die 11 801 stand im
Depot,
ich ging daran vorbei und beachtete sie kaum. Obwohl, das grosse Teil
konnte nicht übersehen werden. Immer im Sommer wurde die Lokomotive am
ersten Samstag im Monat im
Bahnhof
Erstfeld bewegt, dann konnte ich ab und zu hören, wie es zweimal knallt
und dann beobachten, wie sich die
Lokomotive gemächlich in Bewegung setzt. Sie ist
halt schon eine gemütliche Maschine.
Im Frühjahr 2009 trat ich dann dem SBB Historic Team Erstfeld bei.
Nun gehörte ich zu den gnädigen Herr, den „Starlokführer“ und lege dabei
Wert darauf, dass wir ganz normale Lokführer sind, die einfach den Narren
am alten Rollmaterial gefressen haben. Keine besseren Lokführer und keine
schlechteren einfach nur Verrückte. Ich fand, da passte ich irgendwie
hinein, warum wusste ich eigentlich nicht.
Jene Maschine, die den Ae 8/14 am Gotthard das fürchten lernte,
die
Ae 6/6.
Ach ja, noch eines muss ich erwähnen. Die ersten Wochen meiner
Mitgliedschaft im
Kreis
des „Teams“ war die Ae 8/14 wieder mal in einer
Hauptwerkstätte. Im Winter 2009/2010 arbeitete erstmals das Team an neuen Ideen. Das Personal in der Truppe sollte vielseitiger auf den Lokomotiven eingesetzt werden können. Dazu war es aber nötig, dass alle Teammitglieder mit der Maschine arbeiten konnten. Folglich hiess das für mich, dass die Ae 8/14 auch für mich spannender wurde.
Die schwerste
Lokomotive aller Zeiten war bereit für
Ausfahrten
mit dem Lokifahrer. Nur umgekehrt war das eher weniger der Fall.
Es sollte dann der 11. Februar 2015 kommen. Der Schulzug trat an
diesem Tag die Reise von Lugano ins Berner Seeland an. Gezogen werden
sollte der Zug von der 11 801. Zwei Lokführer wurden benötigt und der
Präsident meinte, dass das eine gute Gelegenheit sei, die
Lokomotive kennen zu lernen. Daher wurden die
Neulinge eingeteilt und unter Aufsicht sollten sie fahren. Einer davon war
natürlich ich und ich hatte den zweiten Teil.
Auf der Fahrt ging es mit dem Ungetüm los und die ersten Kilometer
machten damit wirklich noch Spass, dann kam Steinen und damit der erste
Knall.
Hauptschalter
aus und keine
Zugkraft
mehr, Störung
Stufenschalter.
Hm, was habe ich falsch gemacht? Mein geduldiger Kollege ging nach hinten
und kurbelte von Hand den blockierten Stufenschalter runter. Dann ging es
wieder weiter und ab und spukte die Steuerung.
Letztlich kam der
Lokomotivzug
durch die kalten Nebel im Mittelland. Ich würde es eher die Nebel des
Grauens nennen. Je mehr der Nebel zunahm, desto mehr Probleme bekundeten
wir mit dem
Stufenschalter.
Irgendwann stellte ich fest, dass ist nicht mein Fehler, denn der
Stufenschalter schaltet noch, wenn ich das mit dem
Handrad
schon längst unterbunden hatte. Stufe rein auf Punkt und der Bock schaltet
zu. Zwei Stufen gut, die Dritte nicht.
Hatte die
Lokomotive etwas gegen mich? Wie war das, „Mit
Müh und Not erreicht er den Hof, der Führer lebt, die Lok ist Tod“. Doch
so einfach gebe ich mich nicht geschlagen, ich denke eher, dass der Nebel
des Grauens durch die Gitter in den
Maschinenraum
zog und so der Steuerung Fehler aufbrummte. Die Steuerung der
Stufenschalter,
ich kann es bestätigen, ist wirklich ein Problem, das die 11 801 hat,
besonders dann, wenn auf dem Umlauf eine Eisschicht liegt.
|
|||
Letzte |
Navigation durch das Thema |
||
Home | SBB - Lokomotiven | BLS - Lokomotiven | Kontakt |
Copyright 2017 by Bruno Lämmli Lupfig: Alle Rechte vorbehalten |