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Der Titel wirkt auf Sie sicherlich verwirrend. Vielleicht haben Sie schon etwas von ETCS gehört, aber nichts von ERTMS. Gross geschrieben wurden diese Begriffe, weil es Abkürzungen sind. Da Sie schon etwas über ETCS gehört haben, beginne ich mit ERTMS, das für «European Rail Traffic Modular System» steht. ETCS ist dabei nur ein Teil davon. Doch beginnen wir am Anfang und da kochte jedes Land noch ein eigenes Süppchen.

Wenn wir wirklich am Anfang beginnen, dann kommen wir in der Schweiz nicht um die Strecke zwischen Zürich und Baden. Die Bahn wurde unter der Bezeichnung als Spanischbrötlibahn sehr be-kannt.

Doch uns interessiert nicht das Gebäck, das für den Namen sorgte. Vielmehr wollen wir uns die Züge ansehen, die dieses und die Leute transportierten. Gezogen wurden die Wagen von Lokomotiven, welche vom benötigten Personal bedient wurden.

Wie auf jeder heute bekannten Strecke gab es Bahnhöfe und Strecken. Auf den Strecken konnten sich damals die Züge frei bewegen.

Doch sie trafen irgendwann auch auf einen Bahnhof und dabei musste schon früh geregelt werden, wie sie in diesen Hof einfahren. Der Zug kam also in einem Bahnhof an und verliess diesen wieder. An dieser Tatsache änderte sich nichts, bis wir zu unserem eigentlichen Thema kommen.

Denken wir etwas weiter. Sie besuchen einen Freund mit dem Auto. Bei der Ankunft fahren sie einfach auf den Parkplatz und gehen zur Türe. Treten Sie danach einfach ein? Nein, sie klingeln und melden sich an. Der Freund öffnet dann die Türe und Sie können eintreten. Was das mit unserem Thema zu tun hat. Sie sind der Zug und der Freund ist der Bahnhof. Nur das mit dem eintreten war früher anders gelöst worden.

Wenn sich der Zug dem Bahnhof näherte musste er sich rund 2000 Fuss, oder wie heute üblich 600 Meter vor der Einfahrweiche bemerkbar machen und die Fahrt verlangsamen. Zusätzlich war vorgesehen, dass der Lokführer mit der Pfeife der Lokomotive ein akustisches Signal gab. Dabei musste er zuerst lange und dann mehrmals kurz und dann wieder lange pfeifen. Er machte sich daher bemerkbar und meldete sich an.

Jetzt kommt der Unterschied, denn der Zug fuhr anschlies-send einfach in den Bahnhof, wo er schliesslich einen Stopp einlegte. Die Ankündigung war für den Bahnhof wichtig, denn nun konnte er sich auf die Ankunft vorbereiten.

Sie klingeln also bei Ihrem Freund und treten dann einfach ein. Das geht, kann aber Ihrer Freundschaft grossen Scha-den zufügen. Bei den Bahnen war das gar nicht anders und es blieb ja nicht bei der Spanischbrötlibahn.

Um die Einfahrt in den Bahnhof besser regeln zu können, wurden erste einfache Signale verwendet. War dieses, also die Türe zu, musste der Zug warten. Erst wenn dieses die Einfahrt erlaubte, konnte der Zug einfahren.

Sie treten auch ein, wenn der Freund die Türe öffnet. Diese ersten Signale wurden Einfahrsignale genannt. Das war pas-send und sie sollten in den folgenden Jahren eine grosse Bedeutung erhalten.

Aus diesen ersten Signalen entwickelten sich im Lauf der Jahre immer bessere Systeme für die Signale. Es entstanden so erste Signalsysteme und mit diesen auch erste Stell-werke.

Mit diesen wollen wir uns nicht gross befassen, denn diese werden auf anderen Seiten vorgestellt. Vielmehr wollen wir etwas über den Tellerrand blicken, denn oft finden sich die interessanten Dinge auf dem Tischtuch und nicht im Teller.

Die hier am Beispiel der Schweiz vorgestellte Entwicklung fand natürlich auch in den anderen Ländern statt. Da diese aber nicht immer den gleichen Gedanken hatten, gab es grössere Unterschiede. Wobei das nicht immer so war.

Wenn Sie einmal etwas weiter reisen, als nur zum besten Freund, dann werden Sie schnell feststellen, dass die Signale der Schweiz teilweise durchaus auch in anderen Ländern angewendet werden.

