Betriebseinsatz Teil 3 |
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Noch immer waren überraschend
viele Fahrzeuge der Reihe Be 4/6 im täglichen Einsatz. Obwohl die neu
ausgelieferten Maschinen der Baureihe
Re 4/4 II andere Typen in den
Regionalverkehr drängten, konnten sie sich noch halten. Besonders
ländliche Gebiete konnten daher von modernem
Rollmaterial nur träumen. Oft
wurde angenommen, dass mit der
Ausrangierung des
Triebwagens auch gleich
die Stilllegung der Strecke verfügt würde. Am 31. Dezember 1968 meldete sich der Triebwagen Be 4/6 mit der Nummer 1604 ab. Nachdem er am 5. Dezember 1968 in Aathal einen Brand erlitten hatte, war das Fahrzeug nicht mehr zu retten.
Er wurde nach Bellinzona überführt und dort vom Personal
der brauchbaren Teile beraubt. Danach ging es nur noch geschleppt auf die
Reise zum Schrotthändler in Biasca, wo sich dann die Schweiss-brenner über
das alte Fahrzeug machten. Auch das Tessin, das bisher nur gerüchtehalber von modernen RBe 4/4 Triebwagen gehört hatte, konnte sich freuen. Der Be 4/6 mit der Nummer 1609 fing Feuer und viele hofften, dass auch der gekuppelte Be 4/6 mit der Nummer 1611 ein Raub der Flammen werden könnte.
Die Hoffnungen wurden nur teilweise erfüllt, denn der Be 4/6 1609
wurde als einziger am 30. Juni 1971 ausrangiert. Der 1611 kam je-doch im
Tessin nicht wieder in Betrieb. Betrieblich gesehen war das Tessin noch nicht von den alten Trieb-wagen befreit worden. Ein Paket war noch vorhanden und mit etwas Glück könnte ja auch dort ein Feuer entstehen.
Wer nach Luino reisen musste, konnte wählen. Entweder quetschte
man sich im
Steuerwagen auf den letzten freien Sitzplatz, oder aber
man suchte die leeren
Triebwagen auf. Viele Leute entschieden sich dann
stehend im Steuerwagen zu reisen.
Die Arbeit der beiden
Brandopfer wurde nun von den
Pendelzügen mit
Lokomotive
Re 4/4 I
übernommen. Dabei waren die dort verwendeten
Leichtstahlwagen nicht viel
moderner, als die
Triebwagen. Trotzdem es wurde ruhiger in den Zügen, was
natürlich den Reisenden im Süden gefiel. Noch blieb jedoch die
Hauptwerkstätte in Bellinzona und die sollte nun vermehrt Arbeit mit den
Triebwagen der Reihe Be 4/6 bekommen. Der Umbauprototyp mit der neuen Nummer 1619 kollidier-te am 25. Februar 1972. Der ebenbürtige Gegner setzte dem Kasten schwer zu. Die Überreste mussten nun die lange Reise ins Tessin antreten.
Das führte, wie so oft über den Gotthard, nur war jetzt eine
kräftige
Lokomotive am Zug. Das Ziel solle die
Haupt-werkstätte in
Bellinzona sein und dort wurden die Schä-den betrachtet, ein paar Sachen
dazu gedichtet und ein Bericht verfasst. In Bellinzona wurde der beschädigte Triebwagen schliess-lich am 31. August 1972 ausrangiert und danach abge-brochen. Dank der grossen Zahl von Lokomotiven Re 4/4 II und der neuen Reihe Re 6/6, die ersten Gehversuche machte, konnte man die alten Fahrzeuge getrost dem Abbruch zuführen.
Niemand war wirklich
erfreut, denn ein Be 4/6 am Horizont auftauchte. Selbst die Reihe
Re 4/4 II verdingte sich im
Regionalverkehr. Obschon die Triebwagen halbwegs modern hergerichtet wurden, konnte man keinen Pokal mehr damit gewinnen. Die Kundschaft empfand die Triebwagen als Zumutung.
