Betriebseinsatz SBB Cargo International Teil 1

Letzte

Navigation durch das Thema

Nächste

                       

Mit SBB Cargo International haben wir ein EVU, das sich auf den internationalen Verkehr durch die Schweiz spezialisiert hatte. Entstanden ist das Unternehmen aus Bereichen von SBB Cargo und Investoren aus der verladenen Industrie. So sollte der einem grossen Konkurrenzkampf unterworfenen internationalen Verkehr neu auf die Beine gestellt werden. Die Auslagerung umfasste auch Teile des Personals, das neu angestellt wurde.

Das Betriebskonzept von SBB Cargo International sah dabei vor, dass die Güterzüge mehrmals umgespannt wurden. Zu diesem Zweck hatte man beim Mutterhaus SBB Cargo Lokomotiven der unterschiedlichsten Baureihen ge-mietet und setzte diese nach Möglichkeit ein.

Diese sollten nun aber wieder abgegeben werden, denn der Basistunnel am Gotthard machte die Traktion der internationalen Güterzüge viel einfacher.

Bevor wir jedoch dazu kommen, sehen wir das Konzept vor dem Basistunnel am Gotthard schnell an. Die Züge mussten wegen der Bergstrecke sowohl in der Länge, als auch beim Gewicht beschränkt werden.

Die Ursachen fanden sich bei den Anlagen und den zu-lässigen Zughakenlasten. Selbst die Pufferkräfte beim Schiebedienst hatten einen Einfluss auf die Längen und Gewichte. Die Umspannung musste vor den Alpen er-folgen.

Eingesetzt wurden neben den klassischen Baureihen Re 420 und Re 620 auch Modelle mit mehreren Systemen. Nach Italien waren das die Reihen Re 474 und Re 484. Im Norden arbeitete man mit Re 482.

Keine dieser Maschinen verfügte über die Zulassungen in Deutschland, der Schweiz und Italien. Das galt selbst für Baureihen mit vier Stromsystemen, denn diese konnten nördlich der Schweiz schlicht nicht verwendet werden.

Das Konzept war mit dem neuen Basistunnel am Gotthard jedoch nicht länger haltbar und so suchte SBB Cargo International nach Modellen, die international eingesetzt werden konnten. Im Vordergrund standen dabei die Länder Deutschland, Schweiz und Italien. Um allfällige Umleitungen auch abdecken zu können, kam auch Österreich dazu. Diese Konfiguration bei Schienenfahrzeugen wurde in der Fachwelt auch als DACHI bezeichnet.

Zudem wollte man sich auf einen Hersteller beschränken um so auch diese Vorteile zu nutzen. Gerade der schwere Unterhalt wurde von SBB Cargo International nicht in eigenen Werken ausgeführt.

Das Industriewerk Bellinzona führte die Arbeiten nur zum Teil im Auftrag durch. Mit der Beschränkung auf einen Hersteller konnte man auch auf dessen Angebote für den Unterhalt eingehen. Gut aufgestellt war hier der Hersteller Siemens.

Daher wurden im Jahre 2017 mit einer ersten Lieferung 18 Maschinen der Baureihe 193 in Verkehr genommen. Dabei war speziell, dass diese geleast wurden und von der Kennung her immer noch dem Hersteller zugeschrieben wurden.

Das war mitunter auch der Grund für die Bezeichnung nach den Regeln von Deutschland. Vorteil dabei war, dass die Maschinen nicht verzollt werden mussten, denn sie wurden ja nicht in der Schweiz eingeführt.

Mit den ersten noch mit einer roten Front versehenen Maschinen war das Ziel erreicht. Dabei handelte es sich um Modelle, die mit der oft erwähnten DACHI Ausstattung versehen waren.

Auch wenn diese nicht alle vier Stromsysteme benötigte, waren diese auf den Mehrsystemlokomotiven aktiv geschaltet worden. Auch die Stromabnehmer waren entsprechend gestaltet worden. Da ja drei Stück so oder so benötigt wurden.

