Inbetriebsetzung

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Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB hatten die Grösse und auch die Zeit, sich mit Prototypen zu befassen. Auch wenn es sich bei der Baureihe B 3/4 nicht um eine Neukonstruktion im herkömmlichen Sinn handelte, waren Prototypen ein Vorteil. So konnte man anfängliche Fehler bei der anschliessenden Serie korrigieren. Gerade die Ausrüstung mit einem Überhitzer und damit die Anwendung von Heissdampf war eine Neuerung.

Bei anderen Bahnen wurden die Prototypen anschliessend sogar nach nur wenigen Jahren der Ausrangierung zugeführt. In die-sem Punkt waren die Schweizerischen Bundesbahnen SBB je-doch anders.

Hier war das mitführen der beiden Prototypen sogar leicht mög-lich, da sich die erste Serie nicht gross davon unterscheiden sollte. Bei anderen Baureihen sollte die Praxis dann schon eher hinterfragt werden. Doch hier waren die Unterschiede sehr ge-ring.

Beginnen wir mit der Inbetriebsetzung der neuen Baureihe mit der Bezeichnung B 3/4. Diese gab es im Unternehmen bereits und so wurden die Nummern wichtig. Die neue Gruppe sollte mit den Nummern 1301 und 1302 beginnen. Als Muster diente dabei die Reihe mit den Betriebsnummern 1602 bis 1747, die sehr erfolgreich eingesetzt wurde. Zumindest im Bereich des Fahrwerkes waren daher keine ausgesprochen grossen Probleme zu erwarten.

Bereits beim Bau der ersten beiden Maschinen begleiteten die Schweizerischen Bundesbahnen SBB den Hersteller. So konnte man bereits während dem Bau auf die Konstruktion Einfluss ausüben. Das war nicht üblich, verhinderte jedoch, dass grobe Fehler nicht entdeckt wurden. Man wolle keine bösen Überraschungen erleben. Die erste Lokomotive war daher nach der Fertigstellung schnell von den Staatsbahnen übernommen worden.

Das erste Modell der neuen Baureihe B 3/4 wurde nach der Übernahme sofort zur Inbetriebsetzung in den Kreis I überstellt. Dieser war für solche Aufgaben ideal, da es lange schnell befahrene Abschnitte, aber auch Steigungen und enge Kurven gab. Das Streckennetz der Schweizerischen Bundesbahnen SBB konnte so abgebildet werden. Noch gehörte die Strecke über den Gotthard nicht dazu, denn dort war immer noch die Gotthardbahn aktiv.

Ausgelegt wurde die neue Baureihe für den Personennah-verkehr auf Hauptstrecken. Dieser Einsatz zeichnete sich durch sehr häufige sich dicht folgenden Halte und die an-schliessende Beschleunigung aus.

Das waren komplett andere Aufgaben, wie es sie für eine Schnellzugslokomotive waren. Selbst Maschinen für den Güter-verkehr waren auf längere Fahrten ohne Haltepunkt ausgelegt worden. Bei der Reihe B 3/4 wurde daher der Kessel sehr wichtig.

Daher musste bei der Inbetriebsetzung auf diesen Punkt Rück-sicht genommen werden. Da aber auch leichte Güterzüge im Pflichtenheft vorgesehen wurden, gehörte auch deren Förder-ung zum Testprogramm für die neue Baureihe, deren beide Prototypen im Jahr 1905 ausgeliefert wurden.

Somit konnten die Prüfungen und Tests beginnen. Bevor man damit jedoch auf die Strecke konnte, mussten die ersten Ar-beiten in einem Depot erledigt werden.

Nach der Ablieferung wurde zuerst der Kessel in Betrieb ge-nommen. Bevor mit der neuen Lokomotive losgefahren wer-den konnte, musste das zentrale Bauteil erprobt werden. Da-bei ging es in erster Linie um so banale Fragen, wie die Dichtheit. Es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass eine Niete fehlerhaft war. Gerade im Bereich der Feuerbüchse war das wichtig, denn Wasser und Feuer war keine gute Kombination.

Daher wurde die neue Lokomotive erstmals angeheizt. Der Druck im Kessel wurde immer höher und die Spannung bei den Fachleuten stieg. Hielten die Nieten den Wert von zwölf bar aus? Doch auch die wichtige Frage nach den Sicherheitsventilen musste beantwortet werden und daher war bei der ersten Prüfung des Kessels auch der Kesselinspektor anwesend. Dieser kontrollierte die Arbeiten und letztlich gab er die Zustimmung und plombierte die Ventile.

Das war ein Vorgang, der auch bei der Serie bei jedem neuen Kessel vorgenommen werden musste. Ein neuer Kessel konnte ohne die Zustimmung des Kesselinspektors nicht in Betrieb genommen werden. Bei den Prototypen war einfach noch die Frage der Dampfproduktion offen. Dabei zeigte sich, dass bei den Siederohren eine leichte Anpassung erfolgen konnte. Der so gewonnene Platz wurde vom grösseren Überhitzer beansprucht.

