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Baujahr: | 1910 | Leistung: | 1 470 kW / 2 000 PS | |
Gewicht: | 90 t | V. max.: | 70 km/h | |
Normallast: | 300 t bei 40 km/h | Länge: | 15 020 mm | |
Neben den drei
Motorwagen
für den
Regionalverkehr
und der
Lokomotive
Fb 2x 2/3 für die
Schnellzüge
musste auch noch eine Maschine für den schweren
Güterverkehr
vorgesehen werden. Eigentlich eine logische Entscheidung, denn wer
Triebwagen
und eine
Schnellzugslokomotive
erprobt, hat schlicht noch nicht alle Züge einer Strecke abgedeckt. Es
ging daher nicht ohne die schwere
Güterzugslokomotive
auf der
Versuchsstrecke.
Daher musste auch so
eine Maschine erprobt werden. Doch stellt sich damit unweigerlich die
Frage, was denn diese für eine
Leistung
erbringen soll. Bisher lagen diese immer unter den Modellen für
Schnellzüge.
Dazu sahen die
Fachleute bei der BLS eine zugkräftige, dafür nicht ganz so schnelle
Lokomotive vor. Schliesslich waren bisher die mit
Dampfloko-motiven geführten
Güterzüge
auch langsamer unterwegs. Das war aber auch von den hier verwendeten
Bremsen
abhängig. Güterzüge wurden um 1910 noch sehr oft von Hand gebremst. Da so
die Bremswirkung von der Kraft der
Bremser
abhing, konnte nicht mehr so schnell gefahren werden.
Da mit den
Versuchslokomotiven
auch die regulären Züge geführt wurden, musste auf den erwarteten Verkehr
geachtet werden. Die Spiez – Frutigen Bahn SFB hatte bisher eher
landwirtschaftliche Produkte in kleinem Umfang zu befördern. Mit dem
Beginn der Arbeiten am neuen
Scheiteltunnel änderte sich dies jedoch. Die Züge verkehrten öfters
und waren zudem deutlich schwerer geworden. Das führte oft zu Problemen.
Um die schweren Züge
mit zwei Maschinen zu bespannen, waren schlicht zu wenig Exemplare
vorhanden. Daher kamen immer wieder die grossen
Dampfmaschinen
der Thunerseebahn zum Einsatz. Darunter auch die Reihe
Ec 4/6, die
über eine sehr hohe
Zugkraft
verfügte. Daher konnte die Maschine problemlos vor die schweren
Güterzüge
gespannt werden. Die neue elektrische
Lokomotive sollte zumindest mithalten können.
Mit anderen Worten,
auch nach den ersten Fahrten konnte das Modell von der
Bahngesellschaft
abge-lehnt und wieder dem Hersteller übergeben werden. Es war verständlich, die BLS wollte nach Abschluss der Versuche über eine Serie entscheiden. Da wirkten die Exoten aus dem Versuchsbetrieb eher störend. Ein Punkt, der von den Herstellern viel Mut verlangte.
Dabei war eigentlich
der Punkt hier spannend, denn der Hersteller ging klar davon aus, dass das
gebaute Modell nicht übernommen werden könnte. Doch noch müssen wir das
Pflichtenheft
etwas genauer ansehen. Die Vorgaben im Pflichtenheft waren nicht einfach in der Umsetzung. Es sollte für den Hersteller eine Herausforderung sein.
Besonders dann, wenn
man bedenkt, dass bisher schlicht noch keine solchen
Lokomotiven gebaut wurden. Bisher war ein bestimmtes
Traktionsprogramm nicht so wichtig. Viel eher mussten die Modelle
einwandfrei funktionieren. Das deckte sich nicht mit den Ideen der BLS,
die ein Traktionsmittel suchte.
Wir müssen bedenken,
dass damals in der Schweiz und auch in anderen Ländern kaum elektrische
Lokomotiven im Einsatz waren, die über eine hohe
Leistung
für schwere
Güterzüge
verfügten. Die drei Maschinen im Raum Zürich konnten kaum ein paar Wagen
schleppen. Sie wurden für die Erprobung des Systems gebaut. Nun sollte es
daran gehen, das Traktionsprogramm für diese Maschinen zu definieren und
da war die BLS unerbittlich.
Auf der sich im Bau
befindlichen Strecke über den Lötschberg sollte die Maschine jedoch einen
Güterzug
von 310 Tonnen Gewicht mit 40 km/h über die 27 ‰ steilen
Rampen
befördern können. Um diese Zahlen etwas besser zu verstehen, soll ein Vergleich mit der Gotthardbahn angestellt werden. Diese neue elektrische Lokomotive für den Güterverkehr sollte die gleichen Traktionsleistungen erbringen, wie zwei Maschinen der Reihe A 3/5.
