Der Pendelzug

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Im Betrieb war kaum eine Lokomotive Re 450 ohne einen Pendelzug zu sehen. Diese waren als feste Kompositionen vorgesehen und die sollten nur im Unterhalt getrennt werden. Gerade dort, konnte dank den einzelnen Fahrzeugen auf die kurzen Anlagen gefahren werden. Die neuen Pendelzüge, die jedoch als Triebzüge verkehrten, benötigten daher keine Ausbauten bei den Unterhaltsanlagen. Kosten, die gerne gespart wurden.

Jeder Pendelzug bestand aus einer Lokomotive, zwei Zwischenwagen und dem das andere Ende bildende Steuerwagen. Davon abweichende Kompo-sitionen waren schlicht nicht mehr vorgesehen.

Die S-Bahn in Zürich hatte somit einen rund 100 Meter langen Zug, der mit zwei weiteren Einheiten auf die maximale Länge von 300 Metern vergrössert werden konnte. Selbst die benötigten Reserve-wagen bildeten einen kompletten Pendelzug.

Die Reihenfolge war auch einheitlich. Nach der Lo-komotive erfolgte ein Wagen in der zweiten Wa-genklasse. Im folgte das Modell, das Sitzplätze in beiden Wagenklassen anbieten konnte.

Zum Schluss war da noch der Steuerwagen, der wiederum nur Abteile in der zweiten Wagenklasse enthalten hatte.

Die Anordnung sollte die Klassen nicht zu stark ver-schieben, wenn einmal eine Komposition anders ge-stellt eingereiht wurde.

Um nun den Pendelzug auch zu formieren, müssen wir uns die Wagen auch ansehen. Dabei werde ich nicht so ins Detail gehen, wie das bei der Loko-motive der Fall war.

Der Grund ist simpel, denn dieser Artikel behandelt die Baureihe Re 450 und nicht den damit verbundenen Pendelzug. Die Maschine konnte durchaus auch ohne diesen eingesetzt werden. Ein Punkt, der bei den festen Kompositionen nicht zu erwarten ist, doch der Einsatz wird das bestätigen.

Die Wagen wurden nicht bei den gleichen Firmen bestellt, wie die Lokomotive. Hier waren Wagenbauer gefragt und die hatten keine leichte Aufgabe. Das widerspiegelte sich auch im Preis. Die Wagen kosteten zwischen 1 677 000 und 2 113 000 Schweizer Franken. Für Wagen ein durchwegs hoher Preis, der aber der speziellen Konstruktion geschuldet war. Um Kosten zu senken, versuchte es der Hersteller jedoch mit einem modularen Aufbau.

Der modulare Aufbau der Wagen zeigte sich bei deren Abmessungen und beim Aufbau. Auch für den Bau der Wagen wurden Stahlbleche verwendet, die mit Hilfe der elektrischen Schweisstechnik verbun-den wurden.

Beim selbsttragenden Kasten waren die Öffnungen für die Fenster, die Einstiegstüren und andere Funk-tionen vorhanden. Der so aufgebaute Wagen hatte eine Länge von 26 800 mm erhalten und er konnte Druckkräfte bis zu 1500 kN aufnehmen.

Für den Hersteller war jedoch die grösste Herausforderung der Aufbau von zwei Etagen. Auch wenn ein etwas grösseres Lichtraumprofil erlaubt war, die Höhe konnte wegen der Fahrleitung nicht beliebig gewählt werden. Möglich war das nur, wenn im oberen Deck die Reisenden durch die Einzüge des Kastens an Platz verloren. Anders hätten die Tunnel noch mehr erweitert werden müssen. Es war also ein Kompromiss, der umgesetzt wurde.

Bei den beiden Zwischenwagen waren die üblichen Personenübergänge vorhanden, die mit einem Gummiwulst abgedeckt wurden. Lediglich der Steuerwagen hatte am hinteren Ende einen Führerstand erhalten. Dieser entsprach aber mit leichten Abweichungen bei der Abmessung dem Modell auf der Lokomotive. Weiter darauf eingehen werden wir nicht, da dieser Bereich zuvor ausführlich vorgestellt worden ist.

