Die Wagenkasten

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Wenn wir den Aufbau eines Neigezuges betrachten, dann treffen wir immer wieder auf einen wichtigen Punkt. Es musste Gewicht gespart werden, wo das nur ging, denn nur wenn im mechanischen Teil gespart wird, kann die geforderte Leistung beim elektrischen Teil installiert werden. Das kann dazu führen, dass selbst ein falsch positionierter Kühlschrank zu einem grossen Problem für den Neigezug werden kann.

Der komplette Triebzug bestand aus sieben Fahr-zeugen. Je nach der Einreihung im Zug hatten diese unterschiedliche Aufgaben zu übernehmen.

Das führte dazu, dass sich die einzelnen Fahrzeuge im Aufbau unterschieden. Wobei sich diese im optischen Bereich anhand der Anordnung von Fenstern und Lüftungsgittern zeigten. Im grundsätzlichen Aufbau gab es keinen Unterschied und dabei machen wir uns die Bauweise des Herstellers zu nutze.

Um nun aber zu wissen, wie der Triebzug ausgerichtet wurde, müssen wir zuerst die Reihenfolge der Wagen ansehen. Wie zu erwarten, befand sich am vorderen Ende ein Steuerwagen, der als At bezeichnet werden kann. Dann folgte ein A und an diesen anschliessend der WRA. Bei den weiteren vier Fahrzeugen handelte es sich um Modelle für die zweite Wagenklasse, so konnten dann noch drei B und zum Schluss ein Bt folgten.

Natürlich wird sich die provisorische Bezeichnung noch ändern, aber mit At, A, WRA , B, B, B und Bt können wir die Richtung bestimmen, was dazu führt, dass die sieben erwähnten Fahrzeuge vorhanden waren. Beim Aufbau können wir deren Anzahl aber noch reduzieren, denn im Rohbau wurden die Wagenkasten nicht zwischen den Wagenklassen unterschieden. Es gab daher letztlich drei Varianten, die aber zu Beginn auch noch offen waren.

Jeder Rohwagenkasten wurde aus mehreren Einzelteilen erstellt. Dazu gehörten der Boden, die Stirn- und Seitenwände, sowie das Dach. Nur bei den beiden Endwagen kam noch der Führerstand dazu. Damit haben wir die übliche Bauweise als selbsttragender Kasten erhalten. Eine Lösung, die dafür sorgte, dass viel Gewicht eingespart werden konnte. Doch damit waren die Sparmassnahmen beim Kasten nicht abgehalten.

Der Boden wurde auf einfache Weise aufgebaut. Neben den Profilen für den späteren Fussboden, kamen hier punktuell Verstärkungen zur Anwendung.

Diese wurden an jenen Stellen benötigt, wo schwere Teile montiert werden mussten und wo Kräfte in das Fahrzeug gelangten.

Namentlich waren das die Bereiche mit den Drehgestellen, aber auch die Aufnahmen für die Kupplungen, da hier grös-sere Kräfte entstanden.

Als Baustoff wurde das leichte Aluminium verwendet. Dabei kamen die bei diesem Werkstoff üblichen Hohlstrangpress-profile zum Einbau. So konnte deutlich mehr Gewicht eingespart werden, als das bei Blechen der Fall gewesen wäre.

Neben diesen Profilen wurden aber noch weitere Anbauteile verwendet. Wichtig war dabei, dass der Kasten so leicht wie möglich wurde, denn die Achslasten durften nicht überschritten werden.

Verbunden wurden die einzelnen Profile aus Aluminium mit der üblichen elektrischen Schweisstechnik. Eine Bauweise, die sich beim Bau von Triebzügen etabliert hatte. Jedoch gab es nun beim Aufbau einen grossen Unterschied zu den anderen Firmen, die so bauten. Gleich war eigentlich nur, dass zuerst den Boden, dann die Seitenwände und schliesslich noch das Dach mit den notwendigen Querwänden verschweisst wurden.

Der Rohwagenkasten wurde als ein Vierkantrohr gebaut und besass schlicht keine Öffnungen in den Seitenwänden. Diese Löcher wurden nach der fertigen Montage ausgeschnitten. So können wir getrost behaupten, dass es nur zwei Lösungen gab. Jene für die beiden Endwagen und für die Zwischenwagen. Welche Öffnung nun wo platziert wurde, war davon abhängig wo der Kasten letztlich im fertigen Zug eingereiht werden sollte.

Vorteil dieser Bauweise war, dass der Kasten nach dem Schweissen leichter gerichtet werden konnte. Zudem konnte wegen den fehlenden Lücken schnell gearbeitet werden.

