Entwicklung und Bestellung

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Eigentlich erfolgte bei den ersten Lokomotiven die Entwicklung derselben parallel zur Bestellung. Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB drängten zur Eile und wollten so schnell wie nur möglich die erste Umstellung auf Wechselstrom und das ging nur mit einer kompletten Strecke und einem dazu passenden Satz von Lokomotiven. Man hatte damals jedoch weder das eine, noch das andere. Aber an der Strecke wurde gebaut, daher pressierte es bei den Maschinen.

Für den Schnell- und Personenzugsdienst auf der Gott-hardstrecke fiel die Wahl der Schweizerischen Bun-desbahnen SBB auf die Variante von Brown Boveri und Co BBC in Münchenstein.

So gross war der Unterschied zum Modell der MFO jedoch nicht, da man aber in Oerlikon die Lokomotive für die Güterzüge baute, berücksichtigte man nun das Werk der BBC in Münchenstein. Nur so konnte die kurze Lieferfrist für die Lokomotiven eingehalten werden.

Der mechanische Teil dieser Lokomotiven sollte von der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik MFO in Winterthur erfolgen. Dieser Hersteller lieferte daher seine Arbeit nicht mehr direkt der Bahngesell-schaft, sondern wurde zum Zulieferer eines Elektri-kers.

Es muss gesagt werden, dass diese Lösung bis zum Niedergang der ganzen Industrie beibehalten wurde. Die SLM baute daher in diesem Bereich alle Ma-schinen.

Die Firma BBC bot eine Lokomotive der Achsfolge (1’B) (B’1) an. Sie entstammte in vielen Punkten der sich im Bau befindlichen Versuchslokomotive Fb 2x 2/3 mit der Nummer 11 302. Es gab daher zu diesem Modell nur sehr geringfügige Änderungen. Meistens wurden lediglich das geändert, war bei der Nummer 11 302 für Probleme gesorgt hatte. Im Betrieb sollte diese Lokomotive jedoch optisch kaum zu unterscheiden sein.

Die Modelle der Maschinenfabrik Oerlikon MFO wurden nicht weiterverfolgt, da die Firma mit dem Bau der schweren Güterzugslokomotiven der Baureihe Fc 2x 3/4 betraut wurde. Dort führte es zum gleichen Effekt. Später wurde dann jeweils der Prototyp des anderen Herstellers als jener für die Serie angesehen. Das stimmte jedoch weder bei der Güterlokomotive, noch bei der hier vorgestellten Baureihe für Schnellzüge.

Wenden wir uns dem Modell aus Münchenstein zu und dafür wurde ein Pflichtenheft erstellt. Die Anforderungen in diesem Wunschkatalog der Bahngesellschaft waren grundsätzlich gleich wie beim Prototypen. Die Staatsbahn orientierte sich in diesem Punkt sicherlich an den Modellen auf der Lötschbergstrecke, passte diese jedoch den eigenen Vorstellungen an. Man wollte bekanntlich keine universelle Lokomotive und daher musste man Anpassungen vornehmen.

So wurde für die Lokomotive eine Höchstgeschwindigkeit von 75 km/h gefordert. Das war eigentlich die grösste Überraschung bei der Bestellung. Die vorhandenen Schnellzugslokomotiven der Baureihe A 3/5 erreichten im Mittelland bereits 100 km/h und selbst die vergleichbaren Modelle aus dem Bestand der Gotthardbahn erreichten auf dieser Strecke 90 km/h. Diese Geschwindigkeiten wurden daher damals bereits gefahren.

Bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB erwartete man mit den elektrischen Lokomotiven jedoch eine höhere durchschnittliche Geschwindigkeit. Die mit Dampf betriebenen Modelle verloren in den Steigungen schnell an Geschwindigkeit. In den weniger steilen Abschnitten der Zufahrt sollten die neuen Maschinen jedoch auch mit der vorgegebenen Höchstgeschwindigkeit fahren können. Im Durchschnitt war man schneller und das war wichtig.

Ein Punkt der jedoch auch zur Reduktion beigetragen hatte, war die Leistung. Wer schnell fahren will und dabei noch schwere Lasten ziehen will, benötigt Leistung. Das war bei den Dampflokomotiven schon so, dann dort sank mit der Geschwindigkeit die Zugkraft. Bei den elektrischen Lokomotiven wollte man jedoch auf der Bergstrecke eine Vereinfachung des Betriebes. Daher musste die Zugkraft erhöht werden. Das war für die Geschwindigkeit negativ.

