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Bevor wir zu ERTMS und dessen Bedeutung kommen, müssen wir uns etwas mit der Geschichte der Eisenbahn befassen. Dabei werden wir nicht mehr ins Detail gehen, denn das erfolgte bereits an anderer Stelle. Wir wollen uns mit dem Verkehr von Zügen und den Stellwerken befassen. Nur allgemein und ohne Details zur Technik, denn es soll schliesslich nur eine Einleitung und damit die Vorbereitung zum Thema sein.

Seit Beginn der Eisenbahnen war es wichtig, dass Informationen an das Fahrpersonal übermittelt werden können. Dazu wählte man anfänglich die Lösung mit schriftlichen und mündlichen Befehlen. Es kamen aber auch spezielle Vorschriften zur Anwendung. Technische Hilfsmittel kannte man zum Beginn der Eisenbahn daher noch nicht und man fuhr einfach mit den Zügen über die neu gebauten Anlagen. 

Das funktionierte überraschend gut. Bei einfachen Bahnen kommt diese Lösung auch heute noch nach über 100 Jahren sehr erfolgreich zur Anwendung.

Nur hat man bei diesem System ein Problem, denn wie soll man verhindern, dass der Zug ungehindert in den Bahnhof einfährt? Man benötigte daher eine spezielle Einrichtung zur Verhinderung von ungewollten Fahrten in den Bahnhof und anfänglich wirklich nur dafür.

Die Einrichtung kennen wir, denn sie ist auch heute noch in der Anwendung, denn es handelt sich um die ortsfesten Signale. Diese waren so gut, dass man sie auch bei anderen Fällen verwendete und so die Züge immer öfters nur durch die Signale allein geregelt wurden.

Die schriftlichen Befehle rückten in den Hintergrund. Das funktionierte sehr gut und wurde daher immer mehr verbessert und die Geschwindigkeiten der Züge stiegen an.

Damit hatte man jedoch nur eine Regelung für die Fahrten erhalten. Es gab keine Einrichtungen, die Fehler oder gar Missachtungen verhinderten. Sie kennen dieses Prinzip sehr gut. Vermutlich benutzen Sie es täglich und stellen sich nie diese Frage. Ich spreche vom Verkehr auf den Strassen der Welt. Halten Sie mit Ihrem roten Sportwagen nicht vor einer ebenso roten Ampel hindert Sie nichts an der Fahrt.

Handelte ein Lokführer so wie Sie auf der Strasse, konnte das nicht gut enden. Machten zudem der Fahrdienstleiter eine unüberlegte Handlung, war es schnell mit der Sicherheit dahin. Wie schwer die Kombination von zwei Fehlern enden kann, erkennen Sie auf dem Bild, das einen Unfall in Bellinzona zeigt, bei dem es mehrere Todesopfer gab. Drei gegangene Fehler beim Fahrdienstleiter, beim Weichenwärter und beim Lokführer führten dazu.

Immer wieder passierte es aber auch, dass der Fahrdienstleiter im Bahnhof eine fehlerhafte Schaltung machte. Nicht absichtlich, aber es war ein Fehler, der passieren kann.

Die immer schneller fahrenden Züge konnten, wenn der Fehler erkannt wurde, aber nicht mehr rechtzeitig anhalten. Daher begann man die Anlagen mit Kontrollen auszurüsten. Die Verschlüsse und eigentliche Stellwerke kamen auf.

So konnte man die Situation auf den Bahnhöfen klären. Es war technisch verhindert worden, dass die Schaltung feindliche Fahrten erlaubte. Ein Schritt, der in die richtige Richtung ging.

Nur, es fehlte noch ein wichtiger Punkt, denn belegte Geleise konnten immer noch nicht technisch erkannt werden. Der Angestellte im Stellwerk kontrollierte daher vor jeder Fahrt optisch ob das Gleis oder die Weiche auch wirklich frei war.

Mit der Hilfe von Achszählern und Gleisfreimeldeeinrichtungen wurden die Geleise daher überwacht. Trotzdem, es gab immer noch Fehler, die zu ernsten Problemen führten. Diese machte nun aber das Fahrpersonal. Die Folge war, dass man Zugsicherungen einführte und so das Personal auf der Lokomotive bei den Handlungen einschränkte. Die Eisenbahn begann so immer besser und immer sicherer zu funktionieren.

Diese Systeme kennen wir zu gut, denn es sind die, die in den meisten klassisch aufgebauten Anlagen der Welt angewendet werden. Sie bieten einen sicheren Betrieb auf den Strecken. Da der Fortschritt jedoch nicht aufgehalten werden konnte. Mehr Züge verkehrten und diese wurden zudem immer schneller und benötigten immer längere Bremswege um anzuhalten. Ein Problem, das in vielen Ländern bekannt ist.