Der komplette Zug hatte über die beiden automatischen Kupplungen an den beiden Enden eine totale Länge von 98 800 mm erhalten. Damit lag der Zug, der wegen der Schraubenkupplung zwischen den Wagen straff gekuppelt werden konnte, etwas unter den Vorgaben des Pflichtenheftes. Jedoch handelte es sich lediglich um 1200 mm, was nicht so viel war, dass ein Ausgleich erfolgen musste. Gerechnet wurde mit 100 Meter.

Jeder Wagen wurde auf zwei Drehgestellen abgestützt. Diese waren aus dem vom Hersteller geschaffenen Bau-kasten. Das erlaubte es, die Modelle individuell an die Fahrzeuge anzupassen. Es lohnt sich, wenn wir etwas genauer hinsehen.

Der Rahmen wurde aus Stahl erstellt und er war, wie bei der Lokomotive, gekröpft ausgeführt worden. In der Draufsicht war mit Ausnahme eines Drehgestells keine Kopfträger vorhanden.

Das betroffene Drehgestell befand sich beim Steuerwagen unter dem Führerstand. Hier musste ein Stirnträger montiert werden, damit die erforderlichen Bauteile der Zugsicherung Integra-Signum und von ZUB 121 befestigt werden konnten. Diese Teile und der Führerstand sorgten letztlich auch dafür, dass dieser Wagen zum schwersten im Pendelzug wurde. Ein Punkt, der aber bei Steuerwagen so zu erwarten war und den wir später noch ansehen.

In jedem Drehgestell waren zwei Achsen eingebaut worden. Diese liefen in mit Fett geschmierten Rollenlagern und sie besassen zwei Monoblocräder. Das war bei den Wagen seit Jahren so üblich und die Lösung zeigte, dass genug lange Laufleistungen zu erwarten waren. Dabei hatte das neue Rad lediglich einen Durchmesser von 920 mm erhalten. Da schon die Einheitswagen II solche Achsen hatten, konnte auf deren Ersatzteile zurückgegriffen werden.

Der Abstand der beiden mit Flexicoilfedern abgefederten Achsen betrug 2 500 mm und war daher eher gering, was den Lauf in den Kurven deutlich verbesserte. Somit wurde auch bei den Wagen darauf geachtet, dass ein schonender Einsatz möglich wurde. Gerade bei den schweren Doppelstockwagen war das von grosser Bedeutung. Eine radiale Einstellung, wie bei der Lokomotive, gab es jedoch bei den Wagen nicht mehr.

Gegenüber dem Kasten war das Drehgestell mit Luftfedern abge-federt worden. Diese Federung hatte sich bei den neusten Wa-gen durchgesetzt und sie er-laubte eine sehr weiche Abfe-derung das Kastens, was auch die Laufruhe im Fahrzeug ver-besserte.

Muster dafür waren sicherlich die neuen Einheitswagen IV, die teilweise auch so gefedert wur-den.

Hier waren die Federn aber we-gen der Höhe des Wagens von 4 600 mm wichtig, denn sie konnten leicht eingestellt wer-den.

Die Abbremsung der Wagen erfolgte mit zwei auf der Achs-welle montierten Bremsschei-ben. Diese Wellenbremsscheiben waren bei Reisezugwagen mitt-lerweile üblich und sie erzielten gute Werte bei der Bremsrech-nung.

Der komplette Pendelzug er-reichte ein Bremsverhältnis von 135% und war daher für die höchste Bremsreihe zugelassen. Damals war das wichtig, da nur so die Höchstgeschwindigkeit auch ausgefahren werden konnte.

Jedoch sollte der Pendelzug im Notfall einen deutlich kürzeren Bremsweg erhalten. Daher wurde in jedem Wagen bei einem Drehgestell eine Magnetschienenbremse montiert. Diese entsprach den üblichen Modellen. Der Vorteil dieser Bremsen lag auch darin, dass sie von der Haftreibung unabhängig waren. Wenn deswegen die Scheibenbremsen nicht die volle Bremskraft aufbringen konnte. Wirkten diese Zusatzbremsen auf den Bremsweg verkürzend.

Bei der Farbgebung wurden die Seitenwände in der von der Lokomotive her bekannten blauen Farbe versehen. Zur Auflockerung war zwischen den beiden Reihen mit Fenstern ein breites weisses Band vorhanden.

