Versuchsstrecke Spiez - Frutigen

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Zur Erprobung der Anlagen und der neuen Triebfahrzeuge, wurde eine neue Strecke für Versuche benötigt. Zur Wahl stand in diesem Fall die Linie der Spiez – Frutigen – Bahn. Diese bisher selbstständig arbeitende Bahngesellschaft war sehr stark mit der Thunerseebahn verbunden. Wie alle anderen Strecken im Berner Oberland wurde sie daher mit Dampflokomotiven befahren. Jedoch sollte sich dieser Status schnell ändern.

Die Bahnlinie von Thun über Spiez nach Frutigen wurde als Zufahrt zur neuen Bergstrecke benötigt. Daher wurden die Gesellschaften TSB und SFB aufgelöst und die Anlagen gingen in den Besitz der neu gegründeten Bahngesellschaft über.

Diese nannte sich Bern – Lötschberg – Simplon und wurde mit BLS abgekürzt. Als Labor für die Versuche war daher der Abschnitt der SFB ideal geeignet, da die Anlagen nicht abgebaut werden mussten.

In den Jahren, bis zur Eröffnung der neuen Bergstrecke konnte so der elektrische Betrieb erprobt werden. Als Spezialität konnte dabei der Hondrichtunnel angesehen werden.

Es war der erste echte normalspurige Tunnel der mit einer Fahrleitung für Wechselstrom versehen werden sollte. Im Hinblick auf die spätere Bergstrecke konnte so auch in diesem Bereich die notwendige Erfahrung gemacht werden. Es lohnt sich, wenn wir kurz die Anlagen ansehen.

Beim Aufbau der Fahrleitung bot der bereits erwähnte Hondrichtunnel das grösste Problem. Die auf der Strecke zwischen Regensdorf und Wettingen verwendeten Stromabnehmer konnten nicht verwendet werden. Bei diesen waren die fast zwei Meter breiten Schleifleisten schlicht zu breit. Eine Ausweitung des Abschnitts war wegen dem laufenden Verkehr und der einspurigen Strecke schlicht nicht möglich. Es musste eine andere Lösung her.

Dabei bestand das Problem darin, dass die elektrischen Baugruppen sowohl zu den Fahrzeugen, als auch zu festen Anlagen einen bestimmten Isolationsabstand einhalten mussten. Wurde dieser Abstand unterschritten, kam es zu Überschlägen und damit zu Kurzschlüssen. Auf der freien Strecke war das kein Problem, jedoch in einem Tunnel wurde es wegen der Umgrenzung nach UIC deutlich enger. Zwischen Seebach und Wettingen gab es den nicht.

Im Hondrichtunnel war die Einhaltung der Abstände jedoch nur möglich, wenn die Breite der Stromabnehmer verringert wurde. Aus diesem Grund sollten auf dieser Strecke neue Schleifleisten mit einer Breite von nur 1 320 mm ver-wendet werden.

Das war gegenüber der Versuchsstrecke im Raum Zürich deutlich geringer. Ein Problem sahen die beteiligten Firmen darin jedoch nicht. Lediglich die Ausrichtung des Fahrdrahtes musste genauer sein.

Damit entstand hier der Unterschied zwischen den in der Schweiz ver-wendeten Modellen und jenen in Deutschland und Österreich. Sowohl in Deutschland, als auch in Österreich wurden die Stromabnehmer von der Strecke zwischen Seebach und Wettingen verwendet.

Damit ist eigentlich der 1 709 Meter lange Hondrichtunnel dafür ver-antwortlich, dass es in den drei Ländern trotz gleichem Stromsystem ver-schieden breite Schleifleisten gibt.

Es stellt sich uns die Frage, warum der Tunnel nicht, wie das später sowohl in Deutschland, als auch Österreich gemacht werden musste, ausgeweitet wurde.

Die Länge alleine kann nicht als Grund angenommen werden. Jedoch mussten über die Strecke auch die Baustoffe für die neue Bergstrecke zugeführt werden und daher konnte der Betrieb nicht für eine längere Zeit eingestellt werden. Es war schlicht einfacher den Bügel anzupassen.

Weiter sollten mit der hier verbauten Fahrleitung mit abgespanntem Fahrdraht die Erfahrungen gesammelt werden. Auf der später damit versehenen Bergstrecke konnte so auch eine ausgereifte Fahrleitung verwendet werden. Ein Punkt, denn man bei dieser Versuchsstrecke immer wieder vergisst, da man sich auf die neuen Triebfahrzeuge konzentriert. Auch die neuen festen Anlagen wurden im Vorfeld ausgiebig getestet.

Mit dem Entscheid der BLS die Strecke zwischen Spiez und Frutigen für die Industrie als Versuchs-labor für die neuen Anlagen mit 15 000 Volt und 16 2/3 Hertz nutzbar zu machen, wurde die Versuchs-strecke im Raum Zürich überflüssig.