So konnten die Züge aus dem Ruhrgebiet in Deutschland über die Alpenkorridore am Gotthard und am Lötschberg bis nach Italien bespannt werden. In der Folge sollten die älteren Baureihen Re 420 und Re 620 wieder an das Mutterhaus SBB Cargo abgegeben werden. Die kleine Flotte von 18 Stück wurde dabei noch mit der Reihe Re 474 und zahlreichen Mietlokomotiven von Siemens ergänzt. Auch noch im Bestand blieben die Re 482 und Re 484.

Da die neuen Maschinen auch mit den bestehenden und etwas älteren Lokomotiven aus dem Hause Bombardier kombiniert werden konnten, waren betrieblich viele Kombinationen möglich. Diese wurden in erster Linie südlich der Grenze bei Basel eingesetzt.

Diese anderen Baureihen wurden genutzt, um die Menge von gemieteten Maschinen zu verringern. Der Grund waren die in der Schweiz immer noch steileren Strek-ken.

Einsätze die sich ausserhalb dieser beiden Korridore befanden, waren jedoch sehr selten. Das zeigte, wie sehr sich das EVU auf diesen speziellen Teil des Güterverkehrs konzentrierte.

Allenfalls davon abweichende Züge nach Destinationen in der Schweiz wurden von der Baureihe Re 482 über-nommen, da diese wegen der fehlenden ETCS Aus-rüstung nicht im Verkehr durch die Basistunnel einge-setzt werden konnten. Eine Nachrüstung kam nicht in Frage.

Auch wenn der Betrieb so gut aufgestellt worden war, das Unternehmen mit Sitz in Olten hatte immer noch nicht die Reduktion auf einen Hersteller geschafft.

Daher sollten weitere Maschinen der Baureihe 193 in Verkehr genommen werden. Diesmal sollten es 20 Lokomotiven sein, die über eine andere Lösung geleast wurden. Es ging hier auch um die angebotenen Konditionen, denn nicht jeder Finanzier wollte die gleiche Summe.

Diesmal wurden aber auch die Zulassungen für die Niederlanden und Belgien bei der Ausstattung berücksichtigt. Damit die Maschinen besser zu erkennen waren, wurden sie mit einer blauen Front versehen. Sie sollten ab den Häfen in Rotterdam eingesetzt werden und mit der Zulassung für Belgien konnten allenfalls wegen Bauarbeiten notwendige Umleitungen mit eigenen Lokomotiven befahren werden. Jetzt wurden alle Stromsysteme benötigt.

Mit der Lieferung konnten die älteren Baureihen Re 482 und Re 484 abgetreten werden. Zurück zu SBB Cargo kamen die Modelle Re 484 und damit in den nationalen Verkehr.

Sie verloren die Zulassung in Italien, da diese im natio-nalen Verkehr nicht benötigt wurde. Einige Maschinen der Baureihe Re 482 wurden verkauft und noch mit anderen Internationalen Einsätzen beschäftigt. Das waren interna-tionale Züge nach der Schweiz.

Der internationale Verkehr mit Containerzügen war nun in der festen Hand der neuen Baureihe. Dabei zeigten sich hier jedoch grössere Probleme. Die erhofften Zugkräfte auf den Rampen der Zufahrtsstrecken konnten bei nassen Schienen nicht umgesetzt werden. Immer wieder blieben die Züge wegen mangelhafter Adhäsion stecken, oder kamen nur mit geringen Geschwindigkeiten hoch. Das war betrieblich ein Problem, das gelöst werden musste.

Dazu wurde immer wieder mit teuren Mietlokomotiven gearbeitet. Der Grund waren die verschwunden Re 484 und die Baureihe Re 482, die nicht mit ETCS ausgerüstet worden war. Die mit der NEAT erhofften Einsparungen waren nicht möglich, da nun auch die Beschränkung bei den Gewichten gefallen war. Güterzüge wurden nun länger und damit auch schwerer. Gerade in internationalen Verkehr konnte so auch Züge eingespart werden.

Wenn wir uns nun den Betrieb anhand eines Zuges mit Beginn in Rotterdam ansehen, dann erkennen wir das Problem. Wegen dem Wegfall der Bergstrecke konnten nun auch Züge mit einem Gewicht von 2000 Tonnen und einer Länge von 750 Metern geführt werden. Bis zur Grenze in Basel reichte wegen den geringen Steigungen eine Maschine der Baureihe 193 aus. Der Zug musste daher nur zum Wechsel des Personals anhalten.

