Entwicklung und Beschaffung

Letzte

Navigation durch das Thema

Nächste

Um eine neue Generation von Güterzugslokomotiven zu erschaffen, musste zuerst abgeklärt werden, was man genau benötigte. Das war gar nicht so leicht, denn auch jetzt ging es darum herauszufinden, wie sich der Verkehr entwickeln könnte. Die vergangenen paar Jahre hatten gezeigt, dass der Verkehr immer mehr zunahm und es kaum eine Beruhigung gab. So gesehen, mussten dringend neue Lokomotiven beschafft werden.

Da die Baureihe D4t ersetzt werden sollte, war klar, es mussten mehr Triebachsen vorhanden sein. Gleichzeitig sollte aber auch die Reihe C3t abgelöst werden. Das ging sogar mit einer Lokomotive, denn dazu musste diese einfach abspecken.

Wie wir wissen, gehörte der Tender zur Anhänge-last und davon verschwand bereits einer, da wir ja in Zukunft nur noch eine Lokomotive vor den Zug spannen wollen.

Gerade die Aktionen der Gotthardbahn zur Ver-ringerung des Gewichtes waren vor 1882 ein Haupt-thema bei den Diskussionen.

Doch gerade diese Bahngesellschaft konnte auf einfache Weise aufzeigen, was erreicht werden kann, wenn man das Gewicht einer Lokomotive verringerte. Insbesondere das tote Gewicht musste einfach weg. Dazu bleiben wir vorerst noch bei der Baureihe C3t, denn diese hatte eine Schwester.

Deutlich gezeigt hatten das die Lokomotiven der Baureihe C3t. Diese für die lange Bergstrecke gebaute Serie besass die gleiche Leistung, wie die Reihe B3. Trotzdem lag die Normallast unter der Tenderlokomotive. Daher waren diese Maschinen durchaus im Vorteil und sie waren nur bei der Distanz im Nachteil, da geringere Vorräte mitgeführt wurden. So wurden nur auf der Bergstrecke Tender mitgeführt.

Im Betrieb hatte sich jedoch gezeigt, dass der Bedarf bei der Kohle nur auf der Bergfahrt gross war. Auf der Talfahrt musste nur noch das Feuer am Leben gehalten werden. Dazu reichten die bei der Rechnung eingebauten Reserven ohne Probleme. Die seinerzeit gemachten Sorgen wegen der Kohle zeigten sich daher im Betrieb nicht so deutlich. Wasser war in den Bergen kein so grosses Problem und es konnte überall bezogen werden.

Soweit sind wir bei den Überlegungen des Direk-toriums durch und es lag nun an den Fachleuten das Pflichtenheft auszuarbeiten. Wie so oft, wurde dazu nach einem passenden Muster gesucht.

In Europa war so etwas schlicht nicht zu finden und auch in den USA waren kaum passende Modelle vorhanden.

Der Grund waren die dort bereits damals vorhan-denen höheren Achslasten. Auch wenn noch nicht die heutigen Werte vorhanden waren.

So musste im neuen Pflichtenheft mehr definiert werden, als das sonst üblich war. damals nahm man ein Muster und teilte dem Hersteller mit, was daran geändert werden sollte.

Mit der Baureihe D4t als Muster, hätte das bedeutet, dass einfach noch mehr Zugkraft verlangt worden wäre. Damit wären aber die Probleme noch nicht gelöst worden. Es lohnt sich, wenn wir diesen Katalog mit Forderungen genauer ansehen.

Die neue Lokomotive für die Gotthardbahn sollte als Tenderlokomotive konstruiert werden. So sollte das tote Gewicht eines Tenders direkt der Anhängelast zugeschlagen werden. Dabei war diese Wahl eher ein Zufall. Im Direktorium gab es viele Anhänger der Lösung mit den Vorräten auf der Lokomotive. Diesmal konnten sie sich auch auf Grund der Erfahrungen durchsetzen und man sah sogar noch einen weiteren Vorteil.

Ein weiteres Argument für diese Lösung waren die Drehscheiben. Mit den in diesem Pflichtenheft gemachten Angaben war anzunehmen, dass es eine längere Baureihe gab. Mit einem angehängten Tender hätte das Modell auf den damals bestehenden Drehscheiben schlicht keinen Platz gehabt. Da diese noch neu waren, wollte man keinen Ausbau nach wenigen Jahren riskieren. Man passte einfach die Lokomotive an und nicht die Infrastruktur.

Gerade Drehscheiben waren immer wieder ein Problem. Diese wurden beim Bau oft auf die damit beschafften Lokomotiven ausgelegt. Kamen dann grössere Modelle mussten die Gruben vergrössert werden.

