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Für den Einsatz im Nahverkehr grösserer Städte sahen die Schweizerischen Bundesbahnen SBB unterschiedliche Motorwagen vor. Mit diesen sollten Erfahrungen gesammelt werden und später eine Serie entstehen. Neben drei unterschiedlichen Typen mit Personenabteil sollte auch ein Modell mit Gepäckabteil entstehen. Dieser als Fe 4/4 bezeichnete Triebwagen wird auf einer eigenen Seite genauer vorgestellt werden.

Entstehen sollten drei unterschiedliche Triebwagen mit Personenabteil. Je nach Bewährung sollten an-schliessend davon die ersten Serien abgeleitet werden. Doch bis es soweit war, musste ein Pflich-tenheft ausgearbeitet werden.

Dabei entstand dieses in einer Zeit, als gerade die ersten Lokomotiven für die Gotthardstrecke im Raum Bern erprobt wurden. Sie sehen, dass man sehr früh auf diese besonderen Fahrzeuge setzte.

Neben dem Katalog für den Triebwagen, der hier genauer vorgestellt werden soll, wurde auch ein Pflichtenheft für die anderen Modelle erstellt. In der Folge sollten die hier nicht näher vorgestellten Triebwagen Ce 2/4 Nummer 711 und Ce 4/4 Nummer 721 entstehen. Diese wiesen eine etwas geringere Leistung auf. Jedoch entsprachen sie in weiten Teilen dem hier vorgestellten Motorwagen mit einer deutlich höheren Leistung und mehr Platz.

In diesem Pflichtenheft wurden von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB für die neuen Motorwagen ganz interessante Bedingungen gefordert. Es lohnt sich deshalb, wenn wir dieses etwas genauer ansehen. Ausgeschrieben wurde daher von der Staatsbahn ein elektrischer Motorwagen mit Personenbeförderung für den Bereich des Nahverkehrs. Doch das Pflichtenheft sollte noch weitere spannende Punkte aufweisen.

Vorgesehen werden sollten ausschliesslich Abteile in der dritten Wagenklasse. Dabei wurde die Anzahl Abteile nicht direkt gefordert, da man sich bewusst war, dass der Technik auch entsprechend Platz zur Verfügung gestellt werden sollte. Jedoch hiess damals der Hinweis auf die dritte Wagenklasse, dass pro Sitzreihe zehn Plätze erwartet wurden. Vielmehr erwartete der Besteller, dass so viel Platz wie möglich für die Reisenden genutzt wurde.

Drei unterschiedliche Bespannungen waren damit vorgesehen. So sollte mit einem einzelnen Motor-wagen Züge gebildet werden. Diese bestanden bei der ersten Variante aus dem Triebwagen einem Wagen der Reihe BC und fünf Wagen C3.

Das Platzangebot lag dabei bei 437 Sitzplätzen und das Gewicht wurde mit 205 Tonnen angegeben. Da-bei sollte hier der Triebwagen jedoch wie eine Lo-komotive verwendet werden.

Bei der zweiten Variante sollten zwei Motorwagen in Vielfachsteuerung verwendet werden. Die Anhängelast sollte in diesem Zug entsprechend erhöht werden. Zudem war hier auch die Forderung vorhanden, dass diese beiden Triebfahrzeuge nur von einem Lokführer bedient werden durften. Auch jetzt wurden diese Triebwagen als Lokomotive verwendet und mussten daher den Zug am Endbahnhof umfahren und so ans andere Ende setzen.

Kommen wir zur dritten Variante der Schweizerischen Bundesbahnen SBB, die eigentlich wegen der vorher verlangten Vielfachsteuerung erwartet werden konnte. Ein Motorwagen sollte dabei von einem Zugführungswagen aus bedient werden. Zwischen diesem Steuerwagen und dem Triebwagen wurden noch angepasste Zwischenwagen eingereiht. Der Zug sollte daher geschoben und gezogen werden, was wir heute als Pendelzug kennen.

Gerade die Forderung mit der Fernsteuerung eines Triebwagens war wirklich eine Sensation, denn bisher hatte sich wirklich niemand ernsthaft Gedanken mit diesen Systemen gemacht. Die Vielfachsteuerung war daher ein wichtiger Punkt bei der Steuerung und dort war auch von einer Überwachungseinrichtung für das Lokomotivpersonal die Rede. Dieses sollte so alleine eingesetzt werden, was eine deutliche Verringerung der Kosten für das Personal bedeutete.

Bei der Wahl der Höchstgeschwindigkeit waren die Schweizer-ischen Bundesbahnen SBB noch gnädig. Im Betrieb sollten sie über eine maximale Geschwindigkeit von 75 km/h verfügen.

Das entsprach den ersten elektrischen Lokomotiven für Schnell-züge, wie sie am Gotthard mit der Baureihe Be 4/6 verwendet wurden. In den Regionen um die Städte erwartete man damals wohl keine höheren Geschwindigkeiten, so dass man bescheiden war.

Jedoch wurde auch erwähnt, dass die Fahrzeuge bei ge-schleppter Fahrt mit bis zu 90 km/h verkehren konnten. So hätte man die Motorwagen in den Schnellzügen von Region zu Region verschieben können.

Eine Forderung, die technisch dazu führte, dass die Motorwagen für eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h ausgelegt wurden. Der Grund waren die Antriebe, die für diesen Wert ausgelegt werden mussten und daher konnte man auch selber so schnell fahren.

Wobei die Höchstgeschwindigkeit von 75 km/h, beziehungsweise 90 km/h kaum erreicht werden sollte, denn diese Werte wurde mit der Definition der Anhängelasten relativiert. Bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB war man sich bewusst, dass bei so speziellen Fahrzeugen keine grossen Lasten erwartet werden konnten, daher zeigte man sich bei den gewünschten Zugkräften noch recht bescheiden, was den Erbauern entgegenkam.

Auf Strecken mit einer maximalen Steigung von bis zu 10‰ wurde für die Motorwagen von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB eine Anhängelast von 150 Tonnen verlangt. Dabei mussten die Triebwagen noch eine Geschwindigkeit von 60 km/h erreichen.

Auf steileren Abschnitten wurde zudem bei gleicher Lasten eine Reduktion der Geschwindigkeit zugelassen. Sie sehen, damals nahm man es in den Vororten noch gemütlich. Obwohl die Triebwagen für den Nahverkehr grösserer Städte ausgelegt wurden, definiten die Staatsbahnen auch einen Wert für die Strecke der ehemaligen Gotthardbahn.

Daher wurde auf Steigungen von 26‰ noch eine Anhängelast von 100 Tonnen erwartet. Dabei durfte die Geschwindigkeit in diesem Fall nicht unter 60 km/h fallen. Es war hier daher lediglich eine Reduk-tion der Last zugelassen, was damals durchaus üblich war.

Für diese Werte war eine Leistung von rund 900 PS erforderlich. Bei den schwächer zu kon-struierenden Modellen der Typen Ce 2/4 und Ce 4/4 wurde eine Reduktion auf 650 PS vorgesehen. Damit war jedoch auch klar, dass von diesen beiden Modellen die hier vorgestellten Werte nicht erreicht werden konnten. Wobei die Reduktion nicht so gross war, wie man meinen könnte, denn auch das eigene Gewicht spielt bei der Anhängelast eine Rolle.

Da die Schweizerischen Bundesbahnen SBB diese neuen Motorwagen in den Regionen um die grossen Städte einsetzen wollten, wurde auf den Einbau einer elektrischen Bremse ausdrücklich verzichtet. Damals war diese Bremse von den Behörden nur für die starken Gefälle vorgeschrieben worden. Auf anderen Strecken sah man darin jedoch keinen Vorteil, so dass auf den Einbau und damit auf das zusätzliche Gewicht verzichtet werden konnte.

So richtig wurde das maximale Gewicht gar nicht gefordert. Vielmehr wurden die zugelassenen Achslasten definiert. Dabei sollten bei den Triebachsen 15 Tonnen nicht überschritten werden. Bei allenfalls verwendeten Laufachsen galt ein Wert von zehn Tonnen. Damit sollte der neue Motorwagen auch auf Strecken mit schwachem Oberbau eingesetzt werden können. Ein Punkt, der bei solchen Fahrzeugen eigentlich nie im Vordergrund stand.

Bei einer Lösung mit zwei Laufachsen sollte das mit vier Triebachsen versehene Fahrzeug ein Gewicht von 80 Tonnen haben. Bei diesem Wert gab es eine geringe Toleranz.

Zudem wurde von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB erwartet, dass die beiden schwächeren Modelle durchaus ohne Laufachsen auskommen sollten. Unverblümt wurde da-her im Pflichtenheft klar von einem Motorwagen der Bau-reihe Ce 4/6 gesprochen.

Dieses Pflichtenheft wurde anschliessend der einschlägigen Industrie übergeben. Dabei wurden nur Hersteller in der Schweiz berücksichtigt und im Gegensatz zu den Lokomotiven, sollten nun auch die bekannten Erbauer von Wagen hinzugezogen werden. Es sollte so eine Tradition entstehen, die viele Jahre bestand haben sollte. Doch vorerst existierten nur die Idee eines Motorwagens und die Lösungen mussten ausgearbeitet werden.

Von den bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB eingegangenen Vorschlägen wurden letztlich ab 1921 drei unterschiedliche Typen bestellt. Darunter befanden sich vorerst vier Motorwagen des Typs Ce 4/6. Zudem wurde je ein Exemplar der Baureihe Ce 2/4 und Ce 4/4 bestellt. Diese sollten zudem untereinander mit der Vielfachsteuerung eingesetzt werden können. Eine Forderung, die auch für den Gepäcktriebwagen Fe 4/4 galt.

Letztlich sollte nur der grosse Triebwagen in einer Serie gebaut werden. Dabei wurde der mechanische Teil dieses Fahrzeuges von der Schweizerischen Wagonsfabrik Schlieren (SWS) erbaut. Erstmals konnte ein klassischer Wagenbauer bei der Entwicklung eines Triebfahrzeuges mitarbeiten. Zudem sollten bei der SWS auch die speziellen Zugführungswagen gebaut werden. Ein Punkt der auch später so gelöst werden sollte.

Die elektrische Ausrüstung stammte von der Firma S. A. des Ateliers de Sécheron (SAAS). Dieser Hersteller war neu in diesem Bereich tätig und bei der Vergabe der zweiten Baureihe bei den Lokomotiven ging man in Genève leer aus. Daher wurde die Firma bei den Triebwagen berücksichtigt. Die scheinbar nicht berücksichtigte MFO baute die Reihe Ce 6/8 III und die BBC die Maschine Ae 3/6 I. Die Werke waren daher gut ausgelastet.

Die Endmontage übernahm man auch in Genève und so konnten 1923 die ersten vier Motorwagen der Baureihe Ce 4/6 mit den Nummern 9801 bis 9804 ausgeliefert werden. Die beiden anderen Typen sollten mit einem Jahr Abstand folgen und so in die Erprobung gehen. Diese zeigte jedoch schnell, dass der grosse Triebwagen ideal gelungen war. Daher beschlossen die Schweizerischen Bundesbahnen SBB, dass diese Reihe erweitert werden sollte.

Die vier Prototypen wurden daher ab 1925 mit zwei weiteren Baulosen ergänzt. Diese nun Triebwagen genannten Fahrzeuge erhielten die Nummern 9805 bis 9808 (Los 1) und 9809 bis 9812 (Los 2). Speziell waren hier, dass der mechanische Teil des zweiten Loses, von der Schweizerischen Industriegesellschaft SIG in Neuhausen geliefert wurde. So konnte ein weiterer Wagenbauer berücksichtigt werden und das Werk in Schlieren wurde etwas entlastet.

Abgeschlossen wurde die Bestellung der Baureihe Ce 4/4 schliesslich mit dem dritten Los. So wurden 1926 und 1927 mit den Nummern 9813 bis 9819, weitere sieben Triebwagen bestellt. Der Grund, dass keine weitere Bestellung erfolgte, lag nicht beim Triebwagen. Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB hatten sich vorerst für den Gepäcktriebwagen Fe 4/4 entschieden. Daher blieb es bei 19 Exemplaren bei der Baureihe Ce 4/6.

 

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