Betriebseinsatz 2. Teil |
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Ab 1956 begann der Stern der
drei grossen
Lokomotiven endgültig zu sinken. Die in Serie gebauten
Ae 6/6
funktionierten gut und kamen in immer grösserer Anzahl an den Gotthard.
Die Dienste der drei Grossen wurden immer mehr mit
Ae 6/6
gefahren. Die Ae
8/14 wurden nur noch vereinzelt auf der ganzen Gotthardstrecke eingesetzt
und vor den noblen Zügen definitiv abgelöst. Der neue Star war mit 120
Tonnen sehr leicht. Die drei Giganten fristeten noch ein Dasein in Vor-spann- oder Zwischendiensten. Der Star war diese kleine und nicht einmal halb so schwere Lokomotive geworden, den Ae 8/14 blieb nur noch Rang zwei, wenn nicht sogar Rang drei.
Diesen Platz
teilten sich die Maschinen mit den Ae 4/6. Noch konnte man auf die
Maschinen jedoch nicht verzichten, denn dazu hatte man schlicht noch nicht
genug
Ae 6/6 im Bestand. Für weitere Aufregung sorgte die Nummer 11 801. Sie verliess den Gotthardtunnel bei Airolo mit 100 statt den erlaubten 70 km/h. Der Lokführer hatte im langen Tunnel die Orientierung verloren und war plötzlich in der Kurve.
Die
Lokomotive
bewies dabei ausgesprochen gute Standfestigkeit und entgleiste bei dieser
Aktion nicht. Den Test nicht bestanden hatte dabei das Geschirr im
Speisewagen das der Schwerkraft folgte und für ein riesiges Chaos im
Wagen sorgte. Die Lokomotive mit der Nummer 11 801, die so-eben ihre Standfestigkeit unter Beweis gestellt hatte, verlor den Passus der schwersten Loko-motive in Europa.
In Schweden begann
sich 1960 die erste Dm3 vor den schweren Erzzügen in Szene zu setzen. Die
Lokomotive war deutlich schwerer und die Maschine in der Schweiz wurde
entmachtet. In der Folge war es die schwerste Lokomotive in Mitteleuropa.
Zumindest in der Schweiz war das klar, denn Doppellokomotiven waren vom
Tisch.
1961 konnte das Herz der Fans
von Doppellokomotiven wieder höher schlagen. Während die drei Grossen am
Gotthard immer mehr in niedere Dienste gedrängt wurden, kam bei der BLS
mit der Lokomotive
Ae 8/8
eine neue Doppellokomotive in Betrieb. Am
Gotthard war das Thema jedoch abgehalten, denn immer mehr
Ae 6/6 tummelten
sich am Gotthard und diese liefen den alten Maschinen den Rang ab. Am
Gotthard sollte es keine Doppellokomotiven mehr geben. Ebenfalls 1961 erschien die Lokomotive mit der Nummer 11 851 wieder auf den Geleisen. Sie verliess die Hauptwerkstätte in Bellinzona nach einem längeren Aufenthalt wieder. Ein Kabelbrand hatte der Lokomotive schwer zugesetzt und so musste man einige Teile ersetzen oder neu einbauen.
Dazu gehörten die beiden
Führerstände,
denn diese waren nicht mehr zu retten. Nur hatte man keine passenden
gefunden. Das Lokomotivpersonal rieb sich wohl die Augen. Die von vorne her erhoffte Ae 6/6 entpuppte sich nur wenig später als die Nummer 11 851 und somit als Ae 8/14. Die Getriebe wurden zwar ersetzt, aber beim Lärm auf der Lokomotive änderte das jedoch nichts.
Zumindest konnte man sich hinsetzen und so die Fahrt mit der röhrenden und
heulenden Maschine in Angriff nehmen. Noch fehlte aber das Wappen an der
Front.
Nur ein Jahr später wurden
die
Dienstpläne wieder einmal neu aufgestellt. Für die
Lokomotiven Ae 8/14
kam es damit aber ganz schlimm. So verloren die Lokomotiven mit dem
Fahrplanwechsel 1962 die letzten eingeteilten
Reisezüge. In der Folge
sollten die gigantischen universellen Lokomotiven nur noch vor
Güterwagen
verkehren. Speziell war dabei, dass sie zu zweit von Bodio nach Erstfeld
fuhren. Aber eben, nur mit einem
Güterzug.
Trotz den niederen Diensten,
mit den drei Grossen konnte immer noch allerhand „Unfug“ betrieben werden.