Sie glauben das nicht? Es ist so, denn die Weichensignale der Schweiz können Sie durchaus auch in anderen Ländern finden und sie erfüllen den gleichen Zweck. Das ist einfach nur ein Beispiel und auch mit anderen Kombinationen ginge das.

Trotzdem gilt, dass jedes Land das machte, was es für richtig gehalten wurde. An diesem Punkt gibt es nichts zu bemängeln, es funktionierte und das ist letztlich der Punkt, der zählt.

Kaum ein Signalsystem war perfekt aufgebaut worden, denn zusammen mit den Vorschriften ergaben sich immer wieder Punkte, die nicht das halten konnten, was man sich erhoffte. Die Folgen dieser Mängel waren immer wieder gleich.

Es kam zu einem Unglück und nach diesem wurden dann Anpassungen vorgenommen, die dazu führten, dass die Mängel beseitigt werden konnten. Oft war dabei aber auch etwas Hilfe erfor-derlich.

Zugunglücke waren schon seit Beginn recht selten, auch wenn es früher mehr davon gab. Wenn wir da an Brücken denken, die unter der Last des Zuges einstürzten, dann war schnell klar, man musste bei diesen mit anderen Regeln arbeiten.

So wurden auch bauliche Regeln erlassen, die verhindern sollten, dass es wieder zu so einem Fall kommen konnte. Leider ein frommer Wunsch, denn mit Brücken gab es immer wieder Probleme.

Bei den Signalen war das nicht anders, denn die waren nur so gut, wie sie von den betroffenen Personen beachtet wurden. Auf der Strasse ist das auch so, denn dieses Schild mit dem runden roten Rand, macht Ihnen grossen Eindruck.

Anderen aber nicht und so wird das allgemeine Fahrverbot ignoriert. Es ist menschlich, jedoch bei der Eisenbahn ausgesprochen gefährlich. Denken wir doch kurz so und sehen einen Vorfall an.

Nachdem von mehreren Seiten Fehler gemacht wurden, war es ein Lokführer, der schlicht angenommen hatte, dass das Signal für ihn keine Bedeutung hat. Die Folge dieser Missachtung war das auf dem Bild zu sehende Zugunglück. Das war schwer und es sollte so etwas nie mehr geben. Angesetzt wurde dazu an mehreren Stellen und so sollte ein so schweres Unglück nicht mehr entstehen. Zumindest so lang, bis es ein neues Unglück gab.

Folgen sich diese in kurzer Zeit, dann liegt wohl im System ein Fehler und bei der Eisenbahn wird das gleich in der Presse breitgeschlagen. Das war schon immer so und wird auch so bleiben. Kaputte Fahrzeuge der Eisenbahn finden sich immer auf der ersten Seite wieder. Bei einem Auto ist das selten der Fall und der schrottreife rote Sportwagen mit dem Pferdchen ist oft nur eine kurze Meldung im Verkehrsfunk wert.

So wurden die Signale immer verbessert und diese auch mit Einrichtungen versehen, die reagieren sollten, wenn der Mensch einen Fehler machte. Diese wurden als Zugsicherungen bezeichnet und wie die Signale, entwickelten sie sich in jedem Land etwas anders. Kein Problem, könnte man meinen, aber es sollte zu einem werden. Doch dazu kommen wir etwas später, denn noch müssen wir uns mit den Signalen befassen.

Signale waren immer nur ein Teil von Stellwerken. Wie besser diese wurden und wie genauer die Signale sein sollten, desto teurer wurde die Sache. Gerade in die Sicherungsanlagen, also in die Stellwerke und Signale, floss sehr viel Geld und das war bei den Eisenbahnen immer eine Mangelware. Kombiniert mit der Tatsache, dass jedes Land seine eigenen Ideen umsetzte, entstand ein Teufelskreis, der ganz Europa erfasste.

Anlagen, die nur in einem Land wie der Schweiz verkauft werden können, ergeben eher geringe Stückzahlen. In der Folge mussten die Kosten für die Entwicklung auf diese geringe Menge verteilt werden. Das war auch der Grund, warum bei der Bahn alles teurer wurde und anhand eines Beispiel wollen wir auch das genauer ansehen und dazu wechseln wir kurz zu den Fahrzeugen. Diesmal ist es der Vergleich einer Lokomotive und einem normalen Auto.

