Traktionsstromkreis

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Wenn ein Punkt bei diesen Lokomotiven klar war, dann war es die Spannung in der Fahrleitung. Der Wechselstrom hatte seinen Siegeszug bei der Versorgung von Eisenbahnen in Angriff genommen. Das war ja auch der Grund, warum diese Lokomotive überhaupt gebaut wurde. Der Hersteller sah, dass hier die Zukunft zu finden war. Gleichstrom sollte bei der SAAS jedoch weiterhin seine Berechtigung bei kurzen Nebenbahnen haben.

Damit es korrekt ist und weil es hier eine kleine Abweichung zu den ersten Modellen gab, müssen wir uns der Fahrleitung zuwenden.

Ausgelegt wurde die Lokomotive für 15 000 Volt und 16 2/3 Hertz. Die Umschaltung auf die halbe Spannung, die bei den ersten Modellen noch verlangt wurde, gab es hingegen nicht mehr.

Dort wo es eine neue Fahrleitung gab, hatten die alten Dampfmaschinen ausgedient. Am Gotthard verschwanden sie sogar sehr schnell.

Daher war auch die Übertragung der Fahrleitungs-spannung auf die Lokomotive keine grosse Über-raschung.

Auf dem Kasten wurden oberhalb der beiden Führ-erstände zwei Stromabnehmer montiert. Optisch wurden sie ganz klar durch den Aufbau getrennt, so dass die Position logisch erschien.

Speziell war eigentlich nur, dass hier der Kunde, also die Schweizerischen Bundesbahnen SBB, dem Lieferanten sagten, wo der Erbauer die Bügel zu beziehen hatte.

So war gesichert, dass die Scherenstromabnehmer mit doppeltem Sprengwerk zur verbauten Fahrleitung passten. Die Reihe Be 4/7 besass daher die gleichen Bügel, wie sie bei den Reihen Be 4/6 und Ce 6/8 II montiert wurden. Speziell war, dass dieser Stromabnehmer nur unter der Fahrleitung gehoben werden sollte, denn er konnte sich vollständig durchstrecken. Zwar ergaben sich keine Schäden, aber gesenkt werden konnte er nur noch mit manueller Hilfe.

Gehoben wurden die beiden Stromabnehmer mit Druckluft. Dabei diente diese nur dazu, die Kraft der Senkfeder zu überbrücken und gab so der Hubfeder die Chance ihre Kraft zu entfalten. Damit hob sich der Stromabnehmer. Um den Bügel zu senken, musste einfach die Luft entfernt werden. Daraufhin hatte die Senkfeder überhang und senkte den Bügel. Wobei das jedoch nur klappte, wenn die Schere nicht zu stark durchgestreckt war.

In Kontakt mit der Fahrleitung kam jedoch nur das Schleifstück. Dieses wurde aus Aluminium aufgebaut und bildete die Kontaktfläche und die seitlichen Notlaufhörner.

Wegen der einfachen Ausführung der 1 320 mm breiten Schleifleiste mussten auch hier für einen guten Kontakt beide Stromabnehmer gehoben werden. Ein Unterschied zu den anderen Baureihen gab es daher in diesem Bereich noch nicht. Die Ideen der SAAS kamen erst jetzt zum Tragen.

Die beiden Stromabnehmer wurden über einfache Trenner mit der Dachleitung und somit miteinander verbunden. Damit war ein sicherer Kontakt mit der Fahrleitung möglich.

Da hier sehr viele Teile über das Dach eingebaut wurden, waren in dieser Leitung manuell bedienbare Schnittstellen vorhanden. Wurden diese gelöst, konnte ein Teil des Daches zusammen mit der Dachleitung abgehoben werden. Bis heute hat sich daran nichts geändert.

An der Dachleitung angeschlossen wurde auch die Blitzschutzspule. Diese sollte verhindern, dass die hohen Spannungen der Blitze die Ausrüstung der Lokomotive beschädigen konnten. Dazu besass die Spule spezielle Induktions-spiralen, diese waren optisch sehr gut zu erkennen. Schlug ein Blitz in die Fahrleitung ein, wurde die Spule leitend und es kam zum Kurzschluss gegen das Dach. Die Versorgung der Fahrleitung wurde so ausgeschaltet.

