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Baujahr: | 1909 | Leistung: | 1 176 kW / 1 600 PS | |
Gewicht: | 96 t | V. max.: | 75 km/h | |
Normallast: | 250 t bei 40 km/h | Länge: | 15 750 mm | |
Der elektrische
Versuchsbetrieb
zwischen Spiez und Frutigen brauchte eigentlich nur ein Modell, das dort
schlicht nicht eingesetzt werden konnte. Es war die
Schnellzugslokomotive,
die auch der Erprobung unterzogen wurde. Um hier die passende Maschine zu
finden, musste das Direktorium zuerst wissen, was man mit der Eröffnung
der
Bergstrecke
für einen Verkehr zu erwarten hat. Das war gar nicht so schwer, denn man
konnte spionieren. Schnellzüge waren selbst im Berner Oberland vorhanden. Diese verkehrten von Bern kommend nach Interlaken Ost und wieder zurück. Genutzt wurden sie von den Gästen, die das Oberland bereisten.
Gerade der aufflammende Tourismus brachte der TSB erfreuliche
Einnahmen. Lediglich das Simmental und die Strecke nach Frutigen kannten
keine solchen Verkehre. Letztere sollte diese jedoch dank der neuen
Bergstrecke
bekom-men. Eine weitere Bahn war jene von Bern nach Neuchâtel. Auf der BN verkehrten auch internationale Expresszüge nach Paris. Für diese benötigte das Unter-nehmen passende Triebfahrzeuge.
Mit der Baureihe
Ea 3/6 bekam man diese
auch auf die Strecke. Eine Ma-schine, die durchaus auch ins Oberland
gepasst hätte. Nur benötigte die kur-venreiche Strecke im Kandertal keine
so schnellen Maschinen. Es war daher auch kein optimales Modell. Dank der neuen direkten Verbindung von Frankreich nach Italien, konnte sich das Direktorium der BLS eigentlich nur an einer Bahn orientieren. Dies war jene, die seit Jahren mit dem Verkehr kämpfte.
Um bei den Schnell- und
Expresszügen
mehr Last und einen
Speisewagen
mitzuführen, wurden bei der
Gotthardbahngesellschaft
die
Lokomotiven der Baureihe
A3t in Verkehr genommen.
Mit der neuen Reihe A 3/5
von 1908 hatte das Unternehmen passende Modelle.
Mit dem Entscheid, die Züge mit elektrischen
Lokomotiven zu befördern, änderte sich alles. Die
Schnellzüge
sollten mit solchen Modellen gezogen werden. Bisher gab es kaum Schnell-
und
Expresszüge,
die so befördert wurde. Genau genommen eigentlich nur die Züge, die durch
den Simplontunnel geführt wurden. Dazu gehörte auch der
Orient Express.
Das einzige Problem dabei war, dass dort mit
Drehstrom
gefahren wurde. Das sollte jetzt mit einphasigem Wechselstrom erfolgen und dazu gehörten auch Schnellzugslokomotiven. Bisher gab es diese schlicht noch nicht und daher musste die Entwicklung sorgsam ausgeführt werden.
Mit dem
Versuchsbetrieb
war man auf dem richtigen Weg und damit man auch verschiedene Ideen
vergleichen konnte, mussten auch mehrere Hersteller berücksichtigt werden.
Nur gerade hier war die Auswahl noch bescheiden. In der Schweiz war das gerade einmal die Maschinenfabrik in Oerlikon MFO, welche das System eigentlich sogar entwickelt hatte und einen Versuchsbetrieb im Raum Zürich hatte.
Sie sollte die an anderer Stelle vorgestellte
Güterzugslokomotive
entwickeln und bauen. Daher war klar, dass die BLS bei der
Lokomotive für die
Schnellzüge
einen anderen Hersteller berück-sichtigen wollte. Es sollten erstmals
breit abgestützte Versuche sein.
