Entwicklung und Beschaffung |
|||
Navigation durch das Thema | |||
Wollte die Firma Cisalpino AG das Angebot
mit schnellen
Neigezügen
erweitern, blieb nur die Beschaffung neuer Einheiten. Der Nachbau von
ETR 470 war dabei durchaus eine
Option,
die jedoch auf Druck der Bahnen schnell verworfen wurde. Daher musste das
Unternehmen nach neueren Modellen sehen und dabei war die Auswahl nicht
besonders gross. Genau genommen, gab es nur ein Modell, dass die Probleme
hätte lösen können. Die Rede ist vom RABDe 500 der Schweizerischen Bundes-bahnen SBB, der allgemein unter der Bezeichnung ICN bekannt war. Der 200 Meter lange Zug verfügte über eine gute Kapazität und er konnte dank der Vielfachsteuerung sehr leicht den Fahr-gästen angepasst werden. Durchaus gute Argumente, die aber nicht
alle damit ver-bundenen Probleme lösen konnten. Die Bestuhlung war nicht
für internationale Züge ausgelegt worden. Auch wenn die Technik gut war. Der Triebzug war nicht neu und so nicht auf dem aktuellen Stand. Zudem hätte die elektrische Ausrüstung für zwei weitere Stromsysteme ausge-legt werden müssen. Diese hätte wertvollen Platz gekostet und
bei einer beste-henden Konstruktion ging das nur mit zusätzlichen
Einbussen beim
Lichtraumprofil,
das kaum für Italien geeignet war. Also Punkte, die nicht so leicht gelöst
werden konnten. Ein grosses Problem bei
Neigezügen
sind die zugelassenen
Achslasten
von lediglich 17 Tonnen. Bei einem Umbau war das nicht zu halten und das
galt nicht nur für den RABDe 500,
sondern auch für den
ETR 470, der nur wegen der
Verteilung der Bauteile so lange geworden war. Mit anderen Worten, ein
Neigezug lässt man sich bauen und wenn er fertig ist, belässt man ihn so,
denn schnell ist eine
Achse
zu schwer. Hinzu kam, dass die starr formierten Züge
der Baureihe ETR 470
nicht an die Nachfrage angepasst werden konnten. Eine
Vielfachsteuerung
fehlte und zwei
Neigezüge
waren für die
Bahnsteige
zu lange. In Randlagen, waren die vorhanden Züge jedoch wieder zu lange
und es gab zu viele freie Sitzplätze. Alles in allem, waren die ETR
470 nicht optimal ausgelegt worden. Etwas, was beim
ICN
besser gelöst wurde. Trotzdem die Nachfrage auf den Linien rechtfertigte einen weiteren Ausbau der Verbindungen mit Neigezügen. Das war aber mit den vorhandenen neun Einheiten nicht möglich. Zudem hätte man sich eine Anpassung der Anzahl von Sitzplätzen an die Nachfrage gewünscht. Optimale Einsätze mit gut ausgelasteten
Zügen hätte das ergeben. Vorbild hier, waren die
ICN,
aber auch die
ICE-T
und ICE-TD, die über eine
Vielfachsteuerung
verfügten. Die Firma Cisalpino AG hatte also keine passenden Neigezüge um die Flotte zu erweitern. Dank neuen Zügen hätte man zudem die alten Modelle etwas entlasten können. Nur schon längere Zeitfenster für den Unterhalt könnten so dafür sorgen, dass die Reihe ETR 470 besser funk-tionieren könnte. An eine direkte
Ablösung dachte wirklich niemand. Der
Grund war simpel, denn sie waren noch zu neu und daher noch nicht
abgeschrieben. Diese neuen Züge hätte man zudem kürzer bauen können. Damit hätte man auch zwei gleiche Züge in Vielfach-steuerung einsetzen können. Auf den besonders belasteten
Verbindungen
wäre das ein grosser Vorteil, da so auch Schwankungen ausgeglichen werden
konnten. So begann man sich bei der Firma Cisalpino AG kurz nach dem Jahre
2000 mit neuem
Rollmaterial
für das vorhandene Einsatzgebiet zu befassen. Mit dem neuen
Rollmaterial
sollte das vorhandene Angebot mit der Baureihe
ETR 470
ergänzt werden. Zudem hätten sämtliche
Verbindungen
wieder mit
Neigezügen
abgedeckt werden können. Gerade die
Kompositionen
mit
Lokomotive
und Wagen waren wegen der Miete nicht besonders rentabel. Es zeigte sich
klar ein grosser Vorteil für
Triebzüge
mit
Neigetechnik.