Die vorhandenen Systeme kamen daher immer öfters an die Leistungsgrenze. Durch die hohen Geschwindigkeiten der Züge, blieb dem Lokomotivpersonal nur wenig Zeit, das Signalbild richtig zu erkennen. Sogar Vorsignale mussten eingeführt werden. Vereinfachte Signalbilder wurden eingeführt, damit das Fahrpersonal die Bilder richtig erkennen konnte. Alles in allem funktionierten diese Systeme sehr gut, wurden sie doch mehrere Jahre angewendet. 

Das ging letztlich so weit, dass man in der Schweiz ein neues Signalsystem einführte. Dieses System N war so konstruiert worden, dass es sehr einfach zu verstehen war und es war auch für sehr hohe Geschwindigkeiten geeignet. Das Signalsystem Typ N würde problemlos auch bei Geschwindigkeiten von 200 km/h und mehr richtig erkannt werden. So einfach sind die Informationen, die damit übermittelt werden.

In anderen Ländern sah die Sache jedoch anders aus, denn dort blieb man bei den alten Systemen und beschränkte die zugelassenen Geschwindigkeiten für die Züge.

So steht auch heute noch in den entsprechenden Vorschriften für Deutschland, dass die Höchstgeschwindigkeit für signalgeführte Züge 160 km/h beträgt. Das obwohl man in Deutschland viel schneller fährt. Ein Punkt, der auch für andere Länder galt. In der Schweiz fuhr man auch nicht schneller.

Viele Bahnen in Europa entwickelten dabei eigene Systeme für die Signale und genormte Bauteile gab es nicht. So machten sich die Bahnen in den jeweiligen Ländern von einem einzigen Hersteller abhängig.

Dieser Monopolist konnte die Preise für das System hoch halten und so gutes Geld verdienen. Die meist staatlich organisierten Bahnen schluckten den Brocken so gut es ging. Deutlich in Erscheinung trat das beim System N.

Das neue Signalsystem der Schweizerischen Bundesbahnen SBB war gut, aber auch extrem teuer. Durch die Liberalisierung der Bahnen und durch die Umwandlung von Staatsbahnen zu privatrechtlich organisierten Einheiten, war das neue System nicht mehr finanzierbar. Notgedrungen griff man zum alten System, weil dieses schlicht und einfach billiger in der Anschaffung war. So konnte man in der Schweiz durchaus leben.

Zumindest so lange, wie man in dem Land der Berge nicht schneller als 160 km/h fuhr. Auch hier hat man sich den internationalen Ideen angeschlossen, dass bei höheren Geschwindigkeiten keine sichere Erkennbarkeit der Signale mehr gesichert ist. Ein Punkt der dank ZUB 121 und dem System N nicht unbedingt so hätte ausfallen müssen, denn die Schweiz war das einzige Land, das ein entsprechendes Signalsystem hatte.

Mit der Liberalisierung im Eisenbahnverkehr ergaben sich jedoch auch andere Probleme für die neuen EVU. Lokomotiven, die über mehrere Länder hinweg verkehren, mussten mit den Zugsicherungssystemen der jeweiligen Länder ausgerüstet werden. Das ist oft mit enormen Kosten bei der Entwicklung und beim Bau der Fahrzeuge verbunden. Vom Platz, der benötigt wurde, darf gar nicht gesprochen werden.

Gewisse Kombinationen schlossen sich sogar aus. Dazu ein Beispiel, das die Probleme aufzeigt. Der in der Schweiz mittig montierte permanente Magnet war in Österreich schlicht nicht zugelassen.

Daher musste man bei den Lokomotiven und Triebzügen für diese beiden Länder einen schaltbaren Magneten einbauen. So ging es, die Vorschriften in der Schweiz mussten jedoch angepasst werden, denn jetzt gab es auch schaltbare Magnete.

Nur war es damit noch lange nicht getan. Die auf die einzelnen Länder beschränkten Zugsicherungen wurden meistens nur von einem einzigen Hersteller angeboten. Das ermöglichte diesem, die Preise für die Komponenten künstlich auf einem sehr hohen Niveau zu halten, denn die Konkurrenz fehlte gänzlich. Ja, es gab sogar Hersteller von Zugsicherungen, die so ein neues Fahrzeug für den internationalen Verkehr zu blockieren versuchten.

Mit den schneller fahrenden Zügen gab es in Europa zudem das Problem, dass bei gewissen Geschwindigkeiten die Signale nicht mehr richtig erkannt werden. Die Lösung für dieses Problem sah man beim Linienleiter, der zwischen Turgi und Koblenz und am Gotthard im Raum Lavorgo getestet wurde. Das Problem dabei war, dass damit ein Kabel im Gleis benötigt wurde. Beim Unterhalt hätte dieses Kabel entfernt werden müssen.