Ab Basel konnte diese Last wegen den Problemen mit der Adhäsion nicht weiter gezogen werden. Bei trockenen Verhältnissen war die Zugkraft für dieses Gewicht in den Rampen bis zu 12 ‰ ausreichend.

Das galt besonders dann, wenn in den steilen Abschnitten nicht angefahren werden musste. In dem Fall wurde auch von der erhöhten Normallast gesprochen, die auf gewis-sen Abschnitten bei freier Zufahrt erlaubt war.

Mit den vier Triebachsen war jedoch die Ausnützung der Zugkraft bei schlechtem Zustand der Schienen zu gering und so musste eine zweite Lokomotive vorgespannt werden.

Dazu wurde eine Mietlokomotive, oder oft auch ein Modell der Reihe Re 474 verwendet. Selbst eine zweite BR 193 wurde benutzt. Es wurde das genutzt, das man verfügbar hatte und das wurde durch die sehr flexible Vielfach-steuerung erst ermöglicht.

Südlich der Schweiz war dann wieder eine Lokomotive ausreichend. Ein Problem, das auch andere EVU kannten und gerade in diesem Bereich des Güterverkehrs war die Konkurrenz sehr gross und wollte man günstiger sein, musste die zweite Lokomotive verschwinden. Auch wenn überall bezweifelt wurde, das solche Züge in der Schweiz wirklich jemals mit einer Lokomotive zu bespannen sein würden, denn auch die kräftige Reihe Re 620 schaffte es nicht.

Da man in enger Zusammenarbeit mit dem Hersteller war, wurden von diesem die Probleme erkannt. Die Abklärungen zeigten, dass mit getrockneten Schienen mehr erreicht werden konnte, als mit Quarzsand möglich war. Auch dieser war ab der ersten Achse eigentlich nur noch Staub und bewirkte kaum mehr eine spürbare Verbesserung. Gerade die Baureihen mit mehr Sandstreueinrichtungen zeigten diese Probleme auf.

Ohne entsprechende Anpassungen ging das nicht und das Modell bekundete wirklich nur in der Schweiz diese Probleme. In anderen Ländern mit der Ausnahme von Österreich, waren die Haupt-strecken flacher aufgebaut worden.

Dort hatte man mit der Reihe 193 keine Probleme. Auch jetzt war klar zu erkennen, dass die Schweiz ganz andere Anforderungen stellte und gerade der internationale Einsatz diese deutlich aufzeigte.

Eigentlich waren diese Probleme bekannt, denn schon im Vorfeld zur NEAT wurde immer wieder von einem weiteren Durchstich der Jurakette gesprochen und auch die NEAT sollte den Anstieg nach Arth-Goldau eliminieren.

Mit den gigantischen Kosten wurden diese Abflach-ungen der Achse jedoch verworfen und das rächte sich nun bei den schweren Zügen, die erst durch die NEAT ermöglicht wurden. SBB Cargo International merkte das zu gut.

Wegen den Problemen mit der Bespannung mussten Lokomotiven gemietet werden. Diese verursachten Kosten, die höher waren, als eine eigene Maschine.

Diese hatte man jedoch nicht, denn mit der Reihe 193 wollte man Wunder erreichen. Hier alleine der Lokomotive, oder dem Hersteller die Schuld zu ge-ben, wäre falsch, es war auch das EVU, dass sich Wunder erhoffte. Es musste eine Lösung her und die kam von Seiten des Herstellers.

Die Option Xload mit einer besseren Ausnützung der Adhäsion war für die Steigungen in der Schweiz ausgelegt worden. Hier war das Ziel noch nicht erreicht und so war es nicht überraschend, dass diese Option bei der weiteren Beschaffung von SBB Cargo International erstmals eingebaut werden sollte. So erhoffte man sich den 2000 Tonnen Zug mit einer Lokomotive. Bis es jedoch so weit war, mussten zwei Stück vorgespannt werden.