Die Leistung für die lediglich mit Reisezügen eingesetzte Lokomotive sollte bei rund 1 500 kW oder 2 000 PS liegen. Damit lag man 500 PS unter der bei der BLS eingesetzten Maschine der Baureihe Fb 5/7. Jedoch lag der Wert pro Triebachse bei beiden Modellen auf dem gleichen Wert. Viermal 500 ergibt 2000 PS. Eine Achse mehr bei der BLS und schon sind es 2 500 PS. Daher kann man von einer vergleichbaren Lokomotive sprechen.

Weitere Eckwerte für die Lokomotive waren die damals zugelassenen Achslasten der Strecke. Diese wurden mit Einführung des elektrischen Betriebes erhöht. So waren nun maximal 20 Tonnen zugelassen.

Dieser Wert sollte mit den Triebachsen auch erreicht werden. Für die beiden führenden Laufachsen der Loko-motive wurden je 15 Tonnen zugelassen. Gegenüber den Dampfmaschinen war dies ebenfalls eine leichte Stei-gerung.

Aufgerechnet auf die ganze Lokomotive war ein maxi-males Gewicht von 110 Tonnen zugelassen. Dabei wurde dieses Gewicht nicht von allen Maschinen erreicht. Der Grund war eine neue Vorschrift, die nach einem Unfall in Brig eingeführt wurde.

Lokomotiven benötigten zur alleinigen Talfahrt eine elek-trische Bremse oder genügend Wagen. Somit musste die-ser Lokomotive eine elektrische Bremse eingebaut wer-den. Wie diese funktionieren sollte, liess man jedoch offen.

Damit sollten in den Steigungen des Gotthards von bis zu 26 ‰, Züge bis zu 300 Tonnen mit 50 km/h befördert werden können.

Gegenüber den am Gotthard vorhandenen Dampflokomotiven der Baureihe A 3/5 sollten daher nahezu doppelt so schwere Züge mit höherer Geschwindigkeit befördert werden. Selbst gegenüber der elektrischen Maschine der BLS waren es nur 30 Tonnen weniger, die gezogen werden sollten.

Diese Last musste mit der Lokomotive in der benannten Steigung innerhalb von vier Minuten aus dem Stillstand auf 50 km/h beschleunigt werden. Selbst mehrmalige Wiederholungen sollten ohne Schäden möglich sein. Damit hatte man ein auf die Schnellzüge ausgelegtes Programm vorgesehen, dass selbst von den zugkräftigen Dampflokomotiven kaum erbracht werden konnte. Daher wurde eine Anfahrzugkraft von 200 kN gefordert.

Die von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB ver-langten Vorgaben an das Fahrpensum der neuen Lo-komotive waren hingegen enorm. So verlangten die Staatsbahnen, dass die Maschine innerhalb von 24 Stunden 1 360 km zurücklegen muss.

Das entsprach dreimal der Fahrt von Luzern nach Chiasso und zurück. Diese Forderung war deutlich, denn mit üblichen Zügen konnte man diese Fahr-leistung schlicht gar nicht erbringen.

Wohlweislich sagte man nicht, an wie vielen Tagen hintereinander eine Maschine diese gewaltige Leistung zu erbringen hatte! Dennoch lohnt sich ein Vergleich, denn rund 100 Jahre später sollten nur sehr wenige Lokomotiven diese täglichen Leistungen erbringen.

Das jedoch ohne Aufenthalte zur Kontrolle und Schmierung und mit deutlich höheren Geschwindig-keiten. Man kann jedoch erkennen, welche Steiger-ung man bei den Leistungen erwartete.

Es wurden im Pflichtenheft zwar deutliche Vorgaben gemacht, jedoch war es nicht so umfangreich, wie man vermuten würde.

Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB verzichte-ten bewusst auf genaue Angaben, denn man wollte den Herstellern auch die Möglichkeit bieten, die neuen Maschinen frei zu entwickeln. Wichtig war in erster Linie, dass die Lasten gezogen werden konnten und dass die neue Lokomotive funktionierte.

