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Die
Inbetriebsetzung
der ersten Modelle war die Stunde der Wahrheit. Das neu gebaute Fahrzeug
musste zeigen, was in ihm steckt. Anfänglich waren das auch hier erste
Fahrversuche im Areal des Herstellers. Dort wurden auch die letzten
Grundeinstellungen vorgenommen. Im Hinblick auf die bestellte
Lokomotive waren das wichtige Erkenntnisse. Doch der Tag
der Bewährung sollte einmal kommen. Man musste den geschützten Bereich
verlassen. Der erste fertig gebaute Triebwagen wurde am 24. Mai 1959 an die Schweizerischen Bundesbahnen SBB ausgeliefert. Einen Tag später fand dann die Übernahme des RBe 4/4 mit der Nummer 1401 statt.
Solche Verzögerungen um einen Tag gab es immer wieder, denn bevor
das Fahrzeug übernommen wurde, musste geprüft werden, ob auch wirklich
alle Ersatzteile und das dazu erforderliche Werk-zeug vorhanden ist. Kam
dann die Nacht da-zwischen, gab es diese Differenz.
Sie können so eine Übernahme durchaus mit dem Kauf eines Autos
vergleichen. Der Händler richtet für Sie das Fahrzeug ein. Wenn Sie es
dann abholen, kontrollieren Sie die Funktionen, checken wo sich das
Handbuch befindet und kontrollieren, ob die technischen Hilfsmittel
vorhanden sind. Meistens bemerken Sie es jedoch nicht, weil der Händler
Ihnen den Wagen, die Funktionen und der Ort der Ersatzteile freiwillig
erklärt.
Somit besassen die Schweizerischen Bundesbahnen SBB erneut ein
Triebfahrzeug,
das Geschwindigkeiten bis 125 km/h erreichen sollte. Nach den beiden
vergangenen Rückschlägen war man bei der Industrie vorsichtig geworden.
Trotzdem ging die stolzen
Staatsbahnen
in die Offensive. Der nagelneue
Triebwagen
wurde der Presse vorgestellt. Die technischen Eckwerte des Fahrzeuges
wurden gross erwähnt und auch die Tatsache, dass diesen Triebwagen die
Zukunft gehören sollte.
Nur unter vorgehaltener Hand wurden die anderen Bereiche auch
erwähnt. So kam es bei der Ablieferung zu Verzögerungen um einen Monat.
Ursächlich waren dabei nicht die Probleme beim Bau. Vielmehr stritt man
sich zwischen der Industrie und den Schweizerischen Bundesbahnen SBB um
den Preis. Rund eine Million für einen
Triebwagen,
der nicht so viele Neuerungen hatte, wie man meinen könnte, war wirklich
zu viel.
Nach der Präsentation begannen die ersten Versuchs- und
Einstellfahrten mit dem neuen Fahrzeug. Diese Fahrten wurden jedoch nach
bereits einer Woche wieder abgebrochen. Die ersten Ergebnisse waren gut
und viele Einstellungen mussten nicht vorgenommen werden. Zudem eilte es,
denn auf die Landesausstellung hin, mussten die Fahrzeuge bereitstehen.
Man wagte den Schritt auf die Kundschaft, denn noch hatte sich diese zu
fügen.
Zusammen mit den
Triebwagen
Nummer 1404 begann man noch 1959 mit der Aufnahme des fahrplanmässigen
Verkehrs. Jedoch darf man diesen ersten Einsatz nicht mit dem normalen
Betriebseinsatz verwechseln. Es war ein ausgedehnter Versuch mit
Kundschaft an Bord. Ein Wagnis, das leicht schiefgehen konnte. Zumal die
Triebwagen den Test durchaus vor den
Städteschnellzügen
absolvierten. Mit zwei
Triebfahrzeugen
war auch nicht viel zu schaffen. Die Woche reichte dabei kaum, um das Lokomotivpersonal mit der neuen Steuerung und dem neuen Fahrzeug bekannt zu machen. Sie müssen beden-ken, dass sich die Lokführer an die Steuerkontroller gewöhnt hatten.
Nun musste ein
Fahrschalter
bewegt werden. Oft bemängelt wurde die fehl-ende Anzeige der eingestellten
Stufe. Keine leichte Umstellung, zumal diese mit fahrplanmässigen Zügen
und unter den wachsamen Augen der Fahrgäste stattfand. Es wurde für die beiden Triebwagen ein zweitägiger Dienstplan erstellt. Dieser sah Einsätze mit Städteschnellzügen auf den Strecken St. Gallen - Zürich – Bern oder Biel – Lausanne - Genève oder Brig vor.