So kam es vor, dass der Ae 8/14 Nummer 11 852, die einen der wenigen Züge
bespannte, Vorspann gestellt werden musste. Weil der Zug anhand der
Unterlagen für die
Lokomotive zu schwer war, musste eine
Ae 6/6 zur Hilfe
eilen. Solche
Vorspanndienste waren zu jener Zeit am Gotthard sehr oft
anzutreffen. So startete das Gespann im Bahnhof Erstfeld mit dem Ziel Göschenen, wo sich die vorgespannte Ae 6/6 wieder verabschiedete. Ein tägliches Unterfangen. Nur wenn der Lokführer der Ae 8/14 es mal krachen lassen wollte, gab das immer wieder zu reden.
Auf jeden Fall beschleunigte der Zug trotz der grossen Steigung und dem
hohen Gewicht sehr schnell. Die Geschwindigkeit stieg stetig an und erreichte
dabei die erlaubte Geschwindigkeit. Nur blieb der Zeiger am Hasler Teloc nicht stehen. Dem verzweifelten Lokführer auf der führenden Lokomotive Ae 6/6, der für die Einhaltung der Geschwindigkeit verantwortlich war, blieb nichts anderes übrig und er griff zur elektrischen Bremse.
Auf der Fahrt nach Göschenen bremste die
Ae 6/6 den
Zug mit der
elektrischen
Bremse ab, während die Ae 8/14 hinten wacker den
Zug zog und die bremsende
Ae 6/6 vor sich her schob.
Wohl verstanden, diese Übung
fand auf der Bergfahrt mit einem rechnerisch für die Ae 8/14 zu schweren
Zug statt! Dabei wurden höchstwahrscheinlich die Motoren der 11 852 nicht
überfordert. Wie die Reaktion des vorderen Lokführers in Göschenen gewesen
sein muss, entzieht sich meiner Kenntnis. Diese Übung zeigt aber deutlich
auf, mit der 11 852 konnten bei weitem schwerere Züge, als die 770 Tonnen
gezogen werden.
Der schlimmsten der drei Maschinen, der 11 801,
drohte im Jahr 1964 bereits der Schweissbrenner. Die Chancen für eine
erhöhte
Normallast bei der 11 852 stiegen an. Der Auftrag zum Abbruch
wurde bereits erteilt und an die
Hauptwerkstätte Bellinzona übermittelt.
Die schwächste Ae 8/14 stand kurz vor dem endgültigen aus. Man wollte sie
nicht mehr. Die Lauten hatten gesiegt, was natürlich nicht alle
Bahnangestellten mit Freude gesehen hatten.
Hätte man in Bellinzona sofort zum Schweissbrenner
gegriffen, wäre es um die
Lokomotive endgültig geschehen gewesen. Dank der
gemütlichen Mentalität der Tessiner und die Tatsache, dass man keinen
Buchliantrieb
benötigte, konnte die Maschine aber im letzten
Augenblick gerettet werden. Es kam zu einem Umdenken und die Lokomotive
wurde nochmals modernisiert. Ein Aufschub auf Zeit sollte es sein. Der 11
801 half dabei der Fahrzeugmangel, der selbst die ältesten Dampfmaschinen
noch mobilisierte. Schliesslich kamen jetzt die Re 4/4 II und mit ihnen die Bergversion, die Re 4/4 III. Diese mit einer funktion-ierenden Vielfachsteuerung ausgerüsteten Maschinen konnten die Leistungen der Ae 8/14 problemlos fahren und waren dazu noch viel leichter und vor allem schneller.
Die drei Giganten hatten endgültig das Nachsehen. Die
Vielfachsteuerung von
Lokomotiven trat ihren Siegeszug an und die
Doppellokomotiven hatten endgültig verloren. Im Jahre 1971 begann der Stern der 11 852 endgültig zu sinken. So begann das Jahr mit einer verhältnismässig harmlosen Reduktion der Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h auf 100 km/h.
Die
Getriebe liessen bei der Maschine einfach keine höheren
Geschwindigkeiten mehr zu. Die stärkste
Lokomotive der Welt hatte einen
herben Dämpfer er-fahren, lag sie doch jetzt bei den anderen Ae 8/14,
zumindest was die
Höchstgeschwindigkeit betraf. Wer nun in den Dienstplan der drei Giganten blickte, erkannte, dass die hochwertigen Züge auch im Güterverkehr zur Geschichte gehörten.