Die Baureihe
C 4/5 kam mit 260 Tonnen
zwar nahe an die Ideen, jedoch schaffte sie damit lediglich eine
Geschwindigkeit von 28 km/h. Die von der BLS daher berechnete Leistung betrug rund 2 000 PS. Ein Wert den es so in Europa noch nicht gab. Der bisherige Rekordhalter mit 1 700 PS verkehrte unter einer Fahrleitung für Drehstrom in der Region Brig.
Daher war die
Steigerung zwar hoch, aber trotzdem war es für den Hersteller nicht
leicht, da die
Achslasten
eingehalten werden mussten. Ein Problem, das eigentlich beim Bau von neuen
Modellen immer vorhanden war.
Auf der neuen Strecke,
aber auch auf der für den elektrischen Betrieb umgebauten Linie zwischen
Spiez und Frutigen galt bei den
Triebachsen
eine maximale
Achslast
von 16 Tonnen. Bei allenfalls vorhandenen
Laufachsen
sollte ein Wert von 13 Tonnen nicht überschritten werden. Zudem galt noch
die
Meterlast,
die auch eingehalten werden musste. Eine geringe Toleranz nach oben wurde
jedoch im
Pflichtenheft
nicht erwähnt.
Das mag komisch
klingen, aber mit diesen Angaben wurde die
Kühlung
der Bauteile bestimmt. Kurzfristig durfte die
Leistung
der
Kühlanlagen
überschritten werden. Anschlies-send wurde ja wieder gekühlt. Auch sonst wurde die Lokomotive für den schweren Güterverkehr ausgelegt. Daher wurde die maximale Ge-schwindigkeit für die Maschine lediglich bei 60 bis 65 km/h festgelegt. Das lag rund zehn Kilometer unter der Schnellzugsloko-motive, jedoch bei den Werten, die im Berner Oberland von den Dampfmaschinen erreicht wurden.
Da sich später auch die
Schweizerischen Bundesbahnen SBB bei der Reihe
C 5/6 für diese Werte beim
Güterver-kehr
entschied, sicherlich nicht falsch. Natürlich waren noch andere Angaben zur Spannung, zur Ausrüstung und in Bezug auf die Farben gemacht worden. Diese wollen wir uns in diesem Bereich nicht weiter ansehen.
Auch so war das
Pflichtenheft
nicht so umfangreich ausgefallen und selbst bei der
Achsfolge
ging die BLS davon aus, dass diese bei den noch nicht erfolgten
Verhandlungen mit dem Hersteller festlegen konnte. Es waren also mehrere
Entwürfe möglich.
Das
Pflichtenheft
wurde einem weiteren Erbauer übergeben. Jetzt sollte mit der
Maschinenfabrik Oerlikon MFO die Firma, die mit dem einphasigen
Wechselstrom
die grössten Erfahrungen hatte, beauftrag werden. Auch wenn die
Motorwagen
auch in Oerlikon montiert wurden, der Hersteller war dort die Firma SSW,
die auch gut aufgestellt war. Die MFO sollte die kräftige
Güterzugslokomotive
bauen und so eher das unscheinbare Arbeitstier.
Doch wenn es um die
Rekorde gehen sollte, fand der Kampf zwischen den beiden Systemen statt.
Dabei bestand das Monster im Bereich
Wechselstrom
schlicht noch nicht. Die MFO besass auch die Fahrleitung auf der Versuchsstrecke zwischen Seebach und Wettingen. Somit verfügte sie über eine eigene Strecke für die Probefahrten.
Auch wenn die Traktion
mit elektrischen
Lokomotiven und ein-phasigem
Wechselstrom
gerade einmal acht Jahre alt war, konnte man bei der Maschinenfabrik
Oerlikon getrost sagen, dass man hier einen erfahrenen Erbauer solcher
Lokomotiven hatte. Die grossen Erfolge konnten nun starten.
Da es sich bei der
Firma in Oerlikon um einen Elektriker handelte, wurde für den mechanischen
Teil ein klassischer Lokomotivbauer hinzugezogen. Die mechanischen
Arbeiten sollten daher von der Schweizerischen Lokomotiv- und
Maschinenfabrik SLM in Winterthur erledigt werden. Diese SLM hatte bisher
an die Betriebsgruppe immer gute und kräftige Dampflokomotiven geliefert.
Sie war daher bei der BLS bestens bekannt.