Jedoch gab es in diesem bescheidenen
Dienstplan
kein Ersatzfahrzeug. Zu-sammen mit unsicherem Personal und ohne
Erfahrungen mit den
Triebwagen,
war das eine sehr gewagte Aktion. Diese könnte sehr schnell schiefgehen,
wenn etwas nicht stimmte. Dabei erreichten die beiden Triebwagen eine tägliche Kilometerleistung von 1 234 km und von 1 522 km. Das war im Vergleich zu den damals eingesetzten Lokomotiven gigantisch und sollte viele Jahre nicht mehr erreicht werden.
Der Unterhalt wurde dabei natürlich auch etwas zurückgestellt. Das
Problem war, dass die Werkstätten kaum Kenntnis von dem neuen Fahrzeug
hatten. Gab es ein schweren Defekt musste oft der Hersteller kommen.
Damit man diesen anspruchsvollen
Dienstplan
überhaupt fahren konnte. Bild-ete man mit den sechs zu den
Prototypen
beschafften
Steuerwagen
Bauart
DZt
Pendelzüge.
Diese Steuerwagen entstammten dem Baulos mit
Einheitswagen
und sie wurden mit einem
Führerstand
nach Baumuster des
Triebwagen
RBe 4/4 ergänzt. Es sollten lange Zeit die einzigen Steuerwagen sein, die
aus den Einheitswagen der ersten Generation abgeleitet wurden.
Wenn Sie nun befürchtet haben, dass es zu keiner
Inbetriebsetzung
kam, muss ich Sie beruhigen. Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB drückten
auf die Tube, weil man die Fahrzeuge sehr dringend benötigte. Was fahren
konnte, wurde eingesetzt und da gab es keine Zeit für ausgedehnte
Versuche. Das Vertrauen in die Industrie war wohl wegen den horrenden
Kosten sehr gross. Was so teuer in der Anschaffung ist, hat gefälligst zu
funktionieren. Sie werden es vermuten, denn diese Aktion ging logischer-weise nicht nur gut aus. Das Fahrzeug war unerprobt, das Lokomotivpersonal damit ungeübt und so waren schnell erste Kinderkrankheiten zu erwarten.
Kleinere Mängel gab es, aber auch das Personal war nicht ohne
jeden Zweifel. Vertraute der Lokführer der Auto-matik zum
Stufenschalter
nicht, versuchte er nach alter Manier bestimmte
Fahrstufen
einzustellen. Damit die Rechnung stimmte, wurde vorsichtig geschaltet. Übel nahm dieses Verhalten der Überschaltwiderstand. Dessen Schaltzeit war immer wieder zu lange und dann löste die Steuerung den Hauptschalter aus. Manchmal war es wirklich besser, wenn man der Automatik vertraut hät-te.
Jedoch will ich das dem Personal nicht übelnehmen, denn jeder
kennt dieses Verhalten gegenüber von Neuerungen. Selbst beim neuen Auto,
sind Neuerung vorhanden, an die man sich gewöhnen muss.
Immer wieder musste man diese
Leistungen
daher mit an-deren
Lokomotiven decken, weil einer der beiden
Trieb-wagen
wieder zusammengeflickt werden musste. Kritiker bemängelten, dass ein
Triebwagen nicht einfach ab Stange gekauft werden könne. Trotzdem hielten
die Schweizerischen Bundesbahnen SBB an diesem
Dienstplan
fest. Heute müsste man diesen Kritikern recht geben, aber damals war das
Unternehmen vom Fahrzeug überzeugt.
Im Juli 1959 wurde die kleine Flotte mit dem
Triebwagen
RBe 4/4 Nummer 1405 ergänzt. Das Fahrzeug kam gerade richtig, denn es
musste unverzüglich in den
Dienstplan
aufgenommen werden. Der Grund war simpel, denn der RBe 4/4 Nummer 1404
ging nur kurze Zeit vorher in Flammen auf. Der Schaden konnte allerdings
durch das rasche Eingreifen des Personals in Grenzen gehalten werden, so
dass der neue Triebwagen nicht aufgegeben werden musste. Noch wusste niemand was genau passiert war. Doch bei einem neuen Fahrzeug sollte so etwas nicht passieren. Die Aussagen des Personals waren jedoch klar. Es gab einen Brand im in Fahrrichtung gesehen vorderen Drehgestell.
