Die Führerstandsfahrt

Habe ich bei Ihnen die Lust geweckt, auch ein Mal als Lokomotivführer über den Gotthard zu fahren? Ein Wunsch den viele sicherlich schon oft geträumt haben. Ist die Strecke wirklich so spannend? Nach Jahren, in denen ich die Strecke bei jeder Witterung kennen gelernt habe, weiss ich, dass die Strecke spannend sein kann. Nur, freut man sich auch, wenn man andere Linien befahren darf und so eine kleine Abwechslung entsteht.

Sehenswürdigkeiten entlang der Strek-ke machen diese natürlich sehr beliebt, denn die auf dem Bild zu sehende Kirche kennt nun jeder, der sich mit den Eisenbahnen der Schweiz ein wenig befasst hat.

Ein beliebtes Fotoobjekt und Orien-tierungspunkt bei Fahrten durch die Kehren. Nur, wissen Sie, wie der Lokführer sie sieht? Hat er sie auch einmal links und dann wieder rechts, wie es der Komiker Emil so schön festgestellt hat?

Eine Fahrt im Führerstand lässt Sie das nur erahnen, denn der Lokführer hat andere Aufgaben, als sich die Kirche auf dem fernen Hügel anzusehen.

Nachdem ich zehn Jahre die Strecke befuhr, musste mich ein Kollege daran erinnern, dass die Kirche in der Nacht nur noch bis Mitternacht beleuchtet ist.

Mit ist es schlicht nicht aufgefallen, da es in der Nacht dunkel war. Sie steht da und damit hat es sich auch schon.

Nur, wie schafft man das überhaupt, wie kommt man in eine Lokomotive und kann über diese Strecke fahren. Es gibt wirklich Lösungen, die es Ihnen ermöglichen, die Strecke über den Gotthard mit den Augen des Lokführers zu sehen. Dabei benutzen Sie berühmte Lokomotiven, oder aber Sie geniessen die Fahrt in einem speziell für diesen Zweck hergerichteten Fahrzeuges. Doch sehen wir uns die Möglichkeiten für eine Mitfahrt auf dem Führerstand an.

Ich will Ihnen die möglichen Varianten nicht vorenthalten. Ich gebe Ihnen die häufigsten Varianten an. Alle Varianten sind von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB genehmigt aber nicht immer verfügbar. Die illegalen Fahrten, die immer wieder im Internet auftauchen, unterstütze ich nicht. So eine Fahrt kann dem Lokführer sehr viel Ärger einhandeln. Kommen wir aber zur ersten legalen Variante.

Die billigste Variante: Diese Variante ist mit Abstand von allen die billigste, denn bei dieser Variante wird Ihnen noch etwas dafür bezahlt, dass Sie über den Gotthard fahren. Aber eben, es ist nicht einfach dazu zu kommen. Den Weg dazu habe ich Ihnen vorher beschrieben, denn er ist mit sehr viel Aufwand verbunden. Sie müssen dazu Lokführer werden. So kommen Sie mit sehr viel Glück an den Gotthard.

Kurz gesagt, liebe Kollegen wenn Ihr in einem Depot arbeitet, das nicht über den Gotthard fährt, müsstet Ihr in ein Depot wechseln, das über den Gotthard fährt. Dann könnt Ihr die Strecke immer wieder befahren und letztlich kennt Ihr auch deren Schattenseiten und die Schwierigkeiten bei Regen und Schnee. Zudem ist so ein Wechsel oft mit einem Umzug verbunden, man muss die sozialen Netze abreissen um das zu erreichen, sicherlich kein leichter Entscheid.

Mit der Eröffnung der NEAT ist die Strecke aber auch für viele Lokführer nicht mehr zugänglich. Nur noch wenige Züge fahren oben durch und diese werden durch die nahen Depots in Arth-Goldau und im Tessin bedient.

Die weiter entfernten Depots, die ebenfalls ins Tessin fahren, benützen die Basislinie. Oftmals sind dort die Lokführer am Berg nicht einmal Streckenkundig. Zudem verlangt diese Strecke die Bergprüfung.

So gesehen ist diese Variante sehr billig, hat aber viele Nachteile. Diese Nachteile können nicht ignoriert werden. Zudem ist diese Variante für viele Menschen unerreichbar. Sie können und wollen nicht mit der Lokomotive arbeiten.

Trotzdem möchten Sie eine Fahrt über den Gotthard im Führerstand geniessen. Viele Jahre war das schlicht un-möglich und dann wurde diese Marktlücke ebenfalls ergänzt. Daher gibt es allgemeine Lösungen.