Trotzdem gab es noch Züge und im
Plan war sogar vorgesehen, dass zwei der Grossen zusammen über den
Gotthard zurück nach Erstfeld fuhren und so eine gigantische 68 Meter
lange
Lokomotive bildeten. Aber dieses Gespann bedeutete auch, dass man
die Lokomotiven nicht optimal einsetzen konnte.
Im Sommer 1971 kam dann der
kometenhafte Absturz der
Lokomotive 11 852. Die Maschine verschwand mit
dem Zug 5486 und dem Ziel Tessin am Abend des 26. Juli 1971 in Göschenen
im
Gotthardtunnel. Im Gotthardtunnel kam es dann zu einem
Kurzschluss
in
der Lokhälfte zwei. Da der Lokführer den Zug korrekterweise erst in Airolo
zum Stillstand brachte, brannte die Lokhälfte zwei bei der
Einfahrt in den
Bahnhof lichterloh.
Die Bemühungen der Feuerwehr Airolo konnten die
Lokomotive nicht mehr retten. Eine Aufarbeitung der vom Pech verfolgten
Maschine kam nicht mehr in Frage. Die Lokomotive wurde ausgemustert aber
nicht abgebrochen. Somit war die letzte Ae 8/14 die erste, die aus dem
Betrieb genommen wurde. Dafür gesorgt hatte ein Brand, der schon vielen
anderen Lokomotiven zu einem schnellen Ende verholfen hatte.
Damit verschwand aber auch
die leistungsfähigste
Lokomotive der Welt in der Schweiz. Lange sollte das
jedoch nicht der Fall sein, denn die Kasten der ersten Lokomotiven der
Baureihe
Re 6/6 wurde von der SLM zum Elektriker überstellt und damit
sollte eine neue Lokomotive diesen Titel wieder in die Schweiz holen. Die
Nummer 11 852 ebnete daher der ersten
Re 6/6 den Weg zu diesem immer
wieder angestrebten Titel. Als dann im Jahre 1972 die erste Re 6/6 abgeliefert wurde war klar, die riesigen Ae 8/14 hatten endgültig ausgedient. Während von der einzigen Maschine, die noch entgegen hätte halten können, nur noch Trümmer existierten, waren die beiden anderen chancenlos.
Die leichte
sechsachsige
Lokomotive hatte viel mehr
Leistung
und höhere
Anhängelasten als die verbliebenen Ae
8/14. Kam hinzu, dass sie viel schneller und sportlicher war. Hier soll ein kurzer Vergleich helfen. Die Ae 8/14 hatten 58 Fahrstufen, die in jeder Sekunde geschaltet wurde. Nach 58 Sekunden war somit die letzte Stufe erreicht. Bei der Lokomotive Re 6/6 waren es nur noch 34 Fahrstufen, die jedoch zu dritt in einer Sekunde geschaltet werden konnten. Somit hatte die neue Maschine in elf Sekunden alle Stufen geschaltet.
Sie war fünfmal schneller geworden. Erst wenn man
diesen Vergleich beizieht, erkennt man, wie gemütlich es bei der Ae 8/14
dank der Wechselschaltung der
Stufenschalter
zu und her ging.
Jedoch müssen wir nun auch
einen direkten Vergleich bei der
Leistung anstellen. Die
Lokomotive Nummer
11 852 hatte eine Leistung von 11 100 PS und durfte in den steilen Rampen
770
Anhängelast ziehen. Die
Re 6/6 kam „nur“ mit 10 600 PS daher und wurde
mit 800 Tonnen schweren Zügen belastet. Somit hätte die 11 852 vermutlich
auch weitaus schwerere Züge den Gotthard hoch schleppen können. Nur das
konnte sie nie direkt zeigen.
Nun, während die 11 852 vom
Pech verfolgt wurde, hatte die 11 801 immer wieder wundersames Glück. War
1964 schon ihr Abbruch beschlossen, entging sie am 22. Mai 1974 nur knapp
einem Felssturz. Der Felsbrocken fiel unmittelbar nach Durchfahrt des
Zuges auf die
Geleise und versperrte den Weg. Ein wenig
Verspätung und die
Lokomotive hätte vermutlich zwischen Lavorgo und Faido ihr
endgültiges Ende gefunden.
1975 wurde die Ae 8/14 Nummer
11 801 wieder der
Hauptwerkstätte Zürich zugeteilt. Die Hauszeitung der
Hauptwerkstätte fragte sich, ob denn die Maschine niemand will, oder ob
man sich um sie reissen würde. Wobei vermutlich die Ironie des Satzes eher
im ersten Teil zu suchen ist. Der Grund lag daran, dass Zürich wohl mit
den
Buchliantrieben besser zu Recht gekommen ist als Bellinzona. Aber es zeigt
auch, dass die 11 801 ein oft gesehener Gast war.
