Persönliche Erfahrungen

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Wo soll ich mit der Baureihe Ae 4/7 beginnen? Beim Ausblick auf die Strecke, wo ich die Lokomotive als Kind immer wieder zu sehen bekam, oder beim Besuch im kleinen Depot Aarau? Richtig getroffen hatte ich die Lokomotiven als kleiner Junge jedoch im Depot Aarau. Für mich waren die alten Lokomotiven vertraut, denn die anderen neueren Maschinen kamen selten auf die Nebenlinie vor meiner Haustüre. Dort gehörten die Güterzüge der Ae 4/7.

Optisch waren die grösseren Modelle von der kleineren Schwester Ae 3/6 I leicht zu unterscheiden. Im Depot waren die einen Lokomotiven mit den auffälligen Sonnendächern über den Fenster versehen, die anderen nicht. Als Kind konnte ich den Zweck dieses Unterschiedes nicht erkennen und mehr faszinierte der Geruch, der von alten Ungetümen aus ging.

Nur, wusste ich damals noch nicht, ob ich Lokführer werden würde. Noch weniger war mir klar, dass ich diese Lokomotive sogar noch näher kennen lernen würde. So blieb es vorder-hand bei den Träumen eines kleinen Jungen, der nur dank gut-en Kontakten überhaupt einmal in eine Ae 4/7 einsteigen durfte.

Fasziniert blickte er nach vorne und sah kaum aus dem Fen-ster. Danach ging es auf die Rangierlokomotive, womit alles klar war. Also viel jünger war die natürlich nicht.

Bei meinen jugendlichen Ausflügen war sie immer wieder zu sehen. Ich wuchs in jener Zeit auf, wo die Baureihe noch ein-en grossen Teil des Güterverkehrs im Flachland bewältigte. Noch wusste ich über die drei unterschiedlichen Typen kaum Bescheid.

Damals gab es noch keine Webseiten, die den Unterschied erklärten. Nur ein Buch, das diese aufzeigte. So hatte für mich die SAAS seit Ablieferung eine Vielfachsteuerung.

Mit der Ausbildung in Erstfeld kam auch das Reglement 430.8 in meine Hände. Die Ae 4/7 wurde zumindest in Papierform gefasst.

Ernst genommen hat die Lokomotive in Erstfeld schon lange niemand mehr, denn dort waren die Reihen Ae 6/6 und Re 6/6 zu Hause. Ab und zu kam eine Ae 4/7 zu jener Zeit noch nach Erstfeld, aber bedient wurde sie nicht mehr von einem Lokführer aus dem dortigen Depot, das andere Lokomotiven hatte.

Ein Vorteil vom Gotthard, da verzogen sich die alten Lokomotiven schon sehr früh. Das war bei den alten Ae 4/7 auch nicht anders. So blieb es dann auch. Die täglich angetroffenen Maschinen waren viel kräftiger und sie hatten erst noch eine elektrische Bremse. Die Reihe Ae 4/7 sahen wir nur, wenn der Weg nach Basel oder in den Rangierbahnhof Limmattal RBL führte. Oft verstanden wir dabei den Lokführer darauf gar nicht.

Zumindest bis zu jenem Tag, wo das R 430.8 mit nach Luzern genommen werden musste. Die Schul-ung auf den Lokomotiven stand auf dem Pro-gramm.

So lernten die zukünftigen Lokführer vom Gott-hard, dass die Bremse des Laufdrehgestells bei der geschleppten Lokomotive nicht bremst und wie man es anstellen muss, dass der Stufenschalter richtig bedient wird.

Besonders bei den MFO soll das ein Problem sein.  Wer dort zu schnell sei, verursache bei den Hü-pfern ein kleines Chaos, das dann nicht zu behe-ben sei. Nur was war eine MFO?

Damit wir Helden vom Gotthard auch einmal die harte Welt der Eisenbahn kennen lernen durften, bekamen wir Heizer eigene Touren, die uns auch praktische Erfahrungen mit der Baureihe Ae 4/7 bringen sollten.

Diese Heizertour war immer wieder ein Thema und mein Glück schien mir nicht zugeneigt zu sein. Am Postzug zwischen Luzern und Däniken traf ich auf alles, nur eine Ae 4/7 gab es nur ein einziges Mal.

Das war eine aus dem Hause MFO. Der Lokführer von Luzern erklärte dem verdutzten Gotthard-Lehrling, dass die elektrische Bremse nichts bringe und ich daher die Finger davonlassen sollte. Wieso nur, denn diese brachte immer etwas. Das änderte sich, als ich den Rat nicht befolgte und es trotzdem versuchte. Die Wagen hatten zum Glück sehr gute Bremsen. Die Erfahrung lehrte, lass die Finger bei der Baureihe Ae 4/7 von der elektrischen Bremse, wenn es auf einen Halt zugeht.