Die Hersteller waren mit diesen Angaben sicherlich gefordert und gerade für den Bau des Prototyps fehlte schlicht die Zeit. Daher entschloss man sich bei der BBC zu einem besonderen Schritt. Die Lokomotive für Reisezüge sollte den gleichen Kasten erhalten, wie er für die Maschine für den Güterverkehr vorgesehen war. So musste man diesen nur einmal entwickeln, denn dort wurde von den Staatsbahnen ein Übergang zu den Wagen gefordert.

Im Mai 1918 wurden von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB bei Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinen-fabrik SLM in Winterthur und Brown Boveri und Co BBC in Münchenstein die erste Serie von zehn Lokomotiven bestellt.

Dabei war zu diesem Zeitpunkt der Prototyp dazu erst im Bau. Er sollte im April des Jahres 1919 in Betrieb kommen.

Die erste Serie sollte als Fb 2x 2/3 bezeichnet werden und die Nummern 11 303 bis 11 312 erhalten.

Bereits im Juli 1918, also nur zwei Monate später, folgte durch die Staatsbahn die erste Anschlussbestellung für die Lokomotiven Fb 2x 2/3 mit den Nummern 11 313 bis 11 318. Doch auch sie wurden nicht mehr mit dieser Bezeichnung ausgeliefert, denn diese wurde nach den ersten Maschinen in Be 4/6 geändert und die Nummern sollten nun 12 303 bis 12 318 lauten. Jedoch wurden alle 16 Maschinen bestellt, als es den Prototyp gar noch nicht gab.

Die Änderung der Bezeichnung war eine Folge dieser Lokomotiven. Bisher wurden die neuen elektrischen Lokomotiven als eine besondere Form von Tenderlokomotiven angesehen. Daher der Buchstabe F und die kleine Angabe für die Geschwindigkeit. Das änderte sich nun und die elektrischen Maschinen wurden als Lokomotive mit Tender angesehen. Damit sie von den Dampfmaschinen unterschieden werden konnte, wurde das e eingeführt.

Zusammen mit dem Prototyp sollten diese 16 Lokomotiven für den Verkehr am Gotthard ausreichen. Zumindest glaubte man dies noch bei der Bestellung. Jedoch zeigte sich nach dem Krieg, dass der Verkehr schneller anstieg, als erwartet. Daher musste noch vor Inbetriebnahme der Fahrleitung eine neue Bestellung ausgelöst werden. So wurden 1920 zehn weitere Lokomotiven der Baureihe Be 4/6 und den Nummern 12 319 bis 12 328 bestellt.

Mit Inbetriebnahme der Fahrleit-ung 1921 wurde schliesslich eine vierte Serie bestellt. Diese Lieferung umfasste die Num-mern 12 329 bis 12 342.

Dabei sollten diese Maschinen teilweise eine andere Anord-nung auf dem Dach erhalten. Man erhoffte sich mit der Än-derung der Positionen auf dem Dach eine Verbesserung bei der Stromabnahme.

Es flossen daher hier erstmals die Erfahrungen mit den im Betrieb stehenden Maschinen in die Konstruktion ein.

Mit der Nummer 12 342 endete jedoch die Auslieferung dieser Baureihe nach 40 Lokomotiven. Für die nun anstehende Elektrifizierung der flachen Abschnitte sollten kleinere und schnellere Lokomotiven kommen. Die grossen Zugkräftet waren nun nicht mehr gefragt, für den Gotthard hatte man genug Maschinen im Bestand, jetzt ging es um die flachen Strecken der Schweiz und dort sollten andere kleinere Modelle verwendet werden.

Von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB übernommen wurden diese 40 Lokomotiven der Baureihe Be 4/6 zwischen dem 1. Februar 1920 mit der Nummer 12 303 und dem 9. April 1923 und der Nummer 12 342. Die erste elektrische Schnellzugslokomotive für den Gotthard war entstanden und blieb in der Folge immer im Schatten der Baureihe Ce 6/8 II, die für den Güterverkehr gebaut wurde und sich durchsetzen konnte.

Es muss jedoch erwähnt werden, dass der «Rehbock», wie die Baureihe vom Personal genannt wurde, schon früh Konkurrenz durch die von der SAAS gelieferte Baureihe Be 4/7 bekommen hatte und sich so den Ruhm vor den Schnellzügen teilen musste. Das «Krokodil» war jedoch der alleinige Star vor den Güterzügen. Das soll aber nicht bedeuten, dass die Reihe Be 4/6 nicht gut funktionierte. Es lohnt sich, wenn wir sie etwas genauer ansehen.

 

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