Bei beiden Fahrzeugen muss viel Geld in ein neues Modell entwickelt werden. Bei der Lokomotive verteilen sich diese Kosten auf geringe Stückzahlen. 100 Modelle vom gleichen Typ waren schon viel. Beim Auto hingegen, kann ein Modell in mehreren Ländern verkauft werden und das führt zu gigantischen Stückzahlen. Das einzelne Auto wird so billiger und in der Folge können davon noch mehr verkauft werden.

So kam es, dass die Bahnen in Europa schon früh darum bemüht waren, eine Lösung zu finden, die einheitlich war. Was mit den Zug- und Stossvorrichtungen gut klappte, sollte auch bei den Sicherungsanlagen umgesetzt werden. Unter der Leitung der UIC begannen daher die ersten Überlegungen und so sollte ein erstes europäisches System zur Sicherung der Züge entstehen. Erste Versuche konnten daher aufgenommen werden.

Dieser Ansatz war die Linienzugbeeinflussung. Kurz LZB genannt, so sollten damit in Europa die Signale schlicht nicht mehr benötigt werden. Geplant war, dass sich die Züge bei diesem System so folgen können, wie das bei den Autos der Fall war. Mann bezeichnete das als Fahren im absoluten Bremswegabstand. Eine Idee, die so aber nur bei den Versuchen in der Schweiz umgesetzt wurde und dies auch nur das letzte Kapitel war.

Die LZB als europäische Lösung musste aber bei allen Bahngesellschaften umgesetzt werden, denn nur so konnten die Kosten für die Entwicklung auf viele Bauteile verteilt werden.

Sind jedoch viele Mitspieler vorhanden, hat jeder seine eigene Idee und das macht die Angelegenheit nicht so einfach.

Aber nur mit wenigen Ländern konnte man schon einen Erfolg erzielen. Es sollte anders kommen, als das Gedacht war.

Bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB, die bei der Entwicklung der LZB als führende Bahn ange-sehen werden konnten, gab es zwei Strecken. Diese fanden sich zwischen Turgi und Koblenz und so im Flachland, aber auch zwischen Lavorgo und Bodio.

Flache und steile Strecken, aber das Problem lag in Bern und dort in den Büros. Ein neuer General-direktor und alle Bemühungen der Fachleute waren schnell verloren.

Der neue Generaldirektor kam aus den Bereichen der Baudienste. Diese waren ab dem für die LZB benötigten Kabel nicht erfreut. Es sorgte für einen grösseren Aufwand bei Umbauten. Das wusste der oberste Chef und seinen Leuten wollte er das Leben nicht schwer machen. So war schnell der Entschluss gefasst, die LZB wird nicht eingeführt. Es blieb nur noch Deutschland, wo man die Sache wegen den neuen schnellen Zügen benötigte.

So war der erste Versuch für eine neue europäische Lösung an einem einfachen Kabel gescheitert, das einen geringen Mehraufwand bei den Bauarbeiten auslöste. Es blieb daher dabei, dass auch in den folgenden Jahren jede Bahn in Europa das eigene Süppchen kochte und dabei versuchte jede Bahn diese Suppe so gut, wie es nur ging zu machen. Neue Entwicklungen sollten das in jedem Land lösen, was die LZB mit CIR-ELKE für Europa wollte.

In der Schweiz kam es so zu einem neuen Signalsystem, das auch für sehr hohe Werte bei der Geschwindigkeit geeignet sein sollte. Da jeder mitreden konnte, war die Entwicklung eine grosse Sache und was gross werden will, benötigt eine Unmenge von Geld.

Diese Kosten, mussten nun auf die einzelnen Baugruppen verteilt werden. In der Folge waren die finanziellen Auf-wendungen so gross, dass es nicht mit dem Plan klappte.

Das Signalsystem vom Typ N war wirklich gelungen um nicht zu sagen schon fast genial. Leicht verständlich und zumindest in der Theorie für Geschwindigkeiten bis 200 km/h geeignet. Das einzige Problem, das es damit gab, war der Preis.

Die Signale waren schweineteuer. Die Industrie machte Kosten geltend, die sich schlicht keine Bahn im grossen Stil leisten konnte. Diese Signale mussten daher langsamer eingeführt werden.

Soweit zu den Sicherungsanlagen der Bahnen. Kommen wir nun zu den Fahrzeugen. Dabei stellt sich die Frage, was denn die mit den Signalen zu schaffen haben. Schlicht nicht so viel, dass sie eine Erwähnung verdient hätten. Jedoch waren Sie auch dafür verantwortlich, dass wir uns mit dem Thema ERTMS befassen müssen. So lohnt es sich, wenn wir auch in diesem Punkt etwas genauer nachsehen, denn das wird spannend.