Mit dem Ende der Ausbildung verschwand auch das Reglement wieder im hintersten Bereich des Kastens. Der Lokführer vom Gotthard hatte nun wirklich nichts mehr mit einer Ae 4/7 zu tun. Hier gab es zwar eine Ae 8/14 und ein Krokodil, aber sonst war alles ohne Laufachsen. Am Gotthard waren kräftige Lokomotiven oder wahre Giganten gefragt, die schwachen Ae 4/7 sah man hier nicht. Das war etwas für die Helden im Flachland.

Daher war ich auch nicht sonderlich besorgt, als ich nach Olten geschickt wurde, um dort einen Zug von Biel her nach Erstfeld zu führen. Der Zug war immer mit einer Ae 6/6 bespannt und die Lokomotive kannte ich ja gut, also fuhr ich nach Olten und begab mich in die Pause. Sprach mit ein paar Kollegen, die vermutlich liebend gerne auf eine Ae 4/7 verzichtet hätten und alle waren froh, dass die alte Klapperkiste endlich verschwindet.

Mein Zug kam und ich staunte nicht schlecht, statt der er-warteten Ae 6/6 standen da zwei Veteranen. Zuerst dachte ich, dass das nicht mein Zug sein kann, denn eine Ae 4/7 ist schon viel und erst noch zwei, das sah ich noch nie von innen.

Meine Hoffnungen wurden begraben, als ich die Lokomotive bestieg und den Kollegen bei der Übergabe fragte, wo denn der Hauptschalter bedient würde. Es sei nur wegen den Fahr-leitungsschutzstrecke.

Die Bemerkung, ob ich den ein Lokführer ubv sein soll, war vermutlich etwas übertrieben. Klar konnte ich mit allem fahren, was Räder hat. Nur würde ich bei einer Fahrleitungsschutzstrecke gerne den Hauptschalter danach wieder einschalten können. Ausschalten geht ja auch automatisch. Dank Licht fand ich den Schalter auch und die Fahrt konnte losgehen. Noch nie auf einer Sécheron, wenn das nur gut gehen würde.

Die Reise durch die Nacht ging flüssig über die Bühne und ich konnte, obwohl ich nicht ans Limit ging, die Fahrzeit des Zuges einhalten. Bei den Abschnitten mit Gefälle mussten die Bremsen der Wagen dafür sorgen, dass die Geschwindigkeit nicht zu hoch anstieg. Oft vermisste ich die fehlende elektrische Bremse. Letztlich kam ich mit dem Zug in Arth-Goldau vor dem Ausfahrsignal zum Stehen. Halt vor einem roten Signal, ich war mächtig stolz.

Nach einer gewissen Zeit meldete sich das Rangierpersonal bei mir und erkundigte sich, warum ich denn den Funk nicht eingeschaltet hätte, der Fahrdienstleiter hätte schon ein paar Mal versucht mich zu erreichen. Ähm, Funk? Das gibt es auf meiner Lokomotive nicht, da müsse mit Rauchzeichen gearbeitet werden. Ich hörte dann nur, wie das Stellwerk fragte, ob ich mit der Ae 8/14 unterwegs sei. Eigentlich ja, aber die kannte ich damals noch nicht.

Letztlich erreichte ich den Bahnhof Erstfeld. Der Rangierarbeiter hatte wohl solche Maschinen noch nie gesehen, denn er vermutete mich auf der falschen Seite. Die Papiere gab es nun rechts statt links. Die Lokomotiven mussten weg, da sie zu schwach waren für den Berg. Das verwunderte mich nicht, da das bei diesem Zug immer so vorgesehen war. Nur stand ich vor einer neuen Herausforderung, denn was nehme ich beim Standwechsel alles mit?

Ich erinnerte mich nach dem Ausflug in die Nostalgie daran, dass wir in der Regel schlicht nichts mitnehmen. Die zweite Lokomotive hatte ja die eigenen Bedienelemente. So ging es um die beiden Lokomotiven und so auf die zweite Ae 4/7. Nach etwas längerer Zeit waren diese auch eingeschaltet und die Regulierbremse, auch wenn ich damals kaum wusste, was das ist, war geprüft. Die Fahrt konnte zum nächsten Wechsel fortgesetzt werden.

Am Schluss meiner Tour stellte ich die beiden Maschinen im Depot Erstfeld neben die historische Ae 8/14. Scherzhaft könnte man sagen, es standen zwei Ae 8/14 nebeneinander nur, dass die eine davon mit der heute üblichen Vielfachsteuerung ausgerüstet war und statt Gleitlager, Rollenlager hatte. Fragen Sie mich bloss nicht, wie ich es schaffte das Licht zu löschen. Es war nach mehreren Versuchen endlich dunkel und das war das Ziel, ob dies korrekt war, weiss ich bis heute nicht.