Dort wurde die Fahrleitung am 03. Juli 1909 ausge-schaltet und wie im Vertrag mit den Schweizer-ischen Bundesbahnen SBB vereinbart, die Anlagen der MFO abgebaut. Die Staatsbahnen sollten dann 1944 eine neue Fahrleitung erstellen.

Die elektrischen Anlagen zwischen Spiez und Fruti-gen konnten am 01. November 1910 in Betrieb ge-nommen werden. Damit war nun auch der Weg frei für die neuen Triebfahrzeuge.

Die anfänglich im Raum Seebach verwendeten Mo-delle sollten jedoch nicht an die BLS übergeben werden. Der Grund war, dass diese im Besitz der Firmen waren und die wollten neue Lokomotiven bauen und verkaufen. Zudem benötigte man nun andere Bauarten.

Auch wenn die Anlagen von der Industrie für die Versuche genutzt werden konnten, der Besitz war klar geregelt. Die festen Anlagen gingen in den Besitz der BLS über. Die hier erprobten Fahrzeuge blieben jedoch im Besitz der Hersteller. Es oblag der BLS letztlich diese zu übernehmen. So schützte sich die junge Bahngesellschaft vor fehlerhaften Fahrzeugen, die betrieblich nicht überzeugen konnten. Gerade die hier vorgestellten Modelle zeigen das deutlich.

Nur, was das für Triebfahrzeuge sein würden, war ganz und gar nicht klar. So kam es, dass die Versuchsstrecke auch für Versuche der Industrie genutzt werden sollte. So gingen die Ausschreibungen für die neuen Triebfahrzeuge an die interessierten Firmen. Diese sollten Fahrzeuge für die BLS bauen und diese dann auf der Strecke erproben. Der Entscheid für die endgültige Bestellung der Fahrzeuge war jedoch von den Ergebnissen abhängig.

Die Strecke stellte mit ihren Steigungen von bis zu 15‰ für die junge Technik eine grosse Herausforderung dar. Jedoch war auch klar, dass hier Triebfahr-zeuge für die Bergstrecke erprobt werden sollten.

Dort waren dann Steigungen von bis zu 27‰ vorgesehen. Letztlich waren diese Werte für die Lieferung massgebend. Die BLS benötigte Triebfahrzeuge für die Bergstrecke und nicht nur für den Abschnitt Spiez – Frutigen.

Für den Versuchsbetrieb mit der Fahrleitung sah die BLS drei unterschiedliche Triebfahrzeuge vor. Diese sollten dann die notwendigen Erkenntnisse für den Bau der Fahrzeuge für die Bergstrecke liefern.

So hatte man eine breite Abdeckung und man hatte eine gut abgestützte Pa-lette von Fahrzeugen. Ins Detail ging die BLS jedoch nicht und so definierte man drei Grundtypen für den zu erwartenden Verkehr.

Eine erste Variante stellte das Fahrzeug für den Regionalverkehr dar. Dieser fand auf der Versuchsstrecke bereits jetzt statt und er sollte schnell auf elektrische Modelle umgestellt werden.

Im Hinblick auf die Bergstrecke erwartete man keine grössere Zunahme, da dort auch Schnellzüge verkehren sollten. Dabei überraschte die BLS, denn man sah eine Bauart vor, die sowohl über ein Personenabteil, als auch über den Antrieb verfügte.

Diese Fahrzeuge wurden als Motorwagen bezeichnet. Dabei sollte das Gewicht nicht zu hoch und eine ausreichende Zugkraft verfügbar sein. Das galt selbst für die neuen steilen Abschnitte. Das Platzangebot wurde so festgelegt, dass Sitzplätze der dritten Wagenklasse vorhanden sein müssen. Es sollte dank der speziellen Lösung die Fahrt alleine möglich sein. Die Züge mit Umstellen der Lokomotive sollten so verschwinden.

Weitaus spannender war aber, dass davon gleich drei Modelle gewünscht wurden. So eine grosse Anzahl baugleicher Fahrzeuge erwartet man eigentlich bei einem Versuchsbetrieb nicht. Die BLS wollte aber damit den planmässigen Verkehr auch übernehmen. Daher wurde dafür ein Fahrzeug benötigt und ein zweites für die Versuche. Das dritte Modell stellte schliesslich die zwingende Reserve bei Defekten vor.

Für die Schnellzüge, die mit der Bergstrecke eingeführt werden sollten, musste auch eine Lokomotive erprobt werden. Da sie im Versuchsbetrieb kaum sinnvoll in den Betrieb genommen werden konnte, war ein Modell durchaus ausreichend. Die Lösung mit schweren Güterzugsmaschinen und den grossen Schnellzugslokomotiven wurde von den Dampflokomotiven übernommen. Dabei orientierte man sich bei der BLS durchaus an der Gotthardbahn.

Die Gotthardbahn, die vor kurzer Zeit zu den Schweizerischen Bundesbahnen SBB geschlagen wurde, setzte für die Schnellzüge Lokomotiven mit drei Triebachsen ein. Die BLS erkannte jedoch, dass in diesem Bereich eine Steigerung angezeigt war. Aus diesem Grund wurden für diese Baureihe vier Triebachsen verlangt. Ein Punkt, der später bei den Staatsbahnen mit der Reihe Be 4/6 auch so gelöst werden sollte.