Das liess oft der vorhandene Platz nicht mehr zu. Mit einer entsprechend aufgebauten Tenderloko-motive hätte sich dieses Problem schlicht nicht ergeben. Selbst ohne die nachfolgenden Ideen, hätte so ein Modell locker Platz gefunden.

So sollte die neue Lokomotive für beide Fahr-richtungen ausgelegt werden. Bisher waren Dampf-lokomotiven immer mit einer definierten Richtung versehen worden. Am Endbahnhof musste dann auf der Drehscheibe gewendet werden.

Mit einer neuen Tenderlokomotive sollte das entfal-len. Dabei wurde eine pendelzugsfähige Maschine gewünscht. Damals hatte der Begriff Pendelzug noch eine andere Bedeutung und die müssen wir ansehen.

Eine Pendelzuglokomotive war damals ein Modell, das in beiden Fahrrichtungen mit der normalen Höchstgeschwindigkeit fahren konnte.

So wurde der nervige Besuch der Drehscheibe hinfällig. Gerade bei Nebenbahnen wie der Nationalbahn gab es solche Modelle oft. Bei einer schweren Güterzugslokomotive war das jedoch eine neue Forderung, die jedoch leicht umgesetzt werden konnte, denn gerade die Geschwindigkeit war ein wichtiges Merkmal.

Da wir hier von einer schweren Güterzugslokomotive sprechen, dann müssen wir wissen, dass diese Züge damals nicht schneller als 40 km/h fuhren. Verantwortlich waren die Bremser, die auf den Wagen mitfuhren. Ein Punkt, den die Direktoren aufgriffen und sollte die neue Maschine nicht viel schneller fahren. Erwartet wurde eine Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h und damit lag man bei der vorhandenen Baureihe D4t.

Bei der Zugkraft wurde von der Gott-hardbahn mit der grossen Kelle ange-rührt. So sollte die neue Lokomotive in der Lage sein, einen Güterzug alleine an der Spitze zu befördern.

Das verlangte nach Anhängelasten von bis zu 200 Tonnen. Damit war nun auch klar, dass eine grosse Maschine erwartet wurde, die es so in Europa noch nie gab.

Es war als eine Tenderlokomotive, die den bisherigen Modellen den Rang ab-laufen sollte.

Um 200 Tonnen auf einer Strecke mit 26‰ Steigung mit einem üblichen Tempo von 20 km/h zu befördern, war eine Zugkraft von 85 kN erforderlich.

Damals wurde jedoch noch nicht mit diesen Werten gearbeitet und die An-gaben für die Kräfte erfolgten in Kilo-gramm.

Bei der entwickelten neuen Lokomo-tive wurde daher von 8 500 Kilogramm gesprochen. In jedem Fall waren die Werte gigantisch und das sogar welt-weit gesehen.

Diese Werte von 8 500 Kilogramm gab es 1890 in Europa zwar schon, aber die Übertagung dieser Kräfte war bisher immer ein Problem. Hier durfte das nicht passieren, denn der nun zu beliefernde Kunde hatte einen so guten Namen, dass man wirklich gut arbeiten musste. Wer an die Gotthardbahn Lokomotiven liefern konnte, hatte einen guten Ruf bekommen. Das galt sogar auf der anderen Seite des grossen Meeres.

Da keine höheren Achslasten zugestanden wurden, war klar, dass die erforderlich Zugkraft nur mit mehr als vier Triebachsen erzeugt werden kann. Das war jedoch gemäss der Gotthardbahn ein Problem. So bewirkten die Modelle der Baureihe D4t hohe Kräfte. Daraus resultierte ein grösserer Verschleiss bei den Bandagen. Diese konnte man zwar ersetzen, aber die Lokomotive stand dann mehrere Tage nicht mehr zur Verfügung und das war ein Problem.

Berechnet wurden für die Zugkräfte nicht weniger als sechs Triebachsen. Das so entstehende Adhäsionsgewicht sollte zudem mit dem Gewicht der Lokomotive identisch sein. Das bedeutete, dass auch zur Einhaltung der Achslasten keine Laufachsen zugelassen wurden. Doch das grosse Problem waren die sechs Achsen und die engen Kurven am Gotthard. Eine Kombination die schlicht nicht mehr möglich war.

Zwar gab es Lösungen, die sich bisher beim Aufbau von Fahrwerken durchgesetzt haben. Bei einem so langen Aufbau konnten diese aber nicht umgesetzt werden, denn im besten Fall blieben vier Achsen starr im Rahmen und es wurden zur Führung der Drehgestelle Laufachsen benötigt. Letztere gingen nicht, weil auch diese ein totes Gewicht darstellten. Auch eine Laufachse und deren Achslast mussten der Anhängelasten abgerechnet werden.

