Druckluft und Bremsen

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Die für den Betrieb des Zuges benötigte Druckluft wurde in einer kompakten Anlage hergestellt. Diese wurde auf dem Dach des Wagens G montiert und sie konnte als komplette Einheit ausgebaut und ersetzt werden. In der Kompressoranlage wurde die Druckluft hergestellt, gekühlt und letztlich auch aufbereitet. Damit entsprach sie den üblichen Lösungen für die Erzeugung von Druckluft. Trotzdem müssen wir etwas genauer hinsehen.

Es waren in der Anlage zwei getrennte Aggregate vorhanden. Da diese im Aufbau identisch waren, können wir uns auf die Be-trachtung einer Anlage beschränken. Dabei beginnen wir mit dem Kompressor.

Dieser bezog die benötigte Luft durch eine seitliche Öffnung. Nach dieser wurde die Luft mit einem Filter gereinigt. Das war erforderlich, damit nicht Schmutz und Insekten in das System für die Druckluft gelangen konnten.

Die so zum Kompressor geführte Luft wurde anschliessend im Verdichter in Druckluft umgewandelt. Dabei erfolgte das in zwei Stufen, so dass letztlich ein maximaler Luftdruck von zehn bar erreicht wurde.

Die durch ein Aggregat erreichte Schöpfleistung wurde mit 1 090 Litern in der Minute angegeben. Für die komplette Anlage be-deutete das, dass mit den beiden Kompressoren über 2000 Liter Luft in der Minute geschöpft werden konnte.

Im normalen Betrieb reichte jedoch ein Kompressor, der durch die Steuerung den Vorrat bei der Druckluft auf einem Luftdruck zwischen acht und zehn bar halten konnte.

Sank der Wert unter diesen Bereich, wurde auch der zweite Kompressor aktiviert und so die volle Schöpfleistung erreicht. Die Steuerung sorgte auch dafür, dass die Betriebsstunden der beiden Aggregate ausgeglichen waren. So konnte ein Totalausfall minimiert werden.

Die geschöpfte Druckluft kam jedoch nicht direkt ins System, sondern sie wurde aufbereitet. Dazu passierte sie zuerst den Luftkühler. In diesem wurde die im Kompressor stark erhitzte Luft auf übliche Werte gekühlt. Durch diesen Vorgang konnte auch die Ausscheidung von Wasser begünstigt werden. Die hier geltenden Naturgesetze konnten auch mit einer modernen Anlage nicht umgangen werden, daher musste das Wasser entfernt werden.

Ein anschliessend verbauter Lufttrockner übernahm schliesslich die Ableitung des Kondenswassers. So wurde die Druckluft jedoch zu trocken, so dass sie in einem Luftöler wieder mit Feuchtigkeit durchsetzt wurde. Auch wenn von einem Luftöler gesprochen wurde, es kamen längst andere Mittel zum Einsatz. Jedoch stellte das Wasser immer noch ein Problem dar, denn wegen dem Einbauort, konnte es im Winter gefrieren.

Damit dies nicht erfolgte, wurde der Lufttrockner geheizt. Das ausgeschiedene Kondenswasser konnte so nicht gefrieren und abgeleitet werden. Der Triebzug hatte daher eine moderne Druckluftanlage erhalten. Diese war jedoch auch nicht vor Defekten geschützt. Dabei war der Ausfall der Druckregelung durchaus ein Problem für die Leitungen. Stieg der Luftdruck zu sehr an, konnten diese platzen und so einen totalen Ausfall verursachen.

Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, benutzte man eine Lösung, die schon sehr alt ist. Es wurde in der Leitung schlicht ein Überdruckventil verbaut. Dieses war so ausgelegt worden, dass es bei einem Luftdruck von zwölf bar öffnete und die Luft wieder in die Umwelt entliess. Sank dadurch der Druck wieder unter den eingestellten Wert, schloss das Ventil wieder. Einen weiteren Schutz wurde nicht mehr vorgesehen.

Wie bei nahezu jedem elektrischen Triebfahrzeug üblich, bestand auch hier das Problem, dass ohne Druckluft der Zug nicht eingeschaltet werden konnte. Diese konnte jedoch nur erzeugt werden, wenn der Triebzug eingeschaltet war. Die Lösungen von früher mit den Handluftpumpen, waren schon seit Jahren durch die wesentlich besseren Hilfsluftkompressoren ersetzt worden. Dabei gab es davon sogar zwei Stück.