Zumindest der Kessel konnte in die Produktion gehen. Die leichten Anpassungen wirkten sich nicht gross aus. Hier kann etwas vorgegriffen werden. Der Betrieb sollte zeigen, dass die Produktion des Dampfes zu knapp bemessen wurde.

Aus diesem Grund wurde später ein anderer Kessel verwendet. Das bedingte erneut Testfahrten zur Bestimmung der Unterschiede. Es sollten daher auch Modelle der Serie eine intensivere Inbetriebsetzung durchlaufen.

Erst jetzt konnte mit den ersten Versuchsfahrten begonnen werden. Dabei wurde die neue Maschine nicht nur auf die Einhaltung der Vorgaben geprüft. Vielmehr ging es auch um den direkten Vergleich mit den vorhandenen Modellen der Baureihe B 3/4, die noch aus den Beständen der JS stammte. Doch bevor es zum direkten Vergleich kommen sollte, musste die neue Lokomotive intensiv geprüft werden und dazu wurden Fahrten ausgeführt.

Der Vergleich zeigte, dass die neue Lokomotive trotz dem Verzicht auf einen Zylinder die Vorgaben zur Traktion erfüllen konnte. Aus diesem Grund wurde der Beschluss gefällt, dass die Lieferung der älteren Modelle eingestellt werden sollte. Der Entscheid zu Gunsten der neuen Baureihe konnte daher erwartet werden. Das obwohl noch nicht alle Versuche abgeschlossen waren. Die neue Baureihe wurde daher weiteren Versuchen unterworfen.

Bei den Versuchsfahrten wurden die beiden Prototypen auf die Laufruhe geprüft. Dabei wusste man bereits, dass diese nicht mit den anderen Baureihen verglichen werden konnte.

Lokomotiven mit zwei Zylindern liefen immer etwas un-ruhig, denn die Massen waren nicht optimal ausgeglichen. Zwar wäre das möglich gewesen, nur hätte dann die Fahrrichtung nicht in jedem Fall korrekt ausgewählt werden können. Ein Dilemma das gelöst werden musste.

Auch wenn der Versatz in der Regel immer so gewählt wurde, dass die Maschinen optimal gestartet werden konnten, gab es leichte Unterschiede. Hier spielten sicher-lich die Erfahrungen bei den Herstellern mit.

So konnte auch hier mit den üblichen 90° gearbeitet wer-den. Die beiden Seiten versetzten daher die Lokomotive in eine taumelnde Schwingung. Das war unangenehm, aber nicht gefährlich für die Stabilität im Gleis.

Schnell fiel dabei auf, dass bei hohen Geschwindigkeiten die Laufruhe auch bei leerlaufenden Zylindern nicht viel besser wurde.

Im geraden Gleis neigte die neue Lokomotive zu Schlinger-bewegungen. Diese rührten vom kurzen festen Radstand und dem Gewicht der Triebstangen her. Gerade diese konnten wegen dem Abstand der Drehpunkte ihr Gewicht gut auswirken. Ein Problem, das jedoch bei vielen Maschinen beobachtet werden konnte.

Auf kurvenreichen Strecken zeigte sich eine Beruhigung. Die Lokomotive klemmte kaum und rollte schon bei geringen Neigungen durch die Schwerkraft. Auch die an den Spurkränzen festgestellten Abnützungen waren auch nach vielen Fahrten kaum zu erkennen. Daher war die Maschine besonders auf Abschnitten mit vielen Kurven gut abgestimmt worden. Da diese in der Schweiz nicht so selten waren, gab es keine Änderungen beim Laufwerk.

Ein weiterer Punkt waren die Prüfung-en der vorgegebenen Normallasten. Diese wurden um rund 10% über-schritten und dann die entsprechenden Strecken befahren.

Die steilen Abschnitte waren dabei im Jura vorhanden und so wurden die Fahrten dort ausgeführt.

Man hätte dazu natürlich auch an den Gotthard gehen können, nur hätte man sich dabei mit der Gotthardbahn ar-rangieren müssen.

Trotzdem sollten aber auch deren Strecken befahren werden.

Gerade die Gotthardbahn sollte nach der Verstaatlichung schnell mit Model-len der Baureihe B 3/4 ausgerüstet werden.

Der Grund war simpel, denn auch bei den Staatsbahnen wusste man, dass gerade in diesem Punkt die Gesell-schaft nicht so gut aufgestellt war.

Besonders im Vergleich mit dem Güterverkehr und bei den Schnellzügen war das der Fall. Neue Maschinen war-en daher gerade im Nahverkehr dring-end benötigt worden. Das obwohl es erst in ein paar Jahren soweit sein sollte.