Besonders dann, wenn sie nicht gemietet werden mussten. Bei den neuen Neigezügen sollten hingegen verbesserte Beding-ungen und an die neuen Strecken angepasste Normen gelten. Zudem hatten sich in den letzten Jahren einige Vorgaben ge-ändert. Besonders den neu eingeführten Einsatz nach
Deutschland führte dazu, dass der neue
Neigezug
auch dort die
Zulassung
erhalten sollte. Damit waren klar drei unterschiedliche Länder mit all
ihren Normen und Regeln vorgesehen. Elektrisch sollte der Zug über drei unterschiedliche Stromsysteme verfügen. Das überrascht in erster Linie, denn sowohl die Schweiz, als auch Deutschland fahren mit einphasigem Wechsel-strom von 15 000 Volt und 16.7 Hertz. Hingegen wurden in Italien neue Strecken
mit 25 000
Volt
und 50
Hertz
elektrifiziert. Die alten Strecken beliess man jedoch auf 3000 Volt
Gleichstrom,
so dass der neue Cisalpino diese
Strom-systeme
installiert bekommen sollte. Bei der zulässigen
Höchstgeschwindigkeit
wollte man sich auch für den im Bau befindlichen
Basistunnel
am Gotthard gerüstet sehen. So wurde für den
Neigezug
eine zulässige Geschwindigkeit von 250 km/h festgelegt. Ein Wert, der
selbst in Fachkreisen für Überraschung sorgte, denn die
Laufwerke
von Neigezügen waren bisher kaum für hohe Geschwindigkeiten geeignet. Der
Grund waren die benötigten flexiblen Achslager. Wer schnell fahren will, der benötigt eher
stabile
Laufwerke,
die einen ruhigen Lauf ermöglichten. Sicher eine Herausforderung, aber
seit einigen Jahren gab es aktive
Fahrwerke,
die so angepasst werden konnten. Wenn man mit 250 km/h durch das Land
rast, benötigt man keine
Neigetechnik
um enge
Kurven
schneller befahren zu können. Der Zug war durchaus schnell genug um kurze
Fahrzeiten zu erlauben. Die Leistung, die für diese Geschwindigkeit benötigt wurde, legte man bei 5 500 kW fest. Das war grundsätzlich ge-sehen eine knappe
Aus-rüstung, denn
Triebzüge
für hohe Geschwindigkeiten warteten oft mit gigantischen
Leistungen
auf. Nur so konnten die auf Geschwindigkeit getrimmten Züge schnell
beschleunigen. Beim neuen Zug legte die Cisalpino AG daher eine
Beschleunigung von 0.48 m/s2
fest. Damit lag der Zug leicht unter dem
ICN. Auch wenn jeder Betreiber gute Werte bei
der Beschleunigung erreichen will, bei einem
Neigezug
muss man immer Kompromisse eingesehen. Der Grund lag bei den zugelassenen
Achslasten
von 17 Tonnen, die auch hier nicht überschritten werden durften. Gewicht
spart man auch, indem die
Leistung
reduziert wird. Trotzdem beim neuen Neigezug mussten die Entwickler genau
arbeiten, denn die Vorgaben musste eingehalten werden. Zudem war vorgesehen, dass man die neuen
Züge mit einer
Vielfachsteuerung
versehen sollte. Damit war indirekt bereits die Länge eines Zuges
festgelegt worden. Der Grund fand sich bei den internationalen
Bahnsteigen.
