Der Steuerwagen

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Bei keinem Triebwagen der Schweizerischen Bundesbahnen SBB waren bisher die Steuerwagen so wichtig, wie beim RBDe 4/4. Der Triebwagen konnte wegen dem fehlenden Führerstand nur mit einem Steuerwagen in beiden Richtungen eingesetzt werden. Daher wurde zu jedem Triebwagen ein passendes Modell beschafft. Eine abweichende Anzahl, wie das bei den älteren Modellen der Fall gewesen war, gab es hier nicht mehr.

Beim Aufbau des Kastens gab es keine grossen Unter-schiede zum Triebwagen. Auch hier wurde ein selbst-tragender Kasten verwendet. Natürlich konnte die Struk-tur etwas verändert werden, denn die Tragkraft musste keine elektrische Ausrüstung tragen.

In der Folge wirkte der Kasten etwas schlichter, als dies beim Triebwagen der Fall war. Trotzdem können wir von einem identischen Aufbau der Konstruktion ausgehen.

Die Aufteilung der Fenster in den Seitenwänden war etwas anders angeordnet, weil kein Gepäckabteil vorhanden war. Auch die Maschinenräume des RBDe 4/4 wurden bei einem Wagen nicht mehr benötigt. Daher hatte man Platz für die Abteile und konnte so auf jeder Seite zwei Einstiegstüren vorsehen. Im Gegensatz zu den Mustern der Privatbahnen wurden die Türen bei den Drittelspunkten angeordnet. Man erhoffte sich dadurch ein besseres Verhalten beim Einstieg.

Wichtig war hingegen, dass der identische Führerstand beim Steuerwagen nicht vorne, sondern hinten angeordnet wurde. Diese Praxis war bei den Steuerwagen schon immer so gewählt worden und erschien logisch. Für uns bedeutet das hingegen, dass die Komposition zwischen Trieb- und Steuerwagen einheitlich angesehen werden konnte. Das passte zudem zum einheitlichen Erscheinungsbild der neu gebauten Fahrzeuge.

Unterschiedlich gelöst wurden jedoch die Fahrwerke. Bei allen Steuerwagen wurden Drehgestelle aus dem Baukasten des Hauses SIG verwendet. Diese stammten von den Einheitswagen IV und wurden nur an den Steuerwagen angepasst. Deutlicher konnte man den Vorteil dieses Baukastens nicht aufzeigen, denn man konnte die Verwandtschaft kaum erkennen. Es war an den Drehgestellen wirklich sehr viel verändert worden.

Wie beim Triebwagen verwendete man für die Drehgestelle geschweisste Rahmen. Diese Drehgestellrahmen wurden als H mit massivem Mittelsteg ausgeführt. Stirnträger, wie beim Triebwagen, gab es jedoch nur beim hinteren Drehgestell. Dieser war nötig, damit dort die Sender und Empfänger für die Zugsicherung montiert werden. Ansonsten war so ein leichter aber kräftiger Rahmen entstanden, der die Laufwerke aufnehmen konnte.

Die beiden Radsätze hatten bei den Prototypen einen Durchmesser von 920 mm erhalten und waren nur 30 mm kleiner, als jene der Triebwagen. Gegenüber dem Einheitswagen IV war es jedoch eine deutliche Reduktion. Verwendet wurden hier natürlich die bei den Wagen bewährten Monoblocräder. Die Reduktion gegenüber dem Triebwagen vergrösserte sich bei den in Serie gebauten Wagen, denn dort wurde der Durchmesser auf 820 mm reduziert.

Die Federung wurde gegenüber dem Triebwagen lediglich bei der sekundären Feder verändert. Bei den Prototypen kamen in diesem Bereich noch Schraubenfedern zur Anwendung. Bei der Serie wurden hier jedoch Luftfedern verwendet.

Da diese Luftfederung einen etwas höheren Ein-bauraum benötigte, musste der Rahmen gegenüber dem Kasten etwas tiefer liegen. Deshalb wurden die Räder in diesen Drehgestellen noch einmal leicht verkleinert.

Erfahrungen mit den Einheitswagen IV zeigten sehr gute Ergebnisse mit den Luftfedern. Diese Federn konnten die Schwingungen viel besser aufnehmen. Die Steuerwagen waren zudem weicher abge-federt worden, als die Triebwagen.