Mit Vitamin B, müssen Sie nur einen Lokführer eines der Depots in der Bekanntschaft haben und ihn dazu überreden Sie doch ein Mal mitzunehmen. Damit das nicht illegal geschieht, hat der Lokführer aber viel Aufwand zu betreiben.

Er muss Kollegen finden, die es gestatten, dass sie mitfahren können. Dann muss er Anträge stellen und die Erlaubnis vom Chef einholen. Die Fahrt findet schliesslich an einem freien Tag statt.

Da diese Fahrten durch die Freitage beschränkt sind, benutzen die Lokführer diese Gelegenheit, um die Familie zu berücksichtigen. Wer täglich mit Zügen fährt, will das in der Freizeit nicht auch noch machen. Viel Aufwand, bei dem der Erfolg nur gering ist. Daher sind viele Lokführer in diesem Punkt stur und erwähnen schlicht nicht, dass diese Lösung möglich ist. Auch Sie geniessen bekanntlich die freie Zeit mit ihrem Hobby.

Für alle, die schon freudig lächeln, denn Sie kennen ja einen, muss ich enttäuschen. Meine Fahrten sind schon auf Jahre hinaus ausgebucht. Ich benütze die Gelegenheit auch nur für meine engste Familie, denn auch ich will mal ausspannen und meine freien Tage geniessen. Wer zudem meint, dass dies mit genug Geld zu erreichen ist, hat schlechte Karten, denn ich lasse mich nicht bestechen, denn solche Handlungen führen zwangsläufig zur Entlassung.

Es gibt für Geld viel bessere Möglichkeiten. Dazu müssen Sie nicht einmal mich belästigen, denn diese Angebote finden Sie im Internet und Fahrten können Sie Buchen. Die Fahrten sind aber nicht billig. Im Gegenteil, es sind auf den ersten Blick überrissene Preise, die verlangt werden. Trotzdem gibt es Wartelisten, die lange zu sein scheinen. Machen wir jedoch eine luxuriöse Fahrt im Führerstand über den Gotthard.

Luxus Variante: Haben Sie die richtige Variante noch nicht gefunden, dann sind Sie hier mit Sicherheit an der richtigen Stelle. Hier müssen Sie weder Lokführer sein, noch müssen Sie einen kennen. Diese Variante wird von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB angeboten. Hier dürfen Sie sogar noch eine weitere Person mitnehmen, und erhalten fachkundige Beratung. Genau das Angebot, dass man seit Jahren erwartet hatte.

Aber der Titel sagt es schon. Diese Fahrten sind sehr beliebt und unterliegen einer starken Beschränkung. Die Warteliste soll recht lang sein. Der Preis für eine Fahrt bewegt sich um die CHF 800.--. Diese Variante hat gegenüber den anderen noch einen weiteren Vorteil. Hier sind die Scheiben der Lokomotiven sauber geputzt. Für Fotos ist das nur von Vorteil. Seit dem Dezember 2016 geht es jedoch durch den Basistunnel.

Wie stark diese Fahrten beschränkt sind, zeigt nur schon, dass es sich um zwei Züge zwischen Arth-Goldau und Locarno handelt. Diese Züge können dabei mit dem speziellen Ticket nur in einer Richtung benützt werden. Für die Rückfahrt müssen Sie dann die regulären Verbindungen benutzen. Das ist sicherlich nicht schön, aber bei den meisten hier vorgestellten Fahrten so. Führerstandsfahrten finden in der Regel immer in eine Richtung statt.

Die betroffenen Lokführer haben auch hier der Mitfahrt zugestimmt. Das erfolgt aber hier etwas anders, denn der Lokführer erfährt davon in seiner Einteilung. Er darf die Fahrt ablehnen und ein Kollege springt ein. Da diese Züge jedoch bekannt sind, weiss der Lokführer nur schon anhand der Tour, dass er Gäste im Führerstand haben könnte. Sie sehen, es ist eine umfangreiche Planung erforderlich, daher geht so ein Angebot nicht kurzfristig.

Die Fahrt erfolgt mit planmässigen Zügen. Zudem werden die Angebote von Zeit zurzeit nicht aufgeschaltet. Dann haben Sie schlicht keine Möglichkeit die Fahrt über den Gotthard zu nutzen. Kommt hinzu, dass die Züge den Basistunnel benutzen und 57 Kilometer Betonröhre nicht so spannend sind, wie man meinen könnte. Es ist einfach dunkel und bleibt dunkel. Jedoch gibt es noch eine dritte Variante, die sehr vielseitig ist.