Eingebaut wurden diese Kompressoren auf den Wagen D und F. Das waren die beiden Fahrzeuge mit den Stromabnehmern und mit der Dachausrüstung. Jeder Hilfsluftkompressor versorgte je-doch nur seinen Wagen, so dass nie beide benutzt wurden.

Neben dem Stromabnehmer waren die Nutzer der so erzeugten Druckluft der Hauptschalter und der Schalter für die Systemwahl. So war gesichert, dass der Zug immer korrekt versorgt wurde.

Die Regelung der Hilfsluftkompressoren übernahm die Steuerung. Diese war so ausgelegt worden, dass die Aggregate einge-schaltet wurden, wenn der Luftvorrat zu gering war.

Um die Laufzeit so gering, wie nur möglich zu halten, wurden die Hilfsluftkompressoren ausgeschaltet, wenn der Hauptschalter eingeschaltet wurde. In dem Moment wurde die erforderliche Druckluft wieder mit den normalen Kompressoren erzeugt.

Damit können wir die Erzeugung der Druckluft beinahe verlas-sen. Die Luft wurde nun den Hauptluftbehältern zugeführt. Diese bildeten den Vorrat für die Druckluft. Dabei kamen vier Behälter mit einem Volumen von je 100 Litern zur Anwendung. Mit 400 Litern war der Vorrat jedoch gering. Da jedoch die Kompressoren sehr viel Luft schöpfen konnten, musste kein ausgesprochen grosser Vorrat vorgesehen werden. So konnte Gewicht eingespart werden.

Letztlich wurden die beiden getrennten Stränge mit den Hauptluftbehälterhähnen und danach mit der Speiseleitung verbunden. Diese wurde durch den ganzen Zug geführt und stand dort den Verbrauchern zur Verfügung. Auch die Verbindung über die Kupplung war vorhanden. Da auch hier auf den Einbau einer eigenen Leitung für die Apparate verzichtet wurde, besass jeder Wagen seine eigene Luftaufbereitung und damit die korrekten Luftdrücke.

Wie bei einem modernen Triebfahrzeug üblich, wurde die Druckluft aus der Speiseleitung für sehr viele Funktionen genutzt. Darunter befanden sich simple Lösungen, wie eine Sandstreueinrichtung. Jedoch hatte sich im Verlauf der Jahre ein Punkt nicht geändert. Trotz modernen Lösungen und vielen Verbrauchern, blieb einer der wichtigsten Abnehmer immer der Gleiche. Es waren die pneumatischen Bremsen.

Ein grosser Teil der Druckluft wurde für die pneumatischen Bremsen des Triebzuges benötigt. Auch wenn bei modernen Triebzügen im Betrieb viel mit der elektrischen Bremse gearbeitet wurde, musste die Ausrüstung bei den mit Druckluft betriebenen Bremsen die normale Bremsleistung erzeugen können. Der Grund dafür ist simpel, denn der Triebzug musste auch sicher anhalten können, wenn die elektrische Bremse aus irgendeinem Grund nicht verfügbar war.

Es wurden aus diesem Grund zwei unabhängig arbeitende Bremssysteme eingebaut. Dabei kam jedoch längst nicht mehr die klassische Rangierbremse zur Anwendung. Vielmehr wurden mittlerweile zwei vollwertige Bremssysteme, die jedoch auf unterschiedliche Weise angesteuert wurden, bei Triebzügen verwendet. Geblieben war jedoch die klassische automatische Bremse, die auch bei anderen Fahrzeugen verwendet wurde.

Bei der automatischen Bremse wurde eine Hauptleitung mit einem Druck von fünf bar benötigt. Diese wurde durch den Zug geführt und stand auch bei den automatischen Kupplungen des Zuges zur Verfügung. Dadurch konnte diese Leitung auch von einer angekuppelten Hilfslokomotive mit dem üblichen Druck gefüllt werden. Der Triebzug verfügte daher auch in diesem Zustand über die normale pneumatische Bremse.

Eine Bremsung wurde durch Absenk-ung des Druckes in der Hauptleitung eingeleitet. Dabei wurden die benötig-ten Steuerventile umgeschaltet und so Druckluft zu den Bremszylindern ge-führt.

Damit die bei dieser automatischen Bremse durch das System vorgegebene Durchschlagsgeschwindigkeit erhöht werden konnte, wurden die Steuer-ventile auch elektrisch angesteuert. Daher war im Betrieb eine indirekte EP-Bremse vorhanden.