Erstes Opfer wurde
dabei die Nummer 1619, der nie so richtig modernisiert wurde. Schliesslich
war die grundlegende Technik bereits 50 Jahre alt und mit zwölf
Fahrstufen
ruckelte es immer wieder, wenn beschleunigt wurde. Niemand wollte
durchgerüttelt werden.
1974 erinnerte man sich in Bern
wieder, dass in der
Hauptwerkstätte Bellinzona noch der russgeschwärzte
Triebwagen Be 4/6 mit der Nummer 1611 stand. Vermutlich wurden neue
Mitarbeiter mit der Bereinigung der Listen betraut und fanden so den
abgestellten Triebwagen. Auf den 31. Juli 1974 konnte man sich auch von
diesem Fahrzeug befreien. Wie gross die Erleichterung im Tessin war, kann
man nicht mehr herausfinden. Besondere Ehre kam einem Triebwagen Be 4/6 zu, der von 1980 bis 1982 zwischen Effretikon und dem Flughafen Zürich pendelte. Obwohl, der Triebwagen auch als Space-Shuttle bezeichnet wurde, war er schon sehr unpassend in dem modernen Bahnhof.
Sicherlich keine gute Werbung für den modernen Eisenbahnverkehr in der Schweiz.
Damit machten die Schweizerischen Bundesbahnen SBB in eigener Sache
überhaupt keine Werbung. Stellen Sie sich nur mal vor, Sie entstiegen dem mo-dernen Flieger aus dem Urlaub und mussten nun mit dem Gepäck das alte bockende Fahrzeug besteigen. Je nach Piloten war der Flug trotz den Turbolenzen deutlich ruhiger, als die paar Minuten bis Effretikon.
Zudem war die steile Treppe mit den schweren Kof-fern eine
Plackerei, die nicht hätte sein müssen. Wer es sich leisten konnte, nahm
den Umweg über den
Hauptbahnhof.
Nur ein Jahr nach diesem
Einsatz konnte man im Tessin endgültig aufatmen. Im Jahre 1983 wurden die
Zuteilungen neu überdacht und die
Triebwagen der Schweizerischen
Bundesbahnen SBB sollten in der
Hauptwerkstätte Zürich zusammengezogen
werden. Das galt natürlich auch für die Modelle Be 4/6. Im Tessin konnten
die entsprechenden
Reglemente, sofern sie nicht nach Zürich geschickt
wurden, dem Altpapier zugeführt werden.
Das galt auch für das
Lokomotivpersonal, denn mit der Verschiebung wurde alles Material nach Zürich
überstellt und dazu gehörten auch beiden letzten im Tessin verbliebenen
Triebwagen. Auch deren Reise führt zum letzten Mal über den Gotthard. Das
Tessin war nun fest in den Händen der
Lokomotive
Re 4/4 I und ihren
Pendelzügen. Am Gotthard hatte der alte Plunder ausgedient. Wobei
taufrisch waren auch diese Pendelzüge nicht mehr. Als die ersten Triebwagen RBDe 4/4 abgeliefert wurden, war die Hoffnung gross, dass die Model-le der Reihe Be 4/6 endlich dem Schrotthändler verkauft wür-den.
Dem Aufruf folgten die
Trieb-wagen mit den Nummern 1610 und 1617. Sie wurden in die
Hauptwerkstätte, die nun Zü-rich hiess, überstellt und danach ausrangiert.
Die Zahl schrumpfte erneut um zwei Triebwagen, doch fehlte der grosse
Einbruch bei dieser Baureihe immer noch.
Wer vor Jahren noch spottete,
dass mit dem
Triebwagen auch gleich die Strecke verschwinden würde, sah
sich bei einigen Entscheiden bestätigt. Doch auch nach 60 Jahren war den
Kisten nicht beizukommen. Der Grund war dabei simpel, denn der neue
Pendelzug war in seiner kleinsten Grösse immer noch zu gross für einige
Nebenlinien, die kaum je in einem Dorf anhielten, weil die Planer den Weg
durchs Niemandsland gewählt hatten.