Vermutlich hat mich der Lokführer, der die beiden Maschinen wieder übernehmen musste, zum Teufel geschickt. Nur um alles in Welt sollte ich wissen, dass es eine Herausforderung war, das Licht zu löschen. Irgendwie gelang es auch. Daher möchte ich mich hier bei meinem Kollegen entschuldigen, ich wusste es nicht besser, denn der junge Lokführer vom Gotthard hatte bis zu diesem Tag noch nie eine Sécheron in der Hand.

Danach ging es zum Schaltwärter. Die Frage, was denn die Maschine am Morgen mache, wurde mit Stücker nach Göschenen beantwortet. Mein Kommentar, dass die dann keine elektrische Bremse hätten, wurde mit den Worten, das wird schon noch geändert, beantwortet. Danach war für mich das Abenteuer Ae 4/7 abgehalten, denn ich sollte nie mehr eine solche Lokomotive von innen Sehen. Schon gar nicht zwei «Schwule».

Mehr Mühe hatte dann mein Kollege, denn der sollte mit den Lokomotiven tatsächlich den Gotthard hochfahren. Ein Lok-führer aus Erstfeld, der vermutlich genauso den Haupt-schalter suchte wie ich.

Wie er wusste, ging das nicht und so meldete er sich bei der Lokleitung. Es muss eine andere Maschine her, sonst fahre der Stücker nicht. Die Antwort nein, musste sich anschliessend auch der Oberlokführer des Depots am Gott-hard anhören.

Nur der OLF hatte die Macht und so wurde eiligst eine Baureihe Ae 6/6 für den Zug vorgesehen. Sehr zum Be-dauern der zahlreichen Fotografen. Es war nun mal so, hoch hätten sie dürfen, aber dann hätte sich das Problem in Göschenen gestellt.

Für 240 Tonnen Lokomotive, wurden damals unzählige Bremswagen benötigt. Die Rechnung wäre das eine Pro-blem, die benötigten Wagen vermutlich das zweite. So kam es nicht mehr zu zwei SAAS am Gotthard.

Einfach zum Mitschreiben, die eine Ae 8/14 hat spinnende Stufenschalter und darf nach Göschenen. Die mit der Hü-pfersteuerung und dem Kabel eben nicht.

Die beiden Lokomotiven machten dann noch ein paar Tage die Zentralschweiz unsicher. Überall wo die beiden Maschinen auftauchten, sorgten sie für verblüffte Blicke, denn eine SAAS-Ae 4/7 war hier wohl vor diesem Tag kaum zu sehen, der Gotthard gehörte einst den MFO und BBC Maschinen. Doch irgendwann verschwanden diese beiden Lokomotiven und landeten vermutlich sehr schnell in Kaiseraugst beim Abbruch.

Seit diesem Einsatz sind mehr als fünf Jahre vergangen. Ich kann das R 430.8 also ungeniert in die hinterste Ecke meines Regals steckten und es nur zur Hand nehmen, wenn ich eine Seite über die Lokomotive schreiben will. Fahren darf ich mit den historischen Ae 4/7 so oder so nicht mehr und die in Erstfeld stationierte Ae 8/14 ist anders, als die Ae 4/7. Somit verlor ich die Kundigkeit auf dieser Maschine nach nur einer einzigen Fahrt alleine in der Lokomotive durch die Nacht.

Mit der Hüpfersteuerung der SAAS einer Schleuderschutzeinrichtung, die dank guter Adhäsion nicht getestet werden musste. Selbst die schmerzenden Gelenke nach der Tour, denn in Erstfeld hatten wir Maschinen mit Stühlen und sechs Triebachsen mit mehr Leistung. Doch kann ich auch stolz sein, denn ich gehöre zu denen, die mit den "Schwulen" gefahren sind, wenn auch nur einmal. Abgestellt in einem Gleis in dem Depot, das es auch nicht mehr gibt und dann schlicht vergessen.

Die Finger einer Hand reichen aus um alle Fahrten zu zählen, bei denen ich eine Ae 4/7 bediente. Nun kam die historische Maschine 2017 nach Erstfeld. Sie hat ein Depotschild Lausanne, daher lasse ich die Finger davon. Auch wenn es mich nach all den Jahren reizen würde, die 10 976 gehört nicht zu unserem Team und daher habe ich damit nichts zu tun. Ich bin Lokführer, lasse mich auch als maccinista bezeichnen, aber ein mécanicien bin ich nicht.

 

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