Persönliche Erfahrungen

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Ich muss es gestehen. Geboren wurde ich in einer Zeit, wo die letzten Dampflokomotiven bereits verschwunden waren. Zu Jung um diese Zeit miterlebt zu haben und zu alt, um einem Traum nachzujagen. Selbst die Nebenlinie vor meiner Nase fuhr mit elektrischen Lokomotiven und entsprechenden Triebwagen. So sah die Eisenbahn in der Schweiz in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts aus. Eine Eisenbahn, die sauber ist und niemand trauerte den Dampflokomotiven nach.

Jedoch war da mein Vater, dieser berichtete von seiner Jugend und von der Schulreise, wo ein Gewitter der Fahrleitung so zugesetzt hatte, dass die elektrischen Zügen stehen blieben. Sehr zur Freude der Kinder eilte auf der Südbahn die erstfelder Hilfslokomotive zum liegen gebliebenen Zug und so schleppte die Dampflokomotive den Zug mit samt der Schulreise ans Ziel. Es muss besonders gewesen sein, wenn das Erlebnis bis ins hohe Alter im Kopf eingebrannt blieb.

Ich kannte jedoch als Kind Dampflokomotiven nur aus Deutschland. Wobei ich diese nie in Natur bestaunen konnte. Im Katalog des Modellbahnherstellers meiner Jugend fanden sich nur diese Maschinen.

Eine Dampflokomotive hatte rote Räder und trug eine Bezeichnung, die gar nicht den Schweizerischen Bezeichnungen entsprachen. Gab es solche Lokomotiven überhaupt in der Schweiz? Ich ver-mutete, dass dem nicht so war.

Selbst meine Modelle kamen aus Deutschland. Dem Kind war es egal, denn sie kurvte unter dem Weihnachtsbaum herum.

Dabei freute sich das Kind über sein neues Spielzeug. Niemand ahnte damals vermutlich, was dieses Spielzeug für Auswirkungen haben könnte. Mit gefiel jedoch die kleine schwarze Lokomotive mit den kleinen roten Rädern. Damit spielen könnte ich heute noch. Natürlich nur, wenn die Modellbahn von heute ein Spielzeug wäre.

Als ich einmal nach Olten musste, stand da eine grosse schwarze Lokomotive auf einem Sockel neben dem Parkplatz. Die dort stehende Lokomotive passte nicht so recht zu meinen Vorstellungen, wie eine Dampflokomotive aussehen müsste. Die roten Räder fehlten und auch sonst sah sie viel eleganter und für mich schöner aus. Die Hinweise auf den Schild konnte ich gerade so entziffern, denn wir hatten in der Schule bereits die ersten Buchstaben des ABC.

Der kleine Junge bestaunte die grosse Lokomotive auf dem Sockel. Es war beeindruckend, so nahe vor einer Dampflokomotive zu stehen. Irgendwie könnte mir das doch gefallen. Ich wusste, wie sie aussehen, aber auch nicht mehr, denn noch träumte ich für mich von meinem grossen Traum. Der Traum wurde letztlich, wie könnte es auch anders sein, durch eine elektrische Lokomotive der Bauart Ce 6/8 II abgelöst.

Mir wurde jetzt erst so richtig bewusst, die Schweiz hatte Dampflokomotiven. Zwar war ich damals davon überzeugt, dass sich diese nie mit den grossen Maschinen aus dem nördlichen Nachbarland messen konnten.

Selbst die grosse Lokomotive in Olten wirkte im Gegensatz klein und bescheiden. Ich wusste nicht, dass die auf dem Sockel rund 30 Jahre älter ist und so andere Massstäbe gültig gewesen wären. Zudem hatte ich keine Ahnung von einer C 5/6.

Die Nachforschungen begannen, aber viel fand ich nicht heraus und als dann einmal eine Dampf-lokomotive in meine Nähe kam, war es eine aus Deutschland.