Es wurde untersucht, was das Personal machte und wo die Ursache
sein könnte. Auf jeden Fall benötigte der
Trieb-wagen
zwei neue
Fahrmotoren.
Die im Werk des Her-stellers eingebaut werden sollten. Bis Ende 1959 wurden dann noch die Triebwagen 1402 und 1406 abgeliefert. Somit hatte man nun fünf Trieb-wagen im Bestand, die in einem zweitätigen Dienstplan liefen.
Endlich konnten auch Fahrzeuge freigestellt werden um dringende
Versuche anzustellen. Sie müssen bedenken, dass man mit 125 km/h durch die
Schweiz fuhr, obwohl niemand wusste, ob die Bedingungen für die
Zugreihe R
überhaupt erfüllt wurden, denn die Fahrten dazu fehlten schlicht.
Die Erprobung der Fahrzeuge begann daher parallel zum vorhandenen
Dienstplan,
der nicht erweitert wurde. Fehl-te es an einem
Triebwagen,
wurden die Versuche einfach eingestellt und dieser Triebwagen kam in den
Dienstplan. So konnte kaum eine vernünftige Versuchsreihe erstellt werden.
Immer noch, war der Einsatz wichtiger, als eine vernünftige Erprobung.
Wenn dieses Spiel aufgehen sollte, hatte das Unternehmen sehr viel Glück.
Die Lieferung der
Prototypen
endete mit dem
Triebwagen
Nummer 1403 am 8. Januar 1960. Der Triebwagen mit der Nummer 1406
verabschiedete sich daher im Mai 1960 und ging ins benachbarte Ausland.
Man konnte endlich einen Triebwagen auch für längere Zeit für Versuche
abstellen. Die restlichen fünf Triebwagen reichten für die beiden
vorhandenen
Dienstpläne
aus. Daneben liefen aber auch die Versuche in der Schweiz weiter. Die Nummer 1406 machte sich auf den Weg nach Deutschland, wo diverse Versuchsfahrten, die zur Bestimmung des Wankverhaltens ausgeführt wur-den.
Diese Fahrten fanden zum Teil auf Strecken ohne
Fahrleitung
statt, so dass der
Triebwagen
von Dampflokomotiven gezogen wurde. Nach Abschluss der Fahrten kehrte das
Fahrzeug wieder zurück in die Schweiz, wo er gerade rechtzeitig eintraf um
den RBe 4/4 Nummer 1401 zu ersetzen. Dieser geriet nämlich am 14. Juni 1960 bei Amris-wil in Brand und trug umfangreiche Schäden davon. So gingen nach nur einem Jahr bereits zwei der neuen Triebwagen in Flammen auf. Man hätte damals vermutlich die Probleme bei der mangelnden Kundigkeit des Personals und bei der Konstruktion suchen müssen.
Jedoch wurde erneut eine umfassende Aufklärung des Vorfalls
angeordnet. Zumal es auch jetzt die
Fahrmotoren
des vorlaufenden
Drehgestells waren.
Untersuchungen ergaben, dass die beiden
Triebwagen
wohl überhitzten. In der Folge brach ein Feuer aus. Die Ursache wurde
schnell bei der
Ventilation
gefunden. Bei hohen Geschwindigkeiten gab es im Bereich nach dem
Führerstand
Wirbel. Diese sorgten dafür, dass sich die Druckverhältnisse im Bereich
der
Lüftungsgitter
veränderten. Der
Ventilator
konnte so einfach nicht genug
Kühlluft
ansaugen. Damit fiel die
Kühlung
aus.
Bei der Serie musste daher die Position der Gitter verändert
werden. So wurde in der Mitte ein gemeinsamer Aufbau vorgesehen. Die
längeren Kanäle beruhigten zudem die Luft besser, so dass es in der
Ventilation
zu weniger Verwirbelungen kam. Jedoch sorgten die längeren Kanäle und der
Aufbau dafür, dass der Kasten etwas schwerer wurde, als dies bei den sechs
Prototypen
der Fall war. Jedoch hatte man nun auch erste Ergebnisse. Noch im gleichen Jahr verunfallte der RBe 4/4 Nummer 1405 bei Gland in der Nähe von Lausanne. Der Magnet der Zugsicherung riss bei einem Niveau-übergang eine Holzschwelle heraus und brachte dadurch den ganzen Zug, der mit 125 km/h unter-wegs war, zum Entgleisen.
