Änderungen und Umbauten

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Um es vorweg zu nehmen, die Baureihe Ae 4/6 als gelungenen Wurf zu bezeichnen wäre sicherlich falsch. Dazu beigetragen hat auch, dass in vielen Bereichen Neuland betreten wurde. Hinzu kam, dass man wegen dem zweiten Weltkrieg die Rohstoffe suchen musste und dadurch immer wieder zu minderwertigen Lösungen gegriffen werden musste. Trotz grossen Bemühungen gelang es jedoch nie die grosse Leistung über mehrere Jahre hinweg zuverlässig zu erbringen.

Man kann sich fragen, wo man mit den Problemen beginnen sollte. Hier ist es wirklich sinnvoll, wenn wir wieder die Teile der Vor-stellung nehmen und so mit dem mechanischen Teil beginnen.

Hier können wir sowohl dem Rahmen, als auch dem Kasten ein gutes Zeugnis aussprechen, denn diese Bereiche blieben bis zum Schluss mit Ausnahme der verschlossenen Türen nahezu unverändert. Auch die Reduktion der Klappen zu den Sandern lag nicht am Kasten.

Beim Laufwerk ist es schon schlimmer. Die Laufeigenschaften der ersten Maschinen waren so schlecht, dass noch während dem Bau das Laufwerk verändert wurde. Gründe für die schlechten Laufeigenschaften, fanden sich entweder im kurzen festen Radstand oder in den speziellen Drehgestellen mit dem langen Radstand. Diese Mängel führten bei hohen Geschwindigkeiten zu Schlingerbewegungen, die nicht nur unangenehm waren, sondern das Risiko einer Entgleisung erhöhten.

So war klar, dass die Höchstgeschwindigkeit von 125 km/h nie erreicht werden sollte. Man musste die Maschinen notgedrungen auf 100 km/h beschränken. Das war natürlich nicht gut, da so die Ae 3/6 I die einzige Lokomotive blieb, die schneller als 100 km/h fuhr. Gegen die Erhöhung auf diesen Wert sprach bei der Maschine, dass sie mit den Triebachsen grosse Probleme hatte und diese nahmen mit der Erhöhung der Geschwindigkeit zu.

Ab 1955 durften die etwas stabiler laufenden Maschinen mit den Nummern 10 807 bis 10 812 etwas schneller fahren. Ihnen wurde nun eine Geschwindigkeit von 110 km/h zugestanden. Wobei die Weichen blieben dabei auf 100 km/h beschränkt. Bei einem angespannten Fahrplan war das Lokomotivpersonal, aber auch die elektrische Ausrüstung der Lokomotive, gefordert. Besonders dann, wenn sich die Stationen sehr dicht folgten.

In den engen Kurven des Gotthards wurden die Achsen der Baureihe Ae 4/6 zudem regelrecht misshandelt, denn es fehlte entweder die radiale Einstellung oder diese funktionierte nicht richtig.

Gerade bei den Java-Drehgestellen drückte die Lokomotive die Triebachse so zurück, dass die Auslenkung alleine von der Laufachse übernommen wurde. Sie können sich in etwa vorstellen, was in einer engen Kurve für Kräfte entstanden.

Die Lokomotive, die sich sehr darum bemühte die Kurven gerade zu biegen, konnte so nie für die Zugreihe R zugelassen werden. Im Gegenteil besonders enge Kurven mussten im Betrieb gemieden werden.

Massnahmen, die verhindern sollten, dass die Achsen brachen. Trotzdem sollten die Loko-motiven der Baureihe Ae 4/6 während des ganzen Betriebseinsatzes mit gebrochenen Trieb-achsen kämpfen müssen. Ein Vorfall, der nur mit Hilfswagen behoben werden konnte.