Weiter gab es noch die Siemens – Schuckert – Werke SWS. Diese
Firma arbeitete sehr eng mit der MFO zusammen und sie hatte kaum
Erfahrungen beim Bau von Fahrzeugen für
Wechselstrom.
Trotzdem wurde auch die SWS berücksichtigt, die mit dem Bau der drei
Motorwagen
betraut wurde. Auch die Baureihe
Ce 2/4 wird in einem
eigenen Kapitel vorgestellt werden. Es fehlte daher nur der Hersteller für
die zweite
Lokomotive.
Im Ausland, genauer im benachbarten Deutschland bei Berlin gab es
noch die Firma Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft AEG. Diese hatte sich
bereits mit einer eigenen Maschine beim
Versuchsbetrieb
im Raum Seebach – Wettingen beteiligt. Dabei war die
Lokomotive sehr fortschrittlich mit
Einzelachsantrieben
versehen worden. Man wusste also bei der AEG, wie man
Triebfahrzeuge
für den einphasigen
Wechselstrom
baut. Seit den ersten Erfolgen im Raum Zürich hatte sich die AEG jedoch wieder aus den Versuchen genommen und ging ihren eigenen Weg. Neu sollten diese Fahrten im Raum Berlin fortgeführt werden.
Hier liegt auch der Grund, warum die Schweiz und Deutschland das
gleiche
Stromsystem
haben. Lediglich die breiten
Schleifleisten
aus dem
Versuchsbetrieb
blieben in Deutschland erhalten, weil es im Raum Berlin kaum längere
Tunnel
gab. Die Ausarbeitung des erforderlichen Pflichtenheftes war nicht so leicht, wie viele Leser meinen könnten. An eine Schnellzugslokomotive werden hohe Ansprüche gestellt. So muss sie sehr schnell sein und zudem über eine ansehn-liche Zugkraft verfügen.
Bei einer Bahn, die noch nicht über den Verkehr verfügte, und die
zudem auf ein neues System setzt, nicht sehr leicht. Es gab keine
Schnellzugslokomotiven
für
Wechsel-strom.
Wenn wir einen Blick in das
Pflichtenheft
werfen, fallen uns ein paar Sachen auf. So wurde bei allen Modellen eine
spezielle Klausel eingefügt. Es wurde nur eine Probelokomotive geordert
und es gab keine Aussicht auf eine weitere Bestellung solcher Fahrzeuge.
Die BLS war zudem auch nicht verpflichtet diese Fahrzeuge zu übernehmen.
Das Risiko für den Bau lag daher bei den Herstellern, die so ein grosses
Risiko eingingen.
Aus Sicht der
Bahngesellschaft
war das klar. Man wollte die
Lokomotiven ausgiebig erproben und dann aus den
Erfahrungen lernen. Dieses Wissen sollte dann bei der Entwicklung der
Lokomotiven für die
Bergstrecke
einfliessen. Exoten hatten bei einem kleinen Unternehmen nichts zu suchen.
Daher musste dafür gesorgt werden, dass man diese wieder auf einfachem Weg
loswerden konnte. Die spätere Reihe
Fb 5/7 war der Beweis für diese Idee. Die Lokomotive sollte mindestens gleichviel ziehen und schneller fahren, als die grösste Dampflokomotive der Thunerseebahn TSB. Diese zog ihre Reisezüge nach Interlaken Ost mit Maschinen der Baureihe Ec 4/6.
Die nicht sehr schnelle Reihe glänzte jedoch mit sehr hohen
Zugkräften.
Auf Steigungen bis zu 15.5 ‰ war eine
Anhängelast
von 400 Tonnen zuge-lassen. Die dabei verlangte Geschwindigkeit für die
Lokomotive
Ec 4/6 lag
jedoch lediglich bei 40 km/h.