Das war ein grosses Ding. Gesehen habe ich sie persönlich nie, aber mein Grossvater stand davor und er wirkte klein. Ich wusste wie gross mein Grossvater ist, also musste die Lokomotive riesig sein. Genau genommen war es die 052 988-3 die dem Bahnhof Aarau einen Besuch abstattete. Dabei nutzte das Rangierpersonal die Gelegenheit für Bilder.

Wo waren die Lokomotiven der Schweiz geblieben? Nur noch auf dem Sockel? Doch dann war das das Jubiläum der Nationalbahn. Ein schlichte Nebenlinie der Schweizerischen Bundesbahnen SBB und früher eher ein Eldorado für Lokomotiven der Baureihen Eb 3/5. Während meiner Jugend, waren dort nur die Triebwagen der Baureihe BDe 4/4 im Einsatz. Die Güterzüge bespannten Ae 3/6 I und wenn es hoch kam sogar eine Ae 4/7.

Grosse Lokomotiven waren selten, und das war wohl bei den Dampflokomotiven nicht anders. Nur, wenn eine Bahnlinie Geburtstag feiert, darf sie nicht fehlen. Nicht, dass man andere Stars gehabt hätte, denn schliesslich stand die Taufe der Re 6/6 mit der Nummer 11 622 an. Wer feiert, kramt seinen ältesten Schmuck hervor um ihn stolz zu präsentieren. Da sind die Bahngesellschaften auf der Welt gar nicht so anders. Dabei werden die Kronjuwelen mit Dampf betrieben.

Ein Dampfzug sollte von Zofingen aus verkehren. Dar-über wurde in der Presse ausführlich berichtet.

Natürlich stieg man als pas-sionierten Autofahrer mit dem Kind ins Auto, fuhr nach dem fernen Zofingen und dort stand sie.

Rauchend und dampfend war die Dampflokomotive zu sehen und es war eine C 5/6 aus der Schweiz! Wobei das so be-richtet wurde.

So richtig einordnen konnte ich sie nicht. Sie sah aus, wie jene in Olten auf dem Sockel.

Genauer war es die 2978, die sich daranmachte, mit dem Zug die Nebenlinie zu be-fahren.

So wirkte die Lokomotive noch beeindruckender auf den kleinen Jungen. Diesen Geruch vergisst man nicht mehr.

Ob da meine Faszination entstand? Ich weiss es nicht, aber es gab ein T-Shirt zu kaufen, und das bekam ich. So hatte ich eine C 5/6 auf dem T-Shirt. Das Kind war eingedeckt und vermutlich wollte es auch nur noch Lokifahrer werden.

Ein langer Weg wurde auch dank der C 5/6 gestartet und führte zu dieser Seite über die C 5/6. Dank dem kürzeren Weg der Strasse holten wir die Lokomotive immer wieder ein. So konnte sie immer wieder bewundert werden. Besonders dann war es eindrücklich, wenn sie die nur mit einer Pfeiftafel gesicherten Bahnübergänge befuhr, denn dann war die Lokpfeife und die war etwas lauter, als die Pfeifen der normalen und täglichen Züge.

Die Lokomotive verschwand wieder und auf der Nebenlinie kehrte wieder Ruhe ein. Auch die Lokomotive im Verkehrshaus sah ich und dort waren auch andere Dampflokomotiven. Sogar eine aufgeschnittene. Die grosse Lokomotive im Museum beeindruckte, denn nun war klar, es muss die grösste sein. Die Bewunderung für die grosse Dampflokomotive wurde durch eine Faszination dafür ersetzt. Jetzt wurde gesucht und gefunden.

Es gab sie und mit der endete alles. Nur wusste ist noch nichts von einem Sockel in Erstfeld. Mit der Ausbildung zum Lokführer, waren die Cholis kein Thema.

Wir arbeiten mit der modernen Bahn und kaum ein Wort wurde über Dampflokomotiven und Regulatoren verloren. Selbst im Depot Erstfeld wurden wir von einer Be 6/8 II begrüsst, die Dampflokomotiven waren hier endgültig verschwunden. Die einzige nicht elektrische Lokomotive war die Bm 4/4 für den Hilfswagen.

