Der Testbetrieb

Letzte

Navigation durch das Thema

Nächste

Der nächste Schritt bei der Inbetriebnahme des Basistunnels am Gotthard sollte der Testbetrieb sein. Im Rahmen dieser Fahrten wurde erstmals der gesamte Tunnel befahren und dabei die später verwendete Sicherungstechnik eingesetzt. Bei diesen Fahrten sollten zudem die erdachten Sicherheitsmassnahmen im Tunnel und die Leistungsfähigkeit der Anlagen überprüft werden. Es lohnt sich daher, dass wir auf diese Fahrten blicken.

Bevor es jedoch losgehen konnte, musste das dazu benötigte Personal vorhanden sein. Nun kamen erstmals Lokführer der höchsten Kategorie und Zugbegleiter zum Einsatz.

Natürlich wurde bereits bei den Versuchfahrten mit Lokführer gefah-ren, aber nun wurden wesentlich mehr Lokführer benötigt.

Dazu gehörten jetzt auch solche, die im Güterverkehr tätig sind, denn bei den Testfahrten sollten auch Güter-züge verwendet werden.

Selbst bei der Ausbildung wurde mit diesem Personal das Programm fest-gelegt. Sie müssen wissen, dass man sich eine Ausbildung ausgedacht hatte.

Diese musste nun erprobt werden, denn bei Fehlern konnte noch nach-gebessert werden. Das hatte auch zur Folge, dass man für diesen Einsatz Personal nimmt, das auch kritisch sein konnte.

Fehler mussten ausgemerzt und Lösungen gefunden werden. Nur so konnte eine optimale Ausbildung geschaffen werden.

Diese von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB ausgedachten Schulungen reichten jedoch nicht. Die Testfahrten sind eine spezielle Angelegenheit. Es wird korrekter Bahnbetrieb betrieben, der jedoch nicht auf einer Bahnlinie ausgeführt wird. Die Anlagen des Basistunnels gelten bis zum Abschluss dieser Fahrten als Bahnlinie und daher wird beim Testbetrieb unter der Leitung von Alptransit Gotthard ATG gearbeitet.

Erst wer alle Schulungen und Tests absolviert hatte, konnte letztlich für die Testfahrten genutzt werden. Jedoch waren damit längst nicht alle befriedigt. Insbesondere das für das Bahnpersonal zuständige BAV sah genau hin. Dabei ist ein Punkt, den man nicht vergessen darf, denn die Lokführer müssen Streckenkundig sein, wenn sie auf einer Strecke fahren. Bei einem Tunnel konnte das mit einem Video erfolgen.

Nur, das Video existierte gar noch nicht, weil es die Bahnlinie eigentlich gar noch nicht gab. Es muss ja zuerst eine Fahrt durchgeführt werden, damit das Video gedreht werden kann. Diese Fahrt führt ein Lokführer aus. Daher wurde für das fahrende Personal im Bereich der Testfahrten vom BAV eine Sonderbewilligung ausgesprochen. Man wusste genau, wer bei den Fahrten mitmacht und wie er ausgebildet wurde.

Auch die Wahl von Personen, die als Reisende dienen würden, gehörte dazu. Man musste im Rahmen der Testfahrten auch das Rettungskonzept überprüfen. Man kann nicht warten, bis es ernst wird und dann resigniert feststellen, dass es so nicht geht. Bekanntlich spielt man nicht mit Menschenleben, es sei denn, man sei ein grosser Kriegsführer. Daher sollte man die Sache testen, so lange es noch ein Spiel ist.

Ein Rettungskonzept muss jedoch mit ungeschulten und geschulten Leuten geprüft werden. Ideal sind bunt ausgesuchte Leute. In die Gruppe gehören Mütter mit mehreren Kindern und alte gebrechliche Personen. Jede dieser Personalgruppe reagiert bei einer Notsituation anders und benötigt andere Hilfe. Je näher man sich an die übliche Besetzung eines Reisezuges begibt, desto besser können die Ergebnisse geprüft werden.

Startzeitpunkt für die Testfahrten war der 01. Oktober 2015. Ab diesem Tag galt die Fahrleitung im Tunnel als eingeschaltet und es musste mit schnell fahrenden Zügen gerechnet werden.

Ein Punkt, der für jene Personen wichtig ist, die immer noch mit dem Bau von gewissen Anlagen beschäftigt sind. Man kann nicht einfach schnell in der Röhre einen Blick riskieren, denn dort kommen Züge, die in der Baustelle verkehren.