So konnte man die elektrische
Lokomotive im direkten Vergleich zur Reihe
Ec 4/6 testen und
wusste gleich, wie sie im Vergleich war. Man wusste in Spiez also ganz
genau, was für eine Lokomotive man erwartete. Doch damit war es nicht
getan, denn bestellt wurde ja im Hinblick auf die
Bergbahn
und daher waren auch die dort erwarteten Werte für die
Zugkraft
vorhanden. Diese Werte wurden anhand der Erfahrungen der
Gotthardbahn
bestimmt.
Für die
Lokomotive forderte die BLS auf einer Steigung von 27‰
die Beförderung von Zügen mit einem Gewicht von 250 Tonnen Gewicht. Dabei
musste die Maschine jedoch die gleiche Geschwindigkeit, wie zwischen Spiez
und Frutigen, erreichen. Es war daher keine Reduktion, wie sie bei
Dampflokomotiven üblich war, vorgesehen. Der
Schnellzug
auf der neuen Lötschbergstrecke sollte durchgehend das gleiche Tempo
fahren können.
Um das zu verbildlichen muss gesagt werden, dass für den
Hersteller diese Werte als Massstab genommen werden mussten. Damit wir
diese Werte auch verstehen, hilft nur ein Vergleich. Da es keine
elektrischen Vertreter gab, müssen wir bei den
Dampfmaschinen
nach einem Vergleich suchen. Strecken mit Steigungen von mehr als 25‰, die
über einen Verkehr mit
Schnellzügen
verfügten, gab es nicht viele. Eigentlich war nur eine vorhanden. Die von der Gotthardbahn angeschafften Maschinen der Baureihe A3t galten als sehr leistungsfähig. In den steilen Rampen der Bergstrecke schafften sie jedoch nur 150 Tonnen und erreichten dabei keine hö-here Geschwindigkeit.
Die BLS wollte somit eine Steigerung bei der
Leist-ung,
die man bei der
Gott-hardbahn
auch erwarten könnte. Der Unterschied war nur bei der elektrischen
Traktion zu suchen und was die konnte, wusste man noch nicht.
Bei der
Höchstgeschwindigkeit
sollte eine
Schnellzugslokomotive
deutlich höhere Werte erreichen. Die zum Vergleich genommene Maschine der
Gotthardbahn
fuhr bereits mit 90 km/h. Die Modelle der Schweizerischen Bundesbahnen SBB
hatten sogar Werte von 100 km/h. Bei der BLS begnügte man sich bei einem
Wert, der eher zur Strecke passte. Mit 75 km/h war man bei einer
Lokomotive für
Reisezüge eher an der unteren Grenze.
Unbewusst wählte man dabei jedoch eine Geschwindigkeit, die noch
über den im Kandertal erlaubten Werten lag. Man wollte eine
Lokomotive, die jedoch für den Lötschbergtunnel gebaut
wurde. Dort sollte mit 75 km/h gefahren werden. Somit war klar, die Werte
konnten ohne Massnahmen an den bestehenden Anlagen nicht überprüft werden.
Diese waren mit dem Bau der
Fahrleitung
aber vorgesehen, denn es galten auch Werte für die
Achslasten.
Auf umfangreiche Hinweise zum Aufbau des Fahrzeuges wurde jedoch
verzichtet. Es gab nur Hinweise zu den maximal zugelassenen
Achslasten.
Diese wurden wegen der befahrenen Strecke auf maximal 16 Tonnen für die
Triebachsen
und 13 Tonnen für allenfalls vorhandene
Laufachsen
festgelegt. Das waren schlicht die Werte, die auf der neuen
Bergstrecke
zugelassen wurden und die allgemein bei neu gebauten Strecken umgesetzt
wurden. Die Hersteller sollten so frei planen können und so möglichst gute Lokomotiv-en an die Lötschbergbahn abliefern. Die unerfahrene Bahn wollte da nicht mitreden, denn wie hätte man etwas wissen sollen, denn es gab ja kein Vergleich. Die
Schnellzugslokomotive
sollte so schon zu den stärksten elektrischen
Lokomotiven für
Wechselstrom
gehören. Sicherlich eine Herausforderung für die Hersteller, die kaum über
Erfahrungen verfügten. Dieses durchaus klar formulierte Pflichtenheft wurde von der BLS schliesslich an die AEG übergeben. Dieser Firma in Deutschland sollte somit das Privileg zustehen, die Schnellzugslokomotive für die BLS zu bauen.