Abweichend davon war nur der Bereich zwischen der Türe und dem Führerstand, denn dort wurde auf das weisse Band verzichtet. Die rote Front und das schmale Dach entsprachen, wie die Laufwerke der Lokomotive.

Besonders auffällig waren die Einstiegstüren. Diese wurden über den Drehgestellen angeordnet und sie besassen einen gelben Anstrich. Zudem schlossen sie sich aussenglatt zur Wand ab. Das erlaubte es, dass diese Züge ohne Zugführer verkehren konnten.

Somit verkehrten bei der S-Bahn in Zürich die ersten kondukteurlosen Züge der Schweizerischen Bundesbahnen SBB. Eine Massnahme, die das Personal deutlich verringerte.

Auch die Bahnanschriften waren vorhanden. Diese konnten jedoch wegen der unteren Fensterreihe nicht an der üblichen Stelle angebracht werden. Daher wurden sie nach oben in das weisse Band verschoben.

Auch hier wurde das Signet der Staatsbahnen mit deren Abkürzungen in drei Sprachen verwendet. Lediglich die Farbe war nun schwarz, damit man die Anschrift auch erkennen konnte. Es waren daher beide Varianten vorhanden.

Bei den Wagen wurde die Druckluft ebenfalls benötigt. Sie übernahm dabei einige Funktionen und wurde auch für die Luftfedern benötigt. Entnommen wurde diese Luft aus der Speiseleitung, die durch den ganzen Zug geführt wurde.

Lediglich beim Steuerwagen war sie noch für die Versorgung der Bremsventile benötigt worden. Der ganze Zug bezog daher die Druckluft von der Lokomotive, deren System wir bereits kennen.

Die pneumatischen Bremsen der Wagen wurden durch die EP-Bremse sicher gestellt. Jedoch war auch eine Abbremsung mit der automatischen Bremse möglich. Deren Hauptleitung war daher ebenfalls durch den Zug geführt worden. Wichtig war diese Lösung, wenn die Wagen mit anderen Triebfahrzeugen in den Unterhalt überführt werden sollten. Der Pendelzug arbeitete jedoch im Normalfall mit der direkten EP-Bremse.

Im Innenraum dominierten die Farbe Gelb für die Wände bei den Einstiegen und bei den Treppen, sonst wurde weiss verwendet. Die Sitze waren mit einem blauen Stoffbezug versehen worden.

Das war vor allem bei der zweiten Wagenklasse eine Verbes-serung gegenüber dem Pflichtenheft, wo der Komfort der Ein-heitswagen verlangt wurde. Das Muster besass in der zweiten Wagenklasse noch Bezüge aus Kunstleder, das im Sommer recht heiss werden konnte.

In der ersten Wagenklasse unterschieden sich die Sitze nicht gross von jenen in der zweiten Klasse. Die engere Bestuhlung war von den Triebzügen RABDe 12/12 übernommen worden.

Für etwas mehr Komfort waren die Kopfpolster mit weissen Tüchern versehen worden. Zudem wurde der Sitzteiler gegen-über der zweiten Wagenklasse leicht erhöht. Trotzdem lag der Komfort hinter den Personenwagen des Fernverkehrs zurück.

Beim Komfort gab es Neonleuchten im ganzen Fahrzeug, die eine gute Ausleuchtung erlaubten. Das mittige Leuchtband war zudem so aufgebaut worden, dass die Reisenden vom Licht, das immer eingeschaltet war, nicht geblendet worden.

Trotzdem wirkten die Wagen eher kühl und nicht für längere Fahrten geeignet. Jedoch ist eine S-Bahn bekanntlich kein Fern-verkehr und daher waren die Wagen ideal.

Im Gegensatz zu den Führerständen waren die Wagen nicht mit Klimaanlagen versehen worden. Für die Abkühlung im Sommer war eine Lüftung vorhanden, die so stark war, dass durch den Austausch der Luft der Innenraum auf nahezu die Werte ausserhalb des Fahrzeuges gekühlt werden konnte. Die Züge waren daher in den heissen Monaten im Sommer deutlich angenehmer, als das bei den Einheitswagen der Fall war.