Diese waren nach internationalen Normen auf eine Länge von 400 Meter
festgelegt worden und daher selten länger. Bei zwei Zügen bedeutete das,
dass einer alleine nicht länger als 200 Meter sein durfte. Bei der Anzahl der Sitzplätze sah man rund
100 Plätze in der ersten
Wagenklasse
vor. Bei der zweiten Wagenklasse wurden hingegen rund 420 Plätze
gewünscht. Im Vergleich dazu, soll uns der
ICN
der Schweizerischen Bundesbahnen SBB dienen. Dieser hatte 125 Sitze in der
ersten Wagenklasse und deren 322 in der zweiten Wagenklasse. Bei
vergleichbarer Länge sollte der Zug für die Cisalpino AG sogar mehr Plätze
haben als der ICN. Damit hätten wir die wich-tigsten Punkte dieses Pflich-tenheftes und somit der Aus-schreibung kennen gelernt. Besonders die für alle drei Länder
benötigten
Zulassung-en
gehörten mittlerweile zu einer Ausschreibung und mussten vom Hersteller
er-bracht werden. Man konnte daher gespannt sein, wie sich die einzelnen
Anbieter präsentieren werden und welches Angebot die Cisalpino AG
letztlich auswählen wird. Aus der Vergangenheit konnte dabei jedoch
erwartet werden, dass sich auch jetzt die FS, welche die Hälfte des
Aktienkapitals hatte, bei der Beschaffung durchsetzen würde. Daher blickte
man gespannt auf mögliche Ausschreibungen der FS und so auf die möglichen
Züge für die Cisalpino AG. Im Gegensatz zu anderen Bahnunternehmen musste
die Cisalpino AG die Entscheidungen nicht unbedingt veröffentlichen. Bei der eigentlichen Ausschreibung wurden
von der Cisalpino AG insgesamt 14
Neigezüge
vorgesehen. Damit war hier eine grössere Flotte geplant, als das bei den ETR 470
der Fall war. Gerade für die
Verbindungen,
die mit zwei Zügen geführt wurden, benötigte man mehr Einheiten, als bei
einem Zug der nur einfach geführt wurde. So gesehen, sah man auch jetzt
keine zu grossen Reserven vor, denn man wollte mit den Zügen fahren. Ohne genau auf die einzelnen Angebote
einzugehen, kann man davon ausgehen, dass die Bewerber nach Möglichkeit
vorhandene Modelle anpassten und diese offerierten. Darunter fanden sich
sicherlich auch von den als Vergleich dienenden Zügen abgeleitete Modelle.
Wobei hier teilweise andere Hersteller involviert waren, da man einzelne
Betriebe auflöste und diese so nicht mehr existierten. Hersteller für
Neigezüge
waren dünn gesät. Genauer ansehen wollen wir uns jedoch keines dieser Angebote, denn wie so oft, meinten die Unterlegenen, dass man besser war, als die Konkurrenz, die vom Endnutzer ausgesucht wurde. Ob das nun der Fall war oder nicht, wollen wir hier so stehen lassen, denn wir können an der Ent-scheidung nichts mehr verändern. Der Auftrag bekam nun mal nur ein einziger
Anbieter und so hart es klingt, überrascht war man eigentlich nicht. 2004 entschied sich die Cisalpino AG, dass man auf das Angebot der Firma Alstom eintreten wird. Dieser Entscheid löste bei einigen Fachleuten Kopf schütteln aus, denn auch die mangelhaften ETR 470 kamen von diesem Hersteller. Man befürchtete daher das gleiche Desaster,
das man schon einmal erlebt hatte und in der Schweiz vertraute man der
italienischen Technik nicht besonders. Der Schaden des ETR 470
Debakels war zu gross. Wie damals schon griff die Firma Alstom wieder auf einen für die FS gebauten Zug zurück. Dabei waren es nun die an die FS gelieferten ETR 600, die sich auch international durchsetzen sollten. Mit einem elektrischen Teil der für
einphasigen
Wechselstrom
von 15 000
Volt
und 16.7
Hertz
ausgelegt wurde, gab es aus dem italienischen ETR 600 den internationalen
ETR 610, der für die Firma Cisalpino AG vorgesehen wurde. Trotz der Parallelen zum vorhandenen ETR 470
muss aber gesagt werden, dass der italienische Hersteller durchaus
nachgeholt hatte und man beim ETR 610 nicht ein so grosses Risiko einging.