Im Normalbetrieb wurde die Spannung aus der Fahrleitung zur Mitte der Lokomotive geführt. Dort war an der Dachleitung der Hauptschalter angeschlossen worden. Dieser diente dazu, dass die Maschine sicher von der Versorgung getrennt werden konnte. Er hatte aber auch die Aufgabe, die Fahrleitung vor Schäden auf dem Fahrzeug zu schützen. Somit war der Schalter ein wichtiges Teil in der Leitung zum Transformator.

Gegenüber den anderen Baureihen gab es jedoch keinen neuen Hauptschalter. In dieser Zeit war es gelungen, ein wirklich gut funktionierendes Modell zu erschaffen. Daher wurde auch hier ein Ölhauptschalter eingebaut.

Der beim Öffnen des Schalters entstehenden Lichtbogen löschte man in einem Ölbad und verhinderte so einen grösseren Schaden. Jedoch ergaben sich damit auch grössere Probleme, die noch nicht gelöst waren.

Je grösser der Strom bei einem Kurzschluss ist, desto kräftiger wird der Lichtbogen. Durch das in der Lösch-strecke befindliche Öl konnte dieser nicht mehr gelöscht werden.

Das eingefüllte Transformatoröl verdampfte im Bereich des Lichtbogens, wo Temperaturen von bis zu 3000 Grad entstehen konnten.

Das dabei entstehende Gas war brennbar. Die Elektrizität sorgte dafür, dass der Hauptschalter explodierte. Daher wurde die maximale Leistung beschränkt.

Die Leistung der Fahrleitung war so hoch, dass deren Spannung in den Leitungen für einen Menschen auch bei geöffnetem Hauptschalter zu hoch sein konnte.

Damit an der Lokomotive gefahrlos gearbeitet werden konnte, war auf dem Dach ein Erdungsschalter vorhanden. Wurde dieser betätigt, wurden die Dachleitung, sowie die Leitungen in der Maschine mit der Erde verbunden. Der benötigte Schlüssel verhinderte, dass jetzt der Bügel gehoben werden konnte.

Nach dem Hauptschalter gelangte die Leitung mit der Hochspannung mittels einer Durchführung zum Transformator, der unmittelbar beim Hauptschalter eingebaut wurde. So wurden lange Hochspannungsleitungen verhindert, was sicherlich eine gute Lösung beim Schutz des Personals war. Zudem waren Transformatoren so schwer, dass sie wegen den Achslasten in der Regel in der Mitte der Lokomotive eingebaut werden müssen.

Die Hochspannung der Fahrleitung wurde ohne weitere Massnahmen der Wicklung des Transformators zugeführt. Am anderen Ende wurde diese Spule über an den Rädern montierte Erdungsbürsten mit der Erde verbunden.

Diese Kontakte waren zum Schutz der Lager, denn dort hätte der Strom Schäden angerichtet. Mit der Verbindung zur Erde hin, haben wir mir dem Kraftwerk aber einen geschlossenen Stromkreis, es konnte ein Strom fliessen und Leistung über-tragen werden.

Um Gewicht zu sparen, wurde der Transformator in Sparschaltung aufgebaut. Dank dieser konnte eine Wicklung eingespart werden. Das grosse Gewicht des Eisenkerns war jedoch wegen der Frequenz nicht zu umgehen.

Durch diesen Aufbau mussten aber sämtliche Anzapfungen in der vorher er-wähnten Wicklung eingebaut werden. Neben den Anschlüssen, die wir an-schliessend ansehen, waren hier auch jene für die Neben- und Hilfsbetriebe vorhanden.

Beim Stromkreis für die Traktion waren acht Anzapfungen erforderlich. Diese ergaben Spannungen zwischen 100 und 864 Volt. Damit haben wir die erforderlichen unterschiedlichen Spannungen, können diese jedoch noch nicht regulieren.

Bei den vorhandenen Maschinen wurde dazu ein Stufenschalter verwendet. Hier sollte jedoch eine durch die SAAS entwickelte Regelung der Spannung verwendet werden. Es lohnt sich, wenn wir daher genauer hinsehen.

