ETCS Level 2 Entwicklung

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Kommen wir zum eigentlichen Thema unseres Artikels. Dabei haben wir bisher erfahren, dass man ETCS Level 2 weder als reine Zugsicherung, noch als ein neues Signalsystem ansehen darf. Wir müssen uns also vom Gedanken nur mit Signalen zu arbeiten verabschieden, denn diese befinden sich zum Teil in den Fahrzeugen und sind ein Teil der Systeme für die Sicherung der Züge. Nur mit beiden Bereichen kommen wir zum Ziel.

Das ist auch der Grund, warum ETCS Level 2 nicht mit den normalen Signalen erwähnt werden konnte. Das System ist eine Lösung, die es erlaubt mit Zügen in einem Land zu verkehren, die dafür angepasst wurden.

Dieses greift somit auf die Ausrüstung der Strecke mit Signalen und auf die Ausrüstung der Fahrzeuge ein. Bei einer Trennung ging diese zwingende Ver-knüpfung verloren und damit auch das Verständnis dafür.

Der Weg zum heutigen Standard ETCS Level 2 war lange und steinig. Die ersten Ideen wurden ins Leben gerufen, als es Europa, so wie wir es heute kennen, gar noch nicht gab.

Die Ausarbeitung nahm so viel Zeit in Anspruch, dass selbst bei der Umsetzung mehrere Schritte erfolgen mussten.

Diese Schritte machte die Schweiz und dabei in erster Linie die Schweizerischen Bundesbahnen SBB mit all ihren Problemen mit.

Um die Entwicklung von ETCS Level 2 auf dem aktuellen Stand zu beschreiben, muss ich etwas ausholen und wirklich sicher, dass ich auf dem aktuellsten Stand bin, weiss ich auch noch nicht. Das grösste Problem, das ETCS hat, ist die Tatsache, dass es immer weiter entwickelt wird und nicht zur Ruhe kommt. Dadurch kommt es nicht zu einheitlichen Standards, weil überall andere Entwicklungen umgesetzt wurden.

Verfolgen wir die Entwicklung des Systems ETCS Level 2 mit der Vorstellung einiger damit versehenen Strecken. Dazu wählte ich vier Strecken aus. Dazu gehören jene für die ersten Versuche, die Neubaustrecke, einer der Basistunnel und als viertes mit dem Abschnitt Brunnen – Altdorf eine der Strecken, die nach den Vorgaben des KGB aufgebaut wurden. Zumindest im Jahre 2022 war das der aktuelle Stand in der Schweiz.

Strecke Sempach-Neuenkirch – Zofingen

Die Entwicklung von ETCS Level 2 war lange und so hatte man in der Schweiz schon Ideen mit der LZB, die wiederum verworfen wurden. Als es jedoch daran ging, die Geschwindigkeiten in der Schweiz auf über 160 km/h zu steigern, war klar, dass man sich auf ein System einigen will. So kam es, dass die erste Strecke für ETCS Level 2 heute zum Bereich des KGB gehören würde und so keine schnelle Strecke war.

Wer die Wahl der Strecke bezweifeln will, muss wissen, dass auf dieser Strecke die veralteten Anlagen so oder so erneuert werden mussten. Zudem war es eine Strecke, die nur von einem bescheidenen Personalstamm befahren wurde.

Zusätzliche Beschränkungen der Einsätze führten zu einer weiteren Reduktion. Damit war schnell klar, dass die Strecke richtig war. Dumm war eigentlich nur, dass es für Reisezüge zum Gotthard die Zufahrt war.

Die damals aktuell gültigen Ideen wurden auf der Strecke umgesetzt und die ersten Lokomotiven der Schweizerischen Bundesbahnen SBB umgebaut. ETCS Level 2 sollte zuerst auf der Strecke zwischen Zofingen und Sempach-Neuenkirch erprobt werden.

Damals wurde ETCS Level 2 noch unter dem Begriff Führerstandssignalisation FSS in den Unterlagen ge-führt. Wobei ETCS wesentlich komplizierter war, als eine reine Signalisierung in den Führerstand.