Die Hausaufgaben wurden gemacht und da nun auch für Italien zwei
Stromsysteme
vorhanden waren, war klar, dass ein drittes Stromsystem keine zu grosse
Schwierigkeit darstellen sollte. Der ETR 610 war daher womöglich eine gute
Wahl. Soweit haben wir die Einheiten, die als Baureihe ETR 610 ausgeliefert wurden. Jedoch zeigte sich, dass auch mit den neuen Triebzügen die grossen Probleme mit dem Verkehr nach Italien nicht gelöst werden konnten. Die Differenzen zwischen den beiden
beteiligten Bahnen konnten einfach nicht behoben werden. Die Folgen waren
klar, die Firma Cisalpino AG wurde schlicht seine Besitzer los und wurde
aufgelöst. Bei dieser Scheidung wurden die Züge der Cisalpino AG zwischen den beiden beteiligten Bahnen aufgeteilt. Der Verkehr nach Italien sollte dann von den Bahnen erbracht werden. Von der Baureihe ETR 610 kamen so sieben
Trieb-züge
zu den Schweizerischen Bundesbahnen SBB. Mit dem Wechsel des Besitzers
änderte sich nicht viel. Nur in den internen Unterlagen wurde nun immer
öfters von RABe 503 gesprochen. Hier muss noch darauf hingewiesen werden,
dass auch die Baureihe
ETR 470 ebenfalls aufgeteilt wurde.
Gerade diese
Triebzüge
wollte man jedoch in der Schweiz aufgeben. Die Schweizerischen
Bundesbahnen SBB beschlossen, im Jahr 2014 die
Ausrangierung
dieser
Neigezüge
und damit auch gleich deren Abbruch. Die Einheiten der FS fanden jedoch
Arbeit im nationalen Verkehr und verschwanden so aus der Schweiz. Auf der Gotthardstrecke entstand ein
Vakuum.
Man hatte schlicht keine Züge, die nach Italien fahren konnten. Die Lösung
mit zwei
Lokomotiven
der Baureihe
Re 474 funktionierte nicht und so
musste man bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB eine Lösung für diese
Lücke finden. Eine langwierige Entwicklung schloss man jedoch aus, denn
man benötigte eigentlich nur ein paar Lückenbüsser, die zu den ETR 610
passen sollten. Hinzu kam, dass man beabsichtigte, auf die Eröffnung des Basistunnels am Gotthard neue Triebzüge zu beschaffen. Diese waren aber noch nicht einmal bestellt und so gab es eine Lücke bei den Zügen für knapp sechs Jahre. Für neue Züge eine ausgesprochen kurze
Zeit. Besonders dann, wenn es sich um
Neigezüge
handelt. Trotzdem musste das Versprechen gegenüber dem Volk eingelöst
werden. Die
ETR 470
hielten nicht mehr bis 2020 durch. Mit den von der Cisalpino AG übernommen Modellen der Reihe ETR 610 konnte man später auch die Leistungen nach Lindau und München abdecken. So gesehen, wären diese Züge weiter zu verwenden gewesen. Nur sie reichten dazu nicht aus. Ein Problem, das man eigentlich auf
elegante Weise lösen wollte und das so gesehen nicht so überraschend war,
wie viele Leute meinen könnten. Andererseits, die Elektri-fizierung in
Deutschland verzögerte sich. Trotzdem beschlossen die Schweizerischen Bundesbahnen SBB, dass sie die bestehende Flotte von ETR 610 erweitern will. Dazu bestellte man beim Hersteller Alstom acht weitere Züge dieser Baureihe. Da es sich nun aber um Züge der
Schweizerischen Bundesbahnen SBB handelte, wurden diese nach den Normen
der Schweiz bezeichnet und hörten daher auf den Namen RABe 503 und nicht
mehr auf die Bezeichnung ETR 610. Für uns, als Leser dieser Seite heisst das
jedoch, dass ETR 610 und RABe 503 die gleichen Züge waren und sich nur in
kleinen Details voneinander unterschieden. Wir wollen nun jedoch diese
Triebzüge
genauer kennen lernen und dabei spielt es keine Rolle, ob wir uns dem RABe
503, oder dem ETR 610 zugeneigt fühlen, denn im Artikel werden
Unterschiede natürlich nicht verheimlicht werden. Doch nun zum
mechanischen Aufbau.
|
|||
Letzte |
Navigation durch das Thema |
Nächste | |
Home | SBB - Lokomotiven | BLS - Lokomotiven | Kontakt |
Copyright 2023 by Bruno Lämmli Lupfig: Alle Rechte vorbehalten |