Hier musste man schliesslich nicht auf eine optimale Traktion achten. In der Folge wurde der Wagen, wie auf einem Kissen getragen. Das wirkte sich auf den Komfort aus, denn es drangen kaum Geräusche in den Innenraum.

Beim Anstrich und bei den Beschriftungen gab es zum passenden Triebwagen keinen Unterschied. Sie müssen wissen, dass eigentlich jeder Triebwagen seinen fest zugeteilten Steuerwagen bekommen hatte. Ein Tausch war eigentlich nicht mehr vorgesehen. Fiel ein Fahrzeug aus, versuchte man ein Ersatz aus den anderen Bereichen der Flotte zu stellen. Das konnte ein anderer Steuerwagen, aber auch ein anderes Triebfahrzeug sein.

Gerade bei den vier Prototypen war das natürlich besonders wichtig, wurden dort bekanntlich auch bei den Steuerwagen komplett verschiedene Anstriche verwendet. Die Serie war da bereits einheitlicher. Die Bahnanschrift rückte beim Steuerwagen etwas näher zu Mitte und wurde nun zwischen den beiden Türen angebracht. Verwendet wurde auch hier das neue Logo mit den Abkürzungen des Unternehmens in den drei befahrenen Landessprachen.

Gänzlich anders waren die technischen Anschriften. Es handelte sich hier um einen Wagen und daher wurden andere Werte erreicht. So war der Steuerwagen mit lediglich 37 Tonnen deutlich leichter geworden. Zugeladen werden konnte auch hier neun Tonnen. Grob gerechnet, können wir so das Gewicht der elektrischen Ausrüstung des Triebwagens bestimmen, denn im Bereich der mechanischen Baugruppen gab es kaum Abweichungen.

Der Triebwagen mit 70 Tonnen hatte daher eine sehr schöne Verteilung der Gewichte bekommen. Sowohl der mechanische Teil, als auch die elektrische Ausrüstung machten die Hälfte des Gewichtes aus. Der Steuerwagen zeigte mit seinem Gewicht jedoch, dass die Konstruktion des 25 Meter langen Wagen nicht so schwer war, wie man meinen konnte, denn die Verstärkungen zum Schutz, waren natürlich auch hier vorhanden.

Die Druckluft für die Bremsen stammte vom Kompressor mit Lufttrockner des Triebwagens und wurde über die Speiseleitung übertragen. Diese Druckluft wurde in einer einfachen Leitung zu den im Führerstand montierten Bedienelementen geführt. Die pneumatischen Bremsen des Steuerwagens entsprachen jenen des Triebwagens. Wobei beim Steuerwagen verzichtete man auf den Einbau einer Schleuderbremse, da dort kein Antrieb vorhanden war.

Da in den Drehgestellen kein Antrieb verbaut werden musste, konnte man bei den Bremsen eine deutliche Verbesserung vornehmen. So wurden Wellenbremsschei-ben, die auf der Achse montiert wurden, verwendet.

Diese Scheibenbremsen hatten sich durchgesetzt und jede Achse wurde mit zwei Exemplaren ausgerüstet. Damit besass der Steuerwagen insgesamt acht Brems-scheiben. Die Bremskraft war daher annährend gleich, wie beim Triebwagen.

Wenn wir die Bremsrechnung für den Steuerwagen durchführen wollen, erkennen wird, dass der Steuer-wagen ein Bremsgewicht von 53 Tonnen bekommen hatte.

Da keine vom Gewicht abhängige Verstärkung der Bremskraft vorhanden war, bewegte sich das Brems-verhältnis je nach Besetzung zwischen 143 und 126%.

Damit konnte der Zug bestehend aus Trieb- und Steuerwagen nach der Zugreihe R und der Bremsreihe 125% verkehren.

Auch hier wurden die Bremszangen der Scheibenbremse nur teilweise mit einer Federspeicherbremse ergänzt. Lediglich das Drehgestell beim Führerstand hatte eine Federspeicherbremse bei jeder Bremsscheibe erhalten. Dadurch sank das damit erreichte Gewicht auf Werte um die zehn Tonnen. Bei der Rechnung ergab das eine Verhältnis von 23%. Das war wenig, reichte aber in den flachen Bahnhöfen aus um den Wagen ausreichend zu sicheren.