So sollte das neue System neben den eigentlichen Fahrinformationen auch einen grossen Teil weiter-er Informationen übermitteln.

Angaben über die Lage der Bahnsteigkanten und den Halteort waren ebenso enthalten, wie eine Anzeige über die anderen auf der Strecke verkehrenden Züge. Man wollte so möglichst sämtliche Informationen, die für die Fahrt notwendig waren, in den Bereich der neuen Technik verschieben.

In der Folge wurden, wie das bei ETCS Level 2 vorgesehen ist, die Aussensignale auf der Strecke entfernt und durch die damals bekannten wenigen Signale für ETCS ersetzt. Geblieben waren in den Bahnhöfen lediglich die Zwergsignale für die Regelung des Rangierdienstes und jene Signale, die auch beachtet werden mussten, wenn nicht mit der Führerstandssignalisation gefahren wurde. Dazu gehörten die Fahrleitungssignale.

Mit der Inbetriebnahme der neuen Stellwerke wurden die Anlagen für ETCS Level 2 hochgefahren und der Versuchsbetrieb mit diesem System aufgenommen. Die neuen Stellwerke wurden mit dem RBC verbunden und die Vorschriften der Strecke entsprechend angepasst.

So war die Fahrt ohne passende Schulung und passendes Fahrzeug ver-boten. Erstmals sollten die Züge in Europa mit ETCS geleitet und ge-steuert werden.

Ab diesem Datum durfte die Strecke nur noch von speziell geschulten Lokführern der Depots Luzern, Olten und Basel befahren werden. Die anderen bisher auf dieser Strecke eingesetzten Lokführer verloren vorübergehend die Zulassung auf diesem Abschnitt.

Dadurch konnten die Kosten, die so schon sehr hoch waren, in einem geringeren Ausmass gehalten werden. Mit wenig Personal konnte man zudem viele wertvolle Erfahrung sammeln.

Wie bei jedem neuen System, das so komplex arbeiten muss, wie eine Zugsicherung mit Führerstandssignalisation, war klar, es wird im Betrieb Probleme mit ETCS Level 2 geben.

So waren die Lokomotiven anfällig auf Störungen und wenn eine Über-mittlung nicht funktionierte, bekam der Zug keinen Zugang zum RBC. Die Folge war klar, dass der Zug durch das System angehalten wurde. Mühselige Vorgänge mussten eingeleitet werden.

Diese Probleme waren auf der Strecke teilweise so gross, dass in der Fachpresse von Versuchskaninchen Passagier gesprochen wurde. Für die betroffenen Reisenden war das sicherlich unangenehm, denn wer sitzt schon gern mitten in der Nacht bei völliger Dunkelheit in einem Zug ohne Licht? Das Zugpersonal war redlich bemüht, dass es deswegen nicht zu Paniken gekommen war. Jedoch kann gesagt werden, dass der Mist nicht überzeugte.

Nachdem man die Probleme auf der Strecke zwischen Zofingen und Sempach-Neuenkirch in den Griff zu bekommen schien, wurden die Techniken bei ETCS Level 2 überarbeitet und so eine neue Version ausgearbeitet.

Erst die mit der Strecke gemachten Erfahrungen führten dazu, dass man das System weiter ent-wickeln konnte und so immer bessere Erfolge er-zielte. Damit konnten die Versuche aber auch beendet werden.

Um einige der Anpassungen vorzustellen, kann ge-sagt werden, dass die Spielerei mit den voraus-fahrenden Zügen aufgegeben wurde. Was bringt es, wenn der Zug vor einer Tafel zum stehen kommt, und dabei weiss, dass vorne ein Zug ist.

Lediglich die Info, das dieser wegen einer Störung nicht fuhr, war im System nicht vorhanden. Es war also eine völlig nutzlose Information, die für mehr Verwirrung sorgte, als dass sie etwas bezweckte.