Deutschland führte die LZB schliesslich für die hohen Geschwindigkeiten ein und verbesserte das System immer mehr. Die hohen Geschwindigkeiten der ICE erfolgten zumindest anfänglich ausschliesslich mit der LZB. Mit der Entwicklung von CIR-ELKE kamen auch Verbesserungen, die auf konventionellen Strecken verwendet wurden. Man hatte ein gutes System erhalten, das kaum ersetzt werden musste. Neue Lösungen waren nicht vorgesehen.

In Frankreich kam mit den TGV wieder ein anderes System zur Anwendung. Dabei verwendete man das System Transmission Voie-Machine (TVM). So wurde auch hier eine spezielle Übermittlung der Informationen in den Führerstand ermöglicht. Die schnellen Züge konnten international nur richtig verwendet werden, wenn sowohl die LZB, als auch TVM eingebaut wurden. Das Gewicht der Fahrzeuge stieg dadurch jedoch nicht unwesentlich an.

In Europa begann man diese Praxis zu überdenken. Ziel war es, die nationalen Systeme abzulösen und durch ein einheitliches neues System zu ersetzen. Was seinerzeit bei der LZB angedacht, aber nie umgesetzt wurde, sollte nun dank der europäischen Union verwirklicht werden. So sollten die Kosten gesenkt werden und die Ausrüstungen auf den Fahrzeugen wären einfacher geworden. Zudem sollten auch hohe Geschwindigkeiten abgedeckt werden.

Gerade im Bereich über 160 km/h ist eine Führerstandssignalisation mittlerweile international vorgeschrieben, da die Lokführer die Signale nicht mehr in jeder Situation rechtzeitig erkennen können. Mit Ausnahme des schweizerischen Systems N  war keines der klassischen Systeme so einfach, dass es auch bei höheren Geschwindigkeiten einwandfrei erkannt werden konnte. Daher wurde das System N schlicht nicht berücksichtigt.

Solche Systeme für eine Führerstandssignalisation gab es in Deutschland (LZB) und in Frankreich (TVM) schon, und diese ermöglichten Geschwindigkeiten bis über 300 km/h. Ja sogar ein automatischer Fahrbetrieb ohne Lokführer wäre damit möglich geworden. Jedoch waren diese beiden Systeme nicht einheitlich aufgebaut. Kompatibel waren sie überhaupt nicht und die Kosten für jedes System waren gigantisch. Besonders dann, wenn beide benötigt werden.

Deshalb wurde auf internationaler Ebene über ein neues System für Europa nachgedacht. Sämtliche Bahnen sollten von diesen Grundlagen profitieren können. Einheitliche Signale erleichterten zudem den Einsatz von Lokführern. Dank der grossen Auswahl potentieller Hersteller sollte das System gegenüber den nationalen Systemen billiger werden. Die bisherigen auf die einzelnen Länder beschränkten Systeme sollten daher abgelöst werden.

Es wurden deshalb bestimmte Vorgaben an das neue europäische System gestellt. Diese Vorgaben der europäischen Union betrafen nicht nur ein eigentliches System für Hochgeschwindigkeitsstrecken, sondern auch Angaben über die benötigten Schnittstellen zwischen Zug und Stellwerk. Das Ganze wurde im Protokoll „European Rail Trafic Modular System“ ERTMS definiert. Damit waren die Grundlagen vorhanden.

In diesem ERTMS war neben Anforderungen an die Stellwerke auch das eigentliche Zugsicherungssystem für die Strecken und Fahrzeuge enthalten. Dabei bot ERTMS nur das Dach des ganzen Systems, das vereinheitlichte Bauteile für die Stellwerke und die Zugsicherung ermöglichte. Damit sollten die Kosten bei der ganzen Sicherung verbilligt werden. Man konnte nach ERTMS ein komplett neues Bahnsystem aufbauen.

Näher auf ERTMS eingehen will ich an dieser Stelle nicht. Sie müssen einfach wissen, dass darin die entsprechenden Schnittstellen, die Techniken und die Baugruppen klar definiert wurden. Ein Stellwerk nach ERTMS muss sich dabei nicht unbedingt von einem konventionellen Stellwerk unterscheiden. Einzig die Bauteile sind nach den Normen von ERTMS aufgebaut und stammen nicht mehr von einem einzigen Hersteller, sondern können kombiniert werden.

Der Umfang von ERTMS ist so gross, dass er unseren Teil bei weitem sprengen würde. Es reicht, wenn wir wissen, dass alle nun vorgestellten Funktionen und Lösungen auf den Grundsätzen von ERTMS aufbauen. Daher haben wir hier eigentlich nichts weniger als ein Grundgesetz erhalten, an dem sich nun sowohl die Hersteller, als auch die Bahnen zu orientieren haben. Wir nehmen dabei nur einen Teil heraus.

 

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