So waren kaum Anzeichen vorhanden, dass die Lokomotive auch meinen Weg kreuzen würde. Der Star im Depot war auch nicht eine C 5/6, sondern deren Nachfolger, die Ce 6/8 II mit der Nummer 14 253, die als betriebsfähige Maschinen erhalten blieb.

Erstfeld war klar in den Händen der elektrischen Lokomotiven und für die jungen Lokführer gab es da nicht mehr viel auszurichten. Unsere Typen waren noch moderner, auch wenn die Re 4/4 I und die Ae 4/7 gerne als alt betitelt wurden.

Im Vergleich zum Krokodil waren sie jung. Das konnte man wirklich nicht verleugnen, aber was war dann mit den Dampflokomotiven? Eine C 5/6 war noch älter, wenn auch nur wenige Jahre. So konnte ich mir erstmals ein Bild machen und dann fiel es mir ein. Die grosse Dampflokomotive der Schweizerischen Bundesbahnen SBB war ein Stück älter, als die von den Achsen her, vergleichbare BR 52 aus Deutschland. Wenn man im gleichen Alter sucht, wird es schwer.

Als man in der Schweiz 150 Jahre Eisenbahnen feierte, waren auch Anlässe am Gotthard vorgesehen. So hiess es, dass die Cholis aus dem fernen Mittelland kommen würden. Damit sollte es dann über den Gotthard gehen. Wenn die C 5/6 schon bei Nebenstrecken fasziniert, was wird dann wohl auf ihrer einstigen Heimatstrecke passieren? Der erwachsene Mann wurde wieder zum kleinen Jungen von damals, wo man die C 5/6 noch suchte.

Endlich sollte die Lokomotive wieder in die Nähe kommen. Damit beschäftigt war ich jedoch nicht, denn ich hatte meine Züge zugeteilt und die fuhren elektrisch.

Auch wenn das den Fotografen und den Presseleuten nicht immer gefallen sollte. Ich absolvierte das, was man plan-mässigen Verkehr nannte.

Dummerweise tat ich das auf einer Strecke, die viele ihrerseits bereits damals als Museum angesehen hatten. Das konnte nicht gut enden.

Die Dampflokomotiven übernachteten dabei in Erstfeld und standen neben dem Depot. Passend zur Bezeichnung standen die Lokomotiven auf dem Kanal.

Ein Gleis, das so bezeichnet wird, weil sich früher hier die Schlackegrube, eben ein Kanal befand. Passender wäre der Ort nicht zu wählen gewesen.

Unter den diversen Dampflokomotiven befand sich auch die C 5/6 und somit die einzige richtige Gotthardlokomotive.

Mein Dienst sorgte dafür, dass ich bei den Lokomotiven vorbeigehen musste. Der Geruch aus meiner Jugend stieg mir wieder in die Nase und Erinnerungen an das T-Shirt und an eine Zeit, wo für mich die Schweizerischen Bundesbahnen SBB nur elektrische Lokomotiven hatten, wurden wach. Mittlerweile wusste ich aber mehr und so waren die Lokomotiven für mich normal genug, dass ich ihnen nur schnell einen Blick zuwarf.

Eine Nacht lang sah es im Depot Erstfeld wieder so aus, wie das vor Jahrzehnten der Fall gewesen sein musste. Im ganzen Areal standen die Dampflokomotiven herum und der Rauch liess erkennen, die Lokomotiven waren nur remisiert und nicht abgestellt. Es war eine Szene, wie sie sich um 1910 zugetragen haben könnte. Sie zeigte aber, dass Dampflokomotiven während diesen Wartezeiten regelmässig gewartet werden mussten.

Lange konnte ich die Szene nicht auf mich wirken lassen, denn mein Zug stand im Bahnhof und musste in den Süden. Dieses mal mit einer Re 6/6 und 755 Tonnen am Haken. Die starke Lokomotive wurde in diesem Moment wirklich etwas armseliger, auch wenn sie einiges stärker war als alle Cholis zusammen. Der Geruch von Rauch und Dampf fasziniert auch gestandene Eisenbahner, denn das sind, wie man so schön sagt, die guten alten Zeiten.