Auch die Standorte der Bahnsteige fielen weg. Diese war ebenso nutzlos, denn der Lokführer muss wissen, wann er mit der Bremsung beginnen muss und nicht, dass er sich beim Bahnsteig befindet. Die Führerstände hatte immer noch Fenster und so konnte man diese erkennen. Der Halteort musste immer noch optisch bestimmt werden. Also brachte die Sache nichts, da man damals nur auf schnellen Strecken so fahren wollte.

Die Strecke zwischen Zofingen und Sempach-Neuenkirch wurde daher wieder zu einer normalen Strecke mit Aussensignalen herkömmlicher Bauart zurückgebaut. Sie besass in der Folge wieder normale Signale und wurde nicht mehr von ETCS Level 2 befahren. Neu sollten diese Versuche auf den neu gebauten Strecken erprobt werden. Eines war klar, ETCS Level 2 sollte nur auf Strecken mit mehr als 160 km/h eingesetzt werden.

 

Neubaustrecke Rothrist – Mattstetten

Die Neubaustrecke der Schweizerischen Bundesbahnen SBB zwischen Rothrist und Mattstetten ist speziell, denn es war jene Strecke, die ETCS Level 2 benötigte, da man dort mit mehr als 160 km/h fahren wollte. Letztlich wurden die Versuche zwischen Zofingen und Sempach-Neuenkirch nur deswegen angestellt, denn keine andere Strecke der Schweizerischen Bundesbahnen SBB und somit der Schweiz, benötigte zu diesem Zeitpunkt eine Führerstandssignalisation.

Da die Strecke noch vor der Einführung von der zweiten Version von ETCS Level 2 in Betrieb genommen wurde, mussten hier noch konventionelle Signale aufgestellt wer-den.

Daher waren auf dieser Strecke neben den Signalen von ETCS auch Lichtsignale des Typs N vorhanden. Da aber bei ETCS Level 2 keine Aussensignale dafür vorgesehen wa-ren, kam es da zu einer speziellen Situation, die nun er-wähnt werden muss.

Es wurde daher bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB beschlossen, dass auf der Neubaustrecke konven-tionelle Signale aufgestellt würden. Diese Lichtsignale ermöglichten zumindest anfänglich einen Betrieb bis 160 km/h ohne ETCS Level 2.

Das Konzept Bahn 2000 wurde daher unter schwierigen Bedingungen umgesetzt, denn das Kernstück wurde stark eingeschränkt. Verkehren konnten jedoch nur taugliche Lokomotiven und Steuerwagen.

Verkehrte ein Zug auf der Strecke nach ETCS Level 2 mussten die Signale Fahrt zeigen. Gab es zwischen dem Signalbild und den Angaben einen Unterschied, galt die grössere Einschränkung. Trotz Geschwindigkeiten, die höher als 160 km/h sein sollten, musste das Lokomotivpersonal auf dieser Strecke Aussensignale beachten. Ein Punkt, der bis zum Schluss dieser Situationen immer wieder zu umfangreichen Diskussionen führten.

Hier muss jedoch noch erwähnt werden, dass das Signalsystem N damals dazu ausgelegt worden war, die Geschwindigkeiten der Neubaustrecke abzudecken. Eine Mitfahrt bei einem damals kundigen Kollegen zeigten mir, dass die einfachen Bilder auch bei schlechter Sicht gut erkannt werden konnten. Die Farben können schnell unterschieden werden. Ankündigungen von Geschwindigkeiten gab es jedoch nicht auf der Strecke.

Mit zunehmender Verfügbarkeit des Systems wurde zuerst beschlossen, dass die Züge nur am Abend nach ETCS Level 2 verkehren sollten. Somit kam es zu einer Situation, die bei der Entwicklung des Systems gar nicht vorgesehen war. Es wurden Aussensignale und ETCS Level 2 kombiniert. Am Tag verkehrten die Züge mit den Signalen und am Abend mit ETCS Level 2. Eine Kombination von mit Aussensignalen geführten Zügen mit solchen des Levels 2 gab es bisher jedoch nicht.