Je mehr
Re 6/6 in Betrieb
kamen, desto mehr konnte man auf die ungeliebten beiden Ae 8/14
verzichten. Sie wurden nur noch in niederen Diensten eingeteilt und kamen
kaum mehr über den Berg. 1976 kam die 11 801 gerade einmal zwischen
Flüelen und Göschenen zum Einsatz. Weitere Reisen unternahm diese
Lokomotive nur noch sehr selten. Oft stand sie irgendwo im
Depot Erstfeld
und wartete auf Arbeit.
Die Schwesterlok absolvierte
noch eine richtige
Tour de Suisse und fuhr mit einem einzigen zweiachsigen
Güterwagen über Strecken, die sie bisher noch nie gesehen hatte. Die
Maschine vagabundierte so richtig auf allen Strecken, nur nicht am
Gotthard, herum. Das ganze Gespann diente zum auffinden und
entmagnetisieren von
Weichen. Daher erhielt die
Lokomotive die nicht ganz
schmeichelhafte Bezeichnung „Gerät zum entmagnetisieren von Weichen.“
Lange konnte das nicht mehr
gut gehen. 1977 kam dann für die Ae 8/14 das Aus. Auch die letzten
Dienstpläne für Ae 8/14 konnten nun gestrichen werden. Es waren genügend
Re 6/6 im Einsatz. Dabei wurde, wie könnte es auch anders sein, die
glücklichere 11 801 vorerst im
Depot Erstfeld und dann im Depot
Arth-Goldau abgestellt. Die
Ausmusterung
war zwar erfolgt, trotzdem gab es
keinen Auftrag zum Abbruch.
Die 11 851, die schon während
mehreren Jahren mit stark abgenützten
Getrieben laut röhrend unterwegs
war. Wurde als
Lokzug
ein letztes Mal über den Gotthard in Richtung
Hauptwerkstätte Bellinzona geschickt. Es sollte die letzte Reise in
eigener Kraft sein. Ihr Abbruch war zu diesem Zeitpunkt bereits
beschlossen. Dieser sollte ihrer Hauptwerkstätte übertragen werden.
Schliesslich konnte man die beiden
Führerstände noch brauchen.
Da der
SLM-Universalantrieb
nicht besonders überzeugen konnte, trauerte bei den Schweizerischen
Bundesbahnen SBB niemand der Lokomotive nach. Besonders die Lokführer
bemängelten, dass sie die Maschine bis nach Hause verfolgte. Den
ohrenbetäubenden Lärm des abgenutzten
Getriebes hörten sie noch zu Hause
im Bett. Die Bedenken einiger Fans wurden ebenfalls nicht gehört, so dass
es endgültig um den SLM-Universalantrieb gewesen war.
Nachdem ihr in Bellinzona
noch alle brauchbaren Teile demontiert wurden, verlies die
Lokomotive
Bellinzona ohne
Führerstände ein letztes Mal in Richtung Biasca. Dort
wurde sie auf dem Friedhof mancher Gotthardlok beigesetzt. Die drei
„Grossen“ waren vom Schienennetz verbannt worden. Die Lokomotiven mit
Vielfachsteuerung hatten endgültig gesiegt und übernahmen das Zepter am
Gotthard.
Letztlich waren da noch die Trümmer der 11 852. Diese
gingen vermutlich vergessen. Bei der ganzen Aktion wurde von den drei
Giganten nur die 11 851 abgebrochen. Die Trümmer der 11 852 waren gut
versteckt, so dass vermutlich auch niemand, der zur grossen Abschiedsfeier
nach Bellinzona reiste, sie sehen konnte. Es begann für die verbliebenen
beiden Ae 8/14 ein mehr oder weniger langer Dornröschenschlaf.
Wie beim Bahnpersonal üblich,
blieben auch die drei Grossen nicht von Übernamen verschont. Es war schon
fast Tradition geworden. Man darf hier sicherlich an jene Maschine
erinnern, die nur anhand ihres Übernamens bekannt wurden. Wer kennt schon
die Ce 6/8 II. Aber bei
Krokodil
leuchten alle Augen auf. Die riesigen Ae
8/14 wurden jedoch nicht mit solch tierischen Namen beehrt. Und so soll
einer der wegen der
Achsfolge
treffenden Übernamen zum Abschluss hier stehen:
Schienenwalzwerk
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