Nachteilig wirkte sich diese Bauweise nur auf das Metall aus, denn es entstanden so etwas grössere Mengen beim Abfall.

Da jedoch Aluminium, wie alle Metalle leicht recycelt werden konnte, entstand so kein Problem. Die Kosten übernahm der Kunde.

Sehen wir uns die Seitenwände der Mittelwagen an. Dabei wurde bei den Wagen zwei, sowie bei den Wagen vier bis sechs die gleiche Anordnung gewählt. Bei den beiden Enden waren die Einstiegstüren vorgesehen.

Dazwischen wurden die zehn Seitenfenster ausgeschnitten. Dabei gab es bei deren Anordnung jedoch keinen Unter-schied zwischen den beiden Wagenkasten. Auffällig war nur die Wand, die nach der Türe folgte.

Die sonst hier vorhandenen kleineren Fenster waren nicht mehr vorhanden. Der Grund für diese Massnahme war simpel. Das für die Seitenfenster benötigte Sicherheitsglas war schwer.

Daher wurde die Anzahl so gering wie nur möglich ge-halten. Das zeigte sich auch beim Wagen drei, der nicht nach diesem Muster aufgebaut werden konnte. Letztlich war das aber ein Problem der hier vorhandenen Anord-nung.

Auch dort, wo Fenster vorgesehen wurden, waren diese im Vergleich zu anderen Fahrzeugen kleiner ausgefallen. Dafür verantwortlich war, wie Sie vermutlich bereits ahnen, die zugelassenen Achslasten. Die Triebzüge der Baureihen ETR 610 und RABe 503 erreichten aber trotz diesen Massnahmen Werte, die mit 17 Tonnen am oberen Ende der erlaubten Toleranzen lagen. Sie sehen, wie genau gearbeitet werden musste.

Damit kommen wir bereits zum Wagen drei. Hier wurde ein Abteil in der ersten Wagenklasse und der Bereich mit dem Restaurant eingebaut. Das führte dazu, dass nur auf der Seite des Wagens zwei eine Einstiegstüre eingebaut wurde. Dieser folgten dann fünf Fenster in der gleichen Anordnung, wie bei den anderen Wagen, die wir bereits angesehen haben. Der restliche Bereich war für die Küche und deren Versorgung vorgesehen.

In diesem Bereich unterschieden sich die beiden Seitenwände. Während in der Ausrichtung des Triebzuges auf der rechten Seite drei weitere Fenster mit unterschiedlicher Grösse und ein Tor vorhanden waren, gab es auf der anderen Seite mit der Küche und dem Office neben dem Tor nur ein kleines Fenster. Das hier vorhandenen Tor war für die Versorgung des Restaurants ab einem Bahnsteig vorgesehen.

Wir werden später noch den genauen Aufbau dieser Bereiche ansehen. Vorerst reicht es, wenn wir auch hier feststellen, dass die Anzahl der Fenster deutlich verringert wurde. Zudem gab es auf der Seite des Restaurants keine Einstiegstüre, so dass der vorhandenen Platz ausgenutzt werden konnte. Auch wenn es schwer vorstellbar ist, der Triebzug der Baureihe ETR 610 sollte zu einen regelrechten Raumwunder werden.

Kommen wir nun zu den fehlenden beiden Endwagen. Diese waren identisch aufgebaut worden und sie unterschieden sich wegen dem Führerstand von den anderen Wagen. So war hier die Einstiegstüre für die Reisenden auf der Seite des Wagens eingebaut worden. Eine zweite Türe gab es daher auch hier nicht mehr. Zudem wurde die Anzahl der Seitenfenster auf acht Stück reduziert. Der Grund lag beim Führerstand.

Bevor wir uns den Führer-ständen und damit dem «Gesicht» des Triebzuges zuwenden, betrachten wird das Dach.

Dieses war, wie es damals üblich war gewölbt ausge-führt worden. Jedoch sorgten die zahlreichen auf dem Dach montierten Abdeckung dafür, dass das Dach beim fertig aufgebauten Triebzug schlicht nicht mehr zu erkennen war. Jedoch konnten so auch die Bauteile aus dem Fahrtwind genommen werden.

Damit kommen wir zu den Führerständen. Diese waren wegen der in die Länge gezogenen Front sehr weit nach hinten gerutscht. Der Zugang erfolgte vom Zug her, oder über die beiden seitlichen Türen. Diese wiederum befanden sich auf der Höhe der zweiten Achse und daher am hinteren Ende des Drehgestells. Mit dem verlängerten Überhang bedeutete das, dass die eigentliche Kabine vergleichsweise weit hinten lag.