Historische Variante: Es gibt sogar die historische Variante. Diese besitzt sogar ein etwas günstigeres Angebot und Sie können neben der Fahrt noch viel mehr von der Strecke kennen lernen. Die Fahrten führen ab Erstfeld nach Airolo und es wird ein Triebwagen verwendet, der speziell für diese Fahrten hergerichtet wurde. Diese Fahrten sind bei SBB Historic zu buchen und werden mit vielen besonderen Attraktionen versüsst.

Sie reisen in einer Gruppe und die Kosten liegen bei rund 450 Franken pro Person. Die Fahrten werden zudem bis zu sechsmal angeboten. Daher ist hier kaum eine Warteliste vorhanden und Sie benötigen nicht sehr viel Glück um für die Fahrt einen Platz zu finden.

Die Erlebnisse dieser Fahrt werden Sie jedoch nie mehr vergessen. Besonders das Motiv der Kirche, das sonst nicht möglich ist und der Halt in einem Tunnel bleiben in Erinnerung.

Bei diesem mit einem Triebwagen gefahrenen Angebot, kehrt man wieder an den Ausgangspunkt zurück. Sie können den restlichen Tag frei planen. Zudem ermöglich die Fahrt in der Gruppe auch die Freundschaft mit gleichgesinnten Personen.

Eine Fahrt mit diesem speziellen Triebwagen ist daher ein Erlebnis. Da es am Tag zwei Fahrten gibt, können Sie sogar auch von weiter anreisen und müssen dabei nicht so früh aus dem Bett.

Die Nachteile bei dieser Fahrt sind, dass sie im Depot Erstfeld starten und dass sie nicht die Südrampe beinhaltet. Sie müssen zuerst anreisen und sehen nicht die ganze Strecke. Ansonsten ist der Triebwagen ideal für diesen Einsatz geeignet. Es ist daher ein Angebot, dass ich Ihnen nur empfehlen kann. Billiger kommen Sie wirklich nicht mehr zu einer legalen Fahrt am Gotthard. Sind Sie schon in einem Tunnel ausgestiegen?

Soll es jedoch etwas mehr sein? Die Kosten sind kein Problem und das Abenteuer darf ruhig etwas mehr kosten? Dann bietet SBB Historic am Gotthard noch weitere Fahrten an. Sie müssen bei diesen Fahrten wirklich sehr tief ins Portemonnaie greifen. Kosten von mindestens 1 250 Franken erwarten Sie in diesem Angebot. Zudem müssen Sie Glück bei der Buchung haben. Nur stellt sich natürlich jetzt die Frage, was speziell daran ist.

Das jetzt verwendete Fahrzeug ist eine Lokomotive. Sie können zwischen der Legende (Ce 6/8 II) und dem Giganten (Ae 8/14) wählen. Wollten Sie sich schon immer wie ein Lokführer im Jahre 1921 fühlen?

Dann sollten Sie täglich die Seite von SBB Historic besuchen und dort nach den Fahrten mit dem Krokodil Ausschau halten. Sie müssen wirklich schnell sein, denn die Fahrten gehen weg wie warme Semmeln und das ist leicht untertrieben.

Wenn es sein muss, dass kann es auch die Fahrt mit der grössten und schwersten je in Mitteleuropa gebauten Lokomotive sein.

Mit der Ae 8/14 über den Gotthard. Kein billiges Vergnügen, aber eine Fahrt, die Sie sicherlich nie mehr vergessen werden. Einzig der schwere Güterzug fehlt am Zughaken, aber die Fahrt alleine ist schon ein Erlebnis. Doch auch hier gilt, Sie müssen schnell sein und im richtigen Augenblick buchen.

Jedoch ist auch hier nicht alles Gold was glänzt. Die Fahrten mit den Lokomotiven führen Sie über die ganze Strecke von Erstfeld bis Bodio. Es ist technisch nicht möglich, weiter als bis Bodio zu fahren. Dort an und abreisen kann man hingen nur mit dem Bus. Das ist nicht erfreulich, aber das Erlebnis mit den Lokomotiven, ist unbeschreiblich. Da werden die schlimmsten Kerle, pflegeleicht und zu kleinen Kindern.

Wer weiss, denn auf diesen Fahrten könnte es eventuell sein, dass Sie auf mich stossen, denn gefahren wird der Zug von Lokführern des Teams Erstfeld. Es sind Kollegen von mir, die in Arth-Goldau oder Erstfeld stationiert sind. Doch mit diesen letzten vorgestellten Fahrten endet die Möglichkeit schon. Mehr Möglichkeiten gibt es wirklich nicht mehr. Seit 2017 bietet jedoch nur noch SBB Historic den Gotthard an.