Während dem Versuchsbetrieb waren auf der kurzen Strecke kaum Schnellzüge zu erwarten. Da diese jedoch mit der Bergstrecke kommen sollten, diente das Modell als Prototyp. Sollte sich dieser bei den Versuchsfahrten bewähren, hätte man eine Bestellung von weiteren Modellen in Betracht ziehen können. Dass es letztlich anders kam, hing sowohl vom gelieferten Fahrzeug, als auch vom Wechsel zu universellen Modellen ab.

Eine weitere Lokomotive sollte den schweren Güterverkehr auf der Versuchsstrecke übernehmen. Zwar war dieser auf der Nebenstrecke bis kurz vor Baubeginn am Lötschbergtunnel eher bescheiden. Die Bauarbeiten führten jedoch zu einer Zunahme des Verkehrs.

Dieser wurde auch nach Abschluss der Arbeiten erwartet, da man mit dem gleichen Erfolg rechnete, wie er am Gotthard eingetroffen war und wie er der Gotthardbahn viel Ruhm brachte.

Hier war ein ganz spannender Ansatz vorhanden. Die damals am Gotthard im schweren Güterverkehr eingesetzten Maschinen hatten vier Triebachsen. Als Ersatz für die alten Modelle sahen die Schweizerischen Bundesbahnen SBB mit der neuen Baureihe C 5/6 eine Steigerung um eine weitere Achse vor. Die BLS ging noch weiter und forderte für die schwere Güterzugslokomotive sechs Triebachsen und daher noch einmal eine mehr.

Auf die Beschaffung einer Maschine als Ersatz wurde verzichtet. Fiel diese aus, oder wurde sie für Versuche benötigt, sollte auf die im Bestand verbliebenen Modelle mit Dampfmaschine zurückgegriffen werden. Mit anderen Worten die Strecke sollte auch mit diesen Lokomotiven befahren werden. Dass man sich damit ein Problem erschaffen sollte, wusste man am Anfang schlicht noch nicht. Doch wo lag das Problem?

Die alten Dampflokomotiven, die anfänglich auch noch auf der Versuchsstrecke verkehrten, wehrten sich jedoch äusserst hartnäckig gegen die drohende Ablösung. So sorgten sie mit dem Ausstoss von Russ dafür, dass die Isolatoren leitend wurden und es zu Kurzschlüssen kam. Besonders im Hondrichtunnel, wo der Regen die Isolatoren nicht regelmässig säuberte, trat dieses Problem vermehrt an den Tag und erforderte einen intensiveren Unterhalt der Fahrleitung.

Nur mit regelmässiger Reinigung der Isolatoren konnte auf der Strecke doch noch ein einigermassen zuverlässiger Betrieb ermöglicht werden. Es zeigte sich daher, dass ein gemischter Betrieb nicht ohne grosse Probleme möglich war.

Von Anfang an war deshalb klar, dass die Züge auf der neuen Bergstrecke aus-schliesslich mit elektrischen Fahrzeugen geführt werden sollten. Die Staatsbahnen halbierten während der Umstellung die Fahrleitungsspannung.

Anhand der für die Versuche bestellten Modelle, konnte erwartet werden, dass für die Bergstrecke grosse Lokomotiven beschafft werden würden. Dabei müssen wir wissen, dass der hier vorhandene Ansatz der BLS rund zehn Jahre später bei den Staatsbahnen zu den Baureihen Be 4/6 und Ce 6/8 II führte.

Die junge Bahn wählte jedoch einen anderen Weg, denn der Versuchsbetrieb brachte auch Erkenntnisse bei der Bewirtschaftung.

Die Erfahrungen mit dem Versuchsbetrieb zeigten, dass mit drei Baureihen eine zu grosse Anzahl von Lokomotiven benötigt wurde. Bei einer Bauart musste eine Anzahl als Ersatz vorgesehen werden. Kleine Gesellschaften mit knappen Finanzen konnten das nicht umsetzen. Daher entschied sich die BLS letztlich auch dazu, mit der Baureihe Fb 5/7 ein universelles Modell zu beschaffen und keine der hier vorgestellten Maschinen weiter zu verfolgen.

Auf den folgenden Abschnitten wollen wir uns nun ein genaues Bild über diese drei Versuchsfahrzeuge und ihre unterschiedliche Laufbahn machen. Ich beginne wie oben mit den Fahrzeugen für den Regionalverkehr und komme dann über die Lokomotive für Schnellzüge zur letzten Versuchslokomotive für Güterzüge. Denken Sie aber daran, wir sprechen stets von Versuchsfahrzeugen. Haben Sie einen Favoriten, können Sie diesen hier auswählen.

                       
Ce 2/4 Fb 2x 2/3 Fc 2x 3/3

 

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