Doch zuerst musste die Fahrleitung wirklich in den Betrieb gehen und die Anlagen mussten geprüft werden. Bei einem so gigantischen Bauwerk dauert auch das länger als man denkt.

Nur schon die Entfernung der Erdstangen erfordert viel Zeit, denn es darf keine Vergessen gehen und es waren sehr viele Erdstangen vorhanden. Erst danach konnte man mit der eigentlichen Inbetriebnahme der Fahrleitung beginnen.

Abgeschlossen wurde die Inbetriebnahme der Fahrleitung mit Kurzschlüssen. Sie haben richtig gelesen, es wurden absichtlich Kurzschlüsse erzeugt.

Dazu verwendete man einen speziell eingerichteten Wagen. Dieser wurde an die Fahrleitung angeschlossen und diese eingeschaltet. Anschliessend erzeugte man den ersten Kurzschluss und wiederholte diesen sogar noch. Dabei ging es jedoch nicht direkt um die Fahrleitung.

Sie müssen wissen, dass eine Fahrleitung immer von einem Unterwerk gespiesen wird. Dort sind die notwenigen Schutzschaltungen vorhanden. Diese Anlagen waren auch neu. Daher musste geprüft werden, ob die Abschaltungen korrekt erfolgen und die Prüfungen richtig funktionieren. Man testete mit den Kurzschlüssen die Versorgung der Fahrleitung auf korrekte Funktion. Erst wenn das erfolgt war, konnte der elektrische Betrieb aufgenommen werden.

Am 07. Oktober 2015 war es dann soweit, der erste elektrisch geführte Zug fuhr durch den Tunnel. Dabei kamen die ersten von SBB Personenverkehr für den Basistunnel am Gotthard ausgelegten Fahr-zeuge zum Einsatz.

Neben der Lokomotive der Baureihe Re 460 waren das auch die ersten Einheitswagen IV und ein Steuerwagen IC Bt. Noch konnte man mit einer Lokomotive um die Wagen fahren.

Der Grund waren die im Süden noch nicht vollständig verfügbaren Anlagen. So konnten anfänglich keine Fahrstrassen in das bestehende Netz eingestellt werden.

So blieb die Basislinie lange Zeit ein Inselbetrieb, der erst am 06. Dezember 2015 mit der Inbe-triebnahme von ETCS Level 2 auf der Stammlinie behoben werden konnte.

Erst dann waren direkte Fahrten durch den Basistunnel möglich. Ein weiterer Meilenstein bei der Fertigstellung.

Die Versuche und Tests der Fahrbahn, sowie der Fahrleitung konnten nun beginnen. Dazu mussten die Hochtastfahrten durchgeführt werden. Bei diesen Fahrten, wird in Abhängigkeit der Ergebnisse die Geschwindigkeit immer mehr erhöht. Das Ziel dieser Erhöhung ist die Höchstgeschwindigkeit der Strecke plus 10%. Im Basistunnel am Gotthard bedeutete das eine Endgeschwindigkeit von nicht weniger als 275 km/h.

In der Schweiz gab es kein Fahrzeug, das diese Geschwindigkeit erreichen konnte. Einzig der bestellte Triebzug „Giruno“ hätte diese Werte erreichen können. Nur, dieser Zug wurde erst gebaut und so musste man nach anderen Lösungen suchen. Dabei gab es die passenden Züge in Deutschland und Frankreich. Da jene in Frankreich jedoch nicht für die Frequenz der Fahrleitung ausgelegt wurden, blieben nur die Züge aus Deutschland.

Jedoch gab es mit dem passenden Zug aus Deutschland ein Problem. Der Triebzug vom Typ ICE-S war in der Schweiz nicht zugelassen. Er besass zwar das erforderliche ETCS Level 2, aber weder Integra-Signum noch ZUB 121.

Damit durfte der Zug nur auf Strecken eingesetzt werden, die mit ETCS Level 2 betrieben wurden. Das war der Abschnitt zwischen Brunnen und dem Basistunnel. Wobei Brunnen nicht inbegriffen war.

Mit besonderen Auflagen gelang schliesslich der Einsatz. Dazu wurde der Zug von Deutschland nach Brunnen geschleppt. So stand für die Versuchsfahrten die ent-sprechende Lokomotive ebenfalls zur Verfügung.

Mit der verkürzten Komposition hatte die Maschine der Baureihe Re 420 kein Problem. Ab Brunnen konnte der Triebzug schliesslich alleine weiterfahren. So kam der ICE-S in die Alpen des Kantons Uri und deckte die hohen Geschwindigkeiten ab.