Verkehrten die Züge nach dem Level 2 wurden die Signale normal angesteuert und zeigten grün. Obwohl es im Level 2 nicht vorgesehen war, wurde die Weisung eingeführt, dass der Lokführer beim Erkennen eines Halt zeigenden Signals unverzüglich anzuhalten hat. Die Geschwindigkeit blieb vorerst für alle Züge bei 160 km/h. Somit hatte man eine Rückfallebene, wenn das System ETCS ausgefallen wäre.

Mit der neuen Software und durch die Tatsache, dass es auf der Strecke keine Bahnhöfe mit Rangierdienst gab, führten dazu, dass das System ETCS Level 2 auch dank den neuen Geräten auf den nun eingesetzten Fahrzeugen immer besser funktionierte. Man konnte sich an die Erhöhung der Geschwindigkeit wagen. Auf der Neubaustrecke wurde daher im Lauf der Jahre mit den geforderten 200 km/h gefahren.

Das System wurde daher immer besser und so konnten letztlich alle Züge auf der Neubaustrecke nach dem Level 2 verkehren. Die Lichtsignale im in der Regel befahrenen Gleis blieben jedoch stehen und die Weisung galt weiterhin. So wurde der vollständig mit ETCS Level 2 geführte Verkehr auf der Neubaustrecke mit vorhandenen Aussensignalen aufgebaut und in Betrieb genommen. Eine Situation, die es nicht geben sollte.

ETCS Level 2 funktionierte mittlerweile nicht nur auf der Neu-baustrecke zwischen Rothrist und Mattstetten, sondern auch in vielen anderen Ländern in Europa.

Die Wahl des Systems und die internationale Entwicklung führten dazu, dass ETCS Level 2 zum internationalen Standard auf Strek-ken mit hohen Geschwindigkeiten wurde. Selbst ausserhalb von Europa wurde ETCS Level 2 für diesen Zweck sehr erfolgreich angewendet.

Mit dem nun perfekt arbeitenden System konnten die Signale vom Typ N entfernt werden. Die noch recht neuen Lichtsignale kamen auf anderen Strecken erneut zum Einbau. Somit war hier der Endzustand erreicht und sämtlich Züge der Strecke befuhren diese mit dem ETCS Level 2.

Das galt auch für den Ast nach Solothurn, wo es noch Schranken hatte. Das System hatte sich etabliert und konnte so auch an anderen Orten eingebaut werden.

Obwohl die Lichtsignale entfernt wurden, entsprach die Neubaustrecke noch nicht ganz den Normen. Das betraf die verwendeten Signale von ETCS, die noch leicht anders aufgebaut waren. Zudem bestand noch eine Toleranz von 400 Metern, die beachtet werden musste, wenn nicht nach den normalen Bedingungen gefahren werden konnte. Doch wichtig war, ETCS Level 2 funktionierte jeden Tag zuverlässig und sicher.

Der aktuellste Stand der Neubaustrecke ist soweit angepasst worden, das es sich nun um eine übliche Strecke nach den Vorgaben des EGB handelte und es daher auch keine spezielle Schulung für die Strecke mehr brauchte. Was wirklich noch wichtig war, war die Anzahl der Tunnel und deren Zweck. Von einer Schulung kann damit nicht mehr gesprochen werden. Doch damit kommen wir auch schon um nächsten Schritt.

ETCS im Basistunnel Lötschberg

Mit der Eröffnung des Basistunnels am Lötschberg wurde in der Schweiz die zweite Strecke, die mit ETCS Level 2 ausgerüstet wurde, in Betrieb genommen. Im Gegensatz zur Neubaustrecke zwischen Rothrist und Mattstetten konnte man hier, wie zwischen Zofingen und Sempach auf die Aussensignale verzichten, so dass gleich zu Beginn mit dem ETCS Level 2 gefahren wurde. Das zeigte, wie gut das System funktionierte.

Trotzdem galt auch diese Strecke als Herausforderung für die Hersteller des Systems und des Fahrpersonals, denn noch nie wurde das System in einem so langen Tunnel verwendet und dabei noch im Gegenverkehr gearbeitet.