Zusammenfassend können wir feststellen, dass der Zug für seinen Einsatz ausreichende Bremsen erhalten hatte. Gigantische Werte, wie man sie heute kennt, waren damals mit den schweren Fahrzeugen schlicht nicht zu erreichen. Für die vorgesehenen Geschwindigkeiten von bis zu 140 km/h reichte das Brems-verhältnis von 125% auf jeden Fall aus. Das Stillhaltebremsgewicht reduzierte man, weil Fahrzeuge in der Regel in Bahnhöfen abgestellt wurden.

Unter dem Drehgestell eins wurde als Ergänzung der Scheibenbremsen noch eine Magnetschienenbremse eingebaut. Diese Bremse wurde hoch aufgehängt und lag daher nicht auf dem Geleise auf.

Für den geplanten Einsatz dieses Triebzuges reichte eine Ausführung durchaus. Lediglich bei Fahrzeugen, die im Betrieb mehr als 160 km/h erreichten, sah man damals zwei Magnetschienenbremsen vor. Wobei deren Anwendung selten erfolgte.

Zum Einsatz kam diese Magnetschienenbremse jedoch nur, wenn die Schnellbremsung aktiviert worden war. In diesem Fall wurde der Magnet mit Hilfe von Druckluft schlagartig auf die Schienen gedrückt. Durch das Magnetfeld entstanden in den Schienen Wirbelströme, die zur gewünschten zusätzlichen Verzögerung führten. Hier muss der Steuerwagen bei der SOB erwähnt werden, denn bei diesen konnte die Magnetschienenbremse jederzeit zur Verkürzung des Bremsweges ausgelöst werden.

Die Merkmale der Fahrgasteinrichtungen aus dem Triebwagen fanden sich auch beim Steuerwagen wieder. Er hatte jedoch zwei Einstiege und zwei Abteile, die in der Mitte des Fahrzeugs mit einer Glaswand mit Türe getrennt waren, erhalten. Die Sitzreihen reihten sich dabei jeweils beidseitig an die Einstiegstüre an und sie waren nicht gleich gross ausgeführt worden. Diese Abteile konnten mit einem Fahrschein in der zweiten Wagenklasse benutzt werden.

Dank den beiden Abteilen konnte man je ein Abteil für Raucher und nichtrauchende Fahrgäste einrichten. Dabei war das erste Abteil mit 40 Sitzplätzen den nicht rauchenden Gästen vorbehalten und entsprach damit dem Triebwagen. Das zweite für die Raucher bestimmte Abteil hatte jedoch lediglich 32 Sitzplätze bekommen. In diesem Abteil waren bei den Tischchen unter den Fenstern die notwenigen Aschenbecher eingebaut worden.

Man reduzierte daher bei diesen Fahrzeugen auf Wunsch der Schweizerischen Bundesbahnen SBB den Anteil für Raucher. Beim Steuerwagen fiel das mit acht Sitzen verhältnismässig gering aus. Nahm man nun auch den Triebwagen dazu, veränderte sich das Verhältnis. Nun standen den 32 Sitzen für Raucher, deren 106 Sitze für nichtrauchende Reise gegenüber. Eine deutliche Reduktion zu Gunsten der nicht rauchenden Gesellschaft.

Im Steuerwagen war zudem ein WC vorhanden. Die dazu erforderliche Kabine montierte man auf der Seite des Personenüberganges. Damit nutzte man diesen Bereich, der wegen dem Übergang nicht mit Sitzplätzen belegt werden konnte.

Die Ausführung entsprach den vorhandenen Fahrzeugen und daher war auch jetzt ein Modell der Marke Schienenblick vorhanden. Das WC war jedoch mit einer Klappe ver-schlossen und „gespült“ wurde mit einem Fussschalter.

Eine kleine Waschgelegenheit ergänzte den kleinen, nicht gerade einladend wirkenden Raum. Erhellt wurde das WC durch eine weiss beschichtete Glasscheibe und durch die Deckenbeleuchtung.