Die einzelnen Spannungen der acht Anzapfungen wurden der Regelung zugeführt. Dazu verwendete man in Meyrin neue, als Hüpfer bezeichnete, Schaltelemente. Diese elektropneumatischen Schalter konnten mit Druckluft geschaltet werden. Zudem wurde der sich beim Öffnen des Schalters entstehende Lichtbogen mit dieser Luft ausgeblasen. Daher war von den Hüpfern immer ein Geräusch zu hören, das sich zwischen einem Zischen und einem Knallen lag.

Bei der Lokomotive kamen insgesamt 18 solche Hüpfer zum Einbau. Sie wurden zu zwei Batterien mit je neun Schaltern zu-sammengefasst. Diese waren auf beiden Seiten des Transfor-mators eingebaut worden.

Dabei verbanden die Hüpfer eigentlich nur die Anzapfungen mit den nachfolgenden Bauteilen. Diese bestanden aus einem zu-sätzlichen Transformator und drei Drosselspulen. Der Trick hier war jedoch die Schaltfolge der Hüpfer.

Die von der SAAS entwickelte Schaltfolge sah vor, dass immer mehrere Hüpfer die Anzapfungen über den zusätzlichen Trans-formator und die drei Drosselspulen so verbanden, dass ohne Unterbruch eine andere Spannung entstand.

Es entstanden daher bei der Hüpfersteuerung nach SAAS nicht weniger als 28 Fahrstufen. Zudem konnten diese sehr schnell geschaltet werden, da die Stellung des Kontrollers unverzüglich umgesetzt wurde.

Wie gut diese Hüpfersteuerung der Lokomotive wirklich war, konnte man damals noch nicht erahnen. Heute wissen wir, dass in der Schweiz diese Regelung viele Jahre bei erfolgreichen Lokomotiven und Triebwagen verwendet wurde. Als Beispiel soll hier neben der Baureihen Re 4/4 I auch der legendäre Triebzug RAe TEE II erwähnt werden. Sicherlich gute Vertreter, die klar zeigen, dass man in Meyrin mit dieser Idee nicht so falsch lag.

Die nun vorhandene regulierbare Spannung wurde den Wendeschaltern zugeführt. Diese besorgten die Anschlüsse an die Fahrmotoren. Dabei konnte die Drehrichtung und somit die Fahrrichtung der Lokomotive geändert werden. Aber auch die für den später noch vorgestellten elektrischen Bremsbetrieb der Maschine erforderlichen Umgruppierungen wurden in diesen Wendeschaltern ausgeführt. Letztlich erfolgten hier auch die Abtrennungen.

Jedem Zwillingsmotor war ein Wendeschalter zugeordnet worden. Dabei sollten wir uns aber die Frage stellen, was denn das für ein Motor ist?

Die Antwort ist dabei sehr simpel, denn bei einem Zwil-lingsmotor handelt es ich um zwei baugleiche Motoren, die zu einer Gruppe verbunden wurden und die gemeinsam eine Achse antrieben.

Daher hatte die Baureihe Be 4/7 nicht weniger als acht Fahrmotoren vorgesehen. Davon müssen wir uns zuerst zwei ansehen.

Es wurden ganz normale Seriemotoren mit separatem Wendepol verwendet. Diese waren robust und für den Bahnbetrieb geeignet. Zwei solche Motoren wurden in Reihe geschaltet und einer Triebachse zugeordnet.

Da diese nun zwei identische Motoren hatte, wurde diese Gruppe als Zwillingsmotor bezeichnet. In den Unterlagen gab es diese beiden Fahrmotoren nicht mehr, da sie als eine feste Einheit angesehen wurden.

Weil wir damit eine recht komplizierte Schaltung erhalten haben, zeigte sich diese auch für das Personal so.

Damit sich dieses orientieren konnte, wurde der Schalt-plan der Lokomotive am Transformator an einer Tafel angeschlagen. Zumindest bei der neu ausgelieferten Maschine, war das darauf abgebildete Schema zu erkennen. Später sorgte der Schmutz dafür, dass das Lokomotivpersonal bei einer Störung nach der Ursache suchen musste.

Die vier parallel über den eigenen Wendeschalter angeschlossenen Zwillingsmotoren, erzeugten eine Anfahrzugkraft von 200 kN. Im Vergleich zur Baureihe Be 4/6 lag die Maschine leicht höher, so dass in diesem Punkt ohne Probleme das gleiche Programm gefahren werden konnte. Ein Punkt, der jedoch aus dem gemeinsamen Pflichtenheft bekannt war. Schliesslich sollte die neue Maschine aus Meyrin die Leistungen der Lokomotive aus Münchenstein erbringen.