Das obwohl der Basistunnel am Lötschberg nicht der längste in Europa war, aber im Ärmelkanal kam weiterhin TVM zur Anwendung. Erstmals sollte ETCS in einem langen Tunnel ver-wendet werden.

Durch die lange Tunnelstrecke musste man andere Wege suchen um die Funksignale genau genug zu senden. Gerade diese Signale waren bei ETCS Level 2 besonders wichtig. Kam es im Datenfunk zu Störungen, wurden die Züge automatisch gestoppt.

Ein Problem, das man anfänglich sogar den Mobiltelefonen in die Schuhe schob. Nun aber musste das im Basistunnel funk-tionierten. Selbst wenn die Reisenden sich die Zeit mit tele-fonieren vertrieben.

Dazu muss ich ergänzend sagen, dass bei den Versuchen die Probleme durchaus den Mobiltelefonen der Lokführer angelastet wurden. Das konnte jedoch nie richtig nachgewiesen werden und auch bei den Mobiltelefonen wurden ebenfalls neue Standards eingeführt. Ein klingendes Handy im Führerstand führt nicht zu einer Zwangsbremsung. Wichtig war nun aber die Verschlüsselung der Funksignale, denn diese konnten gestört werden.

Zudem waren für den teilweise einspurigen Basistunnel zusätzliche Funktionen vorzusehen. Technisch war ETCS Level 2 zwar soweit bereit, dass die Züge fahren konnten, aber die Software der Stellwerke hatte noch ihre Tücken und das führte zu Problemen, die erst später gelöst werden konnten. Mittlerweile funktionierte ETCS Level 2 jedoch so gut, dass man den Entscheid zu diesem System bestätigen konnte.

Gerade die Tatsache, dass der Basistunnel auf einem grossen Abschnitt einspurig war, erforderte viele technische Neuerungen bei ETCS Level 2, die alle im Stellwerk und im RBC integriert werden mussten. Auch musste klar geregelt sein, dass die automatische Steuerung nicht plötzlich zwei Züge in entgegengesetzter Richtung auf dem einspurigen Abschnitt fahren lässt. Geklappt hat das jedoch nicht immer.

Auch das für den Tunnel erarbeitete Rettungsverfahren brachte eine Neuerung bei ETCS Level 2. Für den Notfall wurden daher im Lötschberg auf dem ETCS Level 2 spezielle Rückfahrtrassen aufgebaut. Diese Trassen erlaubten es einem Zug, den Tunnel im Notfall in der Richtung zu verlassen, von der er hergekommen war. Bei Pendelzügen erfolgte das mit dem Wechsel der Fahrrichtung und des bedienten Führerstandes.

Die Güterzüge haben keine Möglichkeit auf der anderen Seite des Zuges bedient zu werden. Trotzdem mussten auch diese aus dem Basistunnel kommen. Für diese Züge gilt ganz klar die durch das System ETCS Level 2 ermöglichte Rückwärtsfahrt (Reversing). Bei diesem Verfahren wird dem Lokführer durch das System die Fahrt in der entgegengesetzten Richtung vorgegeben und die Fahrt überwacht.

Die Lokomotive stösst den Zug mit maximalen Geschwindigkeiten bis 80 km/h rückwärts aus dem Basistunnel. ETCS Level 2 kontrolliert dabei die Fahrt und die Einhaltung der Abstände zwischen den Zügen. Die Rückwärtsfahrt (Reversing) endet dabei spätestens, wenn der Zug die Merktafel «RV-Halt» passiert hat. An dieser Stelle ist eine Möglichkeit zur Räumung der Strecke vorhanden, die dann mit Aussensignalen erfolgen kann.

Mit der Neuerung Reversing können wir auch den Basis-tunnel am Lötschberg abschliessen. Damit wechseln wir jedoch noch schnell zum neuen Basistunnel am Gotthard. Auch dort wurde die Möglichkeit von Fahrten im Reversing geschaffen.

Neu war hier jedoch, dass der Zug den Bereich von ETCS Level 2 nicht verlassen musste und mit diesem die Strecke räumte. Eine Lösung, die durch die Ausrüstung der Zufahrten möglich wurde.