Wie stark die Achsen der Lokomotive belastet wurden, zeigt die Tatsache, dass diese regel-mässig mit Ultraschall untersucht werden mussten. Die Kräfte, die auf die Triebachsen wirkten waren extrem hoch, so dass diese zu Brüchen neigten. Es entstanden immer wieder Kräfte, die in der Achse Torsionskräfte erzeugten. Dazu waren diese jedoch nicht ausgelegt worden. Selbst die Achslager wurden dadurch vernichtet.

Die Ursache lag dabei nicht nur bei den Beanspruchungen im Gleis, sondern auch im Adhä-sionsverhalten der Lokomotive. Die hohe Leistung konnte zwar bei schönem Wetter noch recht gut auf die Schienen gebracht werden.

Die Entlastung der vordersten Triebachse reduzierte deren Zugkraft auch mit dem Adhäsions-vermehrer jedoch massiv. Das zeigte sich vor allem bei nasser Witterung. Hier neigte die Lokomotive sehr schnell zum Schleudern.

Abhilfe brachte zwar der Sand, der vor jedes Rad geworfen werden konnte, aber befriedigend war das sicherlich nicht. Die ausrutschenden und wieder greifenden Räder verursachten zusätzliche Torsionskräfte in den Triebachsen. Schliesslich griffen nie beide Seite genau gleich. Die Baureihe Ae 4/6 wurde daher zu einer Lokomotive, die ihrer Triebachsen nichts Gutes wollte. Der Begriff Schienenmörder trug sie daher zu recht.

Die Normallast musste daher reduziert werden. Diese deutliche Reduktion schonte die Triebachsen etwas, aber betrieblich war das eine Katastrophe. Wo eine Maschine geplant war, benötigte man zwei Stück. Dem Laufwerk kann so kein gutes Zeugnis ausgestellt werden, denn eigentlich erfüllte die Maschine hier keinen einzigen Punkt im Pflichtenheft. Schlimmer noch, sie war ein potentielles Sicherheitsrisiko, das heute vermutlich nicht mehr fahren würde.

Hinzu kam der SLM-Universalantrieb. Dieser heulte dank den gerade verzahn-ten Getrieben, je länger die Lokomotive eingesetzt wurde, immer stärker. Die unbändige Kraft der Motoren belastete dabei die Lager der Wellen so sehr, dass sich diese verformten.

In der Folge liefen die Zahnräder nicht mehr korrekt und die Teilung stimmte nicht mehr. Man konnte regelrecht hören, wie Metall abgetragen wurde und der Lärm zunahm.

Die Lokomotiven fielen durch den grossen Lärm auf und mussten regelmässig in die Hauptwerkstätte um die Getriebe wieder zu richten und die Zähne zu erneuern. Das erhöhte die Kosten für den Unterhalt bei dieser Baureihe extrem.

Keine Maschine mit dem SLM-Universalantrieb sollte daher zu einem grossen Erfolg für den Konstrukteur werden. Böse Zungen behaupteten, dass der Uni-versalantrieb den Namen von der universellen Lärmbelästigung kommen wür-de.

Farben und Anschriften unterliegen einem Zeitgeist. Hier waren die Lokomo-tiven recht beharrlich, denn eine grosse Änderung beim Anstrich und der Farbe gab es nicht.

Es wurden zwar kleinere Anpassungen vorgenommen, aber auch hier muss gesagt werden, dass die Baureihe Ae 4/6 eine der wenigen Maschinen war, die zeit ihres Lebens mit ein und derselben Farbgebung eingesetzt wurden. Nur die Nummer am Umlaufblech verschwand.

Die pneumatische Einrichtung mit dem Kompressor und den Bremsen war hingegen ein voller Erfolg. Die Anlage funktionierte und das neue Lst 1 sollte zum Steuerventil vieler Lokomotiven werden. Die Innovationen, die hier während dem zweiten Weltkrieg umgesetzt wurden, waren schlicht grossartig. Wer hier einen Fehler suchen will, der sucht lange und findet ihn eigentlich nur bei den Bremsklötzen, die nicht geteilt ausgeführt wurden.