Ein paar Hinweise: Hatten Sie Glück, und dürfen einmal eine Fahrt im Führerstand über den Gotthard unternehmen, die nicht jeder hat, dann beherzigen Sie sich doch folgende Regeln:

-        Stellen Sie keine Fragen an den Lokführer, der den Zug führt. Die kleinste Ablenkung kann zu einer Katastrophe führen. Dafür ist die Begleitperson da und Sie gehören zu den ersten, die den Kopf anstossen! Ein Gespräch mit dem fahrenden Lokführer wird durch ihn gesteuert und es kann sein, dass er plötzlich keine Antwort gibt, weil er eine Situation voll konzentriert bewältigen muss. Der Begleiter kennt die Strecke und das Fahrzeug auch.

-        Befolgen Sie die Sicherheitsanweisungen des Bahnpersonals, denn ein Fehler im falschen Moment kann tödlich sein, denn nun müssen Sie sich im Gleisbereich aufhalten. Das Bahnpersonal sorgt für Ihre Sicherheit, denn nur es weiss, worauf man genau achten muss. Dazu müssen auch Sie eine Warnweste tragen, denn ohne darf niemand ins Gleisfeld, das ist aber unter Umständen nötig, weil Lokomotiven nicht immer an den passenden Orten stehen.

-        Handys sollten Sie zudem aus oder zumindest stumm schalten. Telefonate auf der Lokomotive sind unerwünscht. Das einzige Handy auf der Lokomotive, das benutzt wird, ist das Gerät des Lokführers. Dieses benutzt er aber um seine Arbeit auszuüben, private Gespräche führt er nicht. Sie sollten daher am besten Ihr Gerät ausschalten. Geniessen Sie die Fahrt und versuchen Sie nicht bei Kollegen anzugeben. Das können Sie später sogar noch besser.

-        Versuchen Sie nicht dem Lokführer irgendwelche Pralinen zu geben. Diese könnten ohne Ihr Wissen Alkohol enthalten. Lokführer dürfen vor und während der Arbeit keinerlei Alkohol zu sich nehmen. Zudem würde Ihre Handlung den Lokführer ablenken, was nicht passieren darf. Sie sind auf einer Lokomotive und nicht im Zoo, denn der Affe daneben ist ein normaler Mensch. Deshalb gilt wie im Zoo: „Bitte nicht füttern.“

-        Tragen Sie passende Kleidung. Minirock und elegante Damenschuhe sind auf einer Lokomotive fehl am Platz und erfreuen wirklich nur die Männer. Tragen Sie einfache Kleidung, die auch verschmutzen darf. Die Fahrt ist ein Abenteuer und kennen Sie einen Abenteurer, der im Frank auf eine Expedition geht? Eben, Sie sollten auch einfache Kleidung tragen, denn die Fahrt ist lange und man kann nicht einfach aufstehen und herum gehen.

-        Benutzen Sie die Toilette vor der Fahrt. Auf Lokomotiven gibt es solche Einrichtungen nicht und der Zug kann nicht einfach wegen Ihrer Blase anhalten und warten. Lokführer müssen manchmal auch einen Knopf in die Leitung machen, damit es in den Hosen bis zum Endbahnhof trocken bleibt. Die Fahrt kann dann sehr lange werden. Dazu können Sie die regelmässig stattfinden Halte benutzen. Schliesslich steht man oft im Bahnhof.

Wenn Sie alle Anweisungen und diese Regeln befolgen, garantiere ich Ihnen einen unvergesslichen Tag. Da spielt auch das Wetter keine Rolle mehr. Ach ja, auf Lokomotiven wird normalerweise nicht geraucht. Es gibt aber eine Ausnahmen, doch die sollten Sie selber herausfinden. Denn dort gibt es die Möglichkeit für Raucher noch. Nur, ich bezweifle, dass Sie Zeit finden um zu rauchen, denn die Erlebnisse rauben Ihnen den Atem.

Ich habe Ihnen einen allgemeinen Überblick in meinen Beruf vermittelt. Ich hoffe, dass für Sie nun viele Fragen beantwortet wurden. Vielleicht ist etwas vom Mythos Lokführer verschwunden und er wurde zu einem normalen Beruf. Ein Beruf, wie es sie überall auf dieser Welt gibt. Keine berühmten Aufgaben, kein Traum und schon gar nicht etwas Unerreichbares. Lokführer sind Menschen wie Sie. Sie arbeiten Schicht und sind bei der Arbeit oft alleine.

 

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