Die Versuchsfahrten zeigten, dass die Vorgaben eingehalten wurden. Jedoch gab es in bestimmten Fällen immer wieder Probleme mit dem Dampf. Der neuen Lokomotive ging immer wieder der Schnauf aus. Da aber Versuchsfahrten immer wieder den Kessel an die Grenzen brachte, wurden für die Serie keine Anpassungen vorgesehen. Die Versuche konnten daher soweit abgeschlossen werden, dass die Serie bestellt wurde.

Hier muss erwähnt werden, dass bessere Abklärungen für die Probleme mit dem Kessel durchaus angebracht gewesen waren. Der Betriebseinsatz sollte dann diese Versäumnisse schnell aufdecken. Das führte letztlich dazu, dass der Kessel verändert werden musste. Dieser war jedoch auch für die Bestimmung der Verbrauchwerte sehr wichtig. Diese wurden während der Versuchsfahrten bestimmt und später allenfalls angepasst.

Die Verbrauchswerte waren für den Betriebseinsatz erforderlich, da mit diesen Angaben die Dienstpläne für die Lokomotive erstellt werden konnten. Auch uns sollen diese Hinweise hilfreich sein.

Dabei wollen wir diese Werte aber mit der Baureihe A 3/5 700 vergleichen. Das ist gar nicht so falsch, konnte die neue Baureihe doch annähernd mit den gleichen Normallasten verkehren. Lediglich der Einsatz war et-was anders vorgesehen.

Beginnen wir mit dem Verbrauch bei der Kohle. Dieser Wert wurde mit Kilogramm pro Tonne und Kilometer erfasst. Bei der Schnellzugslokomotive wurden in die-sem Punkt 0.1 kg angegeben. Die hier vorgestellte Baureihe lag mit 0.12 kg etwas höher.

Das war aber durch den anderen Einsatz begründet und zeigte, wie die häufigen Beschleunigungen sich auf den Verbrauch bei der Kohle auswirkten. Die Reihe B 3/4 musste häufiger anhalten.

Beim Wasser zeigte sich ein ähnliches Bild. Während für die Reihe A 3/5 mit 0.75 kg gearbeitet werden konnte, stieg der Verbrauch bei der Baureihe B 3/4 auf 0.9 kg an. Auch jetzt war das durch die immer wieder erfolgten Anfahrten zu begründen. Bei der Beschleunigung wurde sehr viel Dampf benötigt, da die hohen Zugkräfte jetzt abgerufen wurden. Während der Verzögerung wurde kein Dampf benötigt, da mit den mechanischen Bremsen gearbeitet wurde.

Doch zeigte sich auch, dass der kleinere Kessel mit diesen Werten mehr Dampf erzeugen musste, als das bei der Reihe A 3/5 der Fall war. Mit der ersten Version konnte daher das Traktionsprogramm nur knapp eingehalten werden. Besonders bei der kalten Jahreszeit, wenn noch die Wagen mit der Dampfheizung erwärmt werden mussten, war die Produktion zu gering. So war der Entscheid für einen neuen Kessel zu erwarten.

Die identischen Zahlen belegen jedoch, dass die Reihe A 3/5 mit ihrem Triebwerk im Verbund nicht mehr Dampf benötigte. Die Maschinen der Reihe B 3/4 lagen zwar beim Verbrauch tiefer, aber durch den anderen Einsatz konnte sich das ausgleichen.

Sie sehen, dass sich Dampflokomotiven nur bedingt vergleichen lassen, denn die Ausrüstung der Dampfmaschine wurde mit dem Einsatz ausge-glichen. Die von der Reihe B 3/4 erfassten Werte waren daher gut.

Auch wenn bei den Versuchsfahrten die Eigenschaften der neuen Lokomotive im Vordergrund standen, machte man sich auch Gedanken zum Unterhalt. Der betrieblich erforderliche Aufwand war dabei kein Problem, denn dieser wurde von den Depots übernommen. Dort hatte man für den leichten Unterhalt auch die Maschinen und das Personal. Jedoch gab es noch den schweren Unterhalt und der musste geregelt werden.

Für den schweren Unterhalt an der neuen Baureihe wurden schliesslich noch die zuständigen Hauptwerkstätten bestimmt. Hier gab es eine spezielle Lösung, denn die im Kreis I eingesetzten Maschinen sollten von der Werkstätte in Yverdon unterhalten werden. Bei den restlichen Modellen sollte das hingegen die Hauptwerkstätte in Olten sein. Daher waren hier nur noch zwei Orte mit dem schweren Unterhalt betraut worden.

Die beiden Prototypen konnten damit dem Betrieb übergeben werden. Dort stiessen sie zu den in Serie gebauten Lokomotiven. Diese wurden zuvor nur noch der Prüfung des Kessels unterworfen. Zu ausgiebigen Versuchsfahrten sollte es nur noch bei den Modellen mit dem veränderten Laufwerk kommen. Diese sollten aber nur noch einen Vergleich erlauben und wir wissen, dass diese Anpassung nicht weiterverfolgt werden sollte.

 

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