Die mechanischen Veränderungen zeigen klar auf, dass die Lokomotive Mängel hatte. Diese gab es auch im elektrischen Teil, wo aber die wegen dem Mangel an Rohstoffen verwendeten Materialien nicht genügten. Dazu gehörten in erster Linie im Transformator die Wicklungen aus Aluminium. Diese mussten ersetzt werden, wodurch die Lokomotive schwerer wurde. Der Umbau fand im Jahre 1953 statt und stellte somit den einzigen schweren Mangel dar.

Elektrisch funktionierte die Lokomotive einwandfrei und kaum jemand beklagte sich über elektrische Störungen. Der neue Stufenschalter musste dabei wirklich ein beängstigendes Programm absolvieren. Besonders bei jenen Lokomotiven, die mit 110 km/h verkehren durften, stand er kaum still. Jedoch lief er zuverlässig, so dass man diesen auch bei den nachfolgenden Maschinen der Baureihen Ae 6/6, RBe 4/4, sowie Re 4/4 II verwendete.

Die Shunts zu den Fahrmotoren gingen bei den ersten vier Lokomotiven schon kurz nach der Inbetriebsetzung in Flammen auf. Die Anordnung der Wendepolshunts aussen am Kasten hatte den Nachteil, dass die Widerstände stark verschmutzt wurden. Hauptsächlich war es das Öl aus den vielen Gleitlagern. Trat dieses aus, verspritzten die Räder es in die Widerstände. Diese wurden durch den Betrieb jedoch immer wieder bedrohlich warm.

Bremste man mit der pneumatischen Bremse kräftig, gelangten Funken in den Bereich der Widerstände. Dieser Funkenwurf entzündete in mehr als einem Fall den öligen Schmutz und rief nach dem Eingreifen der Feuerwehr. Um diese doch sehr häufigen Störungen in den Griff zu bekommen, wurden die Wendepolshunts bei den weiteren Maschinen im Maschinenraum montiert. Die älteren Modelle passte man den neuern Exemplaren an.

Die neuartige elektrische Bremse war ein gelungener Wurf. Diese Art der elektrischen Bremse wurde in der Folge auf allen Lokomotiven der Schweizerischen Bundesbahnen SBB verwendet und erst bei der Baureihe Re 6/6 leicht verändert. Die elektrische Bremse der Ae 4/6 war somit wegweisend und wurde erst mit den modernsten Lokomotiven mit Drehstrommotoren aufgegeben, da dort andere Steuerungen zum Einbau kamen.

Damit haben wir die Überleitung zur Steuerung. Diese funktionierte auf der Lokomotive recht zuverlässig. Ab und zu versagte zwar die Ansteuerung des Hauptschalters.

So musste oft, um die Lokomotive einzuschalten, als letzte Rettung die ver-botene weil gefährliche, Besenstielmethode angewendet werden. Abhilfe schaffte hier jedoch nur ein neuer Hauptschalter, der verbesserte Kontakte bekommen hatte.

Damit hätten wir die Massnahmen eigentlich schon besprochen, denn auch bei der Steuerung gab es kaum Probleme mit der Baureihe. Es sei denn, man kam auf die hirnverbrannte Idee und wollte aus zwei Maschinen eine machen.

Die Vielfachsteuerung war ein Kapitel für sich, doch auch sie funktionierte zu Beginn noch sehr zuverlässig und führte kaum zu nennenswerten Störungen. Doch das änderte schnell.

Probleme bereiteten die Steckdosen und die Kabel. Bei den Steckdosen war das Problem, dass im Betrieb immer wieder Feuchtigkeit zu den Kontakten gelangen konnte.

Das konnte einsickerndes Wasser, aber auch eingedrungener Schnee sein. Dadurch korrodierten die Kontakte und der Widerstand stieg an. Bei einer Spannung von lediglich 36 Volt, konnten so die Signale nicht mehr zuverlässig auf die Kabel übertragen werden.