Bei der Basislinie am Gotthard wurden gegenüber jener am Lötschberg kaum wichtige Neuerung eingeführt. Jedoch war es neu auch möglich, das Reversing in einer der Nothaltestellen zu beenden und den Tunnel über die zweite nicht betroffene Röhre in der ursprünglichen Richtung zu verlassen.

Der Grund war hier klar die Länge, die es kaum ermög-lichte die Güterzüge in Rückwärtsfahrt in der vorgege-benen Zeit zu befahren.

Beide erwähnten Basistunnel gehören, wie jener am Monte Ceneri zu den Strecken, die dem EGB ange-hören. Dabei bildete der Gotthard als erste diese Regel und die Neubaustrecke musste, wie der Basistunnel am Lötschberg angepasst werden.

Was das genau bedeutete werden wir später noch ansehen, wenn wir die Signale ansehen, die eigentlich nur auf den Strecken des EGB verwendet werden. Alle schnellen Strecken sind auf dem gleichen Standard.

Der nächste Schritt bei der Umsetzung von ETCS Level 2 sollten die Zufahrten zum Basistunnel Gotthard sein. Hier wurde erstmals seit den ersten Versuchen eine bestehende Strecke auf ETCS Level 2 umgestellt und damit ergaben sich neue Probleme mit den zuerst betroffenen Stationen von Flüelen und Altdorf, denn dort sollte innerhalb des ETCS Levels 2 rangiert werden und das brachte in der Schweiz ganz neue Punkte.

 

Brunnen – Altdorf – Erstfeld 

Bei der Strecke handelte es sich um die erste nach den Regeln des KGB aufgebaute Linie. Da aber die Züge bereits vor dem Tunnel auf höhere Geschwindigkeiten beschleunigen mussten und weil die Strecke insgesamt deutlich länger als die bisherigen Abschnitte ist, kam es dazu, dass mehrere RBC verwendet werden mussten. Der Wechsel erfolgte dabei Innerhalb der Strecke mit ETCS Level 2, was in Zukunft öfters vorkommen sollte.

Der Übergang eines Zuges von einem RBC auf das näch-ste RBC wird Handover genannt. Bei diesem Verfahren meldet sich die Ausrüstung auf dem Fahrzeug innerhalb des Level 2 beim nachfolgenden RBC an.

Dazu wird jedoch der zweite Kanal beim Datenfunk ge-nutzt. Sofern die Anmeldung klappte, wird bei der RBC Grenze der Zug an das neue RBC übergeben und die Verbindung zum ersten Abschnitt gekappt.

Bei der als Muster genommenen Strecke erfolgt das Handover bei der Grenze zwischen dem Bereich des KGB und jenem des EGB. Das muss jedoch nicht zwingend sein, denn entscheidend ist der Datenfunk.

Sofern das Handover nicht klappt, kann es zu einem Ausfall des Datenfunkes kommen und der Zug wird durch das System mit einer Zwangsbremse zum Still-stand gebracht. Sie sehen es war nicht so einfach.

Weitaus wichtiger war der Aufbau der KGB-Strecke. In dieser wurden die bekannten Begriffe aufgegeben. Neu sollte es keine Bahnhöfe mehr geben.

An deren Stelle traten die Rangierbereiche. Für diese mussten neue Signale erschaffen werden, denn auf einer KGB Strecke sollte nicht mehr mit den Zwergsignalen gearbeitet werden. Jedoch musste eine andere Lösung für die Regelung der Rangierfahrten geschaffen werden.

An Stelle der Zwergsignale traten die ETCS-Rangiersignale. Diese hatten während den Rangierfahrten die gleichen Funktionen und Bilder, wie bei den Zwergsignalen. Damit diese unterschieden werden konnten, wurden zuerst die Gehäuse blau gefärbt. Später kamen dann blaue Lampen. Der wichtigste Unterschied zu den Zwergsignale war, dass die Version für ETCS bei den Zugfahrten geschlossen bleiben mussten.