Sie sehen im Pflichtenheft wurde an mehreren Stellen darauf hingewiesen, dass man die Zugkraft so gut, wie es nur ging an die Anhängelast abgegeben werden sollte. Das ging nur, wenn wirklich jedes Kilogramm der Lokomotive für die Ausnützung der Adhäsion genutzt werden konnte. Ohne Tender und ohne Laufachse war das automatisch der Fall und so wurde nur aus diesem Grund auf diese Bauteile verzichtet.

Die Lösung für das Problem wurde von der Gotthardbahn direkt im Pflichtenheft schon vorgesehen. So sollte das Laufwerk nach der neuen Bauart von Anatole Mallet aufgebaut werden. Die so gebaute Maschine in Belgien zeigte deutlich, dass mit dem geteilten Laufwerk auch sehr enge Kurven befahren werden konnten. Der Verschleiss und der Unterhalt konnte im Bereich des Laufwerks deutlich vermindert werden.

Durch den Aufbau nach dem Prinzip Mallet veränderte sich die Achsfolge. Mit den erwarteten sechs Triebachsen bei der neuen Lokomotive ergab sich bei einer ausgeglichenen Verteilung folgende Angaben: C (C). Nur schon diese liess erkennen, dass hier ein Monster entstehen sollte und das wurde mit dem zweiten Vorteil der Bauart Mallet noch unterstrichen, denn die beiden Laufwerke boten Platz für vier Maschinen.

Vier Maschinen bei einer Lokomotive waren bisher selten. Es fehlte dazu oft der Platz. Diesen gab es nun hier und damit der Verbrauch beim Dampf nicht zu gross wurde, sollten diese Maschinen im Verbund angeordnet werden. Diese Bauweise erlaubte die doppelte Ausnutzung des Dampfes und so stellt sich die Frage, warum nicht eine Lösung als Vierling gefordert wurde. Sparmassnahmen konnten es wohl nicht sein.

Auch bei der Direktion der Gotthardbahn war man sich der Tatsache bewusst, dass vier Maschinen viel Dampf benötigen.

Bei der Fahrt durch den Gotthardtunnel wurde nicht aktiv gefeuert und mit dem vorhandenen Druck im Kessel gefahren. Man musste mit den Vorrat haus-hälterisch umgehen.

An dieser Tatsache änderte auch die neue Baureihe nichts, denn der Scheiteltunnel war wirklich nicht leicht zu befahren.

Gerade der lange Scheiteltunnel war das Problem. Mit dem Vorrat beim Dampf wurde die erste Hälfte befahren, da sich diese in einer Steigung befand. War dann die Mitte erreicht, wurde deutlich weniger Zugkraft benötigt und das war auch für den Druck im Kessel ein Vorteil, denn oft wurde der Ausgang wirklich nur noch mit einen geringen Dampfdruck erreicht. Die anschliessende Talfahrt diente dann der Erholung des Vorrates beim Dampf.

Mit diesen Hinweisen haben wir die wichtigsten Punkte des Pflichtenheftes kennen gelernt. Natürlich fehlten auch die allgemeinen Hinweise nicht und da fällt ein Punkt auf. Der Einbau der Westinghousebremse wurde nicht verlangt.

Diese wurde ja erst erprobt und dann sollten die Personenwagen mit dieser Bremse versehen werden. Bis die ersten Güterzüge damit verkehrten, war noch viel Arbeit erforderlich und so wurde auch das Gewicht gespart.

Der nächste Schritt unterschied sich nicht von anderen Baureihen. Das von den Fachleuten ausgearbeitete Pflichtenheft musste von den entsprechenden Stellen frei gegeben werden. Dies war oft auch eine Frage der Finanzierung.

Ein Punkt, der bei der Gotthardbahn nicht so wichtig war. Deutlich mehr wurde bei der Anzahl diskutiert und weil die Verfechter der Modelle mit Schlepptender nun auch angehört wurden, gab es den überraschenden Ent-scheid.

Vorerst wurde nur eine Lokomotive der neuen Baureihe D6 bei der Industrie bestellt. Diese sollte aber klar als Prototyp angesehen werden. Der Entscheid über eine erste Serie sollte nach den Erfahrungen mit dem Prototypen gefällt werden.

Auch die Gotthardbahn kaufte die Katze nicht im Sack und man wollte wissen, was fürs Geld geliefert wurde. Gerade bei so einer grossen und schweren Maschine war das wichtig.