Bei den Fahrten mit diesem Zug, der Werte bis zu 275 km/h erreichte, zeigte sich, dass bei den Aufräumarbeiten im Basistunnel nicht gewissenhaft gearbeitet wurde. Lose Bauteile von der Bauzeit her wurden durch den Sog ins Gleis gezogen und sorgten dafür, dass bei der nächsten Passage der Triebzug mit den Bauteilen kollidierte. Bei Geschwindigkeiten von über 200 km/h keine ungefährliche Angelegenheit.

Während dieser Testfahrten kam es in Frankreich zu einem schweren Unglück bei vergleichenden Testfahrten. Der Unterschied beim Basistunnel am Gotthard war jedoch, dass die Fahrten mit ETCS Level 2 gesichert verkehrten. So wurden die Bremskurven auf langsamere Abschnitte vorgegeben. Auch wenn der Bremsweg des Zuges dabei bis zu acht Kilometer lang war. Jedoch war damit gesichert, dass man nicht zu schnell fahren konnte.

Letztlich konnten die Nachweise bei den hohen Geschwin-digkeiten erbracht werden. Die Testfahrten gingen daher in eine weitere Stufe über und dazu gehörte auch der Verkehr im Tunnel.

Schliesslich gehörte auch bei einem Basistunnel ein Leis-tungstest dazu. Dieser muss aufzeigen, ob die erdachte Lüftung und die berechneten Kapazität erfüllt werden können. Fahrten, die natürlich erschwerend durchgeführt wurden.

Sie sehen, dass diese Testfahrten viele unterschiedliche Aufgaben hatten. Wenn man diese Fahrten zur Erprobung des Tunnels in einer Zahl wiedergeben will, dann ist die Marke von 5000 Fahrten recht hoch.

Jedoch sind viele Fahrten auch nur dazu da, um allfällige Fehler zu korrigieren und um die daraus erfolgten Änderungen wieder zu prüfen. Ein Punkt, den man immer wieder vergisst, wenn ein Projekt fertig gestellt wurde.

Ein Test der Anlage bestand zum Beispiel darin zu untersuchen, ob die Tunnelautomatik optimal arbeitet. Dabei wird bei einem Notfall der Tunnel automatisch so umgeschaltet, dass gewisse Vorbereitungen getroffen werden. Diese Tunnelreflexe sind ein Punkt, der wichtig ist, um eine schnelle Intervention zu ermöglichen. Besonders die nicht betroffene Tunnelröhre durch nur geringfügig behindert werden.

Spezielle Betriebssituationen wurden anfänglich mit alleine verkehrenden Triebfahrzeugen oder Zügen, bei denen ein Wechsel der Fahrrichtung möglich war, getestet. Insbesondere beim im Tunnel verwendeten Reversing war das wichtig, wenn die entsprechende Funktion nicht klappen sollte oder es damit Probleme gegeben hätte. Eine Lokomotive ist dabei sehr einfach, weil deren Länge beschränkt ist.

Selbst die Lüftung bei einem Brand im Tunnel musste überprüft werden. Das macht man natürlich mit sehr viel Rauch und einen grossen Feuer. So wird diese Situation so real, wie nur möglich nachgebildet. Wie Sie auf dem Bild unten erkennen können, kann auch eine Simulation sehr bedrohlich wirken. Gleichzeitig kann man sich aber auch die Situation bei einem ernsthaften Ereignis vorstellen. Es stellt sich die Frage, ob wirklich alle Leute besonnen den Zug verlassen würden?

Weitere zeitliche Punkte bei den Testfahrten kamen erst nach den ersten Versuchen. So wurde am 06. Dezember 2015 die südliche Zufahrt zum Basistunnel ans Netz angeschlossen.

Damit war es nun möglich, die Züge im Süden neu zu formieren. Das erlaubte, dass nun auch gezogene Fahrten durch den Basistunnel erfolgen konnten. Ein Punkt, der gerade bei Güterzügen wichtig ist. Im Norden war das über ein Gleis schon möglich.

Auch im Frühjahr 2016 gingen die Testfahrten weiter, wobei nun auch andere Versuche angestellt wurden. So wurden auch Versuche mit einem langen Güterzug unternommen.

Dieser war mit 1500 Meter so lang, wie zwei normale Güterzüge mit maximaler Länge. Der Zug wurde von einer Re 620 gezogen und war trotz leeren Wagen über 2000 Tonnen schwer. Dabei wurden auf den Steigungen von Norden 80 km/h erreicht.