Wie sich das genau auf die weiteren nur im KGB verwendeten Signale auswirkte, werden wir später noch genauer ansehen, denn mit den ersten Strecken beim KGB kamen neue Probleme und diese fanden sich beim Unterhalt.

Für diesen gab es bei den EGB Strecken die neuen Erhaltungsbezirke. Dort konnte rangiert werden. Im KGB gab es diese nicht und daher musste auf der Strecke vor jedem ETCS-Haltsignal angehalten wer-den.

Nicht auf der als Beispiel dienenden KGB-Strecke, sondern auf anderen gleich aufgebauten Anlage, wurden daher neue Standortsignale benötigt.

Der Unterschied zeigte sich nur bei den Rangier-fahrten ausserhalb der Rangierbereiche, wo beim neuen Signal in Shunting nicht angehalten werden musste.

Eine Lösung, die aber nur wegen dem fehlenden Erhaltungsbezirk geschaffen werden musste und der weitere Signale brachte.

Gerade die grosse Flut neuer Signale stellte die Idee von ETCS erstmals in Frage. Es ist wohl kaum anzunehmen, dass andere Länder für Rangierfahrten die ETCS-Rangiersignale übernehmen werden. Die Einfachheit spricht zwar dafür, aber wirklich ganz Europa die Zwergsignale der Schweiz aufzubrummen, ist kaum möglich. Auch wenn man es versuchte, eine einheitliche Ausrüstung mit ETCS Level 2 wird es wohl nie geben.

Das widerspricht klar den Ideen der Politiker, die dank einem einheitlichen System davon träumten die Lokführer ähnlich wie die Fahrer der LKW einzusetzen. Montag fährt er los und wenn er Glück hat, dann ist er vielleicht nach einem Monat wieder bei der Familie. Billige Arbeiter für das einzige Ziel, das verfolgt wurde. Ein Transport, der nichts mehr kostet. Also Kosten gibt es schon, aber die sind eher Sozial und das kümmert nun wirklich niemand.

Mit den Anpassungen kann gesagt werden, dass ETCS auch auf den nun bereits zahlreich vorhan-denen KGB-Strecken ebenso einheitlich ist, wie das bei den Abschnitten nach dem Modell EGB der Fall war.

Damit stand eigentlich der Umsetzung der erklärten Ziele nichts mehr im Weg. ETCS Level 2 sollte die Signale in der Schweiz endgültig verschwinden lassen. Doch so einfach sollte das dennoch nicht werden, denn es gab Widerstand.

Als geplant wurde die Zufahrten auf den Bahnhof Zürich HB und auch diesen auf ETCS Level 2 umzu-stellen, gab es grossen Widerstand. So hatte sich gezeigt, dass auf den Strecken mit ETCS die Kapazitäten deutlich schlechter wurden.

Im Raum Zürich, wo sich die S-Bahnen in Abständen folgen, die bald in Sekunden angegeben werden, konnte das nicht gut enden, denn weniger S-Bahnen passten den Politikern auch wieder nicht.

Hinzu kam, dass die Umrüstung der Flotte es ZVV zu so grossen Summen geführt hätte, dass selbst der Kanton Zürich die Summe nicht zahlen konnte.

Eine gigantische Schwemme von Fahrzeugen, die alle umgerüstet werden musste, das konnte bei den Preisen, die verlangt wurden, schlicht niemand mehr bezahlen. Billiger wurde es mit ETCS Level 2 auf keinen Fall, denn noch immer hatten die Hersteller die Idee die Bahnen zu schröpfen.

Damit beenden wir das Thema und sehen uns im nächsten Kapitel die Umsetzung genauer an, denn mit den Hinweisen beim KGB kamen sicherlich neue Fragen auf, denn was ist mit diesen Rangiersignale passiert und vor allem stellt sich die Frage nach diesen Rangierbereichen und wo zum Geier sind denn die Bahnhöfe als Orientierung hingekommen. Je weiter wir in ETCS eintauchen, desto mehr Fragen entstehen.

 

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