Als das Pflichtenheft frei gegeben wurde, konnte dieses den Herstellern übergeben werden. Mittlerweile war die Gotthardbahn bei der Wahl des Lieferanten frei. Dabei war der Auftrag für die Firmen sicherlich sehr spannend. Auch wenn es nur ein Prototyp war, die Aussicht, dass es zu einer Serie kommen würde, vertrieb die letzten Ängste. Da man der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM schon Arbeit gab, kam eine andere Firma zum Zug.

Der Bau der für den Bergeinsatz am Gotthard vorgesehenen Maschine wurde der in München ansässigen Firma Maffei + Cie übertragen. Diese Maschinenfabrik war schon öfters berücksichtigt worden und sie konnte in anderen Ländern schon erfolgreich Aufträge ausführen.

Die neue Baureihe für die Gotthardbahn stellte aber für die Firma eine Herausforderung dar, denn so etwas gab es bisher schlicht noch nicht.

Es muss erwähnt werden, dass vergleichbare Baureihen immer für Schnellzüge gebaut wurden und diese besassen immer einen Schlepptender.

Dieser war hier nun klar ausgeschlossen worden und das führte dazu, dass wegen den erlaubten Lasten gut gerechnet werden musste.

Die Lokomotive musste leichter werden, auch wenn sie sehr schwer sein sollte. Kein Widerspruch, denn genau das grosse Gewicht war ein Problem.

Wie üblich, wurden vom Hersteller ein paar Vorschläge für die neue Lokomotive ausgearbeitet. Diese wurden in der Folge der Gotthardbahn überreicht und diese konnte darüber befinden. Das war zwar nur auf dem Papier der Fall, aber nicht immer entsprachen die ausgearbeiteten Vorschläge dem Kunden. Je besser hier gearbeitet wurde, desto schneller konnte mit dem Bau begonnen werden. Ein Punkt bei der Berechnung der Kosten.

Unter den Vorschlägen, die auf das Wohlwollen der Direktion der Gotthardbahn stiessen, konnten dann noch die letzten Differenzen bereinigt werden. Es war ein Verfahren, wie es später auch praktiziert wurde, denn nur so konnten optimale Lokomotiven gebaut werden. Man kann klar feststellen, dass nichts dem Zufall überlassen werden sollte. Man hatte die Idee und die musste so gut es ging vom Lieferanten umgesetzt werden.

Der definitive Entwurf der Maschinenfa-brik sollte ein Dienstgewicht von 87 Ton-nen bekommen. Damit war die Tenderlo-komotive sogar schwerer als die Bau-reihe D4t mit dem Schlepptender.

Nur schon diese Angaben lassen erahnen, was auf die Schienen gestellt werden sollte. Niemand sprach noch von einer Lokomotive, vielmehr war es ein Wun-derding, das da im fernen München bei Maffei + Cie gebaut werden sollte.

Vorerst wurde von der Gotthardbahn eine Lokomotive dieser neuen Baureihe D6 bestellt und diese als Prototyp definiert. Sofern die Anforderungen erfüllt würden, konnte dann eine Serie geliefert werden.

Es war also klar geregelt worden, dass die Bestellung der Serie direkt von der Tauglichkeit dieses Prototypen abhängig war. Ein Punkt, der nicht bei allen Prototypen so deutlich war, denn oft wurde die Bestellung auf den Vorschlägen ausgelöst.

Der Prototyp, der mit der Betriebsnummer 151 versehen werden sollte, wurde der Gotthardbahn zu einem Preis von 90 200 Franken verkauft. Das war auch für die reichste Bahngesellschaft der Schweiz ein neuer Rekord. Wer jedoch ein Wunder erwartet, muss tiefer in die Taschen greifen. Zudem wäre die direkte Bestellung einer Serie billiger für die einzelne Lokomotive gewesen, da die Entwicklung verteilt wurde.

Die in Aussicht gestellte Serie gab es aber nicht mehr und wir müssen nun genauer Hinsehen, was denn hier nicht stimmte. Zwei Möglichkeiten stehen dabei zur Verfügung. So konnte sich der Verkehr auf der Strecke negativ entwickelt haben. Eine andere Möglichkeit war, dass sich der Prototyp nicht durchsetzen konnte und man daher eine andere Lösung suchte. Bevor wir die Lösung suchen, sehen wir uns den Prototyp genauer an.

 

Letzte

Navigation durch das Thema

Nächste
Home SBB - Lokomotiven BLS - Lokomotiven Kontakt

Copyright 2024 by Bruno Lämmli Lupfig: Alle Rechte vorbehalten