Am 16. Februar 2023 kam es zu einer Änderung bei den Betriebsvorschriften von SBB Cargo International. Dabei wurde das Personal angewiesen, dass die Vectron in der Ausführung als Mehrsystemlokomotive nicht mehr nach der Zugreihe R eingesetzt werden dürfen.

Damit galten ab diesem Datum für diese Maschinen keine höheren Werte in den Kurven und die Höchstgeschwin-digkeit wurde, bedingt durch die Zugreihe A auf 120 km/h beschränkt.

Grund für diese Massnahme war, dass durch die Lokomo-tiven Schäden an den Anlagen vermutet wurden. Die mit 90 Tonnen angegebenen Lokomotiven müssten alleine von der Achslast her nach der Zugreihe D verkehren und diese würde das Tempo auf 100 km/h vermindern.

Zudem gäbe es dadurch auch Strecken, die aufgrund der Achslast nicht mehr befahren werden dürften. Daher war eigentlich die Rückstufung auf die Zugreihe A ein Kompro-miss.

Es zeigte sich die Problematik, dass die Hersteller wegen der Ausnützung der Zugkraft darum bemüht sind, die Achslasten hoch anzusetzen.

Dies wiederum steht klar gegen die Vorschriften der Infrastruktur. Um die Werte dennoch einzuhalten, wird beim Besuch der Waage oft auf das Inventar und den Quarzsand verzichtet. Dieser alleine bewirkte eine Erhöhung um mehr als eine Tonne. Somit kann mit deutlich höheren Werten gerechnet werden.

Als Problem im Betrieb ist eigentlich nur die Höchstgeschwindigkeit der Zugreihe A anzusehen. Diese ist auf 120 km/h beschränkt worden und wurde historisch auch schon von 110 km/h erhöht. Es stellt sich auch die Frage, ob diese eigentlich durch die Bremsen bestimmte Beschränkung noch zu halten ist. Moderne Fahrzeuge erreichen oft gute Bremskräfte und könnten daher auch schneller fahren. Man kann daher eine Erhöhung ins Auge fassen.

So richtig für Aufsehen sorgte bei den international eingesetzten Modellen eine BR 193 von SBB Cargo Inter-national. Diese startete mit einem eher leichten Zug in Brig.

Auf der Fahrt nach Domodossola geriet der Zug ausser Kontrolle. Durch gute Ideen gelang es den Zug so zum Stillstand zu bringen, dass es keine Entgleisung gab. Der Lokführer sprang ab. Was ihm viel Spot einbrachte, da der Kapitän das Schiff immer zuletzt verlässt.

Auch das Geschäft mit vermieteten Lokomotiven nahm neue Formen an. Das EVU Rail Care hatte zu wenige Lokomotiven im Bestand. Nach Problemen konnten diese nicht mehr bei SBB Cargo gemietet werden.

An deren Stelle trat im Frühjahr nun SBB Cargo Inter-national. Dabei wurde eine Maschine des Musters Vectron an das EVU übergeben. Spannend dabei ist, dass dieses EVU eigentlich im Wettbewerb der nationalen Abteilung war.

Bauarbeiten im Raum Ostermundigen führten zur Sperrung der Strecke durch das Aaretal. Die Güterzüge nach dem Lötschberg wurden in der Folge auf andere Achsen umgeleitet. Bei jenen, wo das nicht möglich war, nahmen die Zügen den Weg durch das Gürbetal. Wegen den dort vorhandenen Steigungen mussten jedoch zwei Maschinen vorgespannt werden. Die beiden 90 Tonnen schweren Vectron auf einer klassischen Nebenbahn.

Ein Lichtblick war bei SBB Cargo International in München zu sehen. Dort wurde die erste Lokomotive mit dem Paket Xload getestet. Damit sollte es endlich möglich sein, denn 2000 Tonnen Zug von Rotterdam durch die Alpen nach Genau mit nur einer Lokomotive zu bespannen. Das Problem war längst nicht mehr der Gotthard, sondern die Rampen der Bözbergstrecke, die für Europa schon sehr steil sind. In der Schweiz aber als normal gelten.

 

Letzte

Navigation durch das Thema

Nächste
Home SBB - Lokomotiven BLS - Lokomotiven Kontakt

Copyright 2024 by Bruno Lämmli Lupfig: Alle Rechte vorbehalten