Die Lüftung arbeitete auch im Winter. Jetzt wurde die von aussen kommende kühle Luft in den einge-bauten Heizregistern erwärmt und erst dann in den Innenraum geblasen. Die Heizregister wurden dabei von der Zugsammelschiene versorgt.

Diese übernahm auch die Lüftung, so dass sie das ganze Jahr eingeschaltet war. Hier fand sich der Grund für den neuen Namen für die bisher bei den Bahnen verwendete Zugsheizung.

Die Anzahl der Sitzplätze war in den Wagen unterschiedlich. Der nach der Lokomotive eingereihte Wagen der zweiten Wagenklasse besass insgesamt 136 Sitzplätze. Diese wurden mit vier Klappsitzen ergänzt.

Bei einer S-Bahn waren aber auch die Stehplätze wichtig, denn viele Reisenden mit kurzen Strecken standen sehr oft. Hier konnten weitere 171 Personen in den Wagen steigen. Total fanden also 311 Personen einen Platz.

Der zweite Wagen hatte weniger Sitzplätze. Das war eine Folge davon, dass hier die Plätze der ersten Wagenklasse vorhanden waren. In dieser waren 81 Sitze verfügbar. In der auch vorhanden zweiten Wagenklasse waren es noch 38 Sitze. Damit total 119 Sitzplätze. Die Anzahl Klappsitze wurde auf drei reduziert und auch bei den Stehplätzen war mit 169 Personen ein geringerer Wert vorhanden. Total fanden also 291 Reisenden im Wagen Platz.

Beim Steuerwagen waren ebenfalls weniger Sitzplätze vorhanden. Obwohl hier nur solche der zweiten Wagenklasse vorhanden waren, gab es nur 132 Sitzplätze. Die geringere Anzahl war dem Führerstand geschuldet. Bei den Klappsitzen waren wieder vier vorhanden und die Anzahl der Stehplätze wurden wegen dem Gewicht des Fahrzeuges auf 161 verringert. So konnten im Steuerwagen weitere 297 Personen mitreisen.

Für den ganzen Pendelzug ergab das insgesamt Platz für 899 Reisende. Mit dem Lokführer ergänzt wurde eine runde Zahlt von 900 erreicht. Jedoch wurde bei der Belegung von Wagen das Personal nie mitgerechnet.

Auch bei der Lokomotive war der Bediener nicht in der Kalkulation enthalten. Trotzdem war für einen 100 Meter langen Zug eine sehr grosse Anzahl vor-handen, die dem bei der S-Bahn in Zürich erwar-teten Verkehr entsprach.

Die Wagen des Pendelzuges hatten mit Gewichten zwischen 65.4 und 67.3 Tonnen ein ansehnliches Gewicht erhalten. Das war aber eine Folge davon, dass es sich hier um Doppelstockwagen handelte.

Diese mussten kräftiger gebaut werden und boten auch mehr Platz für die Reisenden. Wegen den zu-gelassenen Achslasten mussten unter jedem Wagen zwei Drehgestelle eingebaut werden. Vollbesetzt konnten durchaus über 70 Tonnen vorhanden sein.

Der komplette Wagenzug erhielt ein Gewicht von 199.5 Tonnen. Für die Lokomotive war das eine sehr geringere Last, denn diese hätte auch schwe-rere Züge führen können.

Jedoch war bei einer S-Bahn auf die Beschleunigung ein sehr wichtiger Punkt und daher wurde der grösste Teil der verfügbaren Zugkraft dafür aufgewendet. Der Pendelzug war daher ideal für den Einsatz ausgelegt worden. Bleibt noch, dass auch die Wagen nur 130 km/h schnell fahren durften.

Damit haben wir nun den ganzen Pendelzug behandelt. In der Folge werden wir von diesem sprechen. Wobei sich im Einsatz zeigen wird, dass es auch zu Abweichungen kommen konnte. Die Züge, die im Betrieb jedoch als Triebzüge behandelt wurden, bildeten auch deshalb lange Zeit das Rückgrat der S-Bahn in Zürich. Zumindest so lange, bis die Industrie in der Lage war, auch doppelstöckige Triebzüge zu bauen. 1986 ging das noch nicht.

 

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