Schon immer verkehrten die Triebfahrzeuge der Bahnen in Europa über die Grenzen. Oft war dann aber auch gleich Schluss. Neue schnelle Verbindungen mit den TEE sollten aber eine Wende bringen, denn diese Züge sollten auch in anderen Ländern eingesetzt werden können. Als Krönung davon kann sicherlich der Triebzug RAe TEE II angesehen werden, der vier Stromsysteme verarbeiten konnte und dabei erst noch schnell war.

Die Geschwindigkeit von den Triebfahrzeugen war jedoch immer das grössere Problem. Signale konn-ten so schlechter erkannt werden. Die Bahnen in Europa führten aber einen Verkehr mit sehr schnellen Zügen ein.

Die Rekorde für das schnellste Fahrzeug sollten sich in kurzen Abständen übertreffen. Damit das auch im planmässigen Verkehr möglich war, mussten Signale her, die der Lokführer auch bei 300 km/h erkennen konnte.

Alle erdenklichen Ideen waren vorhanden und in der Schweiz sogar jene mit normalen Signalen für 200 km/h. Es war letztlich die UIC, die zu diesem The-ma einen Erlass verfasste.

Man sah dort als oberste Grenze für mit Signalen geführte Züge bei 160 km/h. Damit erübrigte sich, die Erprobung des Systems N bei höheren Ge-schwindigkeiten. Es musste eine Signalisation in den Führerstand her und da hatte jedes Land seine eigene Lösung.

Als sich auch die Schweizerischen Bundesbahnen SBB mit höheren Werten bei den Geschwindigkeiten zu befassen begann, fehlte schlicht eine Signalisation in den Führerstand. Diese hatte man seinerzeit entwickelt, aber wegen dem Kabel im Gleis die Pläne vernichtet. Die LZB war daher für die Schweiz kein Thema mehr. Es wurde eine Lösung mit Funk bevorzugt. Damit die Kosten der Entwicklung gesenkt werden konnte, soll eine internationale Lösung her.

Damit sind wir wieder bei unserem Thema angelangt und nun sollte erneut ein Versuch für ein einheitliches System gestartet werden. Dabei beschränkten sich die Bahnen aber nicht nur auf die Signalisation, sondern auch bei anderen Lösungen sollten dank neuen Regeln und Normen die Kosten gemildert werden. Damit das klappte, wurden entsprechende Richtlinien erlassen und diese unter dem Kürzel ERTMS eingeführt.

Die Vorgaben der europäischen Union und der UIC betrafen jedoch nicht nur ein eigentliches System für Hochgeschwindigkeitsstrecken, sondern auch Angaben über die benötigten Schnittstellen zwischen Zug und Stellwerk.

Das Ganze wurde im Protokoll „European Rail Traffic Modular System“ ERTMS de-finiert. Damit waren die Grundlagen für einen neuen Anlauf zu einem einheitlichen System endlich vorhanden.

In diesem ERTMS waren neben den Anforderungen an die Stellwerke auch das eigentliche Zugsicherungssystem für die Strecken und Fahrzeuge enthalten. Dabei bot ERTMS nur das Dach des ganzen Systems, das vereinheitlichte Bauteile für die Stellwerke und die Zugsicherung ermöglichte.

Damit sollten die Kosten bei der ganzen Sicherung verbilligt werden. Man konnte nach ERTMS ein komplett neues Bahnsystem aufbauen. Näher auf ERTMS eingehen will ich an dieser Stelle nicht.

Sie müssen einfach wissen, dass darin die entsprechenden Schnittstellen, die Techniken und die Baugruppen klar definiert wurden. Ein Stellwerk nach ERTMS muss sich dabei nicht unbedingt von einem konventionellen Stellwerk unter-scheiden. Einzig die Bauteile sind nach den Normen von ERTMS aufgebaut und stammen nicht mehr von einem einzigen Hersteller.

Der Umfang von ERTMS ist so gross, dass er unseren Teil bei weitem sprengen würde. Es reicht, wenn wir wissen, dass alle nun vorgestellten Funktionen und Lösungen auf den Grundsätzen von ERTMS aufbauen.

Daher haben wir hier eigentlich nichts weniger als ein Grundgesetz erhalten, an dem sich nun sowohl die Hersteller, als auch die Bahnen zu orientieren haben. Wir nehmen dabei nur einen Teil heraus.

 

 

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