Während der Dauer einer Stunde konnte noch eine Zugkraft von 116 kN erzeugt werden. Dabei wurde eine Geschwindigkeit von 56 km/h erreicht.

Zum Vergleich auch jetzt wieder die Reihe Be 4/6, wo bei 52 km/h noch eine Zugkraft von rund 92 kN aufgebracht werden konnte.

Die Lokomotive aus Meyrin war jetzt schon deutlich besser aufgestellt, denn auch wenn es nur 24 kN waren, die Maschine war dabei erst noch etwas schneller.

Es muss hier noch erwähnt werden, dass der Ver-gleich mit den damals vorhandenen Maschinen der Baureihe Be 4/6 angestellt wurde.

Diese wurde ab der Nummer 12 313 mit etwas mehr Leistung versehen, blieb jedoch auch dann unter der Lokomotive der SAAS. Es zeigt sich so klar, wie gut die erste Maschine in Meyrin gebaut wurde.

Dieser Vergleich war auch nur möglich, da für beide Baureihen im Pflichtenheft die gleichen Anforder-ungen gestellt wurden.

Da bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB bei diesen Werten die Leistung für die Unterlagen bestimmt wird, sehen wir und diese nun an.

Bei der Reihe Be 4/7 konnte jeder Fahrmotor eine Leistung von 445 kW erzeugen. Es stand so für die Lokomotive eine Leistung von 1 780 kW zur Verfüg-ung. Damals wurde dieser Wert jedoch in PS ange-geben und dort wurden 2 400 PS erreicht. Auch jetzt blieben die Maschinen der Reihe Be 4/6 dahinter.

Auf die Betrachtung der Dauerleistung verzichten wir. Dieser Wert wurde betrieblich nicht erreicht, denn es gab nur eine Strecke, bei der während einer Stunde die Zugkräfte so hoch lagen und das war jene von Bodio nach Airolo. Danach sank die Belastung im Tunnel wieder so, dass die Lokomotive genug auskühlen konnte. Jedoch stand dann oft die Talfahrt an und für diese wurde vom Besteller eine elektrische Bremse gefordert.

Auch bei der SAAS musste man bei dieser Bremse auf eine Lösung mit Widerständen setzen. Der Grund dafür war simpel, denn die bei der Reihe Ce 6/8 II verbaute Rekuperationsbremse nach Behn-Eschen-burg war ein Patent der MFO.

Man hätte daher diese Bremse dort beziehen und bezahlen müssen. Weil man jedoch die eigenen Fähigkeiten beweisen wollte, wurde hier eine Widerstandsbremse nach eigener Vorstellung einge-baut.

Die Reihe Be 4/7 gehörte, wie die Baureihe Be 4/6, zu den Lokomotiven mit einer Widerstandsbremse. Dabei wurden während dem Bremsbetrieb die Fahrmotoren von einem Zusatztransformator erregt.

Zudem wurden die Motoren bei der Erregung in Reihe geschaltet, so dass die elektrische Bremse nur bei allen funktionierenden Fahrmotoren angewendet werden konnte. Ein Punkt, der aber lange Jahre bei-behalten bleiben sollte.

Abhängig von der Erregung war daher die Leistung der Fahrmotoren. Dazu wurde diese mit Hilfe der Hüpfersteuerung geregelt. Durch diese Erregung mit dem Wechselstrom des Transformators gaben die Fahrmotoren auch diese Spannung ab. Diese wiederum wurde in den im Maschinenraum eingebauten Widerständen in Wärme umgewandelt. Das war speziell, denn bei der Reihe Be 4/6 wurden diese Bremswiderstände durch den Fahrtwind auf dem Dach gekühlt.

Die Leistung der elektrischen Bremse reichte aus, um der Lokomotive im Gefälle des Gotthards eine alleinige Talfahrt zu ermöglichen. Das war auch im Pflichtenheft so gefordert worden. Somit war dies kein Nachteil und die Maschine wirkte dank dem aufgeräumten Dach sehr elegant. Doch damit mussten sich die Erbauer für die Kühlung der Bremswiderstände, die zum Teil auch als Wendepolshunts genutzt wurden, sorgen.

 

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