Als die Cholis wieder aus dem Tessin zurückkehrten, machten sie in Erstfeld einen Zwischenstopp. Ich hatte Reservedienst eingeteilt und war nicht mit den Feierlichkeiten beschäftigt. Eigentlich wartete ich auf Einsätze mit Schiebelokomotiven. Diese nur bei Bedarf benötigten Lokomotiven binden einen Lokführer an ein Depot. Das war ich und die Nacht sollte noch länger dauern. Nur, ich bekam andere Arbeit und die war speziell.

Als die Leute gingen und das Fest zu Ende ging, hiess es für die Arbeiter aufräumen.

Festzelte wurden demont-iert und der Platz ge-reinigt. Die C 5/6 musste für Nacharbeiten ins Depot und das Personal auf der Lokomotive kannte den Bahnhof und das Depot nicht.

Ein kundiger Begleiter musste her und das war nun mal nur ich. Nicht weil ich speziell geschult war, sondern einfach, weil ich verfügbar war. Das war das Schicksal eines Reservelokführers. Nichts ging im Schiebedienst und so stand Rangierdienst mit einer Dampflokomotive auf dem Programm. So kam ich erstmals in den Führerstand der C 5/6.

So ging ich zur Dampflokomotive meiner Jugend. Ein naher Kontakt sollte nun anstehen. So musste ich an diesem Abend die C 5/6 vom Bahnhof Erstfeld ins nahe Depot pilotieren. Auf dieser relativ kurzen Fahrt fiel mir vor allem die schlechte Sicht auf die Strecke auf. Ich war es mir nicht gewohnt, die Signale einem Langkessel entlang zu erkennen. Das führte dazu, dass immer wieder, um die Signale am Boden zu erkennen, die Seite gewechselt werden musste.

Der erste Wechsel der Fahrrichtung zeigte deutlich, dass die Anlagen von heute kaum mehr für Dampflokomotiven gedacht waren. So musste der Lokführer beim Anfahren die Schlemmhahnen öffnen und die Zwergsignale waren schlicht nicht mehr zu erkennen. So kämpfte man sich mit Dampf eingehüllt ins Depot und mein Einsatz endete wieder. Die Nacht führte mit elektrischen Lokomotiven nach Göschenen. Der Rauch blieb aber in der Nase.

Danach wurde es ruhiger um die Lokomotive. Mit dem Eintritt ins Team Erstfeld, kamen mir auch die Kollegen der Dampflokomotiven näher. Nur, eines war klar, ich gehöre zum Team Erstfeld und da gibt es keine C 5/6. Wir haben die elektrischen Nachkommen und sind deshalb ein elektrisches Team geworden. Mit Fahrzeugen von anderen Team fährt man nicht. Sollte dereinst eine C 5/6 nach Erstfeld kommen, würde die natürlich ebenso willkommen sein, wie die elektrischen Lokomotiven.

Nur, was nicht ist, kann ja noch werden. Das gilt auch für mich, mittlerweile kenne ich die historischen Dampflokomotiven gut und weiss, was wo die Schieber, eine Rauchkammer und das Sicherheitsventil zu finden sind. Fahrten mit der Lokomotive sind eher unmöglich und wie so oft wird es an der Zeit scheitern. Es wird auch Zeit, dass die Jungen wieder mit Dampf fahren. Nur eine Sache ist jetzt sicher. Das Krokodil und der Elefant können nach rund 100 Jahren friedlich beisammenstehen.

Persönlich stellt sich natürlich nun die Frage, kann ich mich mit Regulator, Stehbolzen und Hochdruckzylinder anfreunden? Da historische Lokomotiven im Titularsystem betrieben werden, müsste das Team Erstfeld einen Choli bekommen. Das wird jedoch nicht so schnell passieren und ich gehöre eher zum Kreis jener, die elektrische Beleuchtungen mit Batterieladung dem Petrol und der Luftpumpe vorziehen. Einzig den Treibstoff für das Personal der Dampflokomotive kenne ich auch und so werden sich immer wieder schöne Treffen ergeben.

 

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