Die Versuche mit dem langen Güterzug galten dem ETCS. Dieses war für solche Züge ausgelegt worden, jedoch konnte man bisher diese Funktion praktisch noch nicht testen. Der Basistunnel am Gotthard bot nun diese Möglichkeit. Eine für Tests geschaffene Strecke, auch wenn das bedeutet, dass man unter dem Berg arbeiten musste. Nach den Versuchen gingen die Wagen wieder getrennt in zwei Zügen in den regulären Betrieb.

Andere Versuche, die durchgeführt wurden, galten auch der Bewältigung von zukünftigen schweren Ereignissen. So galt es zum Beispiel auch den Punkt zu testen, bei dem ein Reisezug die Nothaltestelle nicht erreichen kann. Gerade dieser Punkt stellt eine grosse Herausforderung an den Tunnel dar, da nun die Leute in die andere Röhre flüchten, wo grundsätzlich eigentlich noch Züge verkehren.

Mit einem letzten Test sollte schliesslich noch eine Grossereignis simuliert werden. Bei einem nationalen Ausfall der Energieversorgung stehen auch die Züge im Basistunnel. Daher ist es wichtig, dass nun die autonome Versorgung mit Energie vorhanden ist. Ist es dann noch möglich, die Leute innerhalb der vorgegebenen 90 Minuten aus dem Tunnel zu bringen? Fragen, die beantwortet werden mussten, wollte man die grösste mögliche Sicherheit.

Auch seltene Ereignisse müssen, will man grosse Sicherheit erreichen berücksichtigt werden. Dazu gehörte auch ein nationaler Stromausfall.

Dieser schwere Ausfall der Energieversorgung führt in einem langen Tunnel zu Problemen, denn wie werden die Züge aus dem Tunnel geführt?

Damit dies überhaupt geht, darf die Fahrleitung im Tunnel nicht ausfallen. Nur so können die Züge aus dem Tunnel fahren und so das rettende Tageslicht finden.

Die Vorgaben sind auch hier klar. Innerhalb von 90 Minuten sind die Leute aus dem Tunnel. Damit man das abklären kann, müssen die Begebenheiten ge-testet werden. Nur wie testet man so ein Ereignis?

Ganz einfach, man schaltet die Fahrleitungen rund um den Tunnel aus. Das Ergebnis für den Basistunnel ist das gleiche, denn vor beiden Portalen ist der Strom ausgefallen. Jedoch hat dieser Test auch ein Problem auf andere Verkehre.

Schaltet man beidseitig vom Tunnel die Fahrleitung aus, betrifft das auch die fahrplanmässigen Züge auf den betroffenen Strecken. Damit man die Auswirkung so gering wie nur möglich hatte, wurde der Test in die Nacht von Sonntag auf Montag angesetzt. Erfahrungsgemäss verkehren in dieser Zeit keine Güterzüge und auch bei den Reisezügen gibt es nur noch wenige, meistens unbesetzte Züge des Nahverkehrs.

Kurz vor der Eröffnung wurden die Testfahrten schliesslich eingestellt. Der Tunnel sollte auf den grossen Tag vorbereitet werden. Schon die Eröffnung der alten Strecke war eine grosse Sensation. Daher durfte man auf den grossen Tag beim längsten Tunnel der Welt gespannt sein. So wurden neben den internationalen Behörden und Würdenträgern auch die Leute ausgewählt, die im Eröffnungszug sitzen dürfen.

So ein Anlass lockt jedoch nicht nur Leute in Feierlaune an. Auch jene, die sich mit so einem Fest rühmen wollen, sind zu erwarten. Dazu gehören, die heute überall gefürchteten Anschläge. Daher versuchte man sich mit allen erdenklichen Mittel gegen solche Anschläge zu schützen. Das ging jedoch nur, wenn man die Armee zu Hilfe nahm. Testfahrten konnten bei der abschliessenden Begehung durch die Armee nicht mehr ausgeführt werden.

Der Tunnel war damit ausgiebig getestet worden, er wurde intensiv nach Sprengstoffen abgesucht und war nun bereit die kommerziellen Züge. Übergeben werden sollte der Tunnel daher mit einem grossen Fest. Dieses sollte sämtliche im Bereich der Eisenbahn bisher durchgeführten Feste übertreffen. Am Wochenende vom 4. Und 5. Juni 2016 wurden weit über 100 000 Besucher in den Kantonen Uri und Tessin erwartet.

 

Letzte

Navigation durch das Thema

Nächste
Home SBB - Lokomotiven BLS - Lokomotiven Kontakt

Copyright 2016 by Bruno Lämmli Lupfig: Alle Rechte vorbehalten