Es lohnt sich deshalb, wenn wir die Front des Triebzuges genauer betrachten. Wir beschränken uns jedoch auf einen Endwagen. Der Grund ist simpel, denn die Lösung wurde auf beiden Seiten angewendet. Dabei befand sich an der Spitze der Bereich mit der automatischen Kupplung. Diese wurde, sofern sie nicht benutzt wurde hinter Abdeckungen verdeckt. So konnte in diesem Bereich der Front der Luftwiderstand verringert werden.

Diese automatische Kupplung der Bauart Scharfenberg erlaubte das Verbinden von zwei Zügen der Baureihe ETR 610, aber auch der RABe 503 und in Italien der Baureihe ETR 600, welche für die FS gebaut wurde. Weitere Züge konnten jedoch nicht verbunden werden. Von der Funktion her erlaubte sie das ferngesteuerte kuppeln und entkuppeln der Züge. Notfalls war auch eine manuelle Betätigung der automatischen Scharfenbergkupplung vor Ort möglich.

Um den Zug bei einem Defekt mit einer beliebigen Hilfslokomotive abschleppen zu können war eine Hilfskupplung vorhanden. Eine Lösung, die sich auch bei anderen Baureihen mit automatischen Kupplungen durchgesetzt hatte. Um die Kupplung abschliessen zu können, muss noch erwähnt werden, dass diese zusätzlich für den hier vorhandenen Crashschutz verwendet wurde. Dabei wurden die Kräfte in Zerstörungsgliedern abgebaut.

Die eigentliche Front des Triebzuges wurde sehr flach nach hinten abgelegt. Es entstand so eine «Schnauze», die selbst die in Europa verkehrenden Einheiten des Hochgeschwindigkeitsverkehrs schlug. Diese oft als «Entenschnabel» bezeichnete Bauweise war eine direkte Folge der hohen Geschwindigkeit bei vergleichsweise geringer Leistung. Man erreichte dadurch bessere Werte bei der Aerodynamik, was zur Laufruhe des Zuges beitragen sollte.

Auch wenn mit der langen «Schnauze» viel wertvoller Platz verloren ging, sorgte diese Lösung dafür, dass die Triebzüge ein gefälliges Aussehen hatten und nicht mehr so kantig und technisch wirkten, wie der ersten Einheiten für die Cisalpino AG. Dazu hatte aber auch der Anstrich beigetragen. Diesen werden wir uns später noch genauer ansehen, denn noch sind wir beim Aufbau der Fahrzeuges. Daher belassen wir es bei dem Hinweis.

Dank der langen Front des Triebzuges konnte man in der Nase auch einige Baugruppen zur Sicherheit des Personals einbauen. So wurde in dieser «Schnauze» ein doppelter Aufprallschutz eingebaut. Dieser arbeitete in zwei Stufen und bot daher einen sehr grossen Schutz für das Personal. Ein Punkt, der auch in der TSI, nach der dieser Zug gebaut wurde, aufgeführt war. Wir sollten uns daher diesen Aufprallschutz etwas genauer ansehen.

Die erste Stufe des Aufprallschutzes bestand aus den Zerstörelementen der automatischen Kupplung, welche für die auftretenden Kräfte bis zu einer Ge-schwindigkeit von 20 km/h ausreichten.

Mit der zweiten dahinter verbauten Stufe, konnte sogar ein Wert von 65 km/h aufgefangen werden. Dabei wurde die Kraft auch jetzt durch die Ver-formung der Bauteile so abgebaut, dass die Führ-erkabine nicht beschädigt wurde.

Unter der «Schnauze» des Triebzuges wurde ein Bahnräumer montiert. Dieser Bahnräumer hatte jedoch kaum eine wichtige Funktion und schützte das Laufwerk des Zuges nur unzureichend vor klein-eren Gegenständen.

Jedoch waren solche Bahnräumer auf gewissen An-lagen vorgeschrieben und so musste man diese ein-bauen. Weitere Einrichtungen an der Front gab es jedoch auch nicht mehr, so dass der Zug aufgeräumt wirkte.

Wenn wir nun hinter den Aufprallschutz blicken, erkennen wir die in der Konstruktion eingelassene Führerkabine. Deren Front war durch die Höhe der «Schnauze» beschränkt. Der obere Bereich bildete das Frontfenster. Dieses war mittig angeordnet worden und es wurde seitlich durch die beiden kräftigen Säulen eingerahmt. Durch den Aufbau bedingt, war das Frontfenster jedoch nicht als Bestandteil der Front zu erkennen.