In Jahr 1984 verschwand die
Nummer 1618 am 30. April ohne grosses Aufsehen von der Bildfläche. Es war
also tatsächlich möglich, dass diese
Triebwagen altershalber auf den
Schrott gestellt wurden. Die Hoffnung für das fahrende Personal und die
Fahrgäste flammte wieder auf. Nur, es gab einfach immer noch genug davon
und das war nicht so gut, auch wenn es immer weniger gab. Doch er sollte
nicht alleine verschwinden.
Etwas dramatischer war der Weg
des
Triebwagen Be 4/6 mit der Nummer 1605, der bei Lenzburg ein Raub der
Flammen wurde und so auch nicht mehr zu retten war. Er wurde am 31. August
1984 ausrangiert und danach abgebrochen. Mittlerweile waren bereits neuen
Triebwagen verschwunden. Somit konnte man die verbliebenen Fahrzeuge an
den Händen abzählen. Ein Lichtblick in dunkler Nacht, denn niemand konnte
verstehen, warum diese nicht verschwinden wollten. Da die Anzahl der Triebwagen Be 4/6 schon lange die An-zahl der benötigten Fahrzeuge überstieg, kam oft die Ver-suchung auf, sie für jeden Schabernack zu missbrauchen. Am schlimmsten erwischte es 1985 jedoch die Nummer 1613.
Dem
Triebwagen wurde zu «Ehren»
des Anlasses «125 Jah-re Basler
Bahnhof»
eine besondere Bemalung verpasst. Der Übername «Uncle Beppi» war dabei
vermutlich mehr iron-isch als ernst gemeint. Nachträglich kann nicht genau herausgefunden werden, an was man sich beim Triebwagen mehr störte. Ob es der rosarote Anstrich, oder die aufgemalten Nackten waren?
Viele Leute
behaupteten, dass solche unsittlichen Bilder nicht an ein Fahrzeug der
Schweizerischen Bundesbahnen SBB gehörten. Das Kunstfahrzeug war aber zu
alt, dass man ihm ernsthaft böse sein konnte, man neigte dazu, es fast zu
bemitleiden.
Im Sommer 1987 waren die
verbliebenen
Triebwagen noch den
Depots Lausanne, Basel, Olten und Zürich
zugeteilt. Ausser den Triebwagen in Olten, wurden alle Fahrzeuge nur noch
für Personaltransporte zu den ausgedehnten
Rangierbahnhöfen genutzt. Es
begann nun die letzte Karriere für die uralten Triebwagen. Dem Personal
war es egal, dass es rüttelte und schüttelte. Immer noch besser, als den
Weg zu Fuss zurück legen zu müssen.
Besonders der Vertreter, der
den RBL ansteuerte, hatte einen speziellen Einsatz. Am frühen Morgen
begann dieser im
Depot Zürich und brachte den
Triebwagen mit samt Personal
in den
Rangierbahnhof. Am Tag pendelte dieser zwischen Dietikon und RBL
Tivoli. So lange der
Personenverkehr im Limmattal verkehrte, wurde daher nur
Dietikon angefahren. Speziell waren auch die provisorischen
Bahnsteige,
die man extra wegen dem Triebwagen Be 4/6 erstellte. Der Oltener Triebwagen Be 4/6, der die Nummer 1607 hat-te, verkehrte im Seetal und erhielt daher den auf dieser Strecke verwendeten Warnanstrich. Was oft als eine Art Kriegsbemalung betrachtet wurde.
Das
Lokomotivpersonal holte tief Luft, denn von
der Strecke konnte man damit kaum etwas erkennen. Da war man sich von den
De 4/4 mehr gewohnt. Wobei die ge-fährlichen Abschnitte sollten damit nicht
befahren wer-den. Dabei sollte der Triebwagen ohne elektrische Bremse aus-gerechnet nach dem fernen Beromünster eingesetzt werden. Richtig Freude daran hatte eigentlich nur der Lieferant für Bremsklötze.