So verfügte die kleinste Zugseinheit also nur noch über ein einzelnes WC, das nahezu in der Mitte des Zuges angeordnet wurde. Dank der kleinen Plattform waren die Besucher des WC etwas von den neugierigen Blicken der Passagiere geschützt.

Gegenüber der WC-Kabine war ein freier Raum vorhanden. Dieser hatte eine Halterung für Schier erhalten und konnte daher als zusätzlicher Stauraum für Gepäck genutzt werden. Da dieser jedoch etwas ungünstig beim Personenübergang angeordnet wurde, wurde er im späteren Einsatz nur selten für diesen Zeckt genutzt. Jedoch musste dieser Bereich auch irgendwie genutzt werden, denn leer stehen Zonen gab es auch beim Steuerwagen nicht.

Eine Traktionseinrichtung, wie beim Triebwagen gab es bekanntlich nicht, da es sich um einen Wagen handelte. Die Heizung und die Lüftung wurden, wie die Ladung der Batterien, ab der Zugsammelschiene mit Energie versorgt.

Daher war eine Spannung von 1000 Volt vorhanden. Auch hier waren an den beiden Stossbalken die entsprechenden Steckdosen und beim Personenübergang ein zusätzliches Kabel vorhanden.

Natürlich, waren auch hier die Beleuchtungen der Abteile und des Fahrzeuges direkt an den Batterien angeschlossen. Wir wollen jedoch die Steuerung näher betrachten. Die Steuerung des Steuerwagens hatte nicht viel mit dem Wagen selber zu tun. Vielmehr diente diese der Kommunikation mit dem Triebwagen. Das galt selbst für die Sicherheitssteuerung, denn diese war auf dem Steuerwagen schlicht nicht vorhanden.

Die elektrische Verbindung mit dem Triebwagen erfolgte über das Kabel III der Vielfachsteuerung. Damit wurden die Meldungen des Triebwagens, bezieh-ungsweise die Befehle aus dem Führerstand im Steuerwagen, übertragen.

So verhielt sich die Anzeige der Spannung in der Fahrleitung genau gleich, wie beim Triebwagen. Unterschiede bei der Bedienung waren daher nicht zu erwarten. Eine andere Reaktion war auch nicht zu erwarten.

Damit auch die Steuerwagen der neuen Pendelzüge NPZ freizügiger eingesetzt werden konnten, wurden auch diese so ausgerüstet, dass sie Triebfahrzeuge mit der Vst IIId fernsteuern konnten.

Da es hier jedoch öfters zu erwarten war, als beim Triebwagen wurde der Steuerwagen dazu leicht angepasst. Das heisst, es mussten alle Funktionen für den Triebwagen RBe 4/4 und die Lokomotive Re 4/4 II generiert werden.

Gerade die Lokomotive war das Problem, denn für diese musste unter 40 km/h eine Beschränkung der Stosskraft auferlegt werden. Damit das mit dem Steuerwagen kein Problem gab, wurde im Führerstand in der Decke ein Umschalter vorgesehen.

Wurde dieser auf IIId umgestellt, konnte der Steuerwagen mit den erwähnten Triebfahrzeugen problemlos eingesetzt werden. Das Verhalten des Fahr-schalters entsprach diesen Fahrzeugen.

Damit korrekte Anzeigen der Antriebe vorhanden waren, wurde im Führer-tisch ein zusätzliches Instrument verbaut. Dieses zeigte die Ströme an den Fahrmotoren an, wenn mit dem System IIId gefahren wurde.

Daher war der Führerstand des Steuerwagens anhand dieses zusätzlichen Instrumentes von jenem des Triebwagens zu unterscheiden. Man hatte so aber einen freizügigen Steuerwagen erhalten, der ohne grossen Aufwand an die Vst IIId angepasst werden konnte.

Zum Schluss fehlt nur noch die Begründung für den Verzicht auf eine eigene Sicherheitssteuerung beim Steuerwagen. Diese wurde über die Vielfachsteuerung übertragen und war nicht nötig. Zudem erlaubte sie so, dass der Steuerwagen ohne grosse Umschaltungen und Handlungen als normaler Wagen in anderen Zügen eingesetzt werden konnte. Das Fahrzeug galt daher nur als Steuerwagen, wenn ein Triebfahrzeug an der Vielfachsteuerung angeschlossen war.

 

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