Die Frontscheibe bestand aus Sicherheitsglas, das auch für hohe Geschwindigkeiten geeignet war. Damit die Stabilität gewährleistet war, konnte die Scheibe mit einer Heizung auf die optimale Temperatur gehalten werden. So war der Schutz auch an kalten Tagen gewährleistet. Bedingt durch diese Heizfolie wirkte das Frontfenster leicht getönt. Ein bei solchen Frontscheiben jedoch üblicher Effekt, der hier einfach besser erkannt werden konnte.

Bei Nässe konnte die Frontscheibe mit zwei unten am seitlichen Rand montierten Scheibenwischer gereinigt werden. Diese waren zudem so aufgebaut worden, dass sie auch bei hohen Geschwindigkeiten über einen ausreichende Wischleistung verfügten.

Die integrierte Scheibenwaschanlage konnten bei Bedarf dazu genutzt werden um die Scheibe vor hartnäckigem Schmutz zu befreien. Damals durchaus übliche Lösungen.

Damit kommen wir zu den beiden identisch aufgebauten Seitenwänden. Diese besassen im oberen Bereich die Seitenfenster des Führerstandes. Diese konnten geöffnet werden, waren jedoch nicht gross genug, dass sie als Notaussteig genutzt werden konnten.

Das war auch nicht nötig, da beim hinteren Abschluss der Kabine die seitlichen Türen eingebaut worden waren. Damit war auch ein ausreichend grosser Platz vorhanden.

Der Zugang zum Führerstand erfolgte über die seitlichen Einstiege und mit Hilfe der unterhalb montierten Leiter. Es waren übliche Einstiege, die mit den beiden seitlichen Griffstangen ergänzt wurden.

Die Türe selber öffnete nach innen und war druckdicht ausgeführt worden. Durch die Anordnung der Türfalle am unteren Rand, konnte der Eingang auch vom Boden aus geöffnet werden, was bei einer Abstellung im Gleisfeld wichtig war.

Dank diesen Einstiegen war es dem Lokführer leicht möglich, seinen Arbeitsplatz unab-hängig vom Fahrgastwechsel zu erreichen. Zudem dienten diese Einstiegstüren auch als Fluchtweg.

Bei einem Anprall mit hoher Geschwindigkeit, konnte es passieren, dass die Sicher-heitsmerkmale des Triebzuges nicht ausreichten. Die beiden Einstiegstüren waren jedoch so angeordnet worden, dass sie immer zugänglich waren.

Eine spezielle Lösung musste für das Problem mit der Sicht nach hinten gefunden werden. Diese Kontrolle war in einigen Ländern vorgeschrieben und sie war von der Sitzposition her nicht möglich.

Da die dazu benutzten Rückspiegel jedoch bei anderen Bahnen verboten waren, wurden auf beiden Seiten an der Seitenwand des Führerstandes Kameras montiert. Diese in einem Gehäuse eingebauten Kameras waren die einzigen abstehenden seitlichen Bereiche des Führerstandes.

Wir haben nun auch die beiden Endwagen fertig aufgebaut und können den Zug nun formieren. Zwischen den einzelnen Fahrzeugen war eine betrieblich nicht trennbare Kurzkupplung vorhanden. Diese war so aufgebaut worden, dass sie sich mit Ausnahme der Längsrichtung frei bewegen konnte. Das war wegen der Bewegung der Fahrzeuge, aber auch wegen der eingebauten Neigetechnik erforderlich.

Sowohl die Kurzkupplung, als auch der sich in diesem Bereich befindliche Personenübergang wurden mit einem fest montierten Faltenbalg abgedeckt. Dieser bestand aus zwei unabhängigen Lamellen. Das reduzierte den Lärm im Durchgang, machten diesen aber auch druckdicht. Letzteres war wegen den mit hoher Geschwindigkeit befahrenen Tunneln ein sehr wichtiger Punkt, den wir später noch einmal aufgreifen werden.

Da wir nun den Triebzug formiert haben, können wir auch zum Messband greifen. Die komplette Länge betrug 187 400 mm. Damit konnten auch zwei Einheiten an den international genormten Bahnsteige halten. Die maximale Breite des Wagens wurde mit 2 830 mm angegeben. Damit konnte auch das Lichtraumprofil von den befahrenen Ländern eingehalten werden. Um aber fahren zu können, benötigen wir ein Fahrwerk.

 

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