Bei den Kabeln sah es nicht besser aus. Diese mussten gekreuzt werden. Hatten nun die Schirmungen durch mechanische Beschädigungen Risse erhalten, versagte die Isolation. Es kam zu Kurzschlüssen. Viel mehr Ärger bereiteten jedoch die in diesem Fall auftretenden Störungen. Diese nahmen mit der Fülle der Befehle immer mehr zu und sorgten letztlich für eine Abschaltung der ferngesteuerten Lokomotive. Eine Weiterfahrt war unmöglich.

Stand das Gespann, reduzierten sich die Signale auf der Leitung wieder. Man konnte die Maschinen einschalten und wieder losfahren.

Zumindest bis zu jenem Punkt, wo die Dichte der Signale wieder angestiegen ist. Mit der Zeit verlor das Personal mit diesem System die Geduld.

Zumal die Ladediode in die Knie ging, wenn sie zwei Lokomotiven versorgen musste. Die Sache lief dann auf den Batterien, die auch nicht lange durch-halten konnten.

So richtig in den Griff bekommen hatte man dieses System daher nie. In der Fol-ge wurde die Einrichtung betrieblich im-mer weniger genutzt.

Letztlich wurde der ganze Mist ausge-baut und die Lokomotiven verkehrten wieder ohne Störungen an der Vielfach-steuerung.

Hier kann jedoch gesagt werden, dass es mit dem nächsten Kabeltyp funktionierte. Jedoch kam dieses Kabel für die Bau-reihe Ae 4/6 schlicht zu spät.

Im Bereich der Bedienung gab es bis zur Modernisierung keine nennenswerten Veränderungen. Jedoch stellte das neue Führerbremsventil für das Lokomotivpersonal eine gänzlich neue Bedienung dar. Mit ein bisschen Erfahrung war es sogar angenehm zu bedienen, jedoch hatte es seine Tücken, die zu gefährlichen Situationen führen konnten und daher nicht zu erwarten war, dass das Ventil Knorr C bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB weiter verwendet werden sollte.

Dese von allen anderen Ventilen abweichende Bedienungsart forderte besonders Anfänger und brachte sie immer wieder in Schwierigkeiten. War die Bremsung missraten, wurde mit einem festeren Griff versucht, der Bremse noch ein wenig mehr Druck abzuverlangen. Dabei wurde aber nicht mehr gebremst, sondern es erfolgte durch die gedrückte Klinke ein Füllstoss. Die Schnellbremse brachte dann den Zug noch zum Stehen, wenn auch nicht dort, wo er sollte.

Bei all diesen Problemen, die schwer zu beheben waren, überrasche es nicht, dass die Lokomotive einen schlechten Ruf bekam. Gerade die Triebachsen mit all ihren Problemen konnten schon als gröberes Problem angesehen werden. Mit gebrochenen Triebachsen ist nicht zu spassen, da können schwere Unfälle entstehen. Wobei der Reihe Ae 4/6 hier die innen gelagerten Achsen etwas halfen, aber ein grosses Problem war es trotzdem.

Ergänzt mit einem Antrieb, der sich selber vernichtete, wurden die grossen Errungenschaften der Maschine unbedeutend. Man kann die Baureihe Ae 4/6 deshalb als elektrischen Erfolg bezeichnen. Das war sicher ein gutes Zeugnis für die Elektriker. Das Gesamtpaket war ein hervorragender Versuchsträger. Nur dazu wurden schlicht nicht zwölf Lokomotiven benötigt. Die Bestellung vor Ablieferung der Prototypen war daher ein Fehler.

Letztlich erhielten die Lokomotiven der Baureihe Ae 4/6 noch den Gotthardfunk. Dieser wurde mit der Einführung auf allen Lokomotiven, die im Güterverkehr und am Gotthard eingesetzt wurden, benötigt. Darunter gehörten auch die verbliebenen Maschinen der Reihe Ae 4/6. Der Einbau war aber nur von kurzer Dauer, denn er erfolgte nur wenige Jahre vor dem endgültigen aus der unbeliebten und sehr lauten Lokomotive.

 

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