Dabei galt jedoch auch, dass es die erste für solche Verkehre
gebaute Maschine für einphasigen
Wechselstrom
war, denn wie schon erwähnt, diese gab es schlicht noch nicht und daher
wurde hier noch viel in Frage gestellt.
Damit war auch klar, dass der Maschinenfabrik in Oerlikon nur noch
das Mo-dell für den schweren
Güterverkehr
blieb. Trotzdem sollte es so auch zu ein-em direkten Vergleich zwischen
AEG und MFO kommen. Nur schon die Idee, dass man eine für schnelle
Reisezüge
gebaute Maschine mit einer
Güterzugslokomotive
vergleichen wollte, erscheint komisch. Jedoch sollten gerade die ersten
elektrischen
Lokomotiven in diesem Punkt neue Massstäbe setzen.
Die AEG präsentierte daraufhin eine ungewöhnlich aussehende
Lokomotive
mit der
Achsfolge
1’B + B’1. Bereits jetzt war klar ersichtlich, dass man bei Lokomotiven
für
Schnellzüge
davon ausging, dass diese mit vier
Triebachsen
auszurüsten seien. Wobei das natürlich auch eine direkte Folge der hohen
Zugkraft
war. Da aber später die Schweizerischen Bundesbahnen SBB mit der Baureihe
Fb 2x 2/3 (Be
4/6) und bei der Reihe
Be 4/7 diesen
Schritt auch machten, stimmt die Annahme. Damit wurde die Lokomotive in der Schweiz mit der Typenbezeich-nung Fb 2 x 2/3 geführt. Diese war auch eine neue Sache, denn bisher mussten kaum solche geführt werden.
Da in der Schweiz die
Tenderlokomotiven
das E hatten, wurde deren Schreibweise übernommen. Man ersetzte die
Kennung einfach und nach dafür den Buchstaben F. Das waren bisher
Sonderbauformen. Elektrischen
Lokomotiven wurde daher als solche geführt.
Die neue
Lokomotive sollte bei der BLS die Betriebsnummer
101 er-halten. Da die vorhandenen Dampflokomotiven der Betriebsgruppe
zweistellige Nummern hatten, war so eine klare Trennung vorhanden. Die BLS
vergab dann in der Folge allen Lokomotiven mit den 100er Nummern und
Triebwagen
mit den 700er Nummern
dreistellige Betriebsnummern. Diese wurden erst im
Jahre 1996 mit der Einführung der Computernummern aufgegeben.
Eine
Schnellzugslokomotive
für den
Versuchsbetrieb
auf der Strecke zwischen Spiez und Frutigen war wirklich besonders. Der
spätere Entscheid, dass auf der neuen Lötschbergbahn mit universellen
Lokomotiven der Baureihe
Fb 5/7 gearbeitet wurde, stellt
diese Baureihe bereits in Frage. Jedoch mussten zuerst die Ergebnisse der
Versuchsfahrten
abgewartet werden. Man konnte daher gespannt auf die Ergebnisse warten.
Um es vorweg zu erwähnen, die von der AEG gelieferte
Lokomotive sollte als eine der wenigen Maschinen
in der Schweiz keine andere Bezeichnung erhalten. Somit wurde sie überall
in den Fachbüchern als Reihe Fb 2 x 2/3 bekannt und mutierte nie zur Be
4/6. Warum das so war, werden wir jedoch erfahren, wenn wir uns diese
besondere Lokomotive etwas genauer ansehen. Dabei beginnen wir auch hier
mit dem Aufbau und der war schon besonders.
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