Glücklicherweise forderte der Unfall keine schwer-en Opfer. Sowohl
das Personal, als auch die Fahr-gäste, erlitten neben einen kräftigen
Schrecken nur leichte Blessuren. Spannender war jedoch die Untersuchung. Die Spuren am Fahrzeug und im Geleise, zeigten deut-lich, was genau passiert ist. Scheinbar, war der Träger gerissen. Dadurch fiel der Magnet durch das Gewicht nach unten.
Beim ersten Hindernis, das sich dann bot, wurde der Träger vom
Drehgestell gerissen. In der Folge entgleiste
der Zug wegen dem im
Geleise
liegenden Hindernis mit den weiteren Fahrzeugen. Beim neu-wertigen
Fahrzeug musste man von einem Fehler ausgehen.
Daher wurden daraufhin den
Triebwagen
die Träger für die
Zugsicherung
vorsorglich entfernt. Damit besassen diese jedoch keine Zugsicherung mehr
und mussten deshalb mit einem zweiten Lokführer, oder mit einem
Heizer,
besetzt werden. Dadurch konnten die beiden
Dienstpläne
trotzdem noch gefahren werden. Kostengünstig waren die Fahrten jedoch
nicht mehr, denn man hatte damals ja nicht mit einer zweimännigen
Besetzung gerechnet.
Die drei erwähnten Vorfälle hätten nicht so dramatisch enden
müssen. Jedoch muss gesagt werden, dass gerade der Betriebsversuch dazu
geführt hatte, dass die Schwachstelle bei der
Ventilation
gefunden wurde. Damals hatte man die Kenntnisse erlangt, dass es bei
Luftströmungen nur geringe Unterschiede bracht um eine erprobte Lösung als
untauglich erscheinen zu lassen. Es waren nur ein paar Kilometer mehr, als
bei der BLS-Gruppe. Diese Tatsache kombi-niert mit mehr Leistung führte letztlich dazu, dass die Fahrmotoren wegen der unzureichen-den Kühlung überhitzten.
Das ging so schnell, dass der Brand nicht mehr verhindert werden
konn-te. Es war die Verknüpf-ung von unterschiedlichen Tatsachen, die
letztlich zu einem grossen Problem bei den
Prototypen
geführt hatte. Ohne diese Erfahrungen, hätte es bei der Serie zu grossen
Problemen kommen können.
Anders lag die Ursache beim gerissenen Träger. Dieser war schlicht
zu schwach konstruiert worden. Dadurch konnte er den Kräften nicht lange
standhalten. Dieses Problem hätte man bei
Versuchsfahrten
entdecken können. Der Unterschied beim Ergebnis war eigentlich nur, dass
es jetzt beim Vorfall Fahrgäste im Zug hatte. Alles in allem kann jedoch
gesagt werden, dass die Schweizerischen Bundesbahnen SBB sehr viel Glück
hatten.
Die Einsätze der
Prototypen
mit dem Unfall bei Gland und den beiden in Flammen aufgegangenen
Triebwagen
zeigten deutlich, dass die Grundidee nicht falsch war. Die Fahrten in
Deutschland bezeugten dem Triebwagen zudem ein sehr gutes Fahrverhalten.
Mit diesen Erfahrungen konnte man an die Konstruktion der Serie gehen. Die
Baureihe RBe 4/4 konnte damit bis zur Landesausstellung in Lausanne
geliefert werden.
Daher änderte man bei der Serie die Anordnung der
Lüftungsgitter
im Dachbereich und verwendete kräftigere Träger für die
Zugsicherung.
Diese Massnahmen führten jedoch unweigerlich dazu, dass das bisherige
Gewicht von 64 Tonnen nicht mehr gehalten werden konnte. Die
Triebwagen
der Serie wurden um vier Tonnen schwerer und brachten es auf ein Gewicht
von 68 Tonnen. Für einen Triebwagen war es ein stolzes Gewicht.
Jedoch zeigten die Erfahrungen mit den sechs
Prototypen,
dass auch mit diesem hohen Gewicht eine
Zulassung
zur
Zugreihe R
durchaus möglich war. Dank diesen Erfahrungen konnte man sich auch an den
Bau einer neuen
Lokomotive machen, die dann die Zulassung zur Zugreihe R
auch mit 20 Tonnen
Achslast
erreichen sollte. Spannend bei der Lokomotive war jedoch die Forderung,
dass sie mit den
Triebwagen
RBe 4/4 vielfachgesteuert werden sollte.
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