Auch dort wurden diese regelrecht abgeraffelt, so dass
sie oft ersetzt werden mussten. In der Region befürchtete man, dass mit
der Reihe Be 4/6 der Totengräber gekommen sei. So falsch sollte man nicht
liegen, denn die Strecke brachte den
Triebwagen auf den Schrott.
1987 wurde schliesslich die
Nummer 1613 vom sonder-baren aber künstlerischen Anstrich erlöst. Die
Hoffnung auf den einheitlichen Anstrich konnte er jedoch begraben, denn
ihm wurde erneut ein bunter Anstrich verpasst, der zum neu gebildeten
Schulreferentenzug passte. Der
Triebwagen wurde dabei im
Kreis I verwendet
und daher auch gleich dorthin versetzt. Man war in Basel froh, dass er weg
war.
Dabei muss aber gesagt werden,
dass dieser Einsatz das Fahrzeug vor dem sicheren Abbruch bewarte.
Eigentlich konnte man die Kiste wirklich niemandem mehr zumuten, denn der
Triebwagen war nicht nur alt, sondern uralt geworden. Etwas, was man nach
den ersten Jahren nicht erwarten konnte. Warum man sich nicht viel eher
davon trennte, kann kaum nachvollzogen werden, aber es gab immer noch
Arbeit zu erledigen.
Letztmals kamen die
Triebwagen
Be 4/6 im Sommer 1991 in festen Umlaufplänen vor. Neben den
Personaltransporten in Basel, Lausanne und Zürich kamen noch Modelle der
Reihe Be 4/6 für planmässige Züge zum Einsatz. Dabei sah der einzige
öffentliche Dienst das füllen von Taktlücken vor, so dass der Triebwagen
zwischen Beinwil – Lenzburg – Olten und Sissach verkehrte. Nahezu alle
Strecken waren nicht gut für die
Bremsen.
Seit 1987 waren nun die
Triebwagen um weitere drei Fahrzeuge dezimiert worden. Ausrangiert und
abgebrochen wurden die Triebwagen Be 4/6 mit den Nummern 1612, 1602 und
1606. So waren es nur noch sieben Modelle der Baureihe Be 4/6, die aber
meistens nur noch dem Personal zugemutet wurden. Die beiden nun folgenden
Jahre brachten den Nummern 1603 und 1608 das Aus. Alle landeten dabei auf
dem Schrottplatz.
Die verbliebenen fünf
Triebwagen konnten die Personaltransporte längst nicht mehr abdecken.
Diese Dienste wurden planmässig aber von Triebwagen der Reihe
BDe 4/4
übernommen, so dass die Modelle Be 4/6 nur noch als Reserve blieben. Daher
waren eigentlich nur noch vier Triebwagen zugeteilt worden. Während sich
der 1613 noch vor dem Schulreferentenzug nützlich machte, waren die
anderen «Motorwagen» aus dem
Kreis I verschwunden.
Letztlich drängte sich die
Reihe
BDe 4/4 auch bei den Schulreferenten vor. Der neue gestaltete Zug
sollte mit einem neuen
Triebwagen gezogen werden. Das war nicht mehr der
verbliebene Be 4/6. Die Zeit um sich von diesen Triebwagen, die kaum
Freunde hatten zu verabschieden war nun gekommen. Auch die letzte Arbeit
ging an die jüngeren Modelle verloren. Die Zeit von zwölf
Fahrstufen war
nun endgültig vorbei.
Endgültig verabschiedet hatte
man sich dann 1994. Die verbliebenen
Triebwagen wurden in diesem Jahr
ausrangiert und in der Folge dem Abbruch zugeführt. Somit verschwanden die
restlichen Triebwagen der Reihe Be 4/6 am 31. Mai 1994 gemeinsam und nach
rund 71 Jahren Einsatz endgültig von den
Schienen der Schweizerischen
Bundesbahnen SBB. Die Bücher über den ehemaligen Ce 4/6 wurden nun
geschlossen und die
Reglemente
entsorgt.
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