Es war jedoch
mittlerweile auch klar, dass bei den elektrischen
Lokomotiven kein Anbieter für komplette Modelle
existieren sollte. Die elektrischen Firmen suchten daher immer einen
Lieferanten für die mechanischen Teile. Bei den
Motorwagen
war das so und auch die AEG, die die
Schnellzugslokomotive
baute, wurde ein Mechaniker hinzu gezogen. Die Endmontage fand
jedoch immer beim Lieferanten für die elektrischen Teile statt.
Anders kann aber gesagt
werden, dass sechs
Triebachsen
im
Güter-verkehr
sehr hoch war. Bei den Modellen mit Dampf kamen erste Gedanken für eine
Steigerung auf fünf angetriebene
Achsen
in den Köpfen vor.
Sie sollte im
Versuchsbetrieb
von den Dampflokomotiven die Beförderung der schwere
Güterzüge
übernehmen. Dabei wollte man mit der
Lokomotive viel eher eine Machbarkeitsstudie anstellen.
Selbst die MFO ging davon aus, dass die nun bestellte Lokomotive nicht in
Serie gehen würde. Jedoch wollte man ein gutes Muster für den
Güterverkehr
bereitstellen. Noch ging man davon aus, dass die BLS
Güterzugslokomotiven
benötigen würde.
Erst sie sollte aber
auch zeigen, was mit elektrischen
Lokomotiven zu erreichen war. Der Titel der stärksten
Lokomotive der Welt sollte wieder bei der MFO landen. Die damaligen
Dampfmaschinen
konnten hier nicht mehr mithalten, denn der Wettkampf war zwischen dem
Drehstrom
und dem einphasigen
Wechselstrom
entbrannt. Zumindest jetzt sollte mit der einfacheren
Fahrleitung
dieses Prädikat geschafft werden.
Wenn wir uns die auf dem
Reissbrett bestehende Maschine ansehen und sie mit dem
Pflichtenheft vergleichen, erkennen wir, dass die MFO in einigen Punkten die Ideen der
BLS übertraf. Das war zum Beispiel bei der
Höchstgeschwindigkeit der Fall,
denn diese sollte auf 70 km/h festgelegt werden. Ein Wert, der den
Motorwagen entsprach und der auch bei der
Schnellzugslokomotive angepeilt
worden war. Ob die MFO schon an universelle Einsätze dachte?
Mit der nun aber
vorhandenen
Höchstgeschwindigkeit hätte sie korrekt als Fb 2 x 3/3
bezeichnet werden müssen. Eine Korrektur erfolgte jedoch nicht, so dass
die ursprüngliche Bezeichnung blieb. Eher verwunderlich war das geplante Gewicht der Loko-motive. Dieses wurde mit 90 Tonnen berechnet, so dass die durchschnittliche Achslast sogar unter dem Wert des Pflichtenheftes lag.
Vergleichbare Dampflokomotiven in der Schweiz hatten
bei geringerer
Leistung rund 20 bis 30 Tonnen mehr. Mit anderen Worten,
das Monster der BLS sollte ein Leicht-gewicht werden. Ob da bereits an eine
Steigerung der Leistung gedacht wurde?
Ein erneuter Vergleich zum
Gotthard soll uns beim Verständnis helfen. Die Schweizerischen
Bundesbahnen SBB setzten damals vor den
Güterzügen die Reihe
C 4/5 als
neuste
Lokomotiven ein. Diese Vorgängerin der legendären Baureihe
C 5/6
war damals die stärkste Dampflokomotive in der Schweiz. Das war schon ein
recht ansehnliches Zeugnis. Doch ihre
Leistung von rund 1 300 PS nimmt
sich gegenüber der Fc 2 x 3/3 eher bescheiden aus.
Der Abstand zu den
Dampflokomotiven war daher gigantisch und keine in der Schweiz sollte je
solche Werte erreichen. Mit der elektrischen
Lokomotive sollte es erstmals
gelingen, dass die Lokomotive für den schweren
Güterverkehr über mehr
Leistung verfügte, als die
Schnellzugslokomotive, die ja auch erprobt
werden sollte. Dabei sollte das Modell der MFO auch noch ein Leichtgewicht
sein und da hatte das Modell der AEG zu kämpfen.
Mit dem Wissen, dass die Fb 2 x
2/3 der AEG genau hier das Problem hatte, zeigt, wie leicht die Maschine
der MFO war. Dabei war aber klar, dass die geforderte
Leistung von 2 000
PS erbracht werden konnte. Das Modell wurde von der Fachwelt bereits
bewundert, obwohl es noch nicht gebaut worden war. Sollte es der MFO
gelingen war die Maschine mit der Betriebsnummer 121, den anderen Modellen
in vielen Punkten überlegen.
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