Die einzelnen Steuerventile stammten von der Firma Knorr, waren mehrlösig und sie konnten die Drücke für die normalerweise wirksame P-Bremse ebenso erzeugen, die die Druckerhöh-ung mittels der bekannten R-Bremse. Damit war eine übliche Hochleistungs-bremse vorhanden. Die bei anderen Fahrzeugen oft auch verfügbare G-Bremse gab es bei Triebzügen jedoch nicht, da diese bekanntlich keine schweren Güterzüge bespannen konnten.

Da die indirekte EP-Bremse jedoch nur zur Verfügung stand, wenn der Triebzug in Betrieb war, stand diese beim geschleppten Fahrzeug nicht zur Verfügung. Wegen dem geänderten Verhalten der automatischen Bremse und wegen der Tatsache, dass die Druckerhöhung nicht mit der vollen Kraft wirkte, durfte in diesem Fall für die automatische Bremse lediglich ein Bremsgewicht von 424 Tonnen angerechnet werden.

Bei der notwenigen Bremsrechnung ist in diesem Fall normalerweise der leere Triebzug massgebend. Der Grund war, dass der Triebzug nicht mit Leuten besetzt geschleppt werden durfte. Bei einem Leergewicht von 373 Tonnen ergab das ein Bremsverhältnis von 114%. Das war nicht besonders viel, da aber der geschleppte Zug nicht zwingend nach der höchsten Bremsreihe verkehren musste, reichte diese Bremskraft aus.

Stand der Triebzug in Betrieb, wirkte die indirekte EP-Bremse und damit wurden die Steuerventile mit einem erhöhten Druck angesteuert. Das hatte zur Folge, dass nun auch ein etwas höheres Bremsgewicht angerechnet werden durfte. Der Wert für das Bremsgewicht stieg nun auf 671 Tonnen. Nun musste aber auch der voll besetzte Zug für die Bremsrechnung berücksichtigt werden. Aus diesem Grund rechnen wird nun mit 412 Tonnen.

Damit wurde nun ein Bremsverhältnis von 158% erreicht. Der Triebzug konnte problemlos die für signalgeführte Züge bestimmte maximale Bremsreihe von 135% erreichen. Daher waren Fahrten mit bis zu 160 km/h möglich. Für einen Zug des Fernverkehrs waren damit ausreichende Bremskräfte bei der indirekten EP-Bremse vorhanden. Der Triebzug durfte daher von den Bremsen her nach der in der Schweiz massgebenden Zugreihe R verkehren.

Der Triebzug war jedoch mit einem Bremsrechner versehen worden. Dieser Rechner war so programmiert, dass auch bei einer Wirkung der pneumatischen Bremse der Triebzug zuerst die elektrische Bremse aktivierte. Reichte deren Bremskraft jedoch nicht für die verlangte Verzögerung aus, wurden durch den Bremsrechner die Bremszylinder der nicht angetriebenen Achsen so angesteuert, dass diese die Bremswirkung unterstützten.

Die indirekte EP-Bremse des Triebzuges wurde nicht nur vom Lokführer, sondern auch von den Sicherheitseinrichtungen angesteuert. Diese entleerten die Hauptleitung durch eine Zwangsbremse. Auch jetzt arbeitete der Bremsrechner zuerst mit der elektrischen Bremse. Zusätzlich wurden auch noch die Magnetschienenbremsen, die später noch vorgestellt werden, aktiviert. Der Triebzug konnte so noch höhere Bremskräfte erzeugen.

Auch auf die indirekte EP-Bremse wirkten die im Zug verteilten Notbremsen. Diese entleerten jedoch die Hauptleitung wegen der Notbremsanforderung nur im Haltebereich direkt. In den anderen Fällen wurde jedoch nur der Lokführer informiert. Dieser konnte so den Zug mit Hilfe der Notbremsüber-brückung an einer geeigneten Stelle zum Stehen bringen. Diese Lösung war insbesondere in den langen Basistunnel vorgeschrieben.

Die zweite Bremse, die im Zug eingebaut wurde, war die direkte EP-Bremse. Diese wurde jedoch nur vom Fahrschalter des Lokführers aktiviert und unterstützte dabei die elektrische Bremse des Trieb-zuges an den nicht angetriebenen Achsen. Es standen nun die üblichen Bremskräfte zur Verfügung, so dass es keinen Unterschied beim verhalten des Zuges zu bemerken gab. Auch jetzt wurde die Bremse über den Bremsrechner gesteuert.

Da aus Gründen der Sicherheit der Triebzug auch angehalten werden musste, wenn der Bremsrechner wegen einer Störung nicht zur Verfügung stand, konnte der Lokführer den Bedienhebel für die indirekte EP-Bremse an den Anschlag ziehen. Dadurch wurde die Hauptleitung über ein mechanisch angesteuertes Ventil entleert und der Triebzug kam ausschliesslich mit Hilfe der mechanischen Brem-sen zum Stillstand.

Jede Achse des Zuges verfügte über mindestens zwei Scheibenbremsen. Lediglich bei den beiden Endrehgestellen konnten zusätzliche Scheibenbremsen eingebaut werden. Bei den Jakobsdrehgestellen wurden zudem an Stelle der üblichen Wellenbremsscheiben, die auf dem Rad montierten Radscheiben-bremsen verwendet. Das war wegen den Antrieben und wegen dem tiefen Fussboden jedoch nicht anders lösbar.

Die Bremsbeläge der Scheibenbremse wurde von jeweils einem Bremszylinder an die Bremsscheibe gepresst. Dazu musste in den Bremszylinder Druckluft gelassen werden. Ein Bremsgestänge war dabei nicht mehr nötig und eine Nachstellung war ebenfalls nicht erforderlich. Im gelösten Zustand sorgte eine Rückholfeder dafür, dass die Beläge nicht auf den Bremsscheiben verblieben. Daher gab es keine besonderen Vorrichtungen.

Da bei der Bremsprobe nicht erkannt werden konnte, ob diese angezogen oder gelöst war, wurde deren Stellung mit Hilfe von Bremsanzeigen übermittelt. Dabei wurde die gelöste Bremse mit grünen Feldern markiert. Bei der angezogenen Bremse war ein rotes Feld mit schwarzem Punkt vorhanden. War die Stellung der Bremse jedoch nicht bekannt, wurde ein weisses Feld mit einem schwarzen Kreuz angezeigt.

Um die pneumatischen Bremsen des Zuges im Notfall zu unterschützen, wurden im Zug verteilt zwölf Magnetschienenbremsen montiert. Diese waren hoch aufgehängt worden und wurden nur aktiviert, wenn die Hauptleitung entleert wurde. Damit konnten deutlich höhere Bremskräfte erzeugt werden. Zudem arbeiteten die Magnetschienenbremsen auch unabhängig vom Zustand der Schienen, so dass deren Bremskraft immer zur Verfügung stand.

In gewissen Situationen wurden die Magnetschienen-bremsen bei der Berechnung der Bremskraft berück-sichtigt.

Das war besonders bei hohen Geschwindigkeiten und bei der LZB in Deutschland wichtig. Für ETCS Level 2 reichte jedoch die Bremskraft der Scheibenbremsen aus. Daher musste sie dort nicht zwingend angerechnet werden. Trotzdem lohnt es sich, wenn wir nun auf die damit verfügbaren Kräfte einen genauen Blick werfen.

Die im Triebzug verbauten zwölf Magnetschienenbremsen erhöhten daher das Bremsgewicht, so dass nun 828 Tonnen angerechnet wurden. Das Bremsverhältnis stieg jetzt auf 196% und erreichte so gute Werte. Dabei müssen wir jedoch berücksichtigen, dass diese Werte nur in Notsituationen galten, da in der Regel ohne die Unterstützung der Magnetschienenbremsen gearbeitet wurde. Trotzdem kann gesagt werden, dass gute Bremsen vorhanden waren.

Damit der abgestellte Triebzug unabhängig von den Druckluftbremsen gesichert werden konnte, musste eine Feststellbremse eingebaut werden. Diese Bremse wurde, wie es mittlerweile üblich war, mit Hilfe von Federspeichern verwirklicht. Dabei wurden diese Federspeicherbremsen bei einigen Bremszylindern zusätzlich angebracht. Deren Anzeige erfolgte dabei auf die gleiche Art, wie es schon bei den Scheibenbremsen beschrieben wurde.

Da mit der Feststellbremse nicht die hohen Bremskräfte der pneumatischen Bremsen erzeugt werden konnten, wurde für diese Federspeicherbremse nur noch eine Bremskraft von 232 Kilonewton angegeben. Diese Festhaltekraft reichte aus um den voll besetzten Zug in Neigungen bis zu 40‰ sicher abzustellen. Da auch am Arlberg maximal 31‰ vorhanden waren, konnte der Triebzug überall auf dem